Vor zwei Wochen…
Robert Breads: „Wir müssen ja nicht direkt allerbeste Freunde werden.“
Es ist noch nicht lange her - wir reden von Minuten, nicht von Stunden - da hat GFCW Hall of Famer Robert Breads in einem Backstage-Segment bei War Evening bekannt gegeben dass er zukünftig mehr sein wird als „nur“ ein Wrestler. Er ist zuständig für die Geschehnisse im und rund um das GFCW Performance Center und damit auch für die Repräsentation in den Shows von German Fantasy Championship Wrestling.
Das bedeutet neue Aufgaben, und wie er ja bereits ankündigte gehören dazu auch „Meetings“. Ein hochgestochenes Wort für das Treffen zweier Menschen die an gegenüberliegenden Seiten eines Schreibtischs sitzen, aber Dinge bedeutungsschwangerer und größer zu machen als sie eigentlich sind ist speziell im Wrestling alles Andere als eine vergessene Kunstform.
Robert Breads: „Ich würde es allerdings begrüßen wenn die Commissionerin sich meinen Vorschlag zumindest anhört.“
Die Kamera dreht sich und neben Robert fängt sie nun auch Amélie ein, ihres Zeichens Comissioner der GFCW. In ihrem Büro ist mal wieder reger Betrieb, doch sie versucht nicht allzu gestresst auszusehen. Ansonsten ist ihr Schreibtisch überraschend aufgeräumt und auch die Lesebrille, die sie von der Nase zieht, kommt auf den dafür fest vorgesehenen Platz.
Amélie: „Also gut. Nimm' es mir bitte nicht übel, aber es gibt doch so einige Feuer, die ich irgendwie austreten muss. Ich würde gerne näher ins Detail gehen, denn die Meinungen, Ideen und Sichtweisen einer GFCW Legende interessieren mich ungemein, aber die Schlange dort draußen ist teilweise länger als die für's Impfzentrum. Nicht's für ungut.“ Robert Breads: „Dann fasse ich mich kurz.“
Breads zieht eine Grimasse.
Robert Breads: „So gut ich dazu in der Lage bin.“
Amélie lässt sich in ihren Sessel sacken und reckt sich ein wenig dabei. Sie weiß ganz genau, dass das alles andere wird als kurz. Sie versucht sich den Stress aus den Augen zu reiben, ehe sie den Fokus wieder auf ihren Gesprächspartner legt.
Amélie: „Nun gut...“
Der Kanadier zuckt mit den Schultern. Die ganze Geschichte mit dem Wrestler dessen Namen er nicht nennen wird hat ihn zumindest „self-aware“ gemacht wie es scheint.
Robert Breads: „Dynamite will nach dieser Ankündigung natürlich in der nächsten Show direkt nachlegen.“
Wir erhaschen einen Blick auf den Schreibtisch. Dort liegt ein Klemmbrett, welches neongelb schimmert. Sicherlich war dort mal ein weißes Blatt Papier drin, aber nahezu jede freie Fläche wurde mit einem Post-It versehen. Offenbar funktioniert die GFCW ähnlich wie ein altes Schnellrestaurant, Bestellung auf einem kleinen Zettel in die Küche reichen und dann kommt das fertige Essen kurze Zeit später vorne an. Offenbar versucht sie eine Ordnung in die Zettelwirtschaft zu bringen und zielsicher schnappt sie sich einen der Post It's und liest ihn vor.
Amélie: „ Timo Schiller bitte gegen Joe Jobber antreten lassen.“
Sie zeigt dem Kanadier das Post It sogar noch.
Robert Breads: „Ja, das ist sein Plan.“
„Canada’s Own“ zögert kurz. Er hat keine Ahnung wie viel Autorität ihm diese Situation in der er sich aktuell befindet nun einbringt – wahrscheinlich so gut wie gar keine – aber er weiß eindeutig dass das Machtgefüge in dieser Konstellation „Booker > Schwanenburg > Breads“ lautet.
Robert Breads: „Ich finde den Plan scheiße.“
Kaum offiziell im Amt wird gegen den Chef geschossen.
Robert Breads: „Ich meine, wen lockt das hinter dem Ofen hervor? Ein Match gegen Joe Jobber? Oder von mir aus auch Parn? Hunk? Großmeister Dirk? Wie oft haben wir das in den letzten zwanzig Jahren gesehen? Und wen interessiert das auch nur im Geringsten wenn das auf der Card landet?“
Selbstverständlich allesamt rhetorische Fragen.
Robert Breads: „Wir haben jetzt gerade Geburtstag gefeiert. Juhu, alles ganz toll, die Vergangenheit war super, und jetzt… jetzt geht es in Richtung Zukunft. Und nur weil wir etwas zwanzig Jahre lang auf die eine Weise gemacht haben heißt das nicht dass wir nichts verbessern können. Worauf ich hinaus will ist: Warum zeigen wir nicht gleich zwei Rookies gegeneinander?
Ein Showcase. Ein Offer Match. Man kann es von mir aus auch „NEXT GENERATION THIRD DECADE SHOWDOWN IN THE SQUARED CIRCLE“ nennen. Ich denke nur dass gerade jetzt nach dieser riesigen Show ein Zeitpunkt sein könnte unsere Idee der nächsten Jahre GFCW mit einem Knall debütieren zu lassen statt langsam aber sicher vorsichtig Leute einzuführen.“
Amélie legt den Ellbogen auf die Lehne ihres Sessels ab, lässt den Kopf auf ihrer Faust ruhen und denkt kurz nach.
Amélie: „Robert, davon bin ich selbst ein großer Fan. Wir haben eine ganze Armada an Talenten an der Angel, die nur auf ihren Einsatz warten. End, Camden, Wheeler, deine Jungs... Auch ich würde mir lieber direkt anschauen, wie sie sich im Ring gegeneinander schlagen. Ich bin ein klarer Verfechter davon, dass Stillstand Rückschritt bedeutet und daher liegt mir nichts ferner, als der Zukunft im Weg zu stehen. Ich habe absolutes Vertrauen in dich in deiner neuen Position, denn ich denke, dass wir auf vielen Ebenen deckungsgleich sind. Aber...“
Es gibt immer ein Aber.
Amélie: „Die GFCW ist seit Jahren auf der Suche nach einem Top-Star aus der Region. Sie haben es mit Henry Phoenix Jr. versucht. In Dortmund geboren und aufgewachsen, Sohn des ehemaligen Chef-Referees, eigentlich hätte alles stimmen sollen, aber der große Durchbruch gelang leider nie. Nun steht mit Timo Schiller der nächste Dortmunder in der Reihe. Ich habe mit Claude lange und ausführlich gesprochen.“
Aus einer der Schubladen holt sie ein kleines Notizbuch hervor und blätter kurz darin.
Amélie: „Sagen wir es so: Er ist absolut überzeugt von ihm. Verwurzelung, Charisma, Look... eine schriftliche Empfehlung von einem... Robert Breads.“
Der Zeigefinger wird kurz auf den Hall of Famer gerichtet.
Amélie: „Das bist du, oder? Bei dem Lob, welches du für ihn nach Sichtung der Tapes und schließlich in Persona hattest, will Claude ihn langsam aber sicher aufbauen und kein Risiko eingehen. Wenn ich deine Berichte richtig gelesen habe, dann hast du auch nur über Schiller so viel Lob gehabt. An was hast oder eher an wen hast du denn als Gegner gedacht?“ Robert Breads: „Aiden Rotari.“
Breads schlägt die Beine übereinander.
Robert Breads: „Zu dem gibt es noch keinen Bericht weil es von ihm auch keine Tapes aus den letzten Monaten gibt. Den habe ich persönlich mitgebracht. Als kleines Geschenk an die GFCW, sozusagen. Er war mein Sparringspartner in den letzten knapp neun Monaten, als ich mich vorbereitet habe für… na, mein Match eben.“
Breads wedelt mit der Hand als könne er so die Erinnerung an die Niederlage gegen Zereo Killer verschwinden lassen.
Robert Breads: „Ich weiß also mehr über ihn als über jeden im Performance Center, und er gehört in die Shows. Ich meine, er hatte quasi ein dreiviertel Jahr privates Training mit mir. Dafür dass man ihn erst als „Zugeständnis“ an mich mit einem Vertrag ausstatten wollte als ich diese Position übernommen habe kann er nichts. Er ist der Beste im Performance Center. Das wissen die alle nur noch nicht.“
Und Amélie vergräbt ihren Kopf kurz in den Händen. Sie weiß ganz genau, dass Breads hier eine Position hat, von der er nicht ab rücken wird, komme, was da wolle. Sie scheint jetzt schon darüber nachzudenken, wie sie das Ganze dann später nach oben verkaufen soll.
Amélie: „Also...“
Es rattert.
Amélie: „Hör' zu, Robert...“
Es wird gedacht.
Amélie: „Wie ich sagte, ich vertraue dir was solche Einschätzungen angeht nahezu blind.“
Dann tippt sie kurz auf der Tastatur. Sie dreht den Bildschirm und zeigt ihm Tabellen. Daten. Spreadsheets und weiß der Geier was. Trockene Kost.
Amélie: „So etwas brauche ich, wenn hier jemand anfangen will. Ich brauche Daten, Berichte, Videos... Informationen eben. Wir haben ein gesamtes Peformance Center mit Leuten, von denen ich dir jedes Detail aufrufen kann. Jack und seine Leute legen mir seitenlange Berichte vor mit all' ihren Stärken und Schwächen, wann man sie wo sieht, woran man noch arbeiten muss, das volle Programm. Die arbeiten dort Tag und Nacht und warten darauf, dass das Go gegeben wird. Ich stelle nicht in Frage, dass dieser Rotari ein überragendes Talent ist. Das glaube ich dir. Aber du musst mir sagen, warum er das volle Programm einfach überspringen sollte.“ Robert Breads: „Wenn die GFCW einen fairen moralischen Kompass für den Job haben wollen würde dann säße ich jetzt nicht hier. Wrestling ist nicht fair. Das Leben ist nicht fair. Er ist der Beste von denen, er wird dieser Liga das meiste Geld einbringen und die größte Reichweite generieren. Wenn das GFCW Performance Center ein Erfolg werden soll brauchen wir eine Erfolgsstory die junge Leute, potentielle Talente, dazu motiviert zu uns zu kommen und nirgendwo sonst hin. Das wird die Story von Aiden.
Ich weiß dass Dynamite Schiller haben will. Den soll er ja auch kriegen, und hey – vielleicht gewinnt Timo ja…“
Die Zweifel an dieser Option sind bei Breads deutlich heraus zu hören.
Robert Breads: „…und dann ist ein Sieg über einen seiner Kollegen auch nicht weniger wert als ein Sieg über einen 20 Jahre nichts erreichenden Versager. Ich bitte dich nicht Schiller von der Card zu nehmen und es dir mit Dynamite zu verscherzen. Ich würde nur gerne seinen Gegner ändern. Ich halte das für das Sinnvollste.“ Amélie: „Damit bürdest du mir und viele anderen eine Menge Arbeit auf. Ist sie das Wert, Robert?“
Gelassen nickt er.
Amélie: „Die Produktion LIEBT es, wenn sie auf die Schnelle noch eine neue Grafik basteln müssen. Sven und Pete müssen Infos zu dem Jungen kriegen und die noch schnell auswendig lernen, damit sie einen guten Job machen können. ICH muss zu Claude hoch und ihm erklären warum wir seinen Plan nun doch nicht machen wollen. Für ein absolut unbeschriebenes Blatt ist das eigentlich viel zu viel Aufwand. Wenn der Junge dann auch noch floppt, dann muss ich dafür gerade stehen. Du hast die Empfehlung ausgesprochen, aber die Entscheidung traf ich ja schlussendlich. Das Risiko....“
Mit erhobener Hand kreuzt Robert Zeigefinger und Mittelfinger.
Robert Breads: „Ich schwöre feierlich dass ich mir zu einhundert Prozent sicher bin dass Timo Schiller vs Aiden Rotari das richtige Match für den Beginn der GFCW Performance Center Ära ist.“
Tatsächlich scheint „Canada’s Own“ davon felsenfest überzeugt zu sein.
Amélie: „Nun ja, auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole... ich vertraue dir und deinem Urteil. Meine Philosophie als Comissioner ist es, dass ich auf meine Experten höre. Du bist der neue Chef des PC's, daher würde ich deiner Bitte stattgeben. Vollkommen unabhängig davon natürlich...“
Ihre Mine zeigt leichte Spuren von Süffisanz.
Amélie: „Sagen wir mal, rein theoretisch, da gäbe es ein Problem, welches du vielleicht für mich lösen könntest.“
Hochgradig zufrieden mit der Tatsache dass die Comissionerin eingelenkt hat rutscht Breads eifrig auf seinem Stuhl nach vorne.
Robert Breads: „Eine Hand wäscht die Andere. Wie kann ich behilfilch sein?“ Amélie: „Wahrscheinlich bräuchte ich jemandem, der einem anderen Wrestler eine kleine Lektion erteilt.“
Robert Breads steht auf.
Robert Breads: „Alles klar.“
Amélie ist leicht verunsichert.
Amélie: „Willst du nicht wissen, um wen es sich handelt?“
Der Kanadier ist schon halb durch die Tür als er sich ihr noch einmal zuwendet und mit den Achseln zuckt.
Robert Breads: „Ist mir eigentlich egal.“
Den Zusatz „Zereo Killer ist ja nicht mehr da“ spart „Canada’s Own“ sich. Und nun ist er durch die Tür und Amélie widmet sich wieder ihrem Schreibtisch. Die Lesebrille wird aufgesetzt, der Kugelschreiber in die Hand genommen und...
Plötzlich verdunkelt sich die Halle und die Gittarrenriffs von "Tankard - Need Money for Beer" erklingen aus den Boxen in der Brose Arena.
Auf dem Titanthrone werden Szenen eingeblendet in dennen Bierflaschen in verschiedene Maschinen entleert oder eingesetzt werden. Grade als der Kopf einer Drehmaschine eine Flasche zum zerspringen bringt geht das Entrance-Spotlight an.
Mit einem Sackgassenschild an einem dicken Betonstahlstab in der einen und einer Bierfalsche in der anderen Hand steht Scum mit seinem Partner Rob, der sich miesgelaunt auf einen Gehstock abstützt, direkt im Licht. Die Musik verstummt, Sid schüttet sich das Bier über den Schädel, schmeißt die leere Flasche danach hinter sich in den Backstagebereich. Mit dem darauf folgenden Klirren zündet links und rechts von den beiden, unter einem Knall, jeweils eine Fontaine von Kronkorken, wie Konfetti. Die Musik setzt wieder ein und Beermachine bewegt sich zum Ring.
Das dauert, nicht zuletzt wegen Gosslers Fuß, etwas länger. Umso besser für die Fans, denn die beiden Punks schmeißen Hände voll mit Beermachine ansteckern zu den mit gebürendem Abstand zu einander sitzenden Besuchern.
Am Ring angekommen rollt sich Scum ein und reicht Gossler seine Hand um ihm in den Ring zu helfen. Mit Mühe und not zieht sich Rob sich in den Ring. Ein Stuffmember reicht den beiden Punks Mikrofone in den Ring. Dann verstummen die Zuschauer, als sie merken das Beermachine ein paar Worte an sie wenden möchte.
Sid: Hallo Bamberg! Ich bewundere euch Bamberger! Wie schafft eine Stadt mit 80.000 Einwohnern 13 Brauerein zu halten?
Scum macht eine Pause um die wenigen, aber meinungsstarken Zuschauer ihren Stolz auf ihre Bierkultur ausdrücken zu lassen.
Sid: Vor zwei Woche haben die UUBs meinen Tag-Team-Partner ordentlich zugerichtet, so zugerichtet dass... Rob unterbricht Sid und ist dabei sichtlich angesäuert:....."Sie meinen Knöchel zetrümmert haben vielen Dank dafür also werde ich auf Weiteres Urlaub auf gelben Schein machen dürfen und mich in die Arme der Pharmaindustrie begeben. Vielen Dank dafür. Es war schon immer mein Traum einen Sommer auf Krücken zu verbringen.“ Sid: Das konnte nur passieren weil wir unaufmerksam waren! Wir waren viel zu beschäfftigt damit unser Leben zu genießen, Spaß zu haben und uns mit den falschen Leuten zu schlagen. Dabei haben wir völlig außer Acht gelassen, das wir uns den Rücken freihalten müssen!
Sid hebt das Sackgassenschild in die Höhe, die Halle bleibt still.
Sid: "Stoppi" hier möchte mit euch berliner Stadtmakaken bekanntschaft machen! Ihr seid auf die Einbahnstraße Richtung Kopfschmerzen-Allee eingebogen! Rob: „So oder so für euch ist dass hier die Endstation und ihr habt mit eurem Überfall euch nur ein wenig Zeit verschafft bevor es knallt.“
Grade als die beiden Punks die Reaktion der Zuschauer abschätzen wollen, verdunkelt sich die Brose Arena. Der Titanthrone springt an und ein Video wird abgespielt.
In dem Video sind Max Moustache und Slay Oakland, die Urban Ultras Berlin zu sehen. Die beiden grinsen in die Handkamera mit ihren dunklen Sonnenbrillen und den gutgeölten Bärten. Der Zwirbelbart von Max Moustache sticht dabei, mal wieder, besonders hervor.
Slay: „Hey Jabronis, it´s Slay Oakland.“ Max: „Und hier ist Max Moustache, Punks.“ Slay: „Mensch Gossler, tut dir dein Füßchen noch weh? Das ist aber durchaus schade. Kannst du denn gar nicht mehr kämpfen? Och. Traurig.“ Max: „Mir kommen auch gleich die Tränen. Vermutlich gibt es in der Halle, wenn dieses Video gezeigt wird, wieder massive Buhrufe. Die bösen Ultras wieder. Brutal werden die „Unschuldigen“ attackiert. Aber wer ist schon unschuldig? Diebstahl scheint mittlerweile eh in Ordnung zu gehen, wenn es Leute trifft, die um ihr Erspartes geprellt werden.“ Slay: „Beermachine schon mal gar nicht. Oder sind das die edlen Helden in den letzten Lumpen?“ Max: „Fashion ist das sicherlich nicht, was das geschmacklose Zahnlos-Kommando da trägt.“
Moustache blickt nun mit vollem Stolz auf seinen langgeschwungenen Ledermantel, den er da trägt und der vermutlich auch wieder ein Vermögen gekostet hat.
Slay: „Jeder weiß, dass wir noch eine Rechnung mit euch offen haben. Und so eine Fußverletzung hilft nicht zur Begleichung.“ Max: „Da könnt ihr wieder eure lustigen Alki-Spielchen machen oder Leute pranken. Aber wen interessiert das noch? Ihr seid immer noch im Jackass- Modus von 2002 gefangen, ihr ewig gestrigen Würstchen. Keiner lacht mehr über eure Gags. Keiner kauft mehr euer Merch. Ihr seid das Furunkel des GFCW-Arschs. Kein Potential ist bei euch erkennbar! Anhänger einer toten Musik und Jugendbewegung. Wir dagegen sind das neue. Das Erfrischende. Der Wink mit der Zukunft. Wir sind die coolen Kids, die ihr gerne sein würdet.“ Slay: „Ihr seid die, die raus müssen aus der Stadt. Weil sie keinen Mehrwert mehr bieten. Ihr versperrt Kaderplätze für wirklich interessante Leute. Wir werden euch gentrifizieren und natürlich ohne Mieten-Deckel. HA HA HA HA!“ Max: „Die Tag Team-Szene stellt sich gerade neu auf und The U U B sind das verheißungsvollste Tag Team.“ Slay: „ Da Rob raus ist und nicht kämpfen kann, stell Dich Sid! In der nächsten Show, wir beide One-on-One!“
Dann schauen die beiden UUBs arrogant und abschätzig in die Kamera und dann endet das Video auch schon. Der Titanthrone zappt aus, das Licht fährt wieder hoch und die Reaktion der Crowd ist wie der UUB es vorrausgesagt hat. Den kurzen Zeitraum, den die Wrestlingfans brauchen um ihrem Ärger Luft zu machen, schauen sich die Punks angepisst an.
Sid: Hast du das gehört Rob? Die JuLis spuken ziemlich große Töne.
Rob sieht miesmutig zu Boden als er spricht.
Rob: MEHRWERT wenn ich das schon höre.... es geht ihnen nur um WERTE. Zahlen! Wir hatten in kürzester Zeit mehr Spaß mit diesen Rädern als diese Arschgeigen Fair Trade Produkte in ihrem Kühlschrank! Ich würde hundert Fahrräder zertrümmern nur um diesen Moment wieder zu erleben. Sid: Das war unbezahlbar!
Dann wendet sich Sid wieder an die bamberger Zuschauer und bemerkt mit Vorfreude.
Sid: Wie es der Inselaffe mit Hilfe von König Drosselbart schon angekündigt hat, nächste Woche werde ich Slay seinen Fahrradfrust zurück in den Hohlkopf stampfen!
Rob lacht.
Rob: Auch ein unbezahlbarer Moment
Die beiden Punks lassen die Mikrofone fallen und entfernen sich ihn ihrem Tempo aus der Halle.
Als erfahrener Mann hinter der Kamera weiß man auch die anspruchsvollen Kunden professionell zu nehmen. Die schweren Fälle. Übung bringt Weisheit und Finessen im Umgang mit den Spleens und Allüren jener Sonderlinge, die im Wrestling allerorten zu finden sind. Man lernt, dass überstürztes Handeln schnell zu Konflikten führen kann. Und so hält sich der Kameramann angenehm zurück, filmt den Mann vor dem Spiegel nur von hinten. Wartet, bis sein Auftraggeber von selbst der Meinung ist, dass losgehen kann.
Filmt geduldig, wie der Mann sich die dunklen Haare kämmt. Strähne für Strähne. Filmt geduldig, wie der Mann den rhombusförmigen Flakon in der kräftigen Hand wiegt und den Geruch edlen Parfüms im Zimmer versprüht. Filmt geduldig, wie der Mann eine Creme auf seine zartbefaltete Gesichtshaut streicht.
Dann dreht sich der Mann um und blickt aus dunklen Augen ins Objektiv, dem Zuschauer direkt entgegen. Seine Haare umrahmen seidengleich ein markantes Gesicht, ein Lächeln sanft wie Frühlingsknospen schleicht sich auf wohlgeformte Lippen. Der Mann vor dem Spiegel, die fleischgewordene Schönheit, ist ein Bekannter: Garrison Gaeta.
Garrison Gaeta: „Wisst ihr, warum mich die GFCW so anekelt?“
Er streicht sich eine Fluse von seinem hautengen Shirt, spannt die Schultern und blickt für einen Moment aus dem Fenster auf eine unbekannte Stadt hinaus.
Garrison Gaeta: „Nicht nur, weil sie mich, einen ehemaligen Intercontinental-Champion, schmählich ignoriert und von ihrer Lohnliste gestrichen hat. Den ersten und einzigen Gewinner der Gro Gock Talent Search, die Verkörperung maskuliner Perfektion.“
Seufzen, Bedauern, Unverständnis. Er schüttelt nicht nur den Kopf, sondern es scheint fast seinen ganzen Körper zu umfassen, so heftig ist das Unverständnis über diese Entwicklung.
Garrison Gaeta: „Vor allem ekelt mich das Brackzeug an, welches sich heute in dieser Liga herumtreiben darf. Diese Menschen, die auf dem Grund und Boden, den Leute wie ich durch ihre Großartigkeit errichtet haben, ihr Leben mit tumben Prügeleien, Biertrinken und Vulgarität bestreiten können. Denen zugejubelt wird, wenn sie ordinäre Witze reißen und wenn sie aussehen, als würden sie einen üblen Geruch verströmen. Diese Sid the Scums, Anarchiejünglinge oder Mathematiker. Olfaktorische Genüsse statt Oettinger, Ralph Lauren statt Rebellion, Michael Kors statt Mathematik.“
Er hebt eine Hand vor den Mund, stößt angewidert auf. Der Kameramann schwenkt zur Seite, bis der Italiener seine Fassung wiedergefunden hat.
Garrison Gaeta: „Das hohle Klatschvolk hat schon immer die Größten ihrer Zunft verkannt, so wie Jogginghosenträger nie Haute Couture schätzen könnten. Weil sie ihre Eleganz nicht erkennen. Doch die Prolligkeit, dieses Zerrbild männlicher Klischees, wuchert seit einiger Zeit einem Tumor gleich stark und unkontrolliert.“
Sein Gesicht verzerrt sich vor aufkeimender Wut.
Garrison Gaeta: „Das muss sich ändern. Ich MUSS in diese Liga zurückkehren. Lasst mich der Anker sein, der sich im Dreck dieser Liga verkeilt und an dessen starken Armen diese traditionsreiche Promotion in noch viel bessere 20 Jahre gezogen wird. Stimmt für mich. Stimmt für Garrison Gaeta.“
Er wendet sich wieder ab und dem Spiegel zu.
Kameramann: „War es das?“ Garrison Gaeta: „Wieso nicht, was denn noch? Es war perfekt, wunderschön, elegant, finessenreich, großartig.“ Kameramann: „Es geht ja um das Team mit Rickson. Vielleicht solltest du dazu was sagen? Zumindest ihn mit einem einzigen Satz erwähnen?“
Wütend schwingt Gaeta herum, so dass der Kameramann einen Schritt zurückmacht und sein Arbeitsgerät kurz ein zitterndes Bild produziert. Drohend tritt er vor, besinnt sich dann aber.
Garrison Gaeta: „Ach ja, es geht um…‘Teamwork‘.“
Das letzte Wort spuckt er geradezu mit Ekel auf den Parkettfußboden seines Appartements.
Garrison Gaeta: „Danny Rickson ist in Ordnung, denke ich. Kann schon was. Doch er ist kein Garrison Gaeta. Wenn dieser englische Prolet also das Ziel verfolgt, der größte Wrestler aller Zeiten zu sein, dann benötigt er mich. Er muss seine Rolle, die er anstrebt, nicht nur durch sportliche Siege ausfüllen. Sondern auch persönlich. Muss ein Mann von Welt sein. Die Ausstrahlung eines Siegers haben. Modisch auf der Hut bleiben.“
Gewinnendes Lächeln.
Garrison Gaeta: „Wie könnte er besser als dies erreichen, wenn nicht an meiner Seite? Wenn nicht dadurch, dass mein Glanz auf ihn abfärbt und den Acker bestellt, auf dem die Frucht der Unsterblichkeit gedeihen kann? Diese kann Danny Rickson NUR mit MIR an seiner Seite erreichen. Also sollte jeder Mensch, der es mit Rickson hält und will, dass er seine Ziele erreicht und sogar übertrifft, die richtige Entscheidung treffen.“
Er wendet sich wieder dem Spiegel zu und beginnt damit, eine weitere Schicht Creme auf seine Haut einzumassieren.
Garrison Gaeta: „Diese Entscheidung heißt Garrison Gaeta.“
#VoteForGaeta Selbstbewusstsein. Schönheit. Starappeal.
Tammy: „Meine Damen und Herren, bitte begrüßen sie mit mir einen der beiden Debütanten der Class of 21 die sich heute Abend gegenüberstehen werden… Timo Schiller!“
Die Interviewerin befindet sich erneut vor der großen GFCW-Wand die bereits als Hintergrund von Robert Breads’ Ankündigung aus der letzten War Evening Ausgabe diente. Offenbar hat man nach der 20th Anniversary Show auch diese kleine „Promo-Ecke“ neu eingeführt. Die GFCW steuert also weiter der Zukunft entgegen.
Dann tritt der blonde Mann mit dem sympathischen Grinsen ins Bild. Erst einmal atmet er richtig tief durch als er zum ersten Mal so „richtig“ vor eine Kamera tritt, bei einer War Evening-Show.
Timo Schiller: „Tammy, erst einmal vielen Dank dass ich mit dir hier sein darf. Es ist unglaublich, du warst in so vielen Segmenten der GFCW-Geschichte mit dabei…“
Die Dame zieht eine Grimasse. Das war nicht immer unbedingt gut gewesen. Das scheint Schiller aber nicht zu bemerken. Er steht hier fast wie ein kleines Kind im Spielzeugladen, wie ein Fan bei einer Tour durch ein Stadion seines Lieblingsvereins.
Timo Schiller: „…und jetzt stehe ich hier neben dir, und wer weiß? Wenn es gut läuft, wenn ich mal groß und berühmt und beliebt werde, so richtig beliebt, dann gucke ich irgendwann zurück und denke hieran. Deshalb versuche ich jeden Moment aufzusaugen, jedes Bisschen. Das fühlt sich an wie der Start von etwas Großem.“
Er breitet die Arme aus.
Timo Schiller: „Ich meine, wer stand schon alles vor dieser Kamera? Wer stand schon alles vor deinem Mikrofon? Alle meine Helden. Von Lex Streetman über Johnboy Dog bis hin zu… und verrate es nicht dem ollen Breads… Zereo Killer.“
Laut lachend sieht er zu Tammy welche ihm ein aufmunterndes Lächeln schenkt was die Laune von Schiller weiter steigen lässt.
Tammy: „Wie du schon sagtest, das ist die erste große Chance für dich in der GFCW. Man hat nur eine Möglichkeit einen ersten Eindruck zu hinterlassen. Im Ring wirst du das später tun, aber jetzt kannst du schon einmal Worte vor den Taten sprechen lassen. Was gibt es über Timo Schiller zu wissen?“ Timo Schiller: „Dass ich einfach nur richtig Bock habe.“
Um das zu untermauern hopst er ein wenig auf der Stelle, schwingt die Arme.
Timo Schiller: „Ich komme aus Dortmund und seit ich das erste Mal Wrestling geschaut habe… es war irgendein Match von Bierzelt glaube ich… habe ich auf diesen Moment hingearbeitet. Ich warte schon so lange darauf und meine harte Arbeit hat sich endlich ausgezahlt. Ich habe meine Familie eingeladen. Meine Eltern und meine Schwester sitzen heute in der ersten Reihe, und… nun, wie soll ich sagen...“
Nun wirkt er doch etwas nervös. Zögernd kratzt er sich am Hinterkopf.
Timo Schiller: „Ich mache das auch irgendwo für sie. Sie waren sehr skeptisch, meine Eltern. Sie haben sich Sorgen um mich gemacht. Was ist denn das für ein komisches Hobby? Warum konzentrierst du nicht mehr auf die Schule? Und dann, als ich dieses Hobby zum Beruf machen wollte, da… also, sie haben mich schon unterstützt, aber… ich weiß einfach dass sie sich etwas Anderes gewünscht hätten. Ich habe ihnen immer und immer wieder gesagt dass ich es schaffen werde, dass ich so nicht nur meinen Lebensunterhalt bezahlen kann sondern auch… glücklich werde. Und wenn sie heute sehen wie ich da raus gehe, wenn sie vielleicht schon die ersten Fans hören die mich anfeuern…“
Schiller räuspert sich. Ganz offensichtlich ist er, je näher er dem Match kommt, immer unruhiger. Fast schon konfus werden seine Worte, weshalb er sich erst einmal sammelt ehe er fort fährt.
Timo Schiller: „Das ist alles was ich will. Eine ganze Arena die meinen Namen ruft und die mich anfeuert. Klar weiß ich dass das nicht von vorneherein etwas wird. Das muss man sich verdienen, hart erarbeiten. Ich will bloß dass nicht nur meine Familie, nicht nur die Offiziellen der GFCW, sondern jeder Fan dieser Promotion stolz ist das ich Teil des Rosters bin. Ich werde alles für diese Liga geben, alles für diese Fans geben, und heute… heute will ich allen zeigen was Timo Schiller schon so drauf hat.“ Aiden Rotari: „Und lasst euch gesagt sein, das ist einiges.“
Erneut taucht Rotari irgendwie einfach so auf und steht scheinbar mit einem Mal auf der anderen Seite von Tammy die sichtlich zusammen zuckt und sich umdreht als Aiden herzlich lächelnd neben ihr auftaucht.
Aiden Rotari: „Ich habe den Jungen im Performance Center gesehen. Wir haben wirklich einige gute Leute, aber er ist der Beste.“
Anschließend wendet er sich an Schiller.
Aiden Rotari: „Ich liebe deine Geschichte, das weißt du. Und ich liebe es dass wir heute Abend aufeinander treffen. Niemand hat es mehr verdient als du den ersten Spot auf einer GFCW Card zu bekommen wenn es um Talente aus dem Performance Center geht. Und ich werde alles dafür tun dass dein Traum wahr wird, weißt du? Wir sind vielleicht heute Gegner, aber am Ende des Tages bin ich auf deiner Seite.“
Bejahend lässt Rotari ein Nicken folgen.
Aiden Rotari: „Wir sind ja schließlich Freunde.“ Timo Schiller: „Scheiße, du machst mich ja ganz verlegen, Bruder.“
Aus voller Kehle lacht Timo.
Timo Schiller: „Hey, gib’ einfach dein Bestes, ja? Ich will keine Rücksicht von dir sehen. Das ist ja nicht nur mein Match, das ist auch dein Match, also… keine falsche Vorsicht.“ Aiden Rotari: „Keine Sorge. Ich denke ich werde…“
In diesem Moment erfüllt ein lautes Klingeln die Szenerie. Rotari verstummt und Tammy und er wenden ihren Blick fragend in Richtung Schiller. Dieser läuft purpurrot an als er hastig sein Smartphone aus der Tasche kramt.
Timo Schiller: „Oh, das ist… ehm, meine Mum… da muss ich kurz dran… ja, hallo? Mum, was ist? Was meinst du, dein Ticket wurde…?“
Und so marschiert Schiller aus der Szenerie während er peinlich berührt eine entschuldigende Geste in Richtung Tammy macht und diese mit seinem Gegner zurück lässt. Kurz herrscht betretenes Schweigen, doch nach über 20 Jahren ist Tammy eben Profi und macht das Beste aus der Situation.
Tammy: „Und du, Aiden? Was willst du der GFCW-Galaxie heute zeigen?“
Aiden Rotari: „Was ich möchte ist nicht von Belang.“
Aiden wendet den Blick ab vom sich immer weiter entfernenden Schiller der offenbar hitzig diskutiert und sieht mit sanftem Blick zu Tammy.
Aiden Rotari: „Ich möchte einfach nur dass meine Freunde alles bekommen was sie wollen.“
Urwälder bieten eine Geräuschkulisse ihresgleichen. In einem Moment können sie nach Bienenstock klingen, überall schwirrt und zirpt es, im nächsten an eine Voliere erinnern und wiederum Augenblicke später nach Abenteuer, Gefahr und Aufbruch tönen.
Ihr Aussehen erst: Saftige, gründe Blätter. Exotische Gehölze, Lianen, massive und feingliedrige Pflanzen, protzende Blüten und huschendes Getier. Kurzum sind sie ein Wunderwerk der Natur, ein lebendig gewordenes Wimmelbild, dass dem Auge keinen Augenblick der Ruhe gönnt. Der Taifun von Sinneseindrücken besorgt fast, dass die Zuschauer den einen Ton überhören, der nicht in dieses Biotop passen mag. Einen wohlvertrauten und doch in dieser Situation unerwarteten Laut. Den Schrei eines Vogels.
Göck.
Eine Hand greift aus Rand ins Bild und schiebt Schlingpflanzen zur Seite. Sie geben den Blick frei auf einen Korridor, an dessen Ende ein Nest aus Blättern, Ranken und Blüten geformt scheint. Auf jenem Nest, das an einen natürlichen Thron erinnert, hockt entspannt und doch von beeindruckender Präsenz eine der wichtigsten Figuren der GFCW-Geschichte. Eine Legende neben dem Ring und einst einer der höchsten Offiziellen des administrativen Sektors.
Hier im Dschungel sitzt der heilige Fasan Mohi.
Der ehemalige GFCW-Commissioner starrt ohne Furcht in die Kamera und beginnt, mit den Flügeln zu schlagen, wobei eine Kaskade schneller Töne das Mikrofon erfüllt und das Klangbild des Dschungels übertönt. Mohi, kultisch verehrter Anführer einer ganzen Generation, ist heftig am Flattern.
Sein Hals zuckt hin und her und scheint in eine Richtung zu deuten, dieser Aufforderung kommt die Kamera nach, schwingt herum und landet auf einer weiteren Stelle im Dschungel. An einer Wand aus Blättern, aus der eine weitere Gestalt bricht. Eine zweifüßige Gestalt. Ein Humanoid. Doch erkennt der Zuschauer in diesem unerwarteten Besucher kein menschliches Antlitz, denn das Gesicht ist von einer goldenen Maske verhüllt, die die Schönheit des heiligen Fasans kunstvoll zu imitieren versucht und nur knapp scheitert.
Der Mann ist der Pheasant Warrior.
Pheasant Warrior: „Einst war ich ein großer Name in der GFCW. Als Nobody flatterte ich auf und landete fast ganz oben. Ich gewann das Finest Hour-Turnier, war No. 1 Contender. Ein Aufstieg wie der Flug eines Adlers.“
Der Pheasant Warrior macht einen Schritt auf die Kamera zu. Wischt Blätter von seinem unbekleideten Oberkörper.
Pheasant Warrior: „Doch ich brach mir einen Flügel. Verlor gegen Lex Streetman und, das gebe ich zu, auch wenn es schmerzt, ich verlor zu Recht. Statt mich zu krönen, folgte ich nun dem Weg des Ikarus, verbrannte am Himmel und stürzte zu Boden. Blieb dort liegen und bald schüttete man mich mit Erde zu und vergaß mich. Zuletzt kramte man mich nur noch hervor, wenn kurze Lacher gebraucht wurden. Steckte mich in einen Topf mit Witzfiguren und Irren.“
Trotz seiner Maske spürt man den Schmerz des Mannes dahinter. Er seufzt und tritt auf den heiligen Fasan Mohi zu. Streicht übers Gefieder des geil göckenden Gockels.
Pheasant Warrior: „Ich besann mich in der größten Niederlage auf meine Wurzeln und kehrte zu meinem Meister zurück. Zum Abkömmling der ewigen Linie heiliger Fasane, die meinen Kult vor Jahrhunderten formten und durch ihre Großartigkeit meine Religion aus dem Nichts meißelten. Ich, der Pheasant Warrior, wurde wieder ein Schüler des heiligen Fasans. Für einen zweiten Anlauf.“
Er nimmt den Fasan auf den Arm, der sich im Vertrauen an den kräftigen Oberkörper des Warriors schmiegt.
Pheasant Warrior: „Nun möchte ich euch, liebe GFCW-Galaxie, um eine neue Chance bieten. An der Seite von Danny Rickson.“
Bei der Erwähnung des Namens lässt Mohi ein kurzes Göcken vernehmen.
Pheasant Warrior: „Rickson mag einer der größten Namen in der Geschichte sein und ganz gewiss hat er seinen Platz im Mount Rushmore des Wrestlings mehr verdient als ich. Doch wenn ihm etwas fehlt, dann ist es…Demut.“
Lässt es einen Moment für sich stehen.
Pheasant Warrior: „Er ist einer der Besten, klar. Doch ist er der Beste aller Zeiten? Dies wird sich in den kommenden Monaten herausstellen. Rickson hat, ohne Frage, alle Chancen, seinen Masterplan umzusetzen. Wenn er aber scheitert, dann wird er an sich selbst gescheitert sein. Die Bodenhaftung verloren haben. Weil er im Erfolg wieder zu jenem überheblichen Kerl wird, der er zumeist in seiner Karriere war. Es steckt immer noch in ihm und droht, aus ihm herauszubrechen. Seine hochtrabenden Worte aus der letzten Show waren ein erstes Indiz diesbezüglich. Subtil, aber vernehmbar.“
Seine Stimme senkt sich zu einem Flüstern als er die unheilschwanenden Worte ausspricht. Als sei es ein böses Geheimnis, das nicht verraten werden darf.
Pheasant Warrior: „Ich wurde vom Misserfolg gebrochen und kam zurück. An der Seite Ricksons kann ich dafür sorgen, dass er am Boden bleibt. Dass er erst gen Himmel abhebt, wenn er das Fliegen gelernt hat. Tag Team-Wrestling ist eine neue Herausforderung und er muss sie mit Bedacht und voller Leidenschaft lernen.“
Als wolle er sich selbst in seiner Aussage bestätigen, nickt er bei diesen Worten. Mohammed auf dem Arm ist ruhig und gefasst, stimmt seinem Schüler offenbar uneingeschränkt zu.
Pheasant Warrior: „Dies kann ich sicherstellen.“
Sanft bettet er das Geflügel in seinem Arm wieder auf den Pflanzenthron.
Pheasant Warrior: „Denn ich weiß den heiligen Fasan an meiner Seite. Stimmt für mich…nein, stimmt für UNS. Für Mohi…“
Er stellt sich in Pose, strafft die Schultern und die Muskeln an seinem unbekleideten Oberkörper.
Pheasant Warior: „…und für den Pheasant Warrior.“
#VoteForPheasy Demut. Glauben. Fairness.
Rufus von Greifenstein: „Phoenix C. Miller! Warum hast du das getan? Warum?“
Außer sich wirft von Greifenstein die Hände zum Himmel, hinter ihm wütet Bartholomäus und zieht und zerrt an den Ketten, während die Security verzweifelt versuchen, den „Hünen aus der Heilanstalt“ unter Kontrolle zu halten.
Rufus von Greifenstein: „Wieso vergreifst du dich ausgerechnet am Eigentum meines Bartholomäus? Wieso musstest du ‚Maria‘ anfassen? Miller, wir hatten uns doch endlich wieder gut verstanden, du und wir!“
Bartholomäus schnaubt wütend, zieht und zerrt, stößt grässliche Laute aus.
Rufus von Greifenstein: „Du weißt ja gar nicht, was du bei meinem Bartholomäus ausgelöst hast! Irgendwas da oben drin in seinem Kopf verbindet er mit ‚Maria‘, etwas, das DU niemals verstehen wirst! Und nun, Phoenix C. Miller, hast du die Büchse der Pandora geöffnet! Wie soll ich meinen Bartholomäus nur je wieder beruhigen können…?“
Ein Security klatscht gegen die Wand.
Rufus von Greifenstein: „Oh weh, oh weh, was für eine Schande, Phoenix C. Miller! Sieh nur, all das, jechen je, das ist dein Werk!“
Ein weiterer Security geht down. Ein Regal landet auf ihm.
Rufus von Greifenstein: „Und auch du, Daniel! Bartholomäus‘ Wut zielt auch auf dich ab! Warum? Weil du unter diesen Umständen gewonnen hast! Bartholomäus wollte mit dir spielen, oh ja, das wollte er! Aber nicht nach deinen Regeln! Daniel…Phoenix C. Miller…das hier…das hat gerade begonnen!“
Im Hintergrund fliegen Körper durch die Luft, als sich Rufus umwendet und gerade sieht, dass Justus, sein treuer Chauffeur ankommt und Bartholomäus zum Glück wenigstens etwas Einhalt gebieten kann. Rufus wendet sich wieder an die Kamera.
Rufus von Greifenstein: „Der Intercontinental-Championtitel? Oh nein, vergesst das. Vergesst das schnell wieder! Mein Bartholomäus will dieses Gold nicht! Nicht JETZT! Vielmehr will er nun euch. Daniel. Phoenix C. Miller. Gnade. Euch. GOTT!“
Mit diesen drohenden Worten blenden wir leider aus. Die wahre Tragweite diese Chaos können wir noch nicht erahnen…
„Danke.“
Weder ist die bedankte Person sonderlich relevant für das, was hier passieren soll, noch ist die dankende Person diejenige, die das Wort eigentlich sagen müsste. Immerhin ist es nicht Alex Ricks selbst, der hier vom Arzt begutachtet wurde, der den Mathematiker in diesem Moment verstehend anschaut, nickt, sich zu Camden dreht, ihm empfiehlt, weiterhin zu kühlen und sich dann von seinem Stuhl erhebt und die Kabine des Freiburgers verlässt. Ricks ist nur derjenige, der dem geschundenen Thomas Camden auf einiger Distanz auf einem Klappstuhl gegenübersitzt, die Unterarme auf die Oberschenkel abstützt und sein schwarzes Notizbuch aufgeschlagen, aber für die Kamera inhaltsunerkenntlich, zwischen den Beinen hält. So begutachtet er den Amerikaner, der mit schmerzverzerrtem Gesicht das Kühlpad noch einmal fester an seine Stirn drückt und dabei zischend Luft durch die Zähne zieht. Ricks schnauft nur.
Alex: „Nun Thomas Camden…Erzähl mir alles, was ich über dich wissen sollte.“
Mit einer fast schon gelangweilten Handgelenksdrehung zaubert Ricks das Notizbuch vor die Augen seines leicht gesenkten Kopfes, während Camden ihn mit zusammengekniffenem Blick anschaut…eine Hand am Kühlpad, also am Kopf, während er die andere auf den linken Oberschenkel stemmt. Auch Camden senkt kurz den Kopf, presst das Pad noch einmal an die Schläfe, drückt die Augen zu, schüttelt den Kopf, brummt noch einmal in sich und schaut den ehemaligen Champion dann versucht schmerzfrei an…mit der zweiten Hand auch auf dem Oberschenkel und dem Oberkörper etwas wankend nach vorn gelehnt.
Thomas: „Tjoa…was soll ich sagen Mister Ricks? Danke erstmal.“ Alex: „Angenommen…Noch einmal. Erzähl mir, was ich über dich wissen sollte.“
Der Mathematiker schaut nicht einmal von seinem Buch hoch. Thomas runzelt die Stirn.
Thomas: „Tjoa, ich bin neu im Wrestlinggeschäft. Ich habe erst vor ungefähr 3 Monaten in Thundersteels Wrestlingschule angefangen. Aber sie meinten, ich lerne verdammt schnell. Und ich hätte Potenzial. Und ich sei aufmerksam. Also haben sie mich für die GFCW empfohlen. Miss Schwanenburg wollte mir eine Chance geben. Also das Match gegen The End. Und ich bin ja eigentlich ein entspannter Typ…aber ich lasse mich nicht gerne vorführen. Und das was The End hier heute abgezogen hat…das werde ich so nicht stehen lassen. Soweit so gut?“
Der Mathematiker schaut weiterhin nicht hoch, hat nur Augen für sein Buch. Spricht mit dieser ungeheuren Emotionalität, die man von ihm kennt.
Alex: „Ist das alles, was man über dich wissen sollte?“
Zumindest bei Camden macht er sich mit dieser Art in diesem Moment aber nicht gerade beliebt. Der atmet tief durch, schüttelt genervt den Kopf.
Thomas: „Sollte für den Anfang reichen, oder?“ Alex: „Gut.“
Sagt er, schaut nach oben und dreht sein Buch um, präsentiert Camden und der Welt die aufgeschlagene Seite.
Hinter dem Buch beginnt Ricks wieder zu sprechen, während der Neuling irritiert auf die Notizen schaut.
Alex: „Nachdem ich Amelie sagte, dass ich mich um dich kümmern werde, telefonierte ich mit Thundersteel. Das Gespräch dauerte 3: 39 min und das haben mir die beiden über dich erzählt.“
Mit einem lauten Knall schlägt er schnappend das Buch zu, sodass Camden kurz zurückschreckt und aus der Konzentration gerissen wird.
Alex: „Du hast es geschafft, hier einen Probevertrag bei German Fantasy Championship Wrestling zu bekommen. Also sieht man anscheinend Potenzial in dir. Nun…wenn es keinen inhaltlichen Unterschied macht, ob ich dir zuhöre oder nicht einmal 5 Minuten mit jemandem über dich rede, dann sehe ich dieses Potenzial nicht, Thomas Camden.“
Camden schüttelt den Kopf, hebt den Zeigefinger. Entweder muss er auf Toilette, will fragen, auf welcher Seite man gerade ist oder er kommt einfach gerade in der Situation nicht hinterher.
Thomas: „Sekunde, Sekunde, Sekunde, Sekunde…was?! Du…wirst dich um mich kümmern? Was soll das heißen?“ Alex: „Du wolltest ein…Trainingsprogramm, oder?“
Alex schnauft, verzieht keine Miene.
Alex: „Amelie hat es mir deutlichst gesagt, Thomas Camden. Sie wird mich nicht aus meinem Vertrag entlassen. Und sie kennt mich unglücklicherweise gut genug um zu wissen, dass ich mich German Fantasy Championship Wrestling nicht in den Weg stellen werde. Nun haben wir also ein Abkommen. Thomas Camden, ich bin vielleicht nicht der beste Kämpfer dieser Liga, wie ich es dachte. Doch in der nächsten Zeit muss ich auch nicht kämpfen. Nicht, wenn ich dich in der Zeit fördern und fordern kann. Thundersteel, Jack Bobo, Robert Breads, sie alle haben ihre Programme und Schulen…meine Aufgabe, Thomas Camden, ist es, den besten Kämpfer aus dir zu formen, der du sein kannst.“
Langsam aber sicher weichen die Schmerzensausdrücke aus Camdens Gesicht und ein Lächeln formt sich. Ein ehrliches Lächeln, es geht schon ins Grinsen über. Er nickt vor Vorfreude.
Thomas: „Edel Mister Ricks…verdammt edel.“
Ricks hebt den Zeigefinger. Nicht meldend, nicht stoppend. Er markiert die Punkte, die er ansprechen will. Achtung, aufpassen, Lektion eins.
Alex: „Womit wir beim Thema wären, Thomas Camden. Wenn du deine Sätze den Zuschauern aufzwingen und krampfhaft markante Sprüche für dich entwickeln willst…das ist mir egal. Die Aktionen, die du bereits gelernt hast und wo du dich wie sicher fühlst im Ring…das ist mir egal. Ich habe schon Videos deiner Übungskämpfe bekommen…Ich werde dir nicht vorschreiben, was du wie tun sollst, Thomas Camden. Ich werde dir beiseite stehen und dich unterstützen. Deine Entwicklung…ist dann nur eine logische Konsequenz. Zufrieden?“
Honigkuchenpferde strahlten zu ihren Lebzeiten weniger als der Mann aus Oregon. Die Schmerzen scheinen fast wie weggeblasen, werden sich nach diesem Euphorieschub aber wohl schon früh genug wieder zurückmelden. In diesem Moment ist er aber glücklich…und nickt.
Thomas: „Auf jeden Fall Mister Ricks.“
Nicken auch seitens des Mathematikers. Dann steht er langsam auf, richtet sich langsam auf, tritt langsam einen Schritt nach vorn und streckt langsam die Hand aus.
Alex: „Nenn mich Alex…Thomas.“
Und mit einem lauten, dumpfen „Plopp“ schlägt der Neuling ein.
Thomas: „Besten Dank…Alex.“
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