8. April 2023 – 00:13 Uhr – Providence Portland Medical Center


Es ist eine bittere Nacht für einen Mann, für den es eigentlich eine freudige Nacht sein sollte. Noch vor wenigen Stunden hat Lionel Jannek einen Vertrag unterzeichnet, für ein Match bei GFCW Allegiance. Ein Match von dem seine Zukunft abhängt und sein großer Wunsch von einem Abschiedsmatch. Doch nun schwebt sogar im Raum, dass er nicht einmal das Match bei Allegiance bestreiten kann.

Nach der heftigen, geradezu brutalen Attacke von Matthäus Meister, muss der „Superior One“ die Nacht im Krankenhaus verbringen. Der Österreicher richtet unentwegt den Blick auf sein übel zugerichtetes Bein, das im Moment wie eine Cyborg-Erweiterung aussieht. Schienen, Stützen, Verbände… Bei diesem Anblick keimt nur wenig Hoffnung auf, dass LJ rechtzeitig fit wird. Alles hängt von den Ergebnissen der Röntgenuntersuchung ab. Und das dauert. Jannek kommt es zeitweise so vor, als würde die Zeit stillstehen. Jedoch bleibt ihm nichts anderes übrig als abzuwarten…

Endlich öffnet sich Minuten später die Tür und einer der Ärzte betritt den Raum. Unter dem Arm hält er eine Mappe mit den Röntgenbildern. In seinem Gesicht lässt sich nichts ablesen. In aller Ruhe hängt er die Bilder an einer dafür vorgesehenen Wand auf und dreht sich dann zu Lionel Jannek. Dieser blickt ihn angespannt an…


Arzt: „Nun, Mister Jannek, wir haben die Röntgenbilder ausgewertet.“


Dann blickt der Mediziner auf die Bilder und scheint zu überlegen wie er seine Diagnose wiedergeben soll. Ungeduldig richtet sich Jannek in seinem Bett etwas auf.


Lionel Jannek: „Na sagen Sie schon, Doc! Wie sieht es aus?“


Kurzes Ausatmen mit einem leicht hörbaren „Puh“ beim Arzt. Dann deutet er auf das erste Bild.


Arzt: „Ich will es einmal so formulieren: Sie hatten Glück im Unglück.“


Ein kleiner Funken der Hoffnung, inmitten einer ansonsten wohl eher düsteren Diagnose. Jannek ist hellhörig.


Arzt: „Zugegeben, da ist eine Menge was gar nicht gut aussieht… Prellungen, Verstauchungen, Quetschungen, Schwellungen, Blutergüsse…“


Mitgenommen hört sich LJ das an und blickt dabei erneut auf das besagte Bein. Er beißt die Zähne zusammen, denn schon jetzt ist ihm klar, dass das Match sich immer weiter aus seiner Griffweite entfernt…


Arzt: „ABER! Gebrochen scheint auf den ersten Blick nichts zu sein. Das einzige in dieser Richtung ist wohl ein kleiner Sprung im Schienbein. Nach dem was Ihnen passiert ist, grenzt das fast schon an ein Wunder. Sie können froh sein, dass sie so gut trainiert sind. Bei einem Normalsterblichen würde das ganz anders aussehen.“


Jannek blickt den Arzt hoffnungsvoll an. Jetzt gilt es natürlich die Frage aller Fragen zu klären.


Lionel Jannek: „Was bedeutet das für mich, Doc? Wie lange muss ich pausieren?“


Der Arzt blickt LJ einige Sekunden wortlos an. Dann blickt er nachdenklich auf den Boden… dann zu den Bildern… und dann wieder zu Lionel Jannek. Er öffnet den Mund, muss aber noch einige Sekunden überlegen was er sagt.


Arzt: „Nun… Sie haben uns erzählt Sie haben am 21. Mai in einem Wrestlingring einen Kampf?“


LJ nickt zustimmend.


Arzt: „Sie haben am 21. Mai KEINEN Kampf.“


Das trifft den Österreicher wie ein Messerstich und er muss sich daraufhin erstmal zurücklehnen. Deprimiert und enttäuscht blickt er ins Nichts und tausend ungeordnete Gedanken schwirren durch seinen Kopf. So nimmt er die nächsten Worte des Arztes beinahe gar nicht mehr wahr.


Arzt: „Es tut mir sehr leid für Sie, Sir. Aber ich kann Sie mit diesen Verletzungen unter keinen Umständen mit gutem Gewissen in einen Ringkampf schicken.“


Jannek schüttelt mit weit entferntem Blick leugnend den Kopf. Er will das einfach nicht wahrhaben.


Lionel Jannek: „Doc, Sie verstehen das nicht! Das ist nicht irgendein Kampf! Da geht es für mich um alles oder nichts! Ich MUSS da hin und kämpfen! Gibt es da gar nichts was Sie tun können?“


Der Arzt blickt erneut nachdenklich zum Boden und dann zur Seite. Man sieht, dass er nur ungern der Bote der schlechten Nachrichten ist. Viel Hoffnung kann er dem Österreicher aber nicht machen.


Arzt: „Mister Jannek, selbst wenn alles gut verläuft und sich ihre Verletzungen besser als erwartet regenerieren… sogar dann werden Sie am 21. Mai allerhöchstens schwer angeschlagen und unter Schmerzen halbwegs aufrecht stehen können.“

Lionel Jannek: „Sie sagen also es gibt Hoffnung?“


Diese Antwort lässt den Arzt erstmal perplex und wortlos, aber mit offenem Mund dastehen. Innerlich scheint er so ein wenig aufzugeben dem Österreicher noch irgendetwas ausreden zu wollen. Oft genug hatte er solche Patienten schon, die sich nicht mit ihrem Schicksal abfinden wollen.


Arzt: „Sofern Sie das als Hoffnung definieren wollen. Ja. Ich als Arzt würde Ihnen von diesem Kampf dringend abraten, aber ich kann da wohl sagen was ich will, Sie werden ja doch nicht auf mich hören.“

Lionel Jannek: „Beantworten Sie mir nur noch eine Frage, Doc: Bin ich transportfähig?“


Etwas resignierend prustet der Arzt einmal tief aus.


Arzt: „Im Prinzip ja. Solange Sie dabei das Bein nicht direkt belasten. Aber selbst dann wird es ziemlich unangenehm werden.“

Lionel Jannek: „Danke, Doc.“


Mit einem höflichen, verabschiedenden Kopfnicken verschwindet der Arzt aus dem Zimmer. Kaum ist dieser gegangen, zückt LJ sein Smartphone und startet einen Videoanruf. Eine bekannte, weibliche Stimme antwortet.


Carina Valentina: „Lio? Bist du das? Um Himmels Willen, ist alles in Ordnung? Ich hab es im Fernsehen gesehen!“

Lionel Jannek: „Ganz ruhig, Schwesterherz. Ich hab schon Schlimmeres überstanden.“


Das unterstreicht er mit einem leichten Lächeln.


Lionel Jannek: „Was ich dir eigentlich sagen wollte… Mach alles bereit. Ich komme nach Hause. Für rund einen Monat…“

Carina Valentina: „Du willst das wirklich immer noch durchziehen? Lio, du wirst-“

Lionel Jannek: „Carina, der Arzt hat mir gerade lang und breit einen Vortrag gehalten. Fang bitte du nicht auch noch an. Mein Entschluss steht fest.“

Carina Valentina: „Aber wie stellst du dir das vor, Lio?“

Lionel Jannek: „Ich kenne nicht umsonst die besten Ärzte und Therapeuten, Schwesterchen. Wird Zeit, dass die beweisen, dass sie diesen Ruf zurecht inne haben.“


Erneut lächelt der „Superior One“ dabei. Dann sagt seine Schwester noch etwas, für uns nicht zu verstehendes, bevor das Gespräch beendet wird. Einen kurzen Moment hält LJ den Blick zur Decke, dann folgt der nächste Anruf, um den Stein ins Rollen zu bringen. Bevor der Gegenüber den Anruf entgegennimmt, spricht der Österreicher noch einen Satz.


Lionel Jannek: „Dye… mach dich bereit. Du hast einen Monat Zeit. Und dann komme ich zurück… und zwar nicht nur für ein Match!“



Ein altbekanntes Reiheneckhaus in einem soliden Wohnquartier im Westen von Vancouver ist zu sehen. GFCW-Ultras wissen, dass hier die etwas tattrige Tante von Ray Douglas residiert. Irene Douglas. Die Dame gewährte dem damals abgebrannten Ray sogar Unterschlupf. Ein Zuhause. Erst als die Karriere wieder in Schwung kam und die GFCW anklopfte, zog Morbeus aus und verließ die alte Dame in Richtung Germany.


Nun wechselt das Bild ins Innere des Hauses. Eine saftige Torte ist in der Mitte des Tisches zu sehen. Die Torte hat drei Lagen und wirkt reichlich imposant. Auf der Torte sind noch zwei Zahlen liebevoll montiert: eine Acht und eine Null. Man muss keine kriminalpolizeiliche Ausbildung absolviert haben, um zu erkennen, dass Irene offenkundig hier zu ihrem 80. Geburtstag geladen hat. Am langen Eichentisch ist aber nur für wenige Personen gedeckt. Die Kamera fährt nun etwas weiter raus und neben Irene am Kopf des Tisches sind noch Kyle Douglas und Kyd Flawless zu erkennen. Die beiden Kinder des Zorns mampfen eifrig den hoch kalorischen Kuchen und trinken dabei Kaffee. Irene scheint der Appetit nach Kuchen bereits vergangen und ist bereits zum Scotch „rübergewechselt.“ Die alte Dame mustert dabei Flawless und wendet sich dann an Kyle.


Irene: „Was ist mit dem Jungen, Kyle?“

Kyle: „Was soll mit ihm sein?“
Irene: „Kriegt der bei euch nicht zu essen? ER schlingt so.“


Flawless schmatzt freudig vor sich hin und antwortet der Kyles Tante:


Kyd: „Super lecker. Da kann ich mich ja fast reinsetzen.“

Irene: „Lieber nicht, ich hab kein Bock an meinem Geburtstag noch zu putzen. Wer ist er eigentlich, Kyle? Dein Freund?“

Kyd: „Nonsens. Kyle und ich fischen in unterschiedlichen Gewässern.“


Worte die Kyle etwas schüchtern gegenüber seiner Großtante wirken lassen.


Kyle: „Ähm. Genau. Also, keine Sorge, Irene. Du musst nicht putzen wegen uns. Kyd neigt zu Übersprungshandlungen, wenn er gestresst ist. Das scheint aktuell nicht der Fall zu sein.“

Kyd: „Shots fired?! Was soll das bitte heißen?“

Kyle: „Wenn du unter starkem Druck stehst, neigst du zu irgendwelchen bekloppten Entscheidungen. Wir beispielsweise bei Dooms Night, als du plötzlich von einem auf den anderen Moment zum LBGTQ+-Warrior wurdest. Das passte doch gar nicht zu dir. Nie war dir das offene zur Schau stellen deiner Sexualität irgendwie wichtig oder so….“


Flawless hält kurz inne und überlegt, was er antworten soll. Oberflächliche Gags sind an dieser Stelle wohl völlig unangebracht.


Kyd: „Honestly, ich weiß nicht was mich damals geritten hat. Wahrscheinlich wollte ich mich dadurch selbst nochmal pushen. Ein Match beim PPV gegen eine Legende wie Robert Breads war eben völliges Neuland für mich…..warum biste jetzt so salty, Kyle? Du weißt, dass ich alles gegeben und auch mich weit aus dem Fenster gelegt habe. Aber sonst hätte mir dem kleinen Kyd Niander niemals eine Chance gegeben! Und das weißt du ganz genau.“

Kyle: „Hmm. Dein Mut wurde im Ring nicht belohnt. Ich war etwas pissed, dass du dich damals vorgedrängelt hast, aber dennoch hatte ich gehofft du würdest belohnt werden….“


RING RING


Die Türklingel wird zwei Mal kurz geläutet. Weitere Gäste sind im Anmarsch. Kyle steht auf und möchte für seine Großtante die Haustüre öffnen, aber die winkt nur ab.


Irene: „Ich kann noch allein zur Tür gehen. Bleib sitzen und stopf dich mit der Torte voll, mein Junge. Den kriegen wir sonst nie auf.“


Irene öffnet langsam die Türe und herein kommt eine gutaussehende Frau Anfang oder Mitte 40. Lange rötliche Locken kennzeichnen eine mögliche Verwandtschaft mit Kyle oder Ray Douglas.


Irene: „Rachel. Schön dich endlich hier zu haben. Die beiden Jungs essen noch den ganzen Kuchen weg.“


Kyle dreht nun den Oberkörper Richtung Türe und nickt freundlich.


Kyle: „Hey Ma. Warum bist du denn so spät erst hier?“


Rachel ist gerade noch im Begriff ihren Mantel auszuziehen und begrüßt die Onlyfriends aber schon einmal mit einem Lächeln.


Kyd: „Wow, Kyle. Deine Mum sieht echt gut aus.“

Kyle: „Schnauze.“

Rachel: „Hey Kyle. Wie war der Flug?“

Kyle: „Nicht weiter erwähnenswert.“

Rachel: „Also ich habe da noch jemanden abgeholt, Sohn. Irene hatte darum gebeten….“


Plötzlich steckt Ray Douglas den Kopf durch die Türe und grinst insbesondere Kyd und Kyle an.


Morbeus: „Kuckuck!“

Irene: „Willkommen zurück, du Schweinepriester. Komm rein, komm rein.“


Morbeus umarmt seine Tante herzlich und überreicht ihr ein Präsent zum Geburtstag. Flawless kann sich ein Lächeln nicht verkneifen. Er hat nicht damit gerechnet, dass der „Erzfeind“ seines Mentors hier aufkreuzen würde. Kyle dagegen bekommt den Unterkiefer kaum mehr nach oben gehoben. Sein Onkel mit dem er seit Jahren fast gar nicht gesprochen hat, ist plötzlich beim Geburtstag seiner Tante. Das ist in der Regel nicht allzu überraschend, aber in diesem Fall dann schon. Die Familie Douglas hat keinen besonderen Gemeinschaftssinn muss man wissen und in der Regel ist man sich spinnefeind.


Morbeus: „Ich hoffe die Flaschen Scotch bringen dich erstmal weiter, Irene. Neues Motorenöl für Dich. Haha.“

Irene: „Das sind zwei Flaschen, Ray. Ich dachte du verdienst wieder gutes Geld bei den Deutschen. Und dann bringst du mir nur zwei Flaschen mit?“

Morbeus: „Deine Leber liegt mir am Herzen, Sweetie.“


Rachel und Raymond setzen sich an den gedeckten Tisch. Rachel nimmt neben Kyle Platz und Ray setzt sich grinsend zu Kyd Flawless.


Morbeus: „Na, Kyd. Verprügelst du mich heute wieder?“


Ray zwinkert dabei Flawless zu, sodass die Ironie in der Tonlage noch einmal verstärkt wird.


Kyd: „Jederzeit, wenn Du es wünschst.“

Morbeus: „Haha. Komm tu mir doch erstmal ein Stück des Zyankali-Kuchen, Tante Irene. Ich hab gehört, dass Kyle den gebacken hat..“


Bis auf Kyle müssen alle am Tisch lachen. Die Mine vom selbsternannten Mr. Unpinnable verzieht sich dagegen ins Finstere.


Kyle: „Warum hast du diesen Abschaum nur mitgebracht, Ma?


Bevor Rachel antworten kann, übernimmt das Irene schon mit Schaum äh Sahne vor dem Mund.


Irene: „Ich wollte die ganze Familie, oder den Kadaver dieser Scheißsippe eben, mal hier haben. Ich verlange nun wirklich nicht viel von euch, aber das war mein sehnlichster Wunsch einer alten Frau. Und jetzt esst alle noch weiter diese Torte und dann trinken wir gemeinsam einen Scotch!“


Morbeus versucht indes Augenkontakt mit seinem Neffen aufzunehmen. Doch dieser blockt ab und versucht seinen Onkel zu ignorieren. Dann wendet sich Morbeus lieber Flawless zu.


Morbeus: „Und, Kyd? Wir läufts bei Niander? Schon viel gelernt?“

Kyd: „Ist das jetzt ne Fangfrage?“

Morbeus: „Er bezeichnet sich ja immer als tollsten Mentor im professionellen Wrestling, da dachte ich, würden die Bewertungen fantastisch sein.“

Kyle: „Antworte ihm doch nicht auf so Scheißfragen.“

Morbeus: „Lass den Jungen mal. Der ist doch auch sonst nicht auf den Mund gefallen.“

Kyd: „Ich bin im Hauptroster der GFCW, was ein großer Erfolg für mich ist. Die Children of Wrath sind noch lange nicht am Ende der Fahnenstange angelangt und werden die Rankings noch ordentlich klettern…Dein Neffe…“

Morbeus: „…sitzt mir gegenüber. Zu dem komme ich gleich noch. Ich wollte dich aber immer schon mal fragen…sag mal…Kyd….wie ist es eigentlich mit zwei so homophoben Arschlöchern wie Maurice und Niander zusammenzuarbeiten? Bist du nicht der Queere-Warrior, oder was hatte ich da im Hinterkopf, hm?“


Nun steht Kyle auf und spannt direkt seine Muskeln an. Auch seine Mutter Rachel schreckt auf und versucht ihren Sohn zu besänftigen.


Rachel: „Kyle, nicht.“

Irene: „ALLE WIEDER HINSETZEN, SOFORT!“


Und der angetrunkenen Patriarchin leisten Kyle und Rachel auch Folge.


Irene: „Könnt ihr euch nicht EINMAL friedlich verhalten?! Ihr könnt euch im Ring auf die Mappe hauen, aber nicht, wenn ich Geburtstag habe. Kyle beruhigt sich erstmal und Ray fragt hier bitte nicht weiter wie ein scheiß Investigativ-Journalist, der denkt er könne den Pulitzer-Preis gewinnen!“

Morbeus: „Reg dich nicht so auf, Irene. Dein Blutdruck.“

Kyle: „Spar dir deine Kraft für das Match gegen Alex Ricks, Onkel. Das wird ne harte Nuss. Zweimal hast du schon gegen ihn verloren, warum solltest du dieses Mal gewinnen?“

Morbeus: „Vancouver.“

Kyle: „Vancouver ist meine Stadt.“

Morbeus: „Meine auch.“

Kyle: „Nicht mehr lange. Die jungen Zuschauer lieben mich. Ich bin ein Volksheld.“

Morbeus. „Ein tragischer. Der nie bei den Olympischen Spielen auftreten konnte und nun denkt er könne in Windeseile das Profi-Wrestling beherrschen. Mr. Unpinnable. Traumtänzer.“

Kyle: „Die Fans werden uns beiden zujubeln, aber dir nicht mehr sehr lange. DU bist fertig, Ray. Auch wenn du es nicht wahrhaben willst. Mit List und Geschick hast du dir zwar den World Title im letzten Jahr unter den Nagel gerissen. Aber dann auch wieder nicht halten können. Genieße noch einmal Vancouver. Du wirst nicht mehr lange in der Topcard catchen.“

Morbeus: „Hat euch den Unfug Niander eingebimst, Jungs?“

Kyle: „Fuck YOU! Rangele du mal mit den Ricks oder Zereo Killer. Ich glaube der hat auch noch nen dicken Hals auf dich. Die Alten Weißen Männer werden aber nicht mehr lange die Box Office Attractions sein. Im Opener catcht die Zukunft. Rotari…und ICH! Das wird das Highlight der Show und du wirst sehen, dass ICH den größten Sieg in meiner noch jungen Karriere holen werde!“

Kyd: „Tja, Ray. Wo er Recht hat, hat er Recht!“
Morbeus: „Ihr beide habt nichts verstanden und folgt dem falschen Lehrmeister. Aber ich kann es euch nicht verübeln. Kyle, du bist ohne Vater aufgewachsen. Woher soll die Erfahrung kommen? Ich hatte einen Vater, aber der hat mich nur gedemütigt und geschlagen. War auch nicht besser. Wirf mir alles an den Kopf. Schrei mich an. Spuck mich an. Ich habe es verdient. Aber Niander zu folgen ist nicht richtig.“


Ray Douglas steht nun auf und nickt seiner Schwester und seiner Tante zu. Dann schaut er wieder zu Kyle.


Morbeus: „Kyle, hau Rotari weg. Zeig ganz Vancouver, dass du ein toller Wrestler wirst. Du hast alles dafür. Aber vergewissere dich, wer es gut mit dir meint und wer nicht. Danke für die Einladung, aber ich bin dann auch wieder weg. Rachel. Irene. Man sieht sich!“

Kyle: „Rührend, alter Mann. Erzähl den Scheiß doch deiner inneren Stimme. Die hört dir eher zu.“


Schulterzuckend verlässt Raymond Douglas den Tisch und alsbald auch das Haus seiner Tante. Die anderen Gäste schauen dem Rothaarigen noch nach. Dann fadet die Kamera aus.



Pieeeeeep

Pieeeeeep

Pieeeeeep

Pieeeeeep

Pieeeeeep

Pieeeeeep

Pieeeeeep

Pieeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeep

Pieeeeeep

Pieeeeeep


Was zur Hölle? WO…?...Ich…“


Die Augenlieder schließen sich wieder.

Pieeeeeep

Pieeeeeep


Das kann doch nicht wahr sein…“


Stammelnd, krächzend, so als ob das Geräuscherzeugungsorgan längere Zeit nicht benutzt wurde.

Die Augen öffnen sich und der Sehende schaut sich in dem kargen spartanisch eingerichteten Raum umher. Links erblickt er zwei weitere Betten. Rechts ebenso. Alle belegt. An jedem Kopfende stehen Monitore und verschiedene Maschinen die eine unerträgliche Symphonie von piepen, schnaufen, knatschen und saugen erzeugen. Unruhiger und hektischer blicken die Augen umher. Bis…bis sie an einem Bild hängen bleiben. Blinzelnd versucht er zu erkennen was auf dem Bild zu sehen ist. 4 Figuren sind schemenhaft zu sehen. Doch auch die Augen haben lange nicht ihren Dienst getan und müssen sich in dem recht dunklen Zimmer das nur durch ein paar indirekte Leuchten erhellt wird an die verlernte Tätigkeit gewöhnen. Auf dem Monitor zu seiner linken kann er die Uhrzeit und ein Datum erkennen. 0:01 Uhr. 21.04.2023.


Mein Kopf…Schmerz…Was ist passiert?“


Erneut fallen die Augen zu.


Pass auf…NEEEEEEEEEIN!“


Der Schrei, krächzend, erfüllt den Raum und lässt den Zuschauer erschaudern. Etwas Schlimmes muss dem Unbekannten wiederfahren sein. Man hört das Zittern das der Körper auf das Bett überträgt. Dann plötzlich Ruhe…


Bin ich tot?“ Die Stimme hört sich nun normal und erfrischend an. Irgendwie euphorisch.

DAS wäre doch mal was.“


Die Augen öffnen sich und man sieht wieder das Zimmer mit den vier Betten. Doch irgendwie erstrahlt es in hellem Glanz. Das gerade noch spartanisch karge Zimmer gleicht einem bunten Sammelsurium von Farben, Blumen, Dekoration und Bildern die die Farbenfrohen Wände schmücken.


Was ist denn nun los? Anscheinend war alles nur ein schlimmer Traum.“


Der Unbekannte richtet sich langsam auf und schaut sich fragend um.


Ich…Ich bin…“


Jedes einzelne Bild scheint vor Freude zu schreien. Immer wieder ist das gleiche Motiv zu sehen. In verschiedenen Zeitungsausschnitten, auf den Gazetten der Welt, auf Büchern und auf Gemälden sieht man immer wieder eine Szene. Darüber oder darunter steht in großen Buchstaben geschrieben…

DER GRÖSSTE CHAMPION DER WRESTLING GESCHICHTE – BEZWINGER EINER GANZEN FAMILIE

Die Person auf dem Bild steht im Ring und hat den Fuß auf der Brust einer besiegten Person gestellt. In der nach oben ausgestreckten Hand hält er den Champion Gürtel. Sein Gesicht ist unter einer Maske verborgen. Die Fans im Hintergrund jubeln ihm zu.


Das…DAS BIN ICH!!!!“


Zufrieden lehnt sich der Unbekannte zurück. Er schaut nach rechts und erblickt eine Zeitung. Darauf das gleiche Bild wie an den Wänden. Er nimmt sich das Informationsblatt und liest schockiert.


GRAUSAMER ANSCHLAG AUF KNEIPE in WIEN FORDERT 5 SCHWERSTVERLETZTE – ATTENTÄTER AUF DER FLUCHT.

Das Datum auf der Zeitung…05.11.2022.


Das Piepen der Maschine wird schneller und der Unbekannte fällt wieder in den Schlaf aus dem er gerade erwacht ist.




War Evening, Rogers Arena (Vancouver/British Columbia, Kanada), 21.04.2023


In Kooperation mit



)


Willkommen in Morbeus-City!


Zumindest wenn man dem Kameraschwenk durch die Fanreihen hier in der Rogers Arena betrachtet, kann man sich diesem Eindruck kaum erwehren. Ein Plakat folgt dem nächsten, folgt dem nächsten T-Shirt des Hometown Heroes. Dazu auch noch das übliche Feuerwerk und man kann schon jetzt feststellen: Das wird ein guter Abend.


Pete: „GFCW Galaxy! Willkommen in Vancouver!“

Sven: „Die Nordamerikatour geht immer weiter gen Norden und jetzt sogar über Landesgrenzen hinweg. Wir begrüßen euch LIVE aus Kanada!“

Pete: „Und was wir heute für euch mitgebracht haben, verspricht so einiges. Eine Hammercard mit vier Matches, die ich genau so auch bei JEDEM Pay Per View nehmen würde!“

Sven: „Definitiv.“


Singles Match:
Kyle Douglas vs. Aiden Rotari
Referee: Jack Bobo


Pete: „Im Opener geben sich zwei Männer die Ehre, deren Fehde in den letzten Wochen noch deutlich an Feuer gewonnen hat, nachdem sie zu Jahresbeginn doch noch eher ein wenig köchelte.“

Sven: „Spätestens mit Kyles Angriff wurde daraus aber ein richtiger Ölbrand und Aiden will da heute noch eins drauf setzen. Kyle Douglas nicht nur die erste Niederlage zufügen…nein…das auch noch in dessen Heimatstadt!“

Pete: „Und wir wissen alle…das WIE ist für Aiden zweitrangig. WAS zählt, ist das Ergebnis.“

Sven: „Kyle hat sich hier hoffentlich gut auf alle Eventualitäten vorbereitet. Was ihm aber zu Gute kommt…An seiner Seite steht mit Niander Cassady-Taylor, der Aiden in seiner Durchtriebenheit in nichts nachsteht.“


Singles Match:
Ask Skógur vs. Antoine Schwanenburg
Referee: Karo Herzog

Pete: „Für hinterhältige Aktionen ist bei den Schwanenburgs wohl eher Amélie zuständig…Antoine kümmert sich um den ‚ehrlichen‘ Kampf. Dass er dieses Match hier auf ‚Wunsch‘ von Alex Ricks aber überhaupt annimmt…das ist schon eine Überraschung.“

Sven: „Ask Skógur hat von Alex eine Herausforderung gewollt…und die vermutlich größtmögliche bekommen. Das ist eine riesige Chance für Ask sich zu beweisen…ich befürchte aber diese Chance ist zu groß.“

Pete: „Wir sollten Ask nicht abschreiben, er macht seit Monaten eine gute Figur. Antoine hingegen hat aktuell ja nicht nur eine sondern gleich zwei andere Sorgen.“

Sven: „Wie sehr ihn das allerdings wirklich beschäftigt, darf man auch infrage stellen.“


Singles Match:
Zane Levy vs. Drake Nova Vaughn
Referee: James Corleone


Pete: „Jam…Corleone? Will hier in der Regie jemand lustig sein?“

Sven: „Vermutlich.“

Pete: „Naja…im Match selber dürfte dann vermutlich keiner mehr etwas zu lachen haben. Drakes persönliche Vendetta an Leviathan geht weiter.“

Sven: „Show für Show knöpft er sich einen von ihnen vor auf seinem Weg zu The End, aber man muss schon klar sagen…egal wie groß die Vorgeschichte zwischen Zane und Drake ist…Drakes Zorn richtet sich auf The End – nicht auf Zane Levy.“

Pete: „Wollen wir hoffen, dass du recht hast. Ich glaube nicht, dass ich eine Wiederholung von Title Night 2020 überstehen würde.“

Sven: „Das Sanitätsteam wird bereit stehen…“


Singles Match:
Morbeus vs. Alex Ricks
Referee: Robin Stahlbrand


Pete: „Und dann noch der Main Event. Hier…ausgerechnet in Morbeus‘ Heimat! Das Rückmatch vom Rückmatch – Morbeus gegen Alex Ricks!“

Sven: „Zwei Duelle gab es bereits und beide Male konnte sich Alex auf…sagen wir zweifelhafte Weise durchsetzen. Heute soll es anders aussehen. Davon ist Morbeus überzeugt und er hat die Galaxy im Rücken.“

Pete: „Respekt für Alex, diese Herausforderung anzunehmen, aber vielleicht hatte er auch den Gedanken, dass er Eric Fletcher noch einen Beweis liefern sollte, warum ER das Titelmatch gegen Antoine verdient und nicht Luna.“

Sven: „Ein riskantes Spiel einen Gegner wie Morbeus dabei als Beweisobjekt zu nehmen. Raymond war nicht umsonst Champion. Und hier am heutigen Abend? Ich meine…hör dir nur die Arena an.“

Pete: „Das werde ich mit Freude tun. Also geben wir der Galaxy doch einmal einen Grund zum Feiern. Ladies and Gentlemen…viel Spaß mit der Show!“



Alex: Du hast Erics Worte gehört, nehme ich an.“


Der Kaiser hatte nicht vor, hier auf dem Weg zu seinem Wagen zwei Schritte hinter Amélie noch einmal aufgehalten zu werden. Eigentlich wollte er doch nur das Moda Center hier in Portland verlassen, doch wenn der Mathematiker zufällig (?) von der Seite in seine Richtung kommt, bleibt der Champion eben doch einen Moment stehen. Seine Frau beim bloßen Hören des Freiburgers sowieso, die hörbar laut seufzt.


Amélie: „Meine Güte, mach’s kurz, in Ordnung?“


Böse Blicke werden gegen Alex geworfen, ein Teil davon trifft auch Antoine, denn natürlich weiß sie, dass er Alex nicht ignorieren wird, so wie sie es am liebsten hätte.


Der Champion nickt lediglich knapp. Alex sieht Amélie nicht mal an, also kann er die bösen Blicke höchstens auf seiner Haut spüren, aber die Blicke zu erwidern, das gönnt er ihr nicht. Ricks interessiert sich nur für Antoine. Eine Aussage der Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft.


Amélie macht dann ein paar Schritte weg von der Szenerie, ihre Schritte hallen durch das Parkhaus und wir hören mit einem Piepen, wie sie das Auto aufschließt, was wir aber nicht mehr sehen können.


Antoine: „Alex. Erics Worte interessieren mich komplett gar nicht. Das müsste dir eigentlich bewusst sein. Er spielt sich auf, ja, aber ich, Alex, ich bin unantastbar, das bewies ich ein ums andere Mal. Wenn er seine großkotzigen Reden schwingt nach dem Motto ich benötige zwei Wochen um das Offensichtliche auszusprechen, um sich selbst noch mal zwei Wochen länger relevant zu halten, dann ist das nervig, aber nicht mehr. Am Ende des Tages besteht keine andere Wahl, als mir meinen Willen zuzugestehen, denn ich bin die wichtigste Person in der gesamten Liga.“


Nun hören wir auch die Tür des Autos laut zuschlagen. Und zwar so laut, dass ein Vater wahrscheinlich zu seinem Kind gesagt hätte „das Auto ist kein Panzer!“, aber in diesem Falle ist es passiv aggressiv gerechtfertigt. Ricks will Antoine auch nicht ewig hier festhalten.


Alex: „Wird er nicht dennoch einen Weg finden, dir Steine in den Weg zu legen? Wie ich es dir sagte, Antoine…Luna wird nicht nachlassen. Nun heißt es abwarten, was Eric entscheiden wird. Nachdem dieser Abend aber noch einmal zeigt, wie sehr Luna weiterhin deine Aufmerksamkeit will, sehe ich Ähnlichkeiten zu meiner Situation.“


Er setzt kurz ab, räuspert sich.


Alex: „Ask wird nicht nachlassen. Nicht ohne dass ihm seine Grenzen erneut aufgezeigt werden. Er ist zäh. Er ist stur. Vielleicht wie Luna.“


Ricks geht einen Schritt näher auf den Kaiser zu.


Alex: „Warum sollten wir uns also nicht gegenseitig unterstützen, Antoine? Um gemeinsam aufzutreten. Anzutreten. Ich will zwischen uns Klarheit schaffen…und dafür müssen wir die Nebenbedingungen eliminieren.“


Sein Blick verengt sich leicht. Antoine kann wohl schon erahnen, worauf das Ganze hinausläuft, sein Blick lässt derartiges vermuten.


Alex: „Wenn sich Ask einer Herausforderung stellen möchte, dann soll er das tun. Dann soll er seine Herausforderung bekommen…dich.“


Dieses Wort unterstreicht er mit einem Hauch von Mimik. Gesichtsmuskeln um den Mund herum, die nicht oft vom Mathematiker angespannt werden.


Alex: „Du kämpfst gegen Ask und weist ihn in seine Schranken…und was auch immer Eric Fletcher beschließt…ich halte Luna von dir fern.“


Lautstark beginnt Antoine zu lachen, was natürlich auch wundervoll durch das Parkhaus hallt.


Antoine: „Alex, das amüsiert mich. Ich soll gegen Ask kämpfen, ihm seine Grenzen aufzeigen? Ich habe prinzipiell nichts dagegen hier und dort meine überwältigende Dominanz zur Schau zur stellen, aber, Alex, in der Regel klaue ich Kindern nicht den Lutscher.“


Überwältigende Dominanz mag er hier und dort gern zur Schau stellen, hier sehen wir in erster Linie das überwältigende Selbstvertrauen des Champions.


Antoine: „Glaube mir, Alex, generell bin ich bereit, dir einen Gefallen zu tun, jedoch kannst du nicht von mir erwarten, dass ich in irgendeiner Form zurückhalte. Ich vernichte, Alex, ich schlachte ab. Ich werde Ask Grenzen aufzeigen, von denen er nicht mal wusste, dass sie existieren. Ist es das, was du willst, Alex? Willst du, dass ich Ask vernichte?“


Ein arroganter Blick geht zu Alex und wie egal ihm Luna ist, beweist er, indem er sie nicht einmal erwähnt. Das nimmt auch der Mathematiker mit einem Nicken hin. Hier geht es um Ask. Eine Person, die Alex in den letzten Monaten häufig beschäftigte. Doch trotz der Warnung, der Drohung seitens Antoines…der Blick des Mathematikers bleibt leer. Er sorgt sich nicht um den Schweden. Ist er ihm…egal?


Alex: „Ich will, dass du kämpfst, wie du kannst. Was das für Ask bedeutet…ist nur eine logische Konsequenz.“


Da ist es wieder, dieses überhebliche und freche Grinsen, was wir alle so sehr lieben und/oder hassen. Diese Antwort hatte Antoine sich erhofft. Natürlich geht sofort der die Hand nach vorne für den obligatorischen Handschlag.


DÖÖÖT DÖÖÖT


Amélies Hupen wird getrost von den beiden Herren ignoriert und Alex nimmt den Handschlag entgegen.


Antoine: „In zwei Wochen gibt es Wild.“


FADE OUT



Robert Breads: „Willst du, dass ich mit da raus gehe?“


Der Kanadier lehnt an der Wand einer Kabine – offenkundig die ihm zugewiesene – während er mit einer schlecht deutbaren Mischung aus Besorgnis und gespannter Erwartung auf den jungen Mann herabblickt, der sich gerade in aller Seelenruhe die Wrist-Tapes um die Handgelenkte wickelt, seinen Partner, den noch sleazigeren Teil von Sleaze, Aiden Rotari.


Aiden Rotari: „Ich werde das allein bewältigen. Ich komme sehr gut mit mannigfaltiger Ringbegleitung zurecht, sollte der Feigling sich dafür entscheiden.“


Er sagt das nicht in einer Art und Weise, die klingt, als würde er wirklich werten, was Douglas da tut, er stellt es einfach als bloßen Fakt dar – weder besonders positiv noch negativ.


Robert Breads: „Das weiß ich doch. Ich wollte es bloß anbieten.“

Aiden Rotari: „Keine Sorge. Ich habe einen Plan.“

Robert Breads: „Das würde ich nie in Frage stellen. Nur…“


Entschieden schüttelt Rotari den Kopf, als er zu Breads aufblickt.


Aiden Rotari: „Ich bin ebenso wütend wie du über das, Niander uns… ganz im speziellen dir… vor zwei Wochen angetan hat. Aber deine Anwesenheit am Ring würde die Dinge nicht entschärfen, eher im Gegenteil. Es könnte mir zum Nachteil werden. Kümmere du dich später noch um Niander und dessen Herausforderung. Du bist außerdem nicht hundertprozentig fit, also…“

Robert Breads: „Darauf wollte ich nicht abzielen.“


Eine kurze, überrascht wirkende Reaktion des jungen Mannes mit den toten Augen in Form einer kaum wahrnehmbaren Zuckung der Augenbrauen.


Robert Breads: „Ich habe eine Frage zu deinem Plan.“


Rotari wirkt nun tatsächlich etwas verwundert.


Aiden Rotari: „Kommen da etwa Zweifel an der Kreativität und der Raffinesse des selbst gewählten Tag Team Partners hoch?“

Robert Breads: „Nein. Eher eine Besorgnis über eine möglicherweise verschobene Prioritäten-Setzung.“


Nach diesen Worten richtet sich Aiden auf und steht Breads gegenüber – nicht wütend oder gar bedrohlich, bloß eine physische Erinnerung, dass beide auf Augenhöhe sind. Der Hall of Famer fährt ungerührt fort.


Robert Breads: „Du könntest an eine Grenze stoßen, oder… lass es mich anders formulieren. Du hast dein Talent noch lange nicht ausgeschöpft, aber du limitierst dich selbst. Deine Entwicklung ist…“

Aiden Rotari: „Kommt da etwa wieder der Coach durch?“

Robert Breads: „Angesichts momentaner Ereignisse wenig überraschend, oder?“


Ein kurzes Zögern von Breads, der seinen Gegenüber einen Moment lang mustert, ehe er sich entschließt den direkten Weg der Frage zu gehen, um Missverständnisse zu vermeiden.


Robert Breads: „Stört es dich, wenn ich so etwas sage?“

Aiden Rotari: „Keinesfalls.“


Wieder einmal keine negativen Emotionen in der Stimme von Rotari.


Aiden Rotari: „Wir sind Partner. Wir sollten uns helfen. Dass du nicht mehr offiziell mein Coach bist, heißt schließlich nicht, dass du mir keine Ratschläge mehr geben kannst. Es heißt bloß, dass ich dir nun auch welche geben kann.“


Ein zögerliches Nicken von Breads, ehe er weiterspricht.


Robert Breads: „Dein Match gegen Drake… nun, was deine Entwicklung angeht, können wir das in die Tonne treten. Ich weiß…“


Beschwichtigend hebt Breads die Hände.


Robert Breads: „…dass du das anders siehst. Ich würde so ein Match abhaken und vergessen, du bewertest jede Niederlage gleichermaßen schlimm, und das ist in Ordnung. Aber worauf ich hinauswill, ist: Du hattest nie eine Chance. Nicht wirklich. Gegen The End… sah das schon anders aus.“


Eine geringfügige Menge ernsthafter Neugier spricht aus der Miene des früheren Performance Center Stand-Outs, während er Breads‘ Worten lauscht.


Robert Breads: „Du hattest eine Chance zu gewinnen, aber du hast im entscheidenden Moment… nicht auf deine Wrestling-Fähigkeiten vertraut. Du hast nie wirklich versucht, ihn zu pinnen oder zur Aufgabe zu bringen. Du hast andere Wege nehmen wollen. Und diese Wege waren in der Vergangenheit effektiv, aber so langsam ist auch der Letzte dahintergekommen, dass es sich gegen dich auszahlt, die Augen offen zu halten, wenn es um Disqualifikation und Count-Out geht.


Das hier ist keine Moralpredigt, ich will nicht für „bessere“ Siege argumentieren oder dir erzählen, dass es Überlegenheit demonstriert, jemanden zu pinnen oder zur Aufgabe zu pinnen… aber es wäre deinem Erfolg schlicht zuträglich, wenn sich deine Gegner nicht darauf konzentrieren könnten, einen Trick abzuwehren, weil sie nicht glauben, dass du sie per Pinfall oder Submission besiegen kannst.“

Aiden Rotari: „Glaubst du denn auch nicht, dass ich das kann?“

Robert Breads: „Doch. Ich befürchte bloß, du glaubst nicht unbedingt daran. Und das solltest du. Du kannst das. Du bist gut genug. Locker. Ohne Zweifel… zumindest ohne Zweifel von meiner Seite.“


Kurzes Schweigen. Fast schon ein wenig betreten, auch wenn es im Großen und Ganzen wohl für eine gesunde Beziehung spricht, solch unangenehme Dinge auszusprechen, ohne dass jemand an die Decke geht. Rotari scheint wirklich über diese Worte nachzudenken. Doch als er weiterhin nichts sagt, hakt Breads noch einmal nach.


Robert Breads: „Vielleicht wäre das gegen The End besser gelaufen, wenn du…“

Aiden Rotari: „Und nun? Soll ich heute da rausgehen und gegen Mr. Unpinnable etwas… beweisen?“


Zum ersten Mal liegt so etwas wie tatsächliche Abscheu, fast schon Herablassung in der Stimme von Rotari, auch wenn sie sich nicht gegen Breads selbst widmet, sondern eher gegen das letzte von ihm ausgesprochene Wort und das Konzept dahinter. Als wäre es eine vollkommen lachhafte Idee, lieber etwas beweisen zu wollen als einfach zu gewinnen.


Robert Breads: „Du sollst tun, was du für richtig hältst. Ich sage dir bloß, dass dir mehr Wege offen stehen ein Match zu gewinnen, als du selbst zu glauben scheinst. Ich weiß, du hast dich schon einmal auf diese Sache eingelassen ein „faires“ Match zu wrestlen, und Alex Ricks hat dich dort trotz einer Verletzung seinerseits…“

Aiden Rotari: „Danke, ich habe verstanden. Wir müssen nicht jeden schmerzhaften Tiefpunkt der jüngeren Vergangenheit durchgehen.“

Robert Breads: „Wenn du dich dadurch besser fühlst, kannst du mit mir ja das Gleiche machen.“

Aiden Rotari: „Dann komme ich zu spät zu meinem Match.“

Robert Breads: „Touché.“


Das sind keine übermäßig böswilligen Worte, die tief schneiden sollen, sondern ist bloß ein recht entspanntes Aufziehen einer vertrauten Person, um ein wenig die Spannung zu lösen. Echte Sorge steht dennoch im Blick von Robert Breads, als er kurz die Hand zu heben scheint – um sie Rotari auf die Schulter zu legen, vielleicht?


Dann sieht er jedoch von der sentimentalen Geste ab. Das ist sein Partner. Nicht sein Schüler.


Robert Breads: „Ich will bloß, dass du weißt, dass ich nicht weiter davon entfernt sein könnte, mir Sorgen zu machen den falschen Partner gewählt zu haben. Du bist noch viel besser als du selbst weißt, und sobald du dein wahres Potenzial erkennst und entfaltest… nun, ich weiß nicht genau, was dann passieren wird. Ich weiß bloß, dass heute, an diesem Abend, ein sehr guter Moment dafür wäre, alle deine Puzzleteile zu einem großen Ganzen zusammen zu setzen.“

Aiden Rotari: „Weil mein Gegner besonders stark ist?“

Robert Breads: „Sicher, das ist es auch. Aber der Grund ist ein anderer, Aiden.“


Und mit einem Mal tritt ein gewisser melancholischer und beinahe nostalgisch klingender Unterton in die Stimme des zweifachen World Champions.


Robert Breads: „Heute Abend trittst du zum ersten Mal in deiner Karriere gegen jemanden an, der die Crowd zu einhundert Prozent hinter sich haben wird. Du hast dich viel mit Leviathan gemessen und nun mit den Children of Wrath, selbst wenn du der unbeliebtere Wrestler im Match warst… es waren nie einhundert Prozent gegen dich. Das wird heute Abend anders sein.


Du trittst gegen Kyle Douglas an, in Vancouver, in dessen Heimat. Jeder hier in der Arena will ihn siegen sehen. Jeder will dich verlieren sehen. Du hast nicht einmal den Alex Ricks Vorteil, dass dich gewisse Leute aus Respekt eventuell nicht ausbuhen wollen, nein… du wirst heute hier jeden Einzelnen gegen dich haben. Du wirst Hass gegenüberstehen. Ablehnung. Einer besonderen Form von Ekel und Abneigung, einer gewissen Emotion, die… einfach unbeschreiblich ist.“


Und tatsächlich klingt Breads ein wenig so wie jemand, der von seiner Hochzeit oder der Geburt seiner Kinder spricht, ein fast schon spirituelles Schwärmen, das – wenn man so darüber nachdenkt – nicht wirklich überraschend kommt. Breads wurde schon immer von Trotz und Kleinlichkeit getrieben und nicht etwa davon, den Fans etwas geben zu wollen oder für jemanden, außer sich und seine Partner oder Freunde einzustehen.


Andere verlieren den Kopf, wenn sie wütend oder gar hasserfüllt werden, wenn sie sich über etwas lustig machen, wenn sie Leuten etwas wegnehmen können, wenn sie Leuten etwas kaputt machen können. Sie stehen sich selbst im Weg. Ihr schlechter Charakter verhindert die volle Ausschöpfung des eigenen Potenzials.


Bei Robert Breads war das seit jeher anders. Für ihn war das wie Treibstoff, wie der Wind im Rücken, wie das letzte etwas, dass ihn von einem großartigen Wrestler zu einem der besten aller Zeiten gemacht hatte.


Es ging nie darum, für etwas zu kämpfen. Es ging immer nur darum, gegen etwas zu kämpfen.


Robert Breads: „Das wird ein großer Spaß für dich, glaub mir.“



Gewaltbereit sieht er im Moment nicht aus, tut Mykru allerdings auch selten, bis er dann doch gewalttätig wird oder zumindest gut genug als Ablenkungsmanöver funktioniert, sodass Scarecrow aus dem Nichts auftauchen und das neue gemeinsame Opfer erwischen und ausschalten kann, wobei eben dieses Opfer in diesem Moment noch nicht klar zu erkennen ist, geht der Sonderbare hier doch einfach nur im Tippelgang durch den Gang und hält sich die Hände so vor den Schoß, dass man fast schon selber den Drang in sich verspürt, die nächstbeste Toilette aufzusuchen.

Pendelnd wackelt der Kopf von links nach rechts und wieder zurück, dreht sich dabei auch um wirklich in die Richtungen schauen zu können, sodass die Bahnen des Kopfes fast schon Ausmaße einer liegenden Acht annehmen, was ganz gut passt, da auch Mykru im nächsten Moment liegt…


Wie aus dem Nichts wird Mykru plötzlich von einem großen, massiven Objekt gerammt und fliegt erstmal einige Meter und in einen Stapel technisches Equipment! Was ihn da getroffen hat, war aber nicht wie man im ersten Moment denken könnte ein Auto, sondern Matthäus Meister von der Hautevolee! Der Tag-Champion hat einiges von seinem Zorn über die Birds aus den letzten Wochen da hineingelegt, was sich auch in seinem Gesicht widerspiegelt. Mit mörderischen Blick und hassverzogenen Gesichtszügen betrachtet der Koloss sein Opfer, welches sichtlich angeschlagen und nur langsam aus dem Equipment hervorkommt. Mit langsamen, aber aufgrund seiner Statur nichtsdestotrotz bedrohlichen Schritten, bewegt sich Meister auf Mykru zu. Dass er keine guten Absichten hat, das kann sich wohl jeder denken. Auch Mykru natürlich.


Als er den Täter erblickt rappelt er sich so gut er kann auf und drischt auf den „Extravaganten Vollstrecker“ der Hautevolee ein. Doch diese Schläge zeigen wenig Wirkung, sie prallen geradezu von diesem Riesen ab. Einen dieser Schläge fängt Meister dann auch ab, indem er Mykrus Arm festhält und sofort geht es mit einem kräftigen, einarmigen (!) Ruck für Mykru, begleitet von einem monströsen Schrei Meisters, in das aufgebaute Interview-Set. Wieder liegt Mykru und erneut bewegt sich Meister wie ein Jason Vorhees oder Michael Myers auf sein Opfer zu. Dort angekommen stampft er ihn erst einmal mit seinem Fuß nieder und drückt ihn so auf den Boden nieder.


Matthäus Meister: „Ihr konntet eure Niederlage nicht einfach hinnehmen, hm? Ihr wollt unbedingt mehr? Oh, ihr bekommt mehr… Mehr Schmerz!“


Dann packt er Mykru mit seinen beiden Riesenpranken und hievt ihn mühelos hoch. Dann geht es mit Schwung mehrmals links und rechts gegen die Betonwände! Schon jetzt sieht Mykru nicht sonderlich gut aus… Dann stößt Meister erneut einen bestialischen Schrei aus und befördert Mykru, immer noch hochgehoben und mit den Händen um seinen Hals, mit voller Wucht durch eine Tür! … Und noch eine! Dann stoppt er kurz, bevor er Mykru schließlich, mit aller Wut im Bauch, durch eine weitere Tür durchwirft… eine Glastür! Jetzt endlich kommt die Security herbei, um Meister zumindest einmal zaghaft zu bitten, diese Aktionen doch zu unterlassen.

Wohl wissend, dass er den Boss im Rücken hat, halten sie sich lieber zurück. Und dass dieser Mann bedrohlich und riesig ist, spielt da sicher auch eine Rolle. Unbeeindruckt wandert Meister einfach durch die Sicherheitsleute hindurch und blickt auf Mykru hinab, der inzwischen auch einiges an Blut verliert. Hier könnte man ja nun einen Schlussstrich ziehen… Doch die Tatsache, dass sich Mykru immer noch bewegt ist Meister ein Dorn im Auge. So packt er den stummen Mann am Schopf und zerrt ihn einige Meter weiter. Dabei schleift Mykru regelrecht am Hallenboden. Schließlich erblickt Meister einen Wagen. Der Koloss zieht Mykru an den Haaren hoch und packt ihn erneut.


FINAL JUDGEMENT AUF DAS DACH DES WAGENS!


Das hinterließ nicht nur eine heftige Delle auf dem Dach und einen breiten Sprung auf sämtlichen Scheiben, von den Blutflecken ganz zu schweigen, sondern hat mit Sicherheit auch nochmal bei Mykru einigen körperlichen Schaden erzeugt. Genug, dass er nun endlich regungslos liegen bleibt. Meister begutachtet sein Werk, wie ein eiskalter Killer, bevor er einen der Sicherheitsleute zu sich zieht und sich an dessen Shirt das Blut von den Händen putzt. Starr vor Einschüchterung lässt dieser das über sich ergehen. Dann richtet Matthäus Meister seine Krawatte und seinen Kragen, putzt sich etwas angewidert ab und verlässt dann den Ort des Geschehens, als wäre überhaupt nichts geschehen. Doch das ist es. Und wie. Das Ärzteteam ist nun bei Mykru angekommen und verliert keine Zeit sich um die Hälfte der Birds Of Decay zu kümmern.


Pete: „Die Birds haben in der letzten Show einen Schlag gegen die Hautevolee gelandet und diese hat das nun, wie es aussieht, mit barer Münze heimgezahlt.“

Sven: „Du legst dich mit der Hautevolee an und du bekommst es hundertfach zurück. Da versteht vor allem Meister ganz bestimmt keinen Spaß. So einen Mann möchtest du nicht zum Feind haben, Pete.“

Pete: „Wo soll das mit diesen beiden Teams noch enden, wenn es so weitergeht? Himmel auch.“




Let me take you down

'Cause I'm going

TO

.

.

.

Thomas: „VAN! COUUUUUUUUUUUUUUVEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEER!“


Schon hat der Intercontinental Champion die Galaxy auf seiner Seite. Mit dem Zuspruch der Kanadier tritt er durch den Vorhang, während die Beatles ihr Lied fortsetzen und Thomas Camden und seinen Titelgürtel auf der Schulter zum Ring zu begleiten. Er hält das Gold fest, lächelt in die Fanreihen, aber da ist immer wieder so ein Zucken in seinen Lippen. Und auch seine Augen. So ganz genießt er die Atmosphäre hier nicht. Dafür suchen seine Pupillen zu viel. Dafür gehen seine Augen zu schnell zu oft zu sehr hin und her und nach oben und nach unten.

Das Ganze ist Camden nicht geheuer. Was das Ganze ist? Man darf zwar spekulieren, nach den letzten beiden Shows dürfte das aber nicht gerade Kopfzerbrechen bereiten. Es „spukt“ im Hause Camden!

Hier kann er sich aber hoffentlich wohl fühlen. Hier – mitten im Ring. Das Mikro hat er griffbereit, das Gold sowieso und mit dem Ausklingen der Musik nimmt er das Sprachrohr zum Mund. Er zwingt sich zu einem Schmunzeln.


Thomas: „Das is eigentlich ganz geil mit den Stadtnamen und den Beatles, das kömmer so lassen, oder?“


Die Fans stimmen zu. Alles klar, Cheap Pops sind für die Zukunft gebucht. Camdens Lächeln aber nicht. Das bröckelt schon wieder. Er schaut durch die Ränge, will strahlen, aber ne, das wird nix. Die Hand geht vom Gold weg, geht zur Schläfe um sich am Kopf zu kratzen. Er schaut ein wenig suchend zu Boden.


Thomas: „Ok…Leute…ich weiß nich so ganz, wie ich hier eigentlich anfangen soll. Langsam aber sicher wird das hier n bissl viel.“


Er schüttelt den Kopf energisch, zieht ihn dann wieder hoch. Hand zurück zum Gold. Blick zur Kamera.


Thomas: „Wer auch immer du bist. Ich hab’s kapiert, klar? Ja, ich check’s! Du willst das Gold!“


Klatschen auf das Gold.


Thomas: „Das ist ja für dich vielleicht ganz cool, mich hier und da zu stressen. Klar, Kopfspielchen, verstehe ich. Meinetwegen…Ärgere mich halt in meiner Kabine…nach meinen Matches…mach, was du nich lassen kannst…aber es gibt Grenzen.“


So wie Camden in die Kamera schaut, meint es ernst…verdammt ernst. Er knirscht mit den Zähnen.


Thomas: „Meine Damen und Herren…“


Er tritt einen Schritt zurück und deutet auf die Leinwand. Dann setzt er das Mikro ab.



Wir sehen eine Kameraaufzeichnung einer U-Bahn. Camden sitzt wie jeder andere Berufspendler auf seinem Platz im Gang und schaut auf sein Handy. Nichts besonderes. Die Bahn hält und fährt, hält und fährt, hält und fährt.....Dann beginnt das Licht zu flackern und kurz ist eine Schrift eingeblendet.


NÄCHSTE STATION.... ENDSTATION.

das Licht flackert. Verschreckt sieht Camden sich um. Die Fahrgäste um sich verlassen das Blickfeld der Kamera. Camden ist allein. Die Wände der Bahn sind auf einmal von Geschmiere geprägt.


Gib mir das Gold! Gib es mir! Gib es mir! Gib es mir! JETZT JETZT JETZT!


Dann hört man das Kreischen der U-Bahnbremsen, als der Wagon den Tunnel wieder verlässt.

.

.

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So landen wir wieder in der Halle.

Camden verfolgt das Ganze kopfschüttelnd, die Fans stimmen ihm zu. Die Galaxy ist verstört. Wieder kratzt sich der Oregono am Kopf, er schaut wieder zu Boden. Das Mikro geht langsam wieder hoch. Seine Stimme ist leiser, schwächer als sonst. Er wirkt nachdenklich.


Thomas: „Mich hier in den Hallen zu belagern…das ist das eine. Nennt man wohl Berufsrisiko. Was weiß ich…Aber das da…“


Die freie Hand wandert langsam zur Leinwand, sie zittert leicht. Ob vor Nervosität oder vor aufgestauter Wut kann man noch nicht so ganz abschätzen.


Thomas: „Das da is MEIN PRIVATLEBEN VERDAMMTE AXT!“


Ok – es ist Wut. Er reißt den Kopf wieder hoch und mit diesem Blick hat man den Champion bislang noch nicht erlebt. Die Nasenlöcher sind weit.


Thomas: „Was willste, hä? Soll ich Schiss haben, wenn ich meine Kiddies zur Schule bringe? Mit meiner Frau nich mehr ausgeh’n? Take away, ev‘ry day? Willste nächstes Mal meine Küche beschmier’n?“


Rücksichtslos greift er sich an die Schulter, reißt das Gold herunter und hält es vor sich in die Höhe.


Thomas: „Das hier willste! Die Intercontinental Championship! Und die kannste haben, zumindest ‘ne Chance drauf. Kriegste. Jederzeit. Aber das klär’n wir hier im Ring, klar? DENK nichmal dran, nochmal mein Privatleben hier mit reinzuzieh’n. Ich arbeite HIER…und HIER wirste mich auch in zwei Wochen finden.“


Er senkt den Gürtel in der Hand ab, so dass das Leder die Matte berührt. So schwenkt Camden über die Matte. Der Gürtel schleift über den Ringboden. Sein Blick geht weiter streng zur Kamera. Von Unsicherheit ist nichts mehr zu spüren…jetzt gibt es nur noch warnende Entschlossenheit.


Thomas: „ICH werd im Ring auch dich warten. Du willst das Gold? Dann lass deine Spielchen. Komm vorbei und frag danach…persönlich.“


*Plopp*, so fällt das Mikro zu Boden und Camden steigt mit Wut im Bauch wieder durch die Seile. Er wirft das Gold wieder über die Schulter und macht sich den Weg die Rampe hinauf. Die Galaxy schaut ihm murmelnd und unruhig hinterher. Von Entspannung ist hier nichts zu sehen.

Wer hat Thomas Camden geweckt?



~ Einige Tage vor der Show ~


Der Yoho-Nationalpark.


Wie das so für Nationalparks üblich ist, ist die Natur hier über allen Maßen wunderschön. So wunderschön, dass dieser Park als Kollektiv der Canadian Rocky Mountain Parks zum UNESCO Weltnaturerbe gehört. Hier gibt es zahlreiche Seen, gewaltige Berge und eine Tiervielfalt, die sich sehen lassen kann: von der Schneeziege, über den Elch bis hin zum Grizzlybären.

Einer dieser atemberaubenden Bergseen ist der Lake O’Hara. Das Wasser ist strahlend blau und die Gipfel der Berge reichen bis in den Himmel. Wir befinden uns gerade auf einem solch hochgelegten Felsvorsprung, der allerdings noch deutlich unter den höchsten natürlichen Wolkenkratzer liegt. Von hier aus hat man optimalen Einblick auf den See, die Bäume und eben diese Berge. Und wer sitzt da noch? Natürlich der Mann, der für solche Landschaften lebt. Bruder Natur, Ask Skógur.

Er sitzt auf einem Stein und genießt den Blick über die Weite des Yoho-Nationalparks hier in British Kolumbien, dem Austragungsort der nächsten Edition von War Evening. Dort wird Ask ein Match bestreiten. Er wollte eins, er bekam eins. Jetzt darf er das tun, was er angekündigt hat: kämpfen.


Ask: „Manchmal häng ich viel zu lang in Schweden rum, dass ich etwas vernachlässige, was es sonst noch so für schöne Orte auf dieser Welt gibt. Kanada, Mann, das ist echt n tolles Land.“


Ask blickt mit recht leerem Blick in den Horizont. Wobei hinter diesem „leeren“ Blick wohl vielmehr tausende Gedanken stehen.


Ask: „Also gut, Ask. Du schaffst das.“


In diesen Worten, die er an sich selbst richtet, steckt eine Unsicherheit, die vor zwei Wochen nicht wirklich zu spüren war. Dort trat Ask deutlich selbstbewusster und entschlossener auf – vielleicht aber nur als Fassade vor Alex Ricks?


Ask: „Du wolltest die Herausforderung. Du hast Alex dazu aufgefordert, dass er dir einen Gegner sucht und nun… steht da Antoine Schwanenburg. Der GFCW-Champion. Das, was Keek damals war, als er dir geholfen hat. Als du angefangen hast. Damals hättest du dir das niemals träumen lassen, dass du mal gegen den großen Champion antrittst. Aber jetzt, jetzt ist das endlich so weit. Also nutz deine Chance.“


Ask beugt sich mit seinem Kopf nach vorn und schlägt die Hände darüber bzw. dahinter zusammen. Recht aufgeregt rubbelt er am Kopf herum, während die Nervosität unverkennbar zu sein scheint. Ja – Ask hat in den vergangenen Wochen seit Doom’s Night scheinbar viel nachgedacht. Viel Zeit damit verbracht zu schauen, wie es jetzt weitergeht. Und so viele Fortschritte er auch gemacht hat, diese Herausforderung jetzt, wirft noch mal alles über den Haufen.


Ask: „Ich wollte EINE Herausforderung. Jetzt habe ich DIE Herausforderung. Meine Chance für den großen Sieg, aber auch die Möglichkeit mal wieder zu verlieren.“


Ask wippt nach wie vor hin und her, aufgeregt, nervös, unsicher. Bis er sich fast, den Kopf wieder erhebt und nach einem tiefen Durchatmen mit geschlossenen Augen, erneut zu sprechen beginnt.


Ask: „Geht es überhaupt darum? Gewinnen. Verlieren. Ich muss mich beweisen. Darauf kommt es an. Alex nimmt mich doch nicht ernst. Ich muss ihm beweisen, dass er mich besser ernst nehmen SOLLTE. Mach keine Fehler, lass dich nicht ablenken und konzentrier dich auf das Match.“


Ask steht auf und beginnt nun ein wenig in die Luft zu boxen und zu kicken vor dem Hintergrund der Schöhnheit des Yoho-Nationalparks in Kanada.

So tänzelt Ask einige Sekunden um, bevor er sich wieder recht still hinstellt, erneut mit dem Blick Richtung See und Berge.


Ask: „Du schaffst das. Verlass dich auf dich. Du kannst das. Du kannst gewinnen. Gib Alles. Darum geht es. Du wolltest kämpfen und heute bekommst du deinen Kampf. Nutz ihn. Dann wird Alex sehen, dass es dir ernst ist.“


Noch einmal atmet Ask durch, bevor er sich schließlich zur Kamera dreht. Jetzt wirkt er wieder einigermaßen entschlossen und gleicht deutlich mehr der Person, die wir vor zwei Wochen gesehen haben.


Ask: „Andererseits… was musst du IHM eigentlich beweisen? Du hast Holly standgehalten, du hast Jannek besiegt. Du hast schon so viel erreicht.

Ich muss ihm beweisen, dass ich es wert bin, erneut gegen ihn zu kämpfen. Dass ich dem Druck standhalten kann. Und dann… werde ich gewinnen. Das ist ein neues Kapitel für Ask Skógur.“


Ask tritt einen Schritt zurück und hebt die Arme langsam ausgestreckt vom Körper. Anschließend führt er die Hände zum Kopf und schlägt sich damit einige Male durchs Gesicht, dabei gibt er einen lauten, kriegerischen, aber auch leicht verzweifelten, Schrei von sich, der aufgrund des Echos der Berge sogar noch einige Sekunden nachhallt.

Und damit endet das Video.



Wir sind im Backstagebereich mit der Kamera unterwegs und begleiten einen aufgebrachten GFCW Mitarbeiter, der hektisch durch die Gegend rennt und scheinbar irgendetwas sucht. Oder irgendjemanden. Oder jemand ganz bestimmten.


GFCW Mitarbeiter: „Was zum Teufel…?! Das kann doch echt nicht wahr sein, jetzt ist der Typ schon wieder weg. Boooris! Wo steckst du, verdammt.“


Der Mitarbeiter läuft durch einen Gang und versucht, alle Türen zu öffnen, um den ihm scheinbar Anvertrauten zu finden, so verzweifelt ist er wohl schon. Doch die Türen sind alle verschlossen. Schließlich kommt er an eine Tür mit der Aufschrift LAURA, scheinbar die Umkleide der allseits beliebten Ringanouncerin. Der Mitarbeiter stockt kurz, da er nun merkt, dass die Tür gar nicht komplett geschlossen ist, sondern nur angelehnt… und reißt sie dann auf!


Laura: „Huch, was für eine Frechheit! Raus hier, aber schnell, sonst rufe ich den Gleichstellungsbeauftragten!“


Die Ansagerin ist nicht etwa leicht bekleidet, was man anhand ihrer Reaktion vielleicht hätte denken können, nein sie ist bereits in voller Ansagerinmontur, scheinbar hatte sie schon oder hat gleich einen Auftritt im Ring. Der Kopf des Mitarbeiters läuft rot an.


GFCW Mitarbeiter: „Ich… ähm… es tut mir leid, ich wollte nicht… ich bin schon wieder weg.“


Gerade will er die Tür schnell wieder schließen, da hört man von dem Teil des Raumes aus, der bisher von der Tür verdeckt worden ist…


???: „Schmatz schmatz… schlürf schlürf…


Der Mitarbeiter wird stutzig und öffnet die Tür nun bis zum Anschlag, was den Blick auf den Teil des Raumes freigibt, der bisher verborgen geblieben ist. Dort steht an der Wand eine gemütliche Ledercouch, auf der kein geringerer sitzt als…


GFCW Mitarbeiter: „Boris! Was machst du denn hier?!“


Auf der gemütlichen Couch lümmelt der gemütliche Boris und futtert einen Burger und schlürft dabei eine Coke.


Boris: „Ach, ich hänge hier nur ein bisschen mit meiner neuen Freundin ab. Kennst du Laura? Die ist total nett, oh ja, hab sie gerade kennengelernt, hehehe.“


Boris strahlt zu der Schönheit herüber, die verlegen lächelt.


GFCW Mitarbeiter: „Das ist ja schön und gut, aber du solltest jetzt eigentlich im Office sein, immerhin steht genau jetzt gerade deine Vertragsunterzeichnung an.“

Boris: „Waaaaas, das ist jetzt schon?! Da hab ich wohl die Zeit vergessen, höhöhö. Laura, ich muss los, wir sehen uns später, meine Liebe! Ich muss zum Boss, ohhh JAAA!“


Boris schmeißt die Chipstüte weg und stürmt an dem Mitarbeiter vorbei aus dem Raum, den er dabei halb umrennt.


Laura: „Tchüüühüs, mach’s gut, Boris.“


Mit einem sich ereifernden GFCW Mitarbeiter, dem jetzt kurzerhand von Laura die Tür vor der Nase zugeknallt wird, endet die Szene. Fade out.


Singles Match:
Kyle Douglas vs. Aiden Rotari

Referee: Jack Bobo



ZOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOORRRRRRRRRRRRRRRNNNN





Unter lautem Getöse kommt zu den doch melancholischen Klängen der erste Local Hero der Stadt Vancouver aus dem Entrance. Kyle Douglas mit rasiertem Schädel und passender Ringerkopfbedeckung steht am Entrance und saugt den Jubel in sich auf. Endlich mal scheint man ihm anzumerken. Er ist so weit Oberkörperfrei und trägt er eine rot-weiß gesteifte Shorts mit dem Kanadischen Ahorn-Wappen gut sichtbar auf beiden Seiten.


Auf dem Weg zum Ring klatscht er auch mit den begeisterten Zuschauern ab. Der Fan-Favourite ist in diesem Match völlig klar. Kyle Douglas, Mr. Unpinnable bahnt sich den Weg zum Ring und bekundet mit ausladenden Gesten seine tiefe Verbundenheit mit seiner Heimatstadt. Von den anderen Children of Wrath ist weiter nichts zu sehen. Dieser Moment gehört nur dem Prodigy des Stables: Kyle Doulgas. Im Ring verstärkt sich nochmal der Jubel, als Kyle gestenreich auf sein Herz klopft und dann auf die Zuschauer zeigt.


Sven: „Das Adrenalin kocht im jungen Kanadier.“

Pete: „Doch kann er die PS auch auf die Straße bekommen gegen Aiden Rotari? Das wird das größte Match seiner bisherigen Karriere!“



Pete: „Woah… Das sind Buhrufe.“

Sven: „Eine ganze Menge, ganz schön laut. Es gibt hier und heute Abend keinen Zweifel, für wen das Publikum ist.“


Das war wohl auch so zu erwarten, aber es in dieser Form dann tatsächlich zu erleben ist noch einmal etwas anderes. Aiden Rotari tritt auf die Stage und es wird sogar noch einmal einen Tick lauter – Pfiffe mischen sich zur Geräuschkulisse hinzu, Menschen zeigen ihm den Daumen runter oder gar den Mittelfinger, und das alles kombiniert macht wohl die beeindruckendste wie auch mit Abstand feindlichste Atmosphäre aus, der sich Aiden Rotari je gegenüber gesehen hat.


Tatsächlich scheint er davon aber erst einmal weder eingeschüchtert noch nervös zu werden. Mit grauer Sweatshirt-Jacke, die das Sleaze-Logo auf dem Rücken zu sehen hat (wohl das neueste Stück Merchandise aus dem GFCW Shop), über dem Oberkörper und ansonsten im gleichen Ring-Gear wie immer stapft Rotari zum Ring, ehe er kurz vor dem Seilgeviert inne hält um noch einmal einen Blick rundherum zu wagen. Das Scheinwerferlicht hat ihn an dieser Stelle nicht nur metaphorisch schon wieder verlassen, alle Augen (und Lampen) sind auf Kyle Douglas gerichtet.



Und genau auf den richtet sich nun auch endgültig der Blick von Aiden Rotari. Diese Stimmung aufzusaugen war das eine, aber nun galt es, seinem Gegner gegenüberzutreten – die Geschichte mit der Streak, den Children of Wrath, den Angriffen, den bisherigen Matches… all‘ das spielt sicher eine Rolle. Aber in erster Linie haben wir hier ein Duell zwischen zwei jungen Männern – beide noch nicht einmal Mitte 20 – um die Vorherrschaft. Einer hat noch nie ein Singles Match verloren. Der andere hasst verlieren mehr als alles andere.


Gute Vorzeichen für ein spannendes Kräftemessen.


MATCH-REPORT


Das Duell beginnt sehr offensiv von Seiten des Lokalmatadors aus, der mit den Fans im Rücken einen aggressiven Beginn fährt und versucht, Rotari dazu zu bekommen, sich mit ihm auf ein Grappling-Duell einzulassen. Unter den Anfeuerungsrufen der Crowd in Vancouver beginnt das Match damit, dass Douglas Rotari auf die Matte zwingen will – kein Wunder, ist Douglas doch ehemaliger Ringe auf beinahe olympischem Niveau. Rotari ist auf der Matte zwar nicht schlecht, kann da aber nicht ansatzweise mithalten.

 

Genau deshalb tut der Partner von Robert Breads am Anfang dieses Duells auch alles, um sich Douglas dahingehend vom Leib zu halten. Sobald Kyle ihm zu nahe kommt, holt Aiden aus oder hebt drohend ein Bein, um einen Schlag oder Tritt anzudeuten, sollte Douglas ihn attackieren. Ein wenig frustriert davon, dass Rotari sich ganz offensichtlich eine „Anti-Kyle-Douglas“-Taktik ausgedacht hat, stürzt er sich anschließend mit einer Finte nach vorn, zögert kurz, als Rotari das Bein hochnimmt, und führt dann sehr zur Freude der anwesenden Mitglieder der GFCW-Galaxy einen Double Leg Takedown aus, der Rotari auf die Matte krachen lässt.

 

Clever gemacht, denn in der Sekunde, in der Rotari das Bein hebt, ist er wenig aus dem Gleichgewicht, und kann sich nicht schnell genug drehen, um das Geschehene zu verhindern. Was Aiden aber sehr wohl machen kann ist nach den Seilen zu greifen, sobald er auf dem Rücken gelandet ist, und „Referee!“ zu rufen. Laute Buhrufe klingen durch die Arena, während der Ringrichter Kyle ermahnt, von Rotari abzulassen.

 

Douglas lässt los und klopft dem in den Seilen liegenden Rotari auf die Brust, während er aufsteht, als wolle er sagen „Gut gemacht, Kleiner“. Aiden scheint eine Sekunde zu überlegen, dann aber entscheidet er sich gegen eine Antwort und rollt sogleich aus dem Seilgeviert. Sehr zum Unmut der Fans und unter „Fuck You Aiden!“-Chants versucht er nun, Douglas ebenfalls aus dem Ring zu locken, aber darauf fällt Kyle nicht herein. Er bedeutet dem Referee, Rotari ruhig auszuzählen.

 

Aiden wartet gar nicht erst, bis der Ringrichter bei 9 ist, er weiß, dass Kyle ihm den Gefallen nicht tun wird. Also steigt Rotari wieder auf den Apron, was vom Publikum mit „You’re A Coward!“-Chants bedacht wird. Tatsächlich scheint Rotari das aber nicht aus dem Konzept zu bringen, viel mehr zeichnet sich ein schmallippiges Schmunzeln bei ihm ab, seine seltene Gefühlsregung. Breads scheint mit seiner Prognose recht behalten zu haben: Diese Antipathie motiviert Rotari eher, als dass sie ihn nervös macht.

 

Aiden klettert in den Ring und tritt dem Lokalmatadoren gegenüber. Wieder versucht dieser, Rotari in Grappling auf der Matte zu verwickeln, und der Defensiv-Künstler Rotari wechselt die Taktik – nun deutet er die Schläge und Tritte nicht an, um Douglas fernzuhalten, sondern lässt ihn näherkommen als zuvor und will ihn tatsächlich treffen. So kann Rotari einen Wirkungstreffer landen, als Kyle – der wohl nicht damit gerechnet zu haben schien, dass Evil Schemer Aiden Rotari einen Plan B mitbringen würde – zu offensiv und aggressiv vorgeht und so einen harten Elbow Strike an den Kopf kassiert.

 

Im Direktvergleich der körperlichen Fähigkeiten mag Rotari nicht gewinnen, aber er ist so ehrlich zu sich selbst als dass er sich dessen bewusst ist und voll auf’s Köpfchen setzt. SOFORT setzt Aiden nach, wohlwissend, dass er die Kontrolle in diesem Match erlangen muss, wenn er eine Chance haben will, und so drängt Rotari Kyle mit mehreren saftigen Elbow Strikes durch den Ring, bis sie in der Ringecke angekommen sind.

 

Und dort gibt es eine heftige Ohrfeige für Kyle Douglas!

 

Der hatte sich nun darauf versteift, die Elbows abzuwehren, aber nun klatscht ihm Aiden schlicht eine. Die Negativreaktionen erreichen ihren vorläufigen Höhepunkt an diesem Abend, und mit einer widerlich provokanten Körpersprache tritt Rotari einen Schritt zurück. Er provoziert Douglas – und das funktioniert.

 

Kyle stürzt sich sogleich – sehr zur Freude von Vancouver – auf Rotari, wieder mit dem klassischen Double Leg Takedown, und jetzt reißt Rotari das Bein hoch, das Knie genau auf Kopfhöhe von Douglas, und der Morbeus-Neffe knallt mit dem Gesicht voran gegen das Knie von Aiden Rotari.

 

Douglas geht zu Boden, und Rotari setzt das erste Cover des Matches an, aber es reicht nur bis zur zwei. Aiden nickt, als hätte er das genauso erwartet, und zieht seinen Opponenten dann nach oben. Rotari will Kyle in keiner Form auf der Matte begegnen, selbst wenn er klar angeschlagen ist. Stattdessen packt Aiden ihn nun von hinten um den Hals, um einen Sleeper Suplex anzusetzen.

 

Mit Suplessen und dementsprechenden Kontern dazu kennt Kyle sich allerdings ebenfalls aus. Rotari hatte vielleicht eine starke Defensiv-Strategie entwickelt, aber seine Offensive basiert neben den in den letzten Monaten zugegebenermaßen verbesserten Strikes fast nur aus Leg Work und Suplex-Variationen. Ersteres würde ihn in ein Submission Game gegen einen Ringer zwingen, zweiteres spielt Kyle und dessen Wissen ebenfalls in die Karten.

 

Und Rotari ist nicht erfahren oder versiert genug, um aus dem Nichts Dinge zu benutzen, die nicht Teil seines Standard-Move-Sets sind. Er muss hier gewisse Risiken eingehen, wenn er seine stärksten Aktionen verwenden will, und so probiert er den Sleeper Suplex.

 

Konter von Douglas! Mit einer Judorolle – viele Grüße an das olympische Training – kann der kräftigere und stärkere Kyle Aiden von sich werfen. Mit Wucht knallt Rotari auf die Matte, von der er jedoch weiß, dass er sich so schnell es geht, erheben muss. Unter dem frenetischen Jubel der Zuschauer japst Douglas einmal kurz, dann steht Aiden auch schon wieder und holt mit einer Lariat aus.

 

Unter der kann Kyle sich aber wegducken. Er kann Rotari packen. Und dann kann er einen starken Pumphandle Slam zeigen, der Aiden auf den Rücken klatschen lässt!

 

Laute „Let’s Go Douglas!“-Chants hallen durch das weite Rund und Kyle nutzt diese Gelegenheit, um einmal kurz durchzupusten. Immerhin hat dieser Slam gereicht, um Aiden für einen kurzen Moment außer Gefecht zu setzen, doch der mental nimmermüde Rotari versucht schon wieder, sich zu erheben.

 

Dieser Break hat jedoch gereicht, um Kyle die Luft zu geben, einen Rallying Cry zu starten, der von einer fünfstelligen Anzahl von Menschen hier in Vancouver mitgetragen wird. Rotari steht wieder, und sogleich schnappt sich Kyle seinen Gegner. Er versucht es nicht wieder mir Grappling, auch wenn seine Chancen bei einem etwas angekratzten Rotari besser stehen als zuvor, doch Aiden wirkte derart gut vorbereitet, dass Kyle davon erst einmal absieht.

 

Stattdessen greift er genau wie Rotari auf einen Suplex zurück. Das Problem von Aiden: Der Ex-Ringer kennt da einige Variationen mehr als die klassischen Wrestling-Versionen, und so hat Rotari keinen direkten Konter parat, als Douglas einen etwas exotischeren Side Hand & Arm Suplex performt und Rotari so auf die Matte donnert.

 

Kyle setzt mit seinem ersten Cover nach, und Rotari kommt bei 2,5 heraus – nicht ganz knapp vor der drei, aber auch kein leichter Kick-Out. Donnernder Applaus und begeisterte Zurufe folgen Kyle Douglas, als er sich aufrichtet und durchatmet. Dann blickt er ins weite Rund und deutet mit einer Geste bei frenetischem Jubel an, dass er Rotari jetzt endgültig fertig machen wird.

 

Stöhnend richtet Aiden sich wieder auf, doch Kyle lauert schon. In der Sekunde, als Rotari wieder steht, packt Douglas zu, um den Goldrush, seinen Finisher, durchzubringen – vergebens.

 

Aiden rutscht hinten über, und als Douglas so schnell er kann herumwirbelt, um zu sehen, was die jüngere Hälfte von Sleaze vorhat, ist es schon zu spät – er kann die brutale Lariat von Aiden Rotari nicht mehr abwenden, die ihm beinahe den Kopf von den Schultern zu reißen scheint.

 

Die Fans sind wütend und machen ihrem Unmut Luft, als Rotari mit sich hebender und senkender Brust neben Douglas kniet, der wie ausgeknockt scheint. Einen Moment lang scheint Aiden zu überlegen, ob er covern soll, die Situation wirkt aussichtsreich, aber Rotari wirkt selbst nicht so, als würde er glauben, sein Move könnte ihm dieses Match hier gewinnen.

 

Stattdessen steht er auf, steht über Douglas und sieht sich einem ohrenbetäubenden Pfeifkonzert ausgesetzt. Tatsächlich aber scheint gerade das ihm weiteres Selbstvertrauen zu geben. Und so stellt er seinen Fuß demonstrativ auf das Gesicht von Kyle Douglas, als zusätzliche Provokation, in erster Linie in Richtung seines Gegners, aber nicht zuletzt auch für das Publikum. Ihm scheint das genauso zu liegen wie einem gewissen kanadischen Tag Team Partner – kein Wunder, dass Breads sich gerade Aiden Rotari als Pet Project ausgesucht hat.

 

Mit dieser Aktion hat er neues Leben in Kyle Douglas injiziert, und der stößt Aidens Bein entschlossen weg und richtet sich auf – doch das scheint Rotari auch so intendiert zu haben. Kein Wunder, ist sein Finisher doch der Backdrop Driver, und dafür muss ein Gegner nun mal von der Matte weg, sonst kann man ihn schlecht auf eben jene schleudern.

 

Da steht Douglas wieder. Und Rotari ist da. Er packt zu und… er zeigt einen Waistlock? Er versucht gar nicht seinen eigenen Finisher zu zeigen? Nein, Rotari setzt diesen Hold an, den Kyle Douglas mit spielerischer Leichtigkeit kontert und nun hat er selbst Aiden im Waistlock. Rotari stolpert nach vorn, Douglas lässt dabei nicht los, und Aiden taumelt auf die Ringecke zu… wo der Ringrichter steht.

 

Und so drängen die beiden großen, breiten Männer den Referee in die Corner, und nun wird Rotaris Idee offensichtlich – denn der Referee kann nicht sehen, was sich hinter Aiden abspielt. Ein alter Trick, heutzutage nur noch selten gesehen, aber natürlich im Repertoire von Aiden Rotari: Der Mule Kick oder Eselstritt nach hinten, zwischen die Beine seines Gegners.

 

Da ertönt ein Schrei – nicht von Douglas, sondern ein kollektiver Schrei. Das Publikum jauchzt, als Kyle Douglas in dem Moment, in dem Rotari das Bein bewegt, um es ungesehen vom Ringrichter nach hinten ausschlagen zu lassen, in die Luft springt – gerade so, dass der Eselstritt vollkommen ins Leere geht.

 

Wahrscheinlich war Kyle in dem Moment, in dem Rotari und er in die Ringecke gewankt waren, klar geworden, was Aiden vorhatte. Die Worte von Robert Breads hallen nach: Rotari hat seinen Finisher überhaupt nicht versucht, deshalb konnte Douglas sich erholen und erahnen, dass so etwas passieren würde, weil so etwas ständig passiert.

 

Deine stärkste Waffe sollte nicht deine einzige Waffe sein. Kyle Douglas‘ stärkste Waffe ist sein Grappling, doch er hat noch mehr auf dem Kasten, und darauf vertraut er, wenn er glaubt, dass Grappling nicht funktioniert. Rotari vertraut auf seine Trickserei… selbst, wenn er glaubt, dass es nicht funktioniert. Weil er noch viel weniger an seine Chancen glaubt, ein Match „direkt“ gewinnen zu können, obwohl die Chance doch offensichtlich zumindest da war.

 

Douglas weicht so dem Eselstritt aus, doch er lässt die Hüften seines Gegners niemals los. Irritiert vom Versagen seines Plans dreht Rotari sich so halb, gerade genug, um seine Standfestigkeit zu verringern, und Kyle Douglas hebt ihn zur Entzückung der heutigen Crowd mit beeindruckender Mühelosigkeit aus und zeigt einen Released German Suplex, bei dem Rotari direkt auf dem Nacken landet.

 

Mit einem triumphalen Brüllen reißt Kyle Douglas beide Arme hoch, ehe er stolz und entschlossen durch den Ring marschiert, den stöhnenden Klumpen Fleisch und Muskeln, der Aiden Rotari ist, packt, und ihn nach oben reißt. Aiden Rotari hat Kyle Douglas hier nichts mehr entgegenzusetzen. Er war unentschlossen und hat nicht an seine eigenen Fähigkeiten als Pro-Wrestler geglaubt.

 

Diese Probleme hat Kyle Douglas nicht. Und so zieht er den Goldrush durch, der Aiden Rotari wehrlos auf den Ringboden donnern lässt, und setzt danach das Cover an. In seiner Heimatstadt, vor begeisterten Fans, Freunden und Familie, reißt Kyle Douglas schon während der Ringrichter noch zählt siegessicher die Faust in die Höhe und zelebriert seinen Sieg.

 

Er hat ihn sich voll und ganz verdient.

 

Sieger des Matches durch Pinfall: Kyle Douglas




Eigentlich sollte er zu diesem Zeitpunkt bereits am Darten sein. Eigentlich sollte er sich in diesem Moment in einen Tunnel begeben, um für die anstehende Herausforderung gewappnet zu sein.

Einmal ist „er“ Alex Ricks. Einmal ist „er“ Ask Skógur.

Beide Male trifft das Eigentliche nicht zu.


Alex: „Ist dir die Herausforderung groß genug?“


Es könnte eine glückliche Fügung sein, dass die Tür zu Asks Kabine offensteht, Ricks also gar nicht erst anklopfen und abwarten muss, um hier im Türrahmen zu stehen und dafür zu sorgen, dass Ask überrascht den Kopf zur Seite reißt. Vielleicht hat Brother Nature das Klopfen, in seiner Konzentration vertieft, aber auch gar nicht gehört, sodass sich der Mathematiker hier einfach ungefragt in die Szenerie drängt.


Wir erinnern uns an das Video von etwas eher am Abend. Ask im wunderschönen Yoho-Nationalpark, bei dem aber durchaus zu erkennen war, dass er noch nicht so überzeugt von sich zu sein scheint, wie er es vorgibt. Und doch, muss er es jetzt wieder vorgeben – vor Alex Ricks darf er keine Schwäche zeigen. Vor Alex Ricks WILL er keine Schwäche zeigen.


Ask: „Alex.“


Ask schaut den Mathematiker an, stellt sich auf und schaut ihm ins Gesicht. Ja, es wird recht klar, dass die Stimmung zwischen den Beiden eine andere ist als noch vor Doom’s Night.


Ask: „Ich geb zu, DAMIT hätte ich nun nicht gerechnet. Aber wenn du denkst, du könntest mich aus der Fassung bringen… nein Mann, auf keinen Fall.“


Denkste“ – wenn Alex mal wüsste, wie es IN Ask aussieht. Und doch schafft er es ganz gut den Bogen zu bekommen und die Selbstsicherheit nach außen zu transportieren.


Ask: „Ich würde ja sagen, dass das heute das größte Match sein wird, das ich hier je hatte, aber wenn man sich mal anschaut, in was für Matches ich schon gesteckt habe, dann stimmt das nicht so ganz. Seit ich hier bin jagt eine Herausforderung die nächste. Und irgendwie, habe ich mich davon bisher immer mitschleifen lassen. Langsam wird’s wohl Zeit, dass ich anfange, mal selbst etwas Kontrolle in mein Wrestling-Leben zu bekommen.“


Ein Seufzen. Mit einem Mal scheint die Überzeugung aus Asks Blick wieder zu verschwinden und die Fassade des Schwedens droht zu zerbrechen.


Ask: „Wem mach ich was vor? Wenn ich ehrlich bin, fühl ich da gerade so gar keine Kontrolle. Um genau zu sein… fühl ich mich etwas verloren. Denn genau das ist ja der Punkt, oder? Ich gerate immer wieder irgendwie in so ne Sache rein, der ich dann nicht gewachsen bin. Am Ende verliere ich und setz mir neue Ziele, die ich dann auch nicht erreiche. Ich hab mich mittlerweile hier mehrfach selbst gefunden und weiß trotzdem nicht so wirklich, was ich machen soll.“


Ask löst den Augenkontakt von Ricks und schaut vielmehr in eine Leere, die wohl ähnlich dessen ist, was er gerade versucht zu beschreiben, was in ihm vorgeht. So gefestigt er auch mittlerweile sein mag, wie wir in dem Video bereits gesehen haben, wuseln noch viel zu viele Unsicherheiten in Asks Schädel herum. Der Mathematiker hingegen hat ihn weiter im Blick. Er hat ihm aufmerksam zugehört, ihn geduldig beobachtet. Versucht, Asks Aussagen mit dessen Augen abzugleichen. Er runzelt die Stirn leicht.


Alex: „Vor mir steht eine Person, Ask…“


So bekommt er den Blickkontakt mit Skógur noch nicht wieder hergestellt. Egal, wie sehr das „eine“ betont wird.


Alex: „Wie oft muss man sich finden, wenn man nur eine Person ist?“


Ricks streckt den Arm etwas aus, deutet damit auf den Schweden.


Alex: „Ich sehe dich. Ich sehe einen Mann, der…“


Ask hört gar nicht erst was Ricks zu sagen hat und wandelt seine Emotionen erneut. Aus dem recht aufdringlichen Selbstmitleid wird nun leichter Zorn.


Ask: „HEY HEY HEY. Ich dachte ich hätte es beim letzten Mal deutlich gesagt? Ich will keine Lehrstunde mehr von dir. Und dein Mitleid brauch ich ganz sicher auch nicht. So mies alles vielleicht auch manchmal laufen mag… ich schaff das schon irgendwie. Hab ich immer geschafft.“


Ask bleibt zornig.


Ask: „Weißt du, was ich denke? Ich denke du nimmst mich nicht ernst. Du bist so von dir selbst überzeugt, dass du wahrscheinlich niemanden ernst nimmst, der nicht auf dem Gotteslevel ist, wie der große Alex Ricks. Und jeder steht unter dir und darf sich glücklich schätzen, wenn du ihn mit deinen Weisheiten belehrst. Aber… wann hast du eigentlich das letzte Mal was gerissen? Also, schon klar, du besiegst immer wieder die Neulinge, mich eingeschlossen, die sich an dir messen wollen, aber wenn du dich immer wieder als der Beste Wrestler des Universums verkaufst… solltest du dann nicht ne Nummer größer sein? Mal ehrlich: Wie oft bist du mittlerweile um diesen großen Titel angetreten, ohne ihn gewonnen zu haben?“


Ask driftet in einen zynischen und sarkastischen Redeschwall aus, der ihn selbst sogar etwas überrascht, aber er lässt sich nicht abbringen. Er gibt dem ganzen vielmehr Raum sich zu entfalten.


Ask: „Und aus mir willst du dein kleines Projekt machen, nachdem Thomas mittlerweile selbst Erfolg hat. Wahrscheinlich wieder mal um dir selbst zu beweisen, dass du der Geilste bist. Trotzdem interessierst du dich nicht genug für mich. WIR haben hier eine Sache am Laufen und irgendwie kümmerst du dich mal wieder nur um dich oder von mir aus auch deinen Kumpel, dem World Champ, gegen den du mich in den Ring schickst. Was denkst du, hmm? Dass das ein Übungsmatch für ihn wird? Dass ich da sowieso keine Chance hab und er mal durchatmen kann, mich mir nichts-dir nichts schnell besiegt? FALSCH! Ich denke nicht dran.“



Ask schnauft noch einmal mehr durch. Er scheint sich hier viel von der Seele zu reden und wenn er vielleicht auch nicht alles so meint, was er da sagt, fühlt sich das dennoch gut an.


Ask: „Ich… ich habe keine Ahnung, ob ich heute gewinnen werde. Vielleicht nicht. Der Typ ist Champion und das nicht nur einmal. Aber ich glaube darum geht es nicht. Mir geht es darum zu kämpfen. Und das werde ich heute tun. Bis aufs Blut, wenn es sein muss. Ich werde dir zeigen, dass es guten Grund gibt, warum du mich ernst nehmen solltest. Ich bin nicht nur eine Nebenhandlung in deinem Spiel. Ich bin die verdammte Hauptstory. Und es wird Zeit, dass du das erkennst.“


Ask schaut nun voller Entschlossenheit zu Ricks. Der Blick wird erwidert. Die Augenbrauen haben sich zusammengezogen, werden nach unten gedrückt. SO eine Ansage hat Alex nicht erwartet…und sie schmeckt ihm auch nicht sonderlich. Mit einem kleinen Ploppen öffnen sich seine Lippen, doch damit beginnt er noch nicht zu sprechen.

Der Blickkontakt bleibt. Ask funkelt seinen Gegenüber an. Seine Atmung wird langsam ruhiger. Dann antwortet der Freiburger.


Alex: „Ich habe dich besiegt, Ask.“


Nicht der beste Anfang um den Schweden zu beruhigen.


Alex: „Du hast selbst ein so schlechtes Bild von dir, dass du erklären musst, Siege gegen dich, Desmond oder Aiden sind wertlos?“


Der Schwede winkt ab.


Ask: „Lass einfach gut sein, ja? Mir ist egal, was für schlaue Worte du jetzt wieder auf Lager hast. Du weißt, was ich will. Dich. Und ich werde nicht lockerlassen, bis ich das habe.“


Unverständnis zeigt sich in Alex’s Augen.


Alex: „Du hast verloren, Ask. Genauso wie ich. Schon oft. Deswegen kann ich nicht der beste Kämpfer von German Fantasy Championship Wrestling sein? Jeder hier hat Niederlagen erleben müssen. Jeder. Viele. Das ist Teil dieses Sports. Und ja. Ich habe seit zwei Jahren kein Gold mehr getragen. Ich habe mehr Niederlagen erleben müssen als ein Antoine, Zereo Killer, Robert, Drake. Mehr als alle anderen Aktiven in dieser Liga. Also muss ich schlecht sein, oder?“


Er legt den Kopf leicht schief. Er wartet einen Moment ab, will sehen, ob eine Reaktion kommt. Ask antwortet aber nicht. Er schaut den Schatten nur mit Skepsis an, worauf der hier hinaus will.


Alex: „Vielleicht bin ich aber auch so gut, weil nur Zereo Killer mehr Siege als ich erringen konnte.“


Er legt den Kopf auf die andere Seite. Wieder wartet er einen Moment.

Dann Schnaufen.

Dann wird der Kopf wieder gerade ausgerichtet.


Alex: „Zahlen sind Zahlen, Ask. Sie bilden Fakten ab, doch wie sind Daten zu interpretieren? Nur auf Siege und Niederlagen zu schauen ist wertlos wie das Argumentieren von Coronaregelungen auf Grundlage der Inzidenzzahlen.“


Politische Beiträge von Ricks? Wie auch immer, Alex atmet durch.


Alex: „Ich suche Herausforderungen, Ask. Gegen aufstrebende Talente. Als Berater von Thomas. Heute Abend gegen Raymond in seiner Heimat. Und danach…gegen den aktuell besten Kämpfer der Liga. Deinen heutigen Gegner.“


Kleiner Verweis auf Schwanenburg.


Alex: „Ich bin Teil dieser Liga seit über sieben Jahren und habe mir nicht eine einzige Pause genommen. Ich war hier. Jedes. Einzelne. Mal. Immer auf der Suche nach einer Herausforderung…ich gehe niemandem aus dem Weg. Ich stelle mich allem. Ich stelle mich allen. Jeder. Einzelnen. Herausforderung.“


Der Blick des Freiburgers ist streng. Er redet hier nicht auf Ask herab, er stellt nur seine Position klar.


Alex: „Ich nehme dich ernst, Ask…aber ich habe dich besiegt. Und ich sehe nicht, dass sich die Ausgangslage geändert hat. Du denkst, du forderst mich heraus…aber ich sehe es nicht.“


Wie es Ask schon gesagt hat: viele schlaue Worte kommen da aus dem Mund des Mathematikers heraus und in die Ohren des Schweden hinein. Gefasst und ziemlich konzentriert steht er da und hält dem Blickkontakt von Ricks stand. Was wird er nun darauf antworten? Wird er überhaupt antworten?


Ask: „Du hast es selber gesagt. Ich hab verloren… du hast selbst auch schon oft verloren. Und trotzdem bekommst du wieder und wieder die Chance dich zu beweisen. Also… sollte ich die doch auch bekommen oder nicht?“


Einige Sekunden vergehen, in denen die Beiden weiterhin einander anschauen, unter einer Anspannung, die mittlerweile einen Höhepunkt erreicht hat. Noch bevor Alex nun aber wirklich antworten kann, kommt ihm Ask einmal mehr zuvor.


Ask: „… aber wie schon gesagt. Ich will nicht, dass du mir diese Chance schenkst. Ich werde sie mir verdienen. Auf dem einen… oder den anderen Weg. Ich lasse mich nicht mehr mitschleifen. Jetzt tue ich… was ich will.“


Ein letzter ernster Blick, bevor Ask schließlich signalisiert, dass er hier fertig ist. Wir haben Ask heute in verschiedenen emotionalen Situationen gesehen. Erst, wie wir in dem Video sehen konnte, konnte er sich seine Unsicherheit selbst wegreden, bevor er hier im Gespräch mit Alex wieder etwas daran zerbrochen ist. Aber in eben diesem Gespräch hat er neuen Mut gefasst. Und neue Überzeugung. Die Überzeugung Alex Ricks die Stirn zu bieten. Und nun muss er das nutzen, gegen Antoine Schwanenburg.


Er macht sich schließlich auf und verlässt die Kabine und lässt Alex Ricks zurück, der Ask noch kurz nachschaut.



Scarecrow: „Ich verstehe.“

Ein leichtes, ernstes Nicken geht von dem jungen Wrestler aus, der sich gerade mit einem Mitglied des medizinischen Personals vor Ort zu unterhalten scheint. Mit verschränkten Armen steht er da in seiner offenen Jacke und lauscht aufmerksam dem, was ihm von seinem Gegenüber erzählt wird. Nervös wandert die linke Hand zum Gesicht, kratzt Stirn und Kinn und senkt sich schließlich wieder in die Verschränkung, nur um sofort wieder gehoben zu werden. Auch die Gesichtszüge wirken ein wenig unruhig. Doch der Grund ist wohl alles andere als ein Geheimnis.

Neben den beiden Gesprächspartnern befördern zwei Sanitäter, die gerade ihre Maßnahmen vor Ort abgeschlossen zu haben scheinen, seinen Tag Team Partner, Mykru, vorsichtig auf einer Trage in den Krankenwagen.

Scarecrow: „Alles klar, danke Doc. Wirklich.“

Silas´ Ausatmen, als er sich abwendet, ähnelt eher einem besorgten Seufzen, als einem entspannten, tiefen Luftholen. Als wolle er sich selbst beruhigen, fährt er sich mit beiden Händen über das Gesicht, als er sich abwendet und in Richtung des Krankenwagens geht. Mit einem großen Schritt steigt er die Stufe in das Innere des Fahrzeuges hinauf, wo gerade noch alles ordentlich für die Fahrt verstaut wird.

Scarecrow: „Es tut mir so unsagbar leid Mykru…“

Verbissen presst Scarecrow seine Kiefer aufeinander, während das leichte Beben in seiner Stimme zu Tage tritt.

Scarecrow: „Ich hätte da sein müssen. Ich hätte wissen müssen, dass Meisters Ego die Provokation und seinen Frust über David nicht verträgt. Ich hätte wissen müssen, dass er nur lauert. Ich schulde dir was, verdammt…“

Kurz schließt er die Augen, als der gesamte Oberkörper sich in einer Art lautlosem Schluchzen auf und ab bewegt.

Scarecrow: „Du bist n absolutes Vieh, Junge. Ich weiß, dass du wieder aufn Damm kommst. Viel schneller, als Meister es jemals hoffen oder erwarten könnte.“

Vorsichtig, nicht zu viel Druck auszuüben, schließt Silas seine Hand um den Unterarm seines Tag-Partners.

Scarecrow: „Ich halte hier die Stellung.“

Das Ausbleiben einer verbalen Antwort sorgt natürlich nicht für Verwunderung, in Anbetracht der Tatsache, um wen es hier geht. Doch auch anderweitig gibt es keine Reaktion von Mykru.
Besorgt blickt Scarecrow mit einer hektischen Kopfbewegung zu den Sanitätern.

Sanitäter 1: „Keine Sorge, all die Schläge und die Schmerzmittel, die er bekommen hat, machen ziemlich benommen in der Kombination. Sie kriegen es natürlich mit, sobald wir genaueres wissen.“

Aufmunternd lächelt der Mann Scarecrow zu, der langsam die Hand von Mykrus Arm nimmt.
Scarecrow: „Fahrt Vorsichtig. Ich brauch den noch.“

Er zwingt sich ein lächeln und einen möchtegern-gelassenen Spruch ab. Wohl doch Überreste der Drake´schen Schule. Eine Sekunde ruht der Blick noch auf Mykru, dann wendet Silas sich ab und springt elegant aus dem Wagen heraus. Schwungvoll schließt er eine der Türen.

Scarecrow: „Ich bin nach der Show sofort da.“

Dann greift er nach dem zweiten Flügel der Tür.

Scarecrow: „Versprochen.“

Klack.

Und unter dem leisen Dröhnen des Motors, aber ohne Blaulicht, was schonmal ein gutes Zeichen sein dürfte, entfernt der Wagen sich aus der Einfahrt. Diesmal ist es ein tiefes
Durchatmen, das zu vernehmen ist. Der Kopf dreht dich um 180 Grad und Scarecrow blickt über die Schulter.

Scarecrow: „Hey! Du! Kamerafreak!“

Schwungvoll folgt der Rest des Körpers der Drehung und der Arm winkt fordernd in Richtung des Kamerateams, während Silas gleichzeitig auf die Kamera zumarschiert. Er wiederholt die heran-winkende Bewegung.

Scarecrow: „Haltet das auf mein Gesicht, macht euch zumindest nützlich, wenn ihr schon meint UNBEDINGT auf Verletzte draufhalten zu müssen, als wären sie Zirkustiere ihr Bastarde.“

Mit beiden Händen greift er die Kamera links und rechts, während die gesamte Größe des Bildes sich mit seinem Gesicht fühlt. Der Blick aus den leuchtenden roten Augen, aus dieser Nähe, erzeugt eine sehr unruhige Atmosphäre.

Scarecrow: „Ich weiß, dass ihr das seht. Alle auf ihren Sofas. Alle in der Halle. Dynamite. Meister. Aber wen ich meine… Ist David Hott. Hör mir sehr, SEHR gut zu, okay? Klar ich mag euch beide nicht mögen, und ich habe euch auch sehr, sehr gerne provoziert, aber am Ende des Tages, ging es immer um eine Sache, und NUR eine Sache. Gold. Nichts anderes, war hier jemals die Idee.“

Ein langsames Kopfschütteln.

Scarecrow: „Bis vor zwei Wochen, als du tatsächlich dachtest, du könntest einfach so in dieses Titelmatch spazieren. Ich gebe zu, dass ich dann schon ein wenig sauer war. Nicht nur hast du einwandfrei bewiesen was für Püppchen ihr seid, ohne jede Leistung diesen Shot zu kriegen. Nein. Ihr seid auch noch so naiv zu denken, dass wir nichts dagegen tun? Nenn es Trauma aber ich reagiere WIRKLICH allergisch darauf, wenn jemand mich nicht ernst nimmt. Und jetzt, zieht dein Partner David, das ab.“

Ein klitzekleines Stückchen, gerade genug, um ein wenig die erdrückende Präsenz Scarecrows zu mindern, weicht er zurück, so dass man sehen kann, in welche Richtung er deutet: Von der Arena weg. Dorthin, wo soeben noch der Krankenwagen ausgefahren ist.

Scarecrow: „Ich weiß, ihr seid eine reine Zweckgemeinschaft, aber der Mann, der da in diesem Wagen lag ist nicht irgendn Freak mit Glubschaugen. Beziehungsweise. Doch. Aber dieser Freak mit Glubschaugen ist mein Freund. Ist mein Bruder. Und glaubt mir, das ängstliche Häufchen, dass Robert Breads begeistert von NEMESIS erzählt hat, ist lange, lange nicht mehr hier. Wenn ihr es mit Scarecrow persönlich macht, dann wehrt er sich. Das ist ein Ultimatum, David. In zwei Wochen distanzierst du dich von Matthäus und legst deinen Titel ab. Wird dich das deine GFCW Karriere kosten? Wahrscheinlich. Aber wenn du es nicht tust, sorge ich dafür, dass du so viel mehr zahlen musst. Ich stehe ein für meine Freunde. Ich lasse meine Familie nicht sitzen, so wie andere.“

Wen er nur meinen könnte.

Scarecrow: „Also. Triff deine Wahl.“
???: „Rührend.“

Es ist schwer zu sagen, was härter einschlägt. Diese absolute Reinform von Sarkasmus in der Tonlage.
Oder die Backstein-große Faust, die Scarecrow an der Schläfe trifft. Eine solche Pranke kann natürlich nur einem gehören. Demselben Mann, der sich zuvor bereits um Mykru gekümmert hat. Nun steht wohl Scarecrow auf der Meister-Liste. Der Riese packt Scarecrow und wirft ihn in das erstbeste Garagentor, welches nun eine nicht kleine Delle aufweist. Erneut packt er zu und will sein Werk fortsetzen, doch Silas wehrt sich. Mehr instinktiv als geplant fliegen die Fäuste überall dorthin wo er Meister gerade treffen kann! Diesmal prallen die Treffer nicht gar so ab wie bei Mykru zuvor, doch schnell packt Meister auch Silas mit beiden Pranken… doch plötzlich bekommt Meister einen Schraubenschlüssel an den Kopf! Als Scarecrow in die Knie gegangen ist, hat er das Werkzeug, das da zufällig herumlag, in seiner Not ergriffen und damit zugeschlagen! Der Treffer hat seine Wirkung nicht verfehlt und Scarecrow hat erstmal Zeit durchzuatmen. Dann will er erneut zuschlagen, doch Meister blockt ab und stößt mit dem Kopf zu! Silas geht zu Boden und weist Blutflecken am Kopf auf… doch die sind von Meister, wie der Koloss auch sofort selbst feststellt. Das schürt seine Wut nur noch weiter. Er hebt den Schraubenschlüssel auf, doch anstatt damit zuzuschlagen, verbiegt er das Teil in seiner Wut nahezu mühelos, bevor er ihn wegwirft. Nun widmet er seine Aufmerksamkeit wieder Scarecrow, doch dieser hat bereits eine neue Waffe: Ein Stahlrohr und er drischt nun damit auf Meister ein. Damit landet er einige Treffer, bis Meister ihm die Waffe aus der Hand schlägt und Scarecrow gegen ein danebenstehendes Auto befördert. Dann holt Meister aus und schlägt zu… doch trifft nur die Autofensterscheibe, die durch die Krafteinwirkung in tausend Scherbenstücke zerbricht! Scarecrow hat sich gerade so noch aus dem Weg bewegt. Genervt und schmerzverärgert betrachtet Meister seine Hand die nun auch blutig ist. Scarecrow ist wieder zur Stelle und prügelt wieder wie wild auf Meister ein. In jedem Schlag steckt Vergeltungsdrang für seinen Freund mit drin. Plötzlich blockt Meister einen der Schläge und hebt Scarecrow hoch. So läuft er mit ihm erneut gegen ein Garagentor, bevor er ihn über eine andere Motorhaube wirft. Schmerzverzerrt bleibt Silas liegen, doch der vergeltungstrieb lässt ihn schon bald wieder irgendwie auf die Beine kommen.

Doch bevor die Situation noch weiter eskaliert strömen Sicherheitsleute, diesmal gemischt mit einigen Jungs aus dem Performance Center, die quasi auf Exkursion mit auf der Tour sind. Mit vereinten Kräften gelingt es nun auch die zwei Prügelknaben auseinanderzuhalten, bevor erneut die Ambulanz anrücken muss. Scarecrow will am liebsten weitermachen, Meister zunächst auch. Doch dann überlegt er es sich anders und wendet sich einfach von Scarecrow ab. Wie zuvor richtet sich der Vollstrecker seinen Anzug und zieht sich zurück. Mit der blutigen Stirn, die ihn offenbar nun nur äußerst wenig kümmert, sieht das Ganze noch bedrohlicher aus. Wie ein bestialischer James Bond Bösewicht sieht dieses Bild aus. Scheinbar denkt er sich, dass er sein Werk später schon noch vollenden wird, wenn die Störenfriede wieder weg sind.

Scarecrow: „DENK NICHT DU BIST HIER ALS EINZIGER NOCH NICHT FERTIG! WIR KRIEGEN DICH! UND ES WIRD DER SCHLIMMSTE TAG DEINES LEBENS, DU BASTARD!“



Die Kamera schaltet auf das Kommentatorenpult und wir sehen Sven und Pete.


Pete: „Meine verehrten Damen und Herren, ich kriege gerade die Info aufs Ohr, dass die Vertragsunterzeichnung von Boris jetzt stattgefunden hat, wir können also einen neuen Wrestler im Roster der GFCW begrüßen, wie toll.“

Sven: „Also Wrestler weiß ich jetzt nicht, eher ein Dickerchen oder, hehe.“

Pete: „Also Sven, bitte! Kein Bodyshaming hier, du weißt selbst nur zu gut, dass etwas mehr Gewicht keineswegs hinderlich für eine Wrestlingkarriere sein muss. Ich gebe allerdings zu, dass wir sportlich bisher noch nichts von Boris gesehen haben, sondern eher seine Vorliebe für… sagen wir mal gesunde Ernährung… hüstel…“

Sven: „Der Typ haut sich nur Fast Food rein, das ist ja wohl keine gesunde Ernährung! Obwohl, auf Burger ist auch Salat drauf.“

Pete: „Ist mir schon klar, Sven, ich wollte das jetzt halt nicht so direkt sagen. Oh, ich kriege gerade eine weitere Info aus Ohr: Bei der kommenden War Evening werden wir Boris bereits im Ring sehen, er wird sein erstes Match bestreiten. Das ist ja klasse!“

Sven: „Oje, ob der Ring das aushält?“
Pete: „Schluss jetzt damit. Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt. Und damit ab in die Werbung!“


Fade out.



Schwanenburgunder.


Jetzt noch überlegener im Geschmack.


Noch siegreicher im Abgang.


Schwanenburgunder.


Der edle Tropfen des Erfolges.


Schwanenburgunder.


Jetzt in der kaiserlichen Edition aus Bio-Reben.


Schwanenburgunder, der kaiserliche.


Probieren Sie ihn jetzt.



Schwanenburgunder.


So genießt bloß ein Kaiser.


Schwanenburgunder.



Wir sind im Backstagebereich unterwegs und begleiten einen Wrestler auf seinem Weg durch die Katakomben der Rogers Arena. Der Mann füllt dabei fast den gesamten Bereich der Kamera aus, denn es handelt sich um die Neuverpflichtung El Montaña de Músculos, den Mann, der seinem Namen alle Ehre macht. Der Maskierte will scheinbar dringend wo hin, denn er hat einen schnellen Schritt drauf. Schließlich stapft er schnurstracks auf eine Tür zu und hämmert dagegen, so dass diese fast aus den Angeln fliegt.


BÄNG BÄNG BÄNG


Wir erkennen das Schild, das laminiert auf die Tür geklebt wurde: Commissioner Eric Fletcher. Man hört ein dumpfes Herein von der anderen Seite, und El Montaña de Músculos lässt sich nicht zweimal bitten, reißt die Tür auf und stürmt in den Raum.


El Montaña de Músculos: „Commissioner, sehr schön, dass Sie so schnell Zeit für mich haben! Und, wann geht es endlich los? Wann steige ich in den Ring? Wer ist mein erster Gegner, hä?! Alex Ricks? Antoine Schwanenburg? Oder sogar Zereo Killer?! Das wäre der Oberhammer!“


Eric schaut nur kurz vom Tisch auf und wirkt, als wolle er sich eine Antwort überlegen. Doch er kommt noch nicht dazu, eine möglicherweise erdachte Reaktion in die Tat umzusetzen.


BÄNG BÄNG BÄNG


Das Schild spielt keine Rolle mehr, denn – ohne dass Eric Fletcher etwas sagt – die Türe öffnet sich trotzdem. Zu sehen ist das maskierte Elend von neulich, das sich El Otavio nennt. Und der Catcheranzugträger wirkt aufgebracht.


El Otavio: „Chefe! Ich brauche einen Kampf! Einen gegen jemanden, der eine echte Herausforderung ist. Einen, gegen den ich mich ultimativ beweisen kann und zeigen kann, wie wichtig und richtig es war, El Otavio zu verpflichten!“


Noch hat er den anderen El noch gar nicht bemerkt, sondern schaut in seinem seltsamen Aufzug recht euphorisch in Richtung Fletcher, dem er – noch ehe es für eine richtige Begrüßung reicht – noch ein paar Takte vertellen möchte.


El Otavio: „Ich weiß, dass es hier das eine oder andere Fallobst wie Joe Jobber gibt, aber das ist nicht das, was ich im Sinne habe. Ich brauche eine richtige Erfahrung!“


Erwartungsvoll wird Fletcher angeblickt und dann erst der Blick langsam gedreht….zumindest bis sich der Commissioner mit überlegenem Grinsen und weeeeitem Nicken in seinen Bürostuhl zurücklehnt. Die Lehne gibt dankenswerterweise etwas nach, sodass das Zurücklehnen noch weiter gehen kann und er die Hände gemütlich auf seinen Bauch ablegen kann.


Eric: „Buen díííaaa…hermosa tarde, verdad?“


Guillermo Francello wäre stolz auf ihn…dürfte allerdings auch eine der wenigen Personen sein, die die Referenz versteht.


Eric: „Willkommen Ihr beiden…und schonmal ein Bienchen für’s Siezen…“


Ein Daumen Hoch in Richtung Berg.


Eric: „…oder halt für das Vermeiden von Pronomen.“


Der Daumen wird ein wenig abgeschrägt als er in Richtung Otavio zeigt. Aber immerhin, schräg nach oben ist immer noch positiv.


Eric: „Er und ihm übrigens, wo wir gerade schon dabei sind.“


Zum Daumen gesellen sich noch die übrigen Finger der Hand dazu und der Commissioner wischt durch die Luft, bevor er sich mit Schwung wieder nach vorn zur Tischplatte beugt.


Eric: „Wie auch immer, Jungs, machen wir’s kurz. Du willst ein Match, du willst ein Match, ihr kriegt euer Match.“


Er deutet auf die beiden, erst auf Montaña dann auf Otavio.


Eric: „In zwei Wochen, in Anchorage…El Montaña de Músculos…gegen El Otavio. Zufrieden?“


Der spanische Muskelberg fasst sich bestürzt mit beiden Händen an die Maske.


El Montaña de Músculos: „Waaas?! Dieser Hänfling soll mein Gegner sein? Das glaub ich ja jetzt nicht. Ich will einen richtigen Gegner, kein Kind!“


El Montaña de Músculos zögert dann kurz und scheint sich anders zu besinnen.


El Montaña de Músculos: „Wobei... warum eigentlich nicht. Dann wird der Kleine hier sofort wieder die Segel streichen, wenn er nach 10 Sekunden von mir gepinnt wird. Otavio, jetzt kannst du zeigen, aus für Holz du geschnitzt bist. Ich sag dir was, wenn du eine Minute gegen mich durchhältst, trainieren wir zusammen und ich zeig dir ein paar Tricks.“


Von nicht weit nebenan ist ein leises prusten zu hören. Ja, offenbar stößt die etwas einseitige Vorstellung des Berges auf ziemliche Erheiterung….oder sorgt zumindest für eine solche. El Otavio wäre ja nicht El Otavio, würde er das einfach so auf sich sitzen lassen.


So schaut er erst kurz zu Fletcher, dem ein durchaus anerkennendes Nicken gilt, dann aber, auch wenn man ja im Prinzip nur seine Augen sieht, zum Berg, der ja mit seiner Meinung nicht hinter denselben gehalten hat.


El Otavio: „Es mag sein, mein Herr, dass ich dir in Sachen reiner Körpergröße nicht ganz so nah komme, wie manch andere. Dafür siehst du aus wie jemand, der sich im Ring wie ein Brett bewegt – ein morsches Brett, wohlgemerkt. Dagegen bin ich ja quasi das blühende Leben, gewissermaßen der Ast, der sich im Winde verweht.“


Gut, das ist vielleicht etwas viel Pathos auf einmal, aber der Berg hat es ja immerhin nicht anders gewollt.


El Otavio: „Du wirst mir zu beweisen haben, ob du ein Brett bist – oder doch beweglicher. Kraft ist nicht alles und auch wenn ich selbst ziemlich viel davon habe, ich meine: Sieh mich an!, so weiß ich doch, dass es um in der GFCW zu bestehen, viel mehr braucht, als einen Ring auseinandernehmen zu können. Und das werde ich dir, wirst du vielleicht auch mir und werden wir beide der GFCW beweisen. Du solltest dich also besser schon warm anziehen und das Öl für die Gelenke klarmachen…“


Jetzt ist es an El Montaña de Músculos zu prusten. Er drischt El Otavio freundschaftlich auf die Schulter.


El Montaña de Músculos: „HA, so machen wir das, mein Guter! Wer weiß, vielleicht steckt in dir mehr, als man auf den ersten Blick sieht. Auf ein faires Match in 14 Tagen in Alaska! Mal sehen, was das gibt, ich werde auf jeden Fall richtig hart trainieren, um allen GFCW Fans da draußen zu zeigen, dass diese Muskeln hier nicht nur krass aussehen sondern auch was drauf haben!“


El Montaña de Músculos posiert jetzt für die Kamera und spannt seinen gestählten Körper an. El Otavio steht mit verschränkten Armen da und nickt zufrieden. Fade out.



Nur noch wenige Augenblicke, bis Ask Skogur sich einer seiner größten Aufgaben stellen muss. Auf ihn wartet der GFCW World Heavyweight Champion. Warum? Weil Alex Ricks den Mann aus Schweden vor eine Aufgabe stellen wollte, die scheinbar unlösbar erscheint.


Ask hat heute beziehungsweise in den letzten Wochen wieder viele Entwicklungen durchgemacht. Dabei steht ihm allerdings ein Druck im Nacken, der gewaltig ist. Er hat sich heute verbal einigermaßen behaupten können gegen Alex Ricks und sich selbst gefestigt, mithalten zu können, mit den Großen. Und doch, ist seine Rolle in der GFCW nach wie vor etwas wackelig…


Doch plötzlich wird die Luft um Ask ein wenig eisiger. Sofort bemerkt er, dass etwas anders ist, als es noch zuvor gewesen ist. Seine Instinkte weisen ihn schon auf den richtigen Weg und kaum dreht er sich um, wird bestätigt, dass in der Tat etwas anders ist.


Antoine Schwanenburg ist hier.


Der Champion mit seinem markantem überheblichen Grinsen auf den Lippen baut sich verdächtig nah vor seinem Gegner auf. Antoine ist etwas größer, als der Schwede, den goldenen Titel hat er auf seine rechte Schulter gelegt, sodass Ask quasi dran riechen kann. Eigentlich sollte er sein Zeichen noch nicht bekommen haben, noch sollte er nicht hier hinter dem Vorhang auftauchen dürfen. Ein Fehler? Oder vielleicht will der Champion auch noch mal vor dem Match ein kleines Zeichen setzen, denn schließlich werden die meisten Kämpfe im Kopf gewonnen und Ask schien am Vorabend nicht zu 100% von sich und/oder der Situation überzeugt zu sein. Gefundenes Fressen für den Champion.


Antoine: „Na, du auch hier?“


Die Überheblichkeit sprudelt mal wieder aus ihm heraus.


Antoine: „Als ich zuletzt mit Alex sprach sagte er mir, dass er sich deine Vernichtung von mir wünscht. Deswegen treten wir hier und heute an. Er will, dass du ein für allemal aus dem Weg geräumt wirst. Und weil es eben Alex ist, bin ich so frei und tue ihm diesen Gefallen. Und weil ich ein solch herzensguter Mensch bin, Ask, stehe ich nun hier vor dir und spreche dir diese Warnung aus. Wenn du in…“


Er schaut auf die Uhr, die er nicht trägt.


Antoine: „Wenn du in 20, vielleicht 30 Sekunden dort hinaus trittst, dann bist du das Wild und ich der Jäger.“


Dann geht er einen Schritt zurück und mimt, wie er eine Waffe auf Ask richten würde. Den Platz der Waffe wird in diesem Falle von dem World Title eingenommen, was vielleicht auch ein wenig unfreiwillig komisch wirkt, aber Antoine ist es egal, wie es aussieht, denn er weiß, dass es dennoch Eindruck schinden sollte.


Antoine: „Das Einzige, was du gleich beeinflussen kannst, mein Lieber, ist ob du langsam oder schnell ausblutest. Du weißt, dass du das Wild bist. Du weißt, dass du niemals mehr sein wirst, als das. Deine Aufgabe ist es, so lange wie möglich nicht erlegt zu werden. Die Rollen werden sich niemals ändern und auch das Ende nicht. Ich, Ask, ich werde niemals der von dir Gejagte sein und es ist auch nicht schlimm, sich dies einzugestehen. Im Gegenteil, mein Lieber, es würde gar von Stärke zeugen, wenn du dort einfach hinaus gehst, deine Rolle akzeptierst und auf den erlösenden Schuss wartest.“


Na spitze – auch das noch‘ denkt sich Ask wohl gerade. Jetzt kommt der auch noch und schwingt große Reden. Sowas ist Ask natürlich mittlerweile gewohnt, hier in der Liga. Aber er hat es zurzeit nicht leicht, weiß nicht so recht, wo er steht, und versucht diese Rolle zu finden. Da passt so eine Ansage, so kurz vor diesem wichtigen Match, natürlich nicht so gut. Aber Ask bleibt eisern, er hat heute bereits andere, toughere Facetten gezeigt und dabei bleibt er jetzt.


Ask: „Du bist kein Naturmensch, oder? Und ein Jäger schon gar nicht. Erste Regel des Jagens? Geh nie zur Beute hin und sag ihr, dass du sie Jagen wirst. Sei unscheinbar, leise und achtsam. Halt dich bedeckt und sei vorsichtig und schlag dann zu, wenn sie am wenigsten damit rechnet.“


Ask zuckt mit dem Kopf ruckartig und mit einem lauten Schrei, fast schon einer Art Bellen, nach vorn in Richtung Schwanenburg, der davon tatsächlich etwas überrascht ist und seinerseits kurz zurückzuckt. Dieser kleine Triumph gibt Ask wieder etwas mehr Selbstbewusstsein, was heute bei ihm einer Berg- und Talfahrt gleicht.


Ask: „Ich hab keine Angst vor dir. Ich bin hier, um zu kämpfen. Und das werde ich tun. Dann kannst du deinem Kumpel Alex ausrichten, was ihn erwarten wird, wenn er sich mir das nächste Mal stellt.“


Ask dreht sich von Schwanenburg weg und klatscht sich nochmal aufs Gesicht, bevor er schließlich aufbricht und durch den Vorhang läuft und Antoine Schwanenburg stehen lässt. Auf zu einem der größten Matches seiner Karriere.