8.
April 2023 – 00:13 Uhr – Providence Portland Medical
Center
Es
ist eine bittere Nacht für einen Mann, für den es
eigentlich eine freudige Nacht sein sollte. Noch vor wenigen
Stunden hat Lionel Jannek einen Vertrag unterzeichnet, für
ein Match bei GFCW Allegiance. Ein Match von dem seine Zukunft
abhängt und sein großer Wunsch von einem
Abschiedsmatch. Doch nun schwebt sogar im Raum, dass er nicht
einmal das Match bei Allegiance bestreiten kann.
Nach
der heftigen, geradezu brutalen Attacke von Matthäus
Meister, muss der „Superior One“ die Nacht im
Krankenhaus verbringen. Der Österreicher richtet unentwegt
den Blick auf sein übel zugerichtetes Bein, das im Moment
wie eine Cyborg-Erweiterung aussieht. Schienen, Stützen,
Verbände… Bei diesem Anblick keimt nur wenig Hoffnung
auf, dass LJ rechtzeitig fit wird. Alles hängt von den
Ergebnissen der Röntgenuntersuchung ab. Und das dauert.
Jannek kommt es zeitweise so vor, als würde die Zeit
stillstehen. Jedoch bleibt ihm nichts anderes übrig als
abzuwarten…
Endlich
öffnet sich Minuten später die Tür und einer der
Ärzte betritt den Raum. Unter dem Arm hält er eine
Mappe mit den Röntgenbildern. In seinem Gesicht lässt
sich nichts ablesen. In aller Ruhe hängt er die Bilder an
einer dafür vorgesehenen Wand auf und dreht sich dann zu
Lionel Jannek. Dieser blickt ihn angespannt an…
Arzt:
„Nun, Mister Jannek, wir haben die Röntgenbilder
ausgewertet.“
Dann
blickt der Mediziner auf die Bilder und scheint zu überlegen
wie er seine Diagnose wiedergeben soll. Ungeduldig richtet sich
Jannek in seinem Bett etwas auf.
Lionel
Jannek: „Na sagen Sie schon, Doc! Wie sieht es aus?“
Kurzes
Ausatmen mit einem leicht hörbaren „Puh“ beim
Arzt. Dann deutet er auf das erste Bild.
Arzt:
„Ich will es einmal so formulieren: Sie hatten Glück
im Unglück.“
Ein
kleiner Funken der Hoffnung, inmitten einer ansonsten wohl eher
düsteren Diagnose. Jannek ist hellhörig.
Arzt:
„Zugegeben, da ist eine Menge was gar nicht gut aussieht…
Prellungen, Verstauchungen, Quetschungen, Schwellungen,
Blutergüsse…“
Mitgenommen
hört sich LJ das an und blickt dabei erneut auf das besagte
Bein. Er beißt die Zähne zusammen, denn schon jetzt
ist ihm klar, dass das Match sich immer weiter aus seiner
Griffweite entfernt…
Arzt:
„ABER! Gebrochen scheint auf den ersten Blick nichts zu
sein. Das einzige in dieser Richtung ist wohl ein kleiner Sprung
im Schienbein. Nach dem was Ihnen passiert ist, grenzt das fast
schon an ein Wunder. Sie können froh sein, dass sie so gut
trainiert sind. Bei einem Normalsterblichen würde das ganz
anders aussehen.“
Jannek
blickt den Arzt hoffnungsvoll an. Jetzt gilt es natürlich
die Frage aller Fragen zu klären.
Lionel
Jannek: „Was bedeutet das für mich, Doc? Wie lange
muss ich pausieren?“
Der
Arzt blickt LJ einige Sekunden wortlos an. Dann blickt er
nachdenklich auf den Boden… dann zu den Bildern…
und dann wieder zu Lionel Jannek. Er öffnet den Mund, muss
aber noch einige Sekunden überlegen was er sagt.
Arzt:
„Nun… Sie haben uns erzählt Sie haben am 21.
Mai in einem Wrestlingring einen Kampf?“
LJ
nickt zustimmend.
Arzt:
„Sie haben am 21. Mai KEINEN Kampf.“
Das
trifft den Österreicher wie ein Messerstich und er muss sich
daraufhin erstmal zurücklehnen. Deprimiert und enttäuscht
blickt er ins Nichts und tausend ungeordnete Gedanken schwirren
durch seinen Kopf. So nimmt er die nächsten Worte des Arztes
beinahe gar nicht mehr wahr.
Arzt:
„Es tut mir sehr leid für Sie, Sir. Aber ich kann Sie
mit diesen Verletzungen unter keinen Umständen mit gutem
Gewissen in einen Ringkampf schicken.“
Jannek
schüttelt mit weit entferntem Blick leugnend den Kopf. Er
will das einfach nicht wahrhaben.
Lionel
Jannek: „Doc, Sie verstehen das nicht! Das ist nicht
irgendein Kampf! Da geht es für mich um alles oder nichts!
Ich MUSS da hin und kämpfen! Gibt es da gar nichts was Sie
tun können?“
Der
Arzt blickt erneut nachdenklich zum Boden und dann zur Seite. Man
sieht, dass er nur ungern der Bote der schlechten Nachrichten
ist. Viel Hoffnung kann er dem Österreicher aber nicht
machen.
Arzt:
„Mister Jannek, selbst wenn alles gut verläuft und
sich ihre Verletzungen besser als erwartet regenerieren…
sogar dann werden Sie am 21. Mai allerhöchstens schwer
angeschlagen und unter Schmerzen halbwegs aufrecht stehen
können.“
Lionel
Jannek: „Sie sagen also es gibt Hoffnung?“
Diese
Antwort lässt den Arzt erstmal perplex und wortlos, aber mit
offenem Mund dastehen. Innerlich scheint er so ein wenig
aufzugeben dem Österreicher noch irgendetwas ausreden zu
wollen. Oft genug hatte er solche Patienten schon, die sich nicht
mit ihrem Schicksal abfinden wollen.
Arzt:
„Sofern Sie das als Hoffnung definieren wollen. Ja. Ich als
Arzt würde Ihnen von diesem Kampf dringend abraten, aber ich
kann da wohl sagen was ich will, Sie werden ja doch nicht auf
mich hören.“
Lionel
Jannek: „Beantworten Sie mir nur noch eine Frage, Doc: Bin
ich transportfähig?“
Etwas
resignierend prustet der Arzt einmal tief aus.
Arzt:
„Im Prinzip ja. Solange Sie dabei das Bein nicht direkt
belasten. Aber selbst dann wird es ziemlich unangenehm werden.“
Lionel
Jannek: „Danke, Doc.“
Mit
einem höflichen, verabschiedenden Kopfnicken verschwindet
der Arzt aus dem Zimmer. Kaum ist dieser gegangen, zückt LJ
sein Smartphone und startet einen Videoanruf. Eine bekannte,
weibliche Stimme antwortet.
Carina
Valentina: „Lio? Bist du das? Um Himmels Willen, ist alles
in Ordnung? Ich hab es im Fernsehen gesehen!“
Lionel
Jannek: „Ganz ruhig, Schwesterherz. Ich hab schon
Schlimmeres überstanden.“
Das
unterstreicht er mit einem leichten Lächeln.
Lionel
Jannek: „Was ich dir eigentlich sagen wollte… Mach
alles bereit. Ich komme nach Hause. Für rund einen Monat…“
Carina
Valentina: „Du willst das wirklich immer noch durchziehen?
Lio, du wirst-“
Lionel
Jannek: „Carina, der Arzt hat mir gerade lang und breit
einen Vortrag gehalten. Fang bitte du nicht auch noch an. Mein
Entschluss steht fest.“
Carina
Valentina: „Aber wie stellst du dir das vor, Lio?“
Lionel
Jannek: „Ich kenne nicht umsonst die besten Ärzte und
Therapeuten, Schwesterchen. Wird Zeit, dass die beweisen, dass
sie diesen Ruf zurecht inne haben.“
Erneut
lächelt der „Superior One“ dabei. Dann sagt
seine Schwester noch etwas, für uns nicht zu verstehendes,
bevor das Gespräch beendet wird. Einen kurzen Moment hält
LJ den Blick zur Decke, dann folgt der nächste Anruf, um den
Stein ins Rollen zu bringen. Bevor der Gegenüber den Anruf
entgegennimmt, spricht der Österreicher noch einen Satz.
Lionel
Jannek: „Dye… mach dich bereit. Du hast einen Monat
Zeit. Und dann komme ich zurück… und zwar nicht nur
für ein Match!“
Ein
altbekanntes Reiheneckhaus in einem soliden Wohnquartier im
Westen von Vancouver ist zu sehen. GFCW-Ultras wissen, dass hier
die etwas tattrige Tante von Ray Douglas residiert. Irene
Douglas. Die Dame gewährte dem damals abgebrannten Ray sogar
Unterschlupf. Ein Zuhause. Erst als die Karriere wieder in
Schwung kam und die GFCW anklopfte, zog Morbeus aus und verließ
die alte Dame in Richtung Germany.
Nun
wechselt das Bild ins Innere des Hauses. Eine saftige Torte ist
in der Mitte des Tisches zu sehen. Die Torte hat drei Lagen und
wirkt reichlich imposant. Auf der Torte sind noch zwei Zahlen
liebevoll montiert: eine Acht und eine Null. Man muss keine
kriminalpolizeiliche Ausbildung absolviert haben, um zu erkennen,
dass Irene offenkundig hier zu ihrem 80. Geburtstag geladen hat.
Am langen Eichentisch ist aber nur für wenige Personen
gedeckt. Die Kamera fährt nun etwas weiter raus und neben
Irene am Kopf des Tisches sind noch Kyle Douglas und Kyd Flawless
zu erkennen. Die beiden Kinder des Zorns mampfen eifrig den hoch
kalorischen Kuchen und trinken dabei Kaffee. Irene scheint der
Appetit nach Kuchen bereits vergangen und ist bereits zum Scotch
„rübergewechselt.“ Die alte Dame mustert dabei
Flawless und wendet sich dann an Kyle.
Irene:
„Was ist mit dem Jungen, Kyle?“
Kyle:
„Was soll mit ihm sein?“ Irene:
„Kriegt der bei euch nicht zu essen? ER schlingt so.“
Flawless
schmatzt freudig vor sich hin und antwortet der Kyles Tante:
Kyd:
„Super lecker. Da kann ich mich ja fast reinsetzen.“
Irene:
„Lieber nicht, ich hab kein Bock an meinem Geburtstag noch
zu putzen. Wer ist er eigentlich, Kyle? Dein Freund?“
Kyd:
„Nonsens. Kyle und ich fischen in unterschiedlichen
Gewässern.“
Worte
die Kyle etwas schüchtern gegenüber seiner Großtante
wirken lassen.
Kyle:
„Ähm. Genau. Also, keine Sorge, Irene. Du musst nicht
putzen wegen uns. Kyd neigt zu Übersprungshandlungen, wenn
er gestresst ist. Das scheint aktuell nicht der Fall zu sein.“
Kyd:
„Shots fired?! Was soll das bitte heißen?“
Kyle:
„Wenn du unter starkem Druck stehst, neigst du zu
irgendwelchen bekloppten Entscheidungen. Wir beispielsweise bei
Dooms Night, als du plötzlich von einem auf den anderen
Moment zum LBGTQ+-Warrior wurdest. Das passte doch gar nicht zu
dir. Nie war dir das offene zur Schau stellen deiner Sexualität
irgendwie wichtig oder so….“
Flawless
hält kurz inne und überlegt, was er antworten soll.
Oberflächliche Gags sind an dieser Stelle wohl völlig
unangebracht.
Kyd:
„Honestly, ich weiß nicht was mich damals geritten
hat. Wahrscheinlich wollte ich mich dadurch selbst nochmal
pushen. Ein Match beim PPV gegen eine Legende wie Robert Breads
war eben völliges Neuland für mich…..warum biste
jetzt so salty, Kyle? Du weißt, dass ich alles gegeben und
auch mich weit aus dem Fenster gelegt habe. Aber sonst hätte
mir dem kleinen Kyd Niander niemals eine Chance gegeben! Und das
weißt du ganz genau.“
Kyle:
„Hmm. Dein Mut wurde im Ring nicht belohnt. Ich war etwas
pissed, dass du dich damals vorgedrängelt hast, aber dennoch
hatte ich gehofft du würdest belohnt werden….“
RING
RING
Die
Türklingel wird zwei Mal kurz geläutet. Weitere Gäste
sind im Anmarsch. Kyle steht auf und möchte für seine
Großtante die Haustüre öffnen, aber die winkt nur
ab.
Irene:
„Ich kann noch allein zur Tür gehen. Bleib sitzen und
stopf dich mit der Torte voll, mein Junge. Den kriegen wir sonst
nie auf.“
Irene
öffnet langsam die Türe und herein kommt eine
gutaussehende Frau Anfang oder Mitte 40. Lange rötliche
Locken kennzeichnen eine mögliche Verwandtschaft mit Kyle
oder Ray Douglas.
Irene:
„Rachel. Schön dich endlich hier zu haben. Die beiden
Jungs essen noch den ganzen Kuchen weg.“
Kyle
dreht nun den Oberkörper Richtung Türe und nickt
freundlich.
Kyle:
„Hey Ma. Warum bist du denn so spät erst hier?“
Rachel
ist gerade noch im Begriff ihren Mantel auszuziehen und begrüßt
die Onlyfriends aber schon einmal mit einem Lächeln.
Kyd:
„Wow, Kyle. Deine Mum sieht echt gut aus.“
Kyle:
„Schnauze.“
Rachel:
„Hey Kyle. Wie war der Flug?“
Kyle:
„Nicht weiter erwähnenswert.“
Rachel:
„Also ich habe da noch jemanden abgeholt, Sohn. Irene hatte
darum gebeten….“
Plötzlich
steckt Ray Douglas den Kopf durch die Türe und grinst
insbesondere Kyd und Kyle an.
Morbeus:
„Kuckuck!“
Irene:
„Willkommen zurück, du Schweinepriester. Komm rein,
komm rein.“
Morbeus
umarmt seine Tante herzlich und überreicht ihr ein Präsent
zum Geburtstag. Flawless kann sich ein Lächeln nicht
verkneifen. Er hat nicht damit gerechnet, dass der „Erzfeind“
seines Mentors hier aufkreuzen würde. Kyle dagegen bekommt
den Unterkiefer kaum mehr nach oben gehoben. Sein Onkel mit dem
er seit Jahren fast gar nicht gesprochen hat, ist plötzlich
beim Geburtstag seiner Tante. Das ist in der Regel nicht allzu
überraschend, aber in diesem Fall dann schon. Die Familie
Douglas hat keinen besonderen Gemeinschaftssinn muss man wissen
und in der Regel ist man sich spinnefeind.
Morbeus:
„Ich hoffe die Flaschen Scotch bringen dich erstmal weiter,
Irene. Neues Motorenöl für Dich. Haha.“
Irene:
„Das sind zwei Flaschen, Ray. Ich dachte du verdienst
wieder gutes Geld bei den Deutschen. Und dann bringst du mir nur
zwei Flaschen mit?“
Morbeus:
„Deine Leber liegt mir am Herzen, Sweetie.“
Rachel
und Raymond setzen sich an den gedeckten Tisch. Rachel nimmt
neben Kyle Platz und Ray setzt sich grinsend zu Kyd Flawless.
Morbeus:
„Na, Kyd. Verprügelst du mich heute wieder?“
Ray
zwinkert dabei Flawless zu, sodass die Ironie in der Tonlage noch
einmal verstärkt wird.
Kyd:
„Jederzeit, wenn Du es wünschst.“
Morbeus:
„Haha. Komm tu mir doch erstmal ein Stück des
Zyankali-Kuchen, Tante Irene. Ich hab gehört, dass Kyle den
gebacken hat..“
Bis
auf Kyle müssen alle am Tisch lachen. Die Mine vom
selbsternannten Mr. Unpinnable verzieht sich dagegen ins
Finstere.
Kyle:
„Warum hast du diesen Abschaum nur mitgebracht, Ma?
Bevor
Rachel antworten kann, übernimmt das Irene schon mit Schaum
äh Sahne vor dem Mund.
Irene:
„Ich wollte die ganze Familie, oder den Kadaver dieser
Scheißsippe eben, mal hier haben. Ich verlange nun wirklich
nicht viel von euch, aber das war mein sehnlichster Wunsch einer
alten Frau. Und jetzt esst alle noch weiter diese Torte und dann
trinken wir gemeinsam einen Scotch!“
Morbeus
versucht indes Augenkontakt mit seinem Neffen aufzunehmen. Doch
dieser blockt ab und versucht seinen Onkel zu ignorieren. Dann
wendet sich Morbeus lieber Flawless zu.
Morbeus:
„Und, Kyd? Wir läufts bei Niander? Schon viel
gelernt?“
Kyd:
„Ist das jetzt ne Fangfrage?“
Morbeus:
„Er bezeichnet sich ja immer als tollsten Mentor im
professionellen Wrestling, da dachte ich, würden die
Bewertungen fantastisch sein.“
Kyle:
„Antworte ihm doch nicht auf so Scheißfragen.“
Morbeus:
„Lass den Jungen mal. Der ist doch auch sonst nicht auf den
Mund gefallen.“
Kyd:
„Ich bin im Hauptroster der GFCW, was ein großer
Erfolg für mich ist. Die Children of Wrath sind noch lange
nicht am Ende der Fahnenstange angelangt und werden die Rankings
noch ordentlich klettern…Dein Neffe…“
Morbeus:
„…sitzt mir gegenüber. Zu dem komme ich gleich
noch. Ich wollte dich aber immer schon mal fragen…sag
mal…Kyd….wie ist es eigentlich mit zwei so
homophoben Arschlöchern wie Maurice und Niander
zusammenzuarbeiten? Bist du nicht der Queere-Warrior, oder was
hatte ich da im Hinterkopf, hm?“
Nun
steht Kyle auf und spannt direkt seine Muskeln an. Auch seine
Mutter Rachel schreckt auf und versucht ihren Sohn zu
besänftigen.
Rachel:
„Kyle, nicht.“
Irene:
„ALLE WIEDER HINSETZEN, SOFORT!“
Und
der angetrunkenen Patriarchin leisten Kyle und Rachel auch Folge.
Irene:
„Könnt ihr euch nicht EINMAL friedlich verhalten?! Ihr
könnt euch im Ring auf die Mappe hauen, aber nicht, wenn ich
Geburtstag habe. Kyle beruhigt sich erstmal und Ray fragt hier
bitte nicht weiter wie ein scheiß Investigativ-Journalist,
der denkt er könne den Pulitzer-Preis gewinnen!“
Morbeus:
„Reg dich nicht so auf, Irene. Dein Blutdruck.“
Kyle:
„Spar dir deine Kraft für das Match gegen Alex Ricks,
Onkel. Das wird ne harte Nuss. Zweimal hast du schon gegen ihn
verloren, warum solltest du dieses Mal gewinnen?“
Morbeus:
„Vancouver.“
Kyle:
„Vancouver ist meine Stadt.“
Morbeus:
„Meine auch.“
Kyle:
„Nicht mehr lange. Die jungen Zuschauer lieben mich. Ich
bin ein Volksheld.“
Morbeus.
„Ein tragischer. Der nie bei den Olympischen Spielen
auftreten konnte und nun denkt er könne in Windeseile das
Profi-Wrestling beherrschen. Mr. Unpinnable. Traumtänzer.“
Kyle:
„Die Fans werden uns beiden zujubeln, aber dir nicht mehr
sehr lange. DU bist fertig, Ray. Auch wenn du es nicht wahrhaben
willst. Mit List und Geschick hast du dir zwar den World Title im
letzten Jahr unter den Nagel gerissen. Aber dann auch wieder
nicht halten können. Genieße noch einmal Vancouver. Du
wirst nicht mehr lange in der Topcard catchen.“
Morbeus:
„Hat euch den Unfug Niander eingebimst, Jungs?“
Kyle:
„Fuck YOU! Rangele du mal mit den Ricks oder Zereo Killer.
Ich glaube der hat auch noch nen dicken Hals auf dich. Die Alten
Weißen Männer werden aber nicht mehr lange die Box
Office Attractions sein. Im Opener catcht die Zukunft. Rotari…und
ICH! Das wird das Highlight der Show und du wirst sehen, dass ICH
den größten Sieg in meiner noch jungen Karriere holen
werde!“
Kyd:
„Tja, Ray. Wo er Recht hat, hat er Recht!“ Morbeus:
„Ihr beide habt nichts verstanden und folgt dem falschen
Lehrmeister. Aber ich kann es euch nicht verübeln. Kyle, du
bist ohne Vater aufgewachsen. Woher soll die Erfahrung kommen?
Ich hatte einen Vater, aber der hat mich nur gedemütigt und
geschlagen. War auch nicht besser. Wirf mir alles an den Kopf.
Schrei mich an. Spuck mich an. Ich habe es verdient. Aber Niander
zu folgen ist nicht richtig.“
Ray
Douglas steht nun auf und nickt seiner Schwester und seiner Tante
zu. Dann schaut er wieder zu Kyle.
Morbeus:
„Kyle, hau Rotari weg. Zeig ganz Vancouver, dass du ein
toller Wrestler wirst. Du hast alles dafür. Aber
vergewissere dich, wer es gut mit dir meint und wer nicht. Danke
für die Einladung, aber ich bin dann auch wieder weg.
Rachel. Irene. Man sieht sich!“
Kyle:
„Rührend, alter Mann. Erzähl den Scheiß
doch deiner inneren Stimme. Die hört dir eher zu.“
Schulterzuckend
verlässt Raymond Douglas den Tisch und alsbald auch das Haus
seiner Tante. Die anderen Gäste schauen dem Rothaarigen noch
nach. Dann fadet die Kamera aus.
Stammelnd,
krächzend, so als ob das Geräuscherzeugungsorgan
längere Zeit nicht benutzt wurde.
Die
Augen öffnen sich und der Sehende schaut sich in dem kargen
spartanisch eingerichteten Raum umher. Links erblickt er zwei
weitere Betten. Rechts ebenso. Alle belegt. An jedem Kopfende
stehen Monitore und verschiedene Maschinen die eine unerträgliche
Symphonie von piepen, schnaufen, knatschen und saugen erzeugen.
Unruhiger und hektischer blicken die Augen umher. Bis…bis
sie an einem Bild hängen bleiben. Blinzelnd versucht er zu
erkennen was auf dem Bild zu sehen ist. 4 Figuren sind
schemenhaft zu sehen. Doch auch die Augen haben lange nicht ihren
Dienst getan und müssen sich in dem recht dunklen Zimmer das
nur durch ein paar indirekte Leuchten erhellt wird an die
verlernte Tätigkeit gewöhnen. Auf dem Monitor zu seiner
linken kann er die Uhrzeit und ein Datum erkennen. 0:01 Uhr.
21.04.2023.
„Mein
Kopf…Schmerz…Was ist passiert?“
Erneut
fallen die Augen zu.
„Pass
auf…NEEEEEEEEEIN!“
Der
Schrei, krächzend, erfüllt den Raum und lässt den
Zuschauer erschaudern. Etwas Schlimmes muss dem Unbekannten
wiederfahren sein. Man hört das Zittern das der Körper
auf das Bett überträgt. Dann plötzlich Ruhe…
„Bin
ich tot?“ Die Stimme hört sich nun normal und
erfrischend an. Irgendwie euphorisch.
„DAS
wäre doch mal was.“
Die
Augen öffnen sich und man sieht wieder das Zimmer mit den
vier Betten. Doch irgendwie erstrahlt es in hellem Glanz. Das
gerade noch spartanisch karge Zimmer gleicht einem bunten
Sammelsurium von Farben, Blumen, Dekoration und Bildern die die
Farbenfrohen Wände schmücken.
„Was
ist denn nun los? Anscheinend war alles nur ein schlimmer Traum.“
Der
Unbekannte richtet sich langsam auf und schaut sich fragend um.
„Ich…Ich
bin…“
Jedes
einzelne Bild scheint vor Freude zu schreien. Immer wieder ist
das gleiche Motiv zu sehen. In verschiedenen
Zeitungsausschnitten, auf den Gazetten der Welt, auf Büchern
und auf Gemälden sieht man immer wieder eine Szene. Darüber
oder darunter steht in großen Buchstaben geschrieben…
DER
GRÖSSTE CHAMPION DER WRESTLING GESCHICHTE – BEZWINGER
EINER GANZEN FAMILIE
Die
Person auf dem Bild steht im Ring und hat den Fuß auf der
Brust einer besiegten Person gestellt. In der nach oben
ausgestreckten Hand hält er den Champion Gürtel. Sein
Gesicht ist unter einer Maske verborgen. Die Fans im Hintergrund
jubeln ihm zu.
„Das…DAS
BIN ICH!!!!“
Zufrieden
lehnt sich der Unbekannte zurück. Er schaut nach rechts und
erblickt eine Zeitung. Darauf das gleiche Bild wie an den Wänden.
Er nimmt sich das Informationsblatt und liest schockiert.
GRAUSAMER
ANSCHLAG AUF KNEIPE in WIEN FORDERT 5 SCHWERSTVERLETZTE –
ATTENTÄTER AUF DER FLUCHT.
Das
Datum auf der Zeitung…05.11.2022.
Das
Piepen der Maschine wird schneller und der Unbekannte fällt
wieder in den Schlaf aus dem er gerade erwacht ist.
War Evening,
Rogers Arena (Vancouver/British Columbia, Kanada), 21.04.2023
In
Kooperation mit
)
Willkommen
in Morbeus-City!
Zumindest
wenn man dem Kameraschwenk durch die Fanreihen hier in der Rogers
Arena betrachtet, kann man sich diesem Eindruck kaum erwehren.
Ein Plakat folgt dem nächsten, folgt dem nächsten
T-Shirt des Hometown Heroes. Dazu auch noch das übliche
Feuerwerk und man kann schon jetzt feststellen: Das wird ein
guter Abend.
Pete:
„GFCW Galaxy! Willkommen in Vancouver!“
Sven:
„Die Nordamerikatour geht immer weiter gen Norden und jetzt
sogar über Landesgrenzen hinweg. Wir begrüßen
euch LIVE aus Kanada!“
Pete:
„Und was wir heute für euch mitgebracht haben,
verspricht so einiges. Eine Hammercard mit vier Matches, die ich
genau so auch bei JEDEM Pay Per View nehmen würde!“
Sven:
„Definitiv.“
Singles
Match: Kyle Douglas vs. Aiden Rotari Referee: Jack Bobo
Pete:
„Im Opener geben sich zwei Männer die Ehre, deren
Fehde in den letzten Wochen noch deutlich an Feuer gewonnen hat,
nachdem sie zu Jahresbeginn doch noch eher ein wenig köchelte.“
Sven:
„Spätestens mit Kyles Angriff wurde daraus aber ein
richtiger Ölbrand und Aiden will da heute noch eins drauf
setzen. Kyle Douglas nicht nur die erste Niederlage
zufügen…nein…das auch noch in dessen
Heimatstadt!“
Pete:
„Und wir wissen alle…das WIE ist für Aiden
zweitrangig. WAS zählt, ist das Ergebnis.“
Sven:
„Kyle hat sich hier hoffentlich gut auf alle Eventualitäten
vorbereitet. Was ihm aber zu Gute kommt…An seiner Seite
steht mit Niander Cassady-Taylor, der Aiden in seiner
Durchtriebenheit in nichts nachsteht.“
Singles
Match: Ask Skógur vs. Antoine Schwanenburg Referee:
Karo Herzog
Pete:
„Für hinterhältige Aktionen ist bei den
Schwanenburgs wohl eher Amélie zuständig…Antoine
kümmert sich um den ‚ehrlichen‘ Kampf. Dass er
dieses Match hier auf ‚Wunsch‘ von Alex Ricks aber
überhaupt annimmt…das ist schon eine Überraschung.“
Sven:
„Ask Skógur hat von Alex eine Herausforderung
gewollt…und die vermutlich größtmögliche
bekommen. Das ist eine riesige Chance für Ask sich zu
beweisen…ich befürchte aber diese Chance ist zu
groß.“
Pete:
„Wir sollten Ask nicht abschreiben, er macht seit Monaten
eine gute Figur. Antoine hingegen hat aktuell ja nicht nur eine
sondern gleich zwei andere Sorgen.“
Sven:
„Wie sehr ihn das allerdings wirklich beschäftigt,
darf man auch infrage stellen.“
Singles
Match: Zane Levy vs. Drake Nova Vaughn Referee: James
Corleone
Pete:
„Jam…Corleone? Will hier in der Regie jemand lustig
sein?“
Sven:
„Vermutlich.“
Pete:
„Naja…im Match selber dürfte dann vermutlich
keiner mehr etwas zu lachen haben. Drakes persönliche
Vendetta an Leviathan geht weiter.“
Sven:
„Show für Show knöpft er sich einen von ihnen vor
auf seinem Weg zu The End, aber man muss schon klar sagen…egal
wie groß die Vorgeschichte zwischen Zane und Drake
ist…Drakes Zorn richtet sich auf The End – nicht auf
Zane Levy.“
Pete:
„Wollen wir hoffen, dass du recht hast. Ich glaube nicht,
dass ich eine Wiederholung von Title Night 2020 überstehen
würde.“
Sven:
„Das Sanitätsteam wird bereit stehen…“
Singles
Match: Morbeus vs. Alex Ricks Referee: Robin Stahlbrand
Pete:
„Und dann noch der Main Event. Hier…ausgerechnet in
Morbeus‘ Heimat! Das Rückmatch vom Rückmatch –
Morbeus gegen Alex Ricks!“
Sven:
„Zwei Duelle gab es bereits und beide Male konnte sich Alex
auf…sagen wir zweifelhafte Weise durchsetzen. Heute soll
es anders aussehen. Davon ist Morbeus überzeugt und er hat
die Galaxy im Rücken.“
Pete:
„Respekt für Alex, diese Herausforderung anzunehmen,
aber vielleicht hatte er auch den Gedanken, dass er Eric Fletcher
noch einen Beweis liefern sollte, warum ER das Titelmatch gegen
Antoine verdient und nicht Luna.“
Sven:
„Ein riskantes Spiel einen Gegner wie Morbeus dabei als
Beweisobjekt zu nehmen. Raymond war nicht umsonst Champion. Und
hier am heutigen Abend? Ich meine…hör dir nur die
Arena an.“
Pete:
„Das werde ich mit Freude tun. Also geben wir der Galaxy
doch einmal einen Grund zum Feiern. Ladies and Gentlemen…viel
Spaß mit der Show!“
Alex:
„Du
hast Erics Worte gehört, nehme ich an.“
Der
Kaiser hatte nicht vor, hier auf dem Weg zu seinem Wagen zwei
Schritte hinter Amélie noch einmal aufgehalten zu werden.
Eigentlich wollte er doch nur das Moda Center hier in Portland
verlassen, doch wenn der Mathematiker zufällig (?) von der
Seite in seine Richtung kommt, bleibt der Champion eben doch
einen Moment stehen. Seine Frau beim bloßen Hören des
Freiburgers sowieso, die hörbar laut seufzt.
Amélie:
„Meine Güte, mach’s kurz, in Ordnung?“
Böse
Blicke werden gegen Alex geworfen, ein Teil davon trifft auch
Antoine, denn natürlich weiß sie, dass er Alex nicht
ignorieren wird, so wie sie es am liebsten hätte.
Der
Champion nickt lediglich knapp. Alex sieht Amélie nicht
mal an, also kann er die bösen Blicke höchstens auf
seiner Haut spüren, aber die Blicke zu erwidern, das gönnt
er ihr nicht. Ricks interessiert sich nur für Antoine. Eine
Aussage der Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft.
Amélie
macht dann ein paar Schritte weg von der Szenerie, ihre Schritte
hallen durch das Parkhaus und wir hören mit einem Piepen,
wie sie das Auto aufschließt, was wir aber nicht mehr sehen
können.
Antoine:
„Alex. Erics Worte interessieren mich komplett gar nicht.
Das müsste dir eigentlich bewusst sein. Er spielt sich auf,
ja, aber ich, Alex, ich bin unantastbar, das bewies ich ein ums
andere Mal. Wenn er seine großkotzigen Reden schwingt nach
dem Motto ich
benötige zwei Wochen um das Offensichtliche auszusprechen,
um
sich selbst noch mal zwei Wochen länger relevant zu halten,
dann ist das nervig, aber nicht mehr. Am Ende des Tages besteht
keine andere Wahl, als mir meinen Willen zuzugestehen, denn ich
bin die wichtigste Person in der gesamten Liga.“
Nun
hören wir auch die Tür des Autos laut zuschlagen. Und
zwar so laut, dass ein Vater wahrscheinlich zu seinem Kind gesagt
hätte „das Auto ist kein Panzer!“, aber in
diesem Falle ist es passiv aggressiv gerechtfertigt. Ricks will
Antoine auch nicht ewig hier festhalten.
Alex:
„Wird er nicht dennoch einen Weg finden, dir Steine in den
Weg zu legen? Wie ich es dir sagte, Antoine…Luna wird
nicht nachlassen. Nun heißt es abwarten, was Eric
entscheiden wird. Nachdem dieser Abend aber noch einmal zeigt,
wie sehr Luna weiterhin deine Aufmerksamkeit will, sehe ich
Ähnlichkeiten zu meiner Situation.“
Er
setzt kurz ab, räuspert sich.
Alex:
„Ask wird nicht nachlassen. Nicht ohne dass ihm seine
Grenzen erneut aufgezeigt werden. Er ist zäh. Er ist stur.
Vielleicht wie Luna.“
Ricks
geht einen Schritt näher auf den Kaiser zu.
Alex:
„Warum sollten wir uns also nicht gegenseitig unterstützen,
Antoine? Um gemeinsam aufzutreten. Anzutreten. Ich will zwischen
uns Klarheit schaffen…und dafür müssen wir die
Nebenbedingungen eliminieren.“
Sein
Blick verengt sich leicht. Antoine kann wohl schon erahnen,
worauf das Ganze hinausläuft, sein Blick lässt
derartiges vermuten.
Alex:
„Wenn sich Ask einer Herausforderung stellen möchte,
dann soll er das tun. Dann soll er seine Herausforderung
bekommen…dich.“
Dieses
Wort unterstreicht er mit einem Hauch von Mimik. Gesichtsmuskeln
um den Mund herum, die nicht oft vom Mathematiker angespannt
werden.
Alex:
„Du kämpfst gegen Ask und weist ihn in seine
Schranken…und was auch immer Eric Fletcher beschließt…ich
halte Luna von dir fern.“
Lautstark
beginnt Antoine zu lachen, was natürlich auch wundervoll
durch das Parkhaus hallt.
Antoine:
„Alex, das amüsiert mich. Ich soll gegen Ask kämpfen,
ihm seine Grenzen aufzeigen? Ich habe prinzipiell nichts dagegen
hier und dort meine überwältigende Dominanz zur Schau
zur stellen, aber, Alex, in der Regel klaue ich Kindern nicht den
Lutscher.“
Überwältigende
Dominanz mag er hier und dort gern zur Schau stellen, hier sehen
wir in erster Linie das überwältigende Selbstvertrauen
des Champions.
Antoine:
„Glaube mir, Alex, generell bin ich bereit, dir einen
Gefallen zu tun, jedoch kannst du nicht von mir erwarten, dass
ich in irgendeiner Form zurückhalte. Ich vernichte, Alex,
ich schlachte ab. Ich werde Ask Grenzen aufzeigen, von denen er
nicht mal wusste, dass sie existieren. Ist es das, was du willst,
Alex? Willst du, dass ich Ask vernichte?“
Ein
arroganter Blick geht zu Alex und wie egal ihm Luna ist, beweist
er, indem er sie nicht einmal erwähnt. Das nimmt auch der
Mathematiker mit einem Nicken hin. Hier geht es um Ask. Eine
Person, die Alex in den letzten Monaten häufig beschäftigte.
Doch trotz der Warnung, der Drohung seitens Antoines…der
Blick des Mathematikers bleibt leer. Er sorgt sich nicht um den
Schweden. Ist er ihm…egal?
Alex:
„Ich will, dass du kämpfst, wie du kannst. Was das für
Ask bedeutet…ist nur eine logische Konsequenz.“
Da
ist es wieder, dieses überhebliche und freche Grinsen, was
wir alle so sehr lieben und/oder hassen. Diese Antwort hatte
Antoine sich erhofft. Natürlich geht sofort der die Hand
nach vorne für den obligatorischen Handschlag.
DÖÖÖT
DÖÖÖT
Amélies
Hupen wird getrost von den beiden Herren ignoriert und Alex nimmt
den Handschlag entgegen.
Antoine:
„In zwei Wochen gibt es Wild.“
FADE
OUT
Robert
Breads: „Willst du, dass ich mit da raus gehe?“
Der
Kanadier lehnt an der Wand einer Kabine – offenkundig die
ihm zugewiesene – während er mit einer schlecht
deutbaren Mischung aus Besorgnis und gespannter Erwartung auf den
jungen Mann herabblickt, der sich gerade in aller Seelenruhe die
Wrist-Tapes um die Handgelenkte wickelt, seinen Partner, den noch
sleazigeren Teil von Sleaze, Aiden Rotari.
Aiden
Rotari: „Ich werde das allein bewältigen. Ich komme
sehr gut mit mannigfaltiger Ringbegleitung zurecht, sollte der
Feigling sich dafür entscheiden.“
Er
sagt das nicht in einer Art und Weise, die klingt, als würde
er wirklich werten, was Douglas da tut, er stellt es einfach als
bloßen Fakt dar – weder besonders positiv noch
negativ.
Robert
Breads: „Das weiß ich doch. Ich wollte es bloß
anbieten.“
Aiden
Rotari: „Keine Sorge. Ich habe einen Plan.“
Robert
Breads: „Das würde ich nie in Frage stellen. Nur…“
Entschieden
schüttelt Rotari den Kopf, als er zu Breads aufblickt.
Aiden
Rotari: „Ich bin ebenso wütend wie du über das,
Niander uns… ganz im speziellen dir… vor zwei
Wochen angetan hat. Aber deine Anwesenheit am Ring würde die
Dinge nicht entschärfen, eher im Gegenteil. Es könnte
mir zum Nachteil werden. Kümmere du dich später noch um
Niander und dessen Herausforderung. Du bist außerdem nicht
hundertprozentig fit, also…“
Robert
Breads: „Darauf wollte ich nicht abzielen.“
Eine
kurze, überrascht wirkende Reaktion des jungen Mannes mit
den toten Augen in Form einer kaum wahrnehmbaren Zuckung der
Augenbrauen.
Robert
Breads: „Ich habe eine Frage zu deinem Plan.“
Rotari
wirkt nun tatsächlich etwas verwundert.
Aiden
Rotari: „Kommen da etwa Zweifel an der Kreativität und
der Raffinesse des selbst gewählten Tag Team Partners hoch?“
Robert
Breads: „Nein. Eher eine Besorgnis über eine
möglicherweise verschobene Prioritäten-Setzung.“
Nach
diesen Worten richtet sich Aiden auf und steht Breads gegenüber
– nicht wütend oder gar bedrohlich, bloß eine
physische Erinnerung, dass beide auf Augenhöhe sind. Der
Hall of Famer fährt ungerührt fort.
Robert
Breads: „Du könntest an eine Grenze stoßen,
oder… lass es mich anders formulieren. Du hast dein Talent
noch lange nicht ausgeschöpft, aber du limitierst dich
selbst. Deine Entwicklung ist…“
Aiden
Rotari: „Kommt da etwa wieder der Coach durch?“
Robert
Breads: „Angesichts momentaner Ereignisse wenig
überraschend, oder?“
Ein
kurzes Zögern von Breads, der seinen Gegenüber einen
Moment lang mustert, ehe er sich entschließt den direkten
Weg der Frage zu gehen, um Missverständnisse zu vermeiden.
Robert
Breads: „Stört es dich, wenn ich so etwas sage?“
Aiden
Rotari: „Keinesfalls.“
Wieder
einmal keine negativen Emotionen in der Stimme von Rotari.
Aiden
Rotari: „Wir sind Partner. Wir sollten uns helfen. Dass du
nicht mehr offiziell mein Coach bist, heißt schließlich
nicht, dass du mir keine Ratschläge mehr geben kannst. Es
heißt bloß, dass ich dir nun auch welche geben kann.“
Ein
zögerliches Nicken von Breads, ehe er weiterspricht.
Robert
Breads: „Dein Match gegen Drake… nun, was deine
Entwicklung angeht, können wir das in die Tonne treten. Ich
weiß…“
Beschwichtigend
hebt Breads die Hände.
Robert
Breads: „…dass du das anders siehst. Ich würde
so ein Match abhaken und vergessen, du bewertest jede Niederlage
gleichermaßen schlimm, und das ist in Ordnung. Aber worauf
ich hinauswill, ist: Du hattest nie eine Chance. Nicht wirklich.
Gegen The End… sah das schon anders aus.“
Eine
geringfügige Menge ernsthafter Neugier spricht aus der Miene
des früheren Performance Center Stand-Outs, während er
Breads‘ Worten lauscht.
Robert
Breads: „Du hattest eine Chance zu gewinnen, aber du hast
im entscheidenden Moment… nicht auf deine
Wrestling-Fähigkeiten vertraut. Du hast nie wirklich
versucht, ihn zu pinnen oder zur Aufgabe zu bringen. Du hast
andere Wege nehmen wollen. Und diese Wege waren in der
Vergangenheit effektiv, aber so langsam ist auch der Letzte
dahintergekommen, dass es sich gegen dich auszahlt, die Augen
offen zu halten, wenn es um Disqualifikation und Count-Out geht.
Das
hier ist keine Moralpredigt, ich will nicht für „bessere“
Siege argumentieren oder dir erzählen, dass es Überlegenheit
demonstriert, jemanden zu pinnen oder zur Aufgabe zu pinnen…
aber es wäre deinem Erfolg schlicht zuträglich, wenn
sich deine Gegner nicht darauf konzentrieren könnten, einen
Trick abzuwehren, weil sie nicht glauben, dass du sie per Pinfall
oder Submission besiegen kannst.“
Aiden
Rotari: „Glaubst du denn auch nicht, dass ich das kann?“
Robert
Breads: „Doch. Ich befürchte bloß, du
glaubst
nicht unbedingt daran. Und das solltest du. Du kannst das. Du
bist gut genug. Locker. Ohne Zweifel… zumindest ohne
Zweifel von meiner
Seite.“
Kurzes
Schweigen. Fast schon ein wenig betreten, auch wenn es im Großen
und Ganzen wohl für eine gesunde Beziehung spricht, solch
unangenehme Dinge auszusprechen, ohne dass jemand an die Decke
geht. Rotari scheint wirklich über diese Worte nachzudenken.
Doch als er weiterhin nichts sagt, hakt Breads noch einmal nach.
Robert
Breads: „Vielleicht wäre das gegen The End besser
gelaufen, wenn du…“
Aiden
Rotari: „Und nun? Soll ich heute da rausgehen und gegen Mr.
Unpinnable etwas… beweisen?“
Zum
ersten Mal liegt so etwas wie tatsächliche Abscheu, fast
schon Herablassung in der Stimme von Rotari, auch wenn sie sich
nicht gegen Breads selbst widmet, sondern eher gegen das letzte
von ihm ausgesprochene Wort und das Konzept dahinter. Als wäre
es eine vollkommen lachhafte Idee, lieber etwas beweisen zu
wollen als einfach zu gewinnen.
Robert
Breads: „Du sollst tun, was du für richtig hältst.
Ich sage dir bloß, dass dir mehr Wege offen stehen ein
Match zu gewinnen, als du selbst zu glauben scheinst. Ich weiß,
du hast dich schon einmal auf diese Sache eingelassen ein
„faires“ Match zu wrestlen, und Alex Ricks hat dich
dort trotz einer Verletzung seinerseits…“
Aiden
Rotari: „Danke, ich habe verstanden. Wir müssen nicht
jeden schmerzhaften Tiefpunkt der jüngeren Vergangenheit
durchgehen.“
Robert
Breads: „Wenn du dich dadurch besser fühlst, kannst du
mit mir ja das Gleiche machen.“
Aiden
Rotari: „Dann komme ich zu spät zu meinem Match.“
Robert
Breads: „Touché.“
Das
sind keine übermäßig böswilligen Worte, die
tief schneiden sollen, sondern ist bloß ein recht
entspanntes Aufziehen einer vertrauten Person, um ein wenig die
Spannung zu lösen. Echte Sorge steht dennoch im Blick von
Robert Breads, als er kurz die Hand zu heben scheint – um
sie Rotari auf die Schulter zu legen, vielleicht?
Dann
sieht er jedoch von der sentimentalen Geste ab. Das ist sein
Partner. Nicht sein Schüler.
Robert
Breads: „Ich will bloß, dass du weißt, dass ich
nicht weiter davon entfernt sein könnte, mir Sorgen zu
machen den falschen Partner gewählt zu haben. Du bist noch
viel besser als du selbst weißt, und sobald du dein wahres
Potenzial erkennst und entfaltest… nun, ich weiß
nicht genau, was dann passieren wird. Ich weiß bloß,
dass heute, an diesem Abend, ein sehr guter Moment dafür
wäre, alle deine Puzzleteile zu einem großen Ganzen
zusammen zu setzen.“
Aiden
Rotari: „Weil mein Gegner besonders stark ist?“
Robert
Breads: „Sicher, das ist es auch. Aber der Grund ist ein
anderer, Aiden.“
Und
mit einem Mal tritt ein gewisser melancholischer und beinahe
nostalgisch klingender Unterton in die Stimme des zweifachen
World Champions.
Robert
Breads: „Heute Abend trittst du zum ersten Mal in deiner
Karriere gegen jemanden an, der die Crowd zu einhundert Prozent
hinter sich haben wird. Du hast dich viel mit Leviathan gemessen
und nun mit den Children of Wrath, selbst wenn du der
unbeliebtere Wrestler im Match warst… es waren nie
einhundert Prozent gegen dich. Das wird heute Abend anders sein.
Du
trittst gegen Kyle Douglas an, in Vancouver, in dessen Heimat.
Jeder hier in der Arena will ihn siegen sehen. Jeder will dich
verlieren sehen. Du hast nicht einmal den Alex Ricks Vorteil,
dass dich gewisse Leute aus Respekt eventuell nicht ausbuhen
wollen, nein… du wirst heute hier jeden Einzelnen gegen
dich haben. Du wirst Hass gegenüberstehen. Ablehnung. Einer
besonderen Form von Ekel und Abneigung, einer gewissen Emotion,
die… einfach unbeschreiblich ist.“
Und
tatsächlich klingt Breads ein wenig so wie jemand, der von
seiner Hochzeit oder der Geburt seiner Kinder spricht, ein fast
schon spirituelles Schwärmen, das – wenn man so
darüber nachdenkt – nicht wirklich überraschend
kommt. Breads wurde schon immer von Trotz und Kleinlichkeit
getrieben und nicht etwa davon, den Fans etwas geben zu wollen
oder für jemanden, außer sich und seine Partner oder
Freunde einzustehen.
Andere
verlieren den Kopf, wenn sie wütend oder gar hasserfüllt
werden, wenn sie sich über etwas lustig machen, wenn sie
Leuten etwas wegnehmen können, wenn sie Leuten etwas kaputt
machen können. Sie stehen sich selbst im Weg. Ihr schlechter
Charakter verhindert die volle Ausschöpfung des eigenen
Potenzials.
Bei
Robert Breads war das seit jeher anders. Für ihn war das wie
Treibstoff, wie der Wind im Rücken, wie das letzte etwas,
dass ihn von einem großartigen Wrestler zu einem der besten
aller Zeiten gemacht hatte.
Es
ging nie darum, für
etwas
zu kämpfen. Es ging immer nur darum, gegen
etwas
zu kämpfen.
Robert
Breads: „Das wird ein großer Spaß für
dich, glaub mir.“
Gewaltbereit
sieht er im Moment nicht aus, tut Mykru allerdings auch selten,
bis er dann doch gewalttätig wird oder zumindest gut genug
als Ablenkungsmanöver
funktioniert, sodass Scarecrow aus dem Nichts auftauchen und das
neue gemeinsame Opfer erwischen und ausschalten kann, wobei eben
dieses Opfer in diesem Moment noch nicht klar zu erkennen ist,
geht der Sonderbare hier doch einfach nur im Tippelgang durch den
Gang und hält sich die Hände so vor den Schoß,
dass man fast schon selber den Drang in sich verspürt, die
nächstbeste Toilette aufzusuchen.
Pendelnd
wackelt der Kopf von links nach rechts und wieder zurück,
dreht sich dabei auch um wirklich in die Richtungen schauen zu
können, sodass die Bahnen des Kopfes fast schon Ausmaße
einer liegenden Acht annehmen, was ganz gut passt, da auch Mykru
im nächsten Moment liegt…
Wie
aus dem Nichts wird Mykru plötzlich von einem großen,
massiven Objekt gerammt und fliegt erstmal einige Meter und in
einen Stapel technisches Equipment! Was ihn da getroffen hat, war
aber nicht wie man im ersten Moment denken könnte ein Auto,
sondern Matthäus Meister von der Hautevolee! Der
Tag-Champion hat einiges von seinem Zorn über die Birds aus
den letzten Wochen da hineingelegt, was sich auch in seinem
Gesicht widerspiegelt. Mit mörderischen Blick und
hassverzogenen Gesichtszügen betrachtet der Koloss sein
Opfer, welches sichtlich angeschlagen und nur langsam aus dem
Equipment hervorkommt. Mit langsamen, aber aufgrund seiner Statur
nichtsdestotrotz bedrohlichen Schritten, bewegt sich Meister auf
Mykru zu. Dass er keine guten Absichten hat, das kann sich wohl
jeder denken. Auch Mykru natürlich.
Als
er den Täter erblickt rappelt er sich so gut er kann auf und
drischt auf den „Extravaganten Vollstrecker“ der
Hautevolee ein. Doch diese Schläge zeigen wenig Wirkung, sie
prallen geradezu von diesem Riesen ab. Einen dieser Schläge
fängt Meister dann auch ab, indem er Mykrus Arm festhält
und sofort geht es mit einem kräftigen, einarmigen (!) Ruck
für Mykru, begleitet von einem monströsen Schrei
Meisters, in das aufgebaute Interview-Set. Wieder liegt Mykru und
erneut bewegt sich Meister wie ein Jason Vorhees oder Michael
Myers auf sein Opfer zu. Dort angekommen stampft er ihn erst
einmal mit seinem Fuß nieder und drückt ihn so auf den
Boden nieder.
Matthäus
Meister: „Ihr konntet eure Niederlage nicht einfach
hinnehmen, hm? Ihr wollt unbedingt mehr? Oh, ihr bekommt mehr…
Mehr Schmerz!“
Dann
packt er Mykru mit seinen beiden Riesenpranken und hievt ihn
mühelos hoch. Dann geht es mit Schwung mehrmals links und
rechts gegen die Betonwände! Schon jetzt sieht Mykru nicht
sonderlich gut aus… Dann stößt Meister erneut
einen bestialischen Schrei aus und befördert Mykru, immer
noch hochgehoben und mit den Händen um seinen Hals, mit
voller Wucht durch eine Tür! … Und noch eine! Dann
stoppt er kurz, bevor er Mykru schließlich, mit aller Wut
im Bauch, durch eine weitere Tür durchwirft… eine
Glastür! Jetzt endlich kommt die Security herbei, um Meister
zumindest einmal zaghaft zu bitten, diese Aktionen doch zu
unterlassen.
Wohl
wissend, dass er den Boss im Rücken hat, halten sie sich
lieber zurück. Und dass dieser Mann bedrohlich und riesig
ist, spielt da sicher auch eine Rolle. Unbeeindruckt wandert
Meister einfach durch die Sicherheitsleute hindurch und blickt
auf Mykru hinab, der inzwischen auch einiges an Blut verliert.
Hier könnte man ja nun einen Schlussstrich ziehen…
Doch die Tatsache, dass sich Mykru immer noch bewegt ist Meister
ein Dorn im Auge. So packt er den stummen Mann am Schopf und
zerrt ihn einige Meter weiter. Dabei schleift Mykru regelrecht am
Hallenboden. Schließlich erblickt Meister einen Wagen. Der
Koloss zieht Mykru an den Haaren hoch und packt ihn erneut.
FINAL
JUDGEMENT AUF DAS DACH DES WAGENS!
Das
hinterließ nicht nur eine heftige Delle auf dem Dach und
einen breiten Sprung auf sämtlichen Scheiben, von den
Blutflecken ganz zu schweigen, sondern hat mit Sicherheit auch
nochmal bei Mykru einigen körperlichen Schaden erzeugt.
Genug, dass er nun endlich regungslos liegen bleibt. Meister
begutachtet sein Werk, wie ein eiskalter Killer, bevor er einen
der Sicherheitsleute zu sich zieht und sich an dessen Shirt das
Blut von den Händen putzt. Starr vor Einschüchterung
lässt dieser das über sich ergehen. Dann richtet
Matthäus Meister seine Krawatte und seinen Kragen, putzt
sich etwas angewidert ab und verlässt dann den Ort des
Geschehens, als wäre überhaupt nichts geschehen. Doch
das ist es. Und wie. Das Ärzteteam ist nun bei Mykru
angekommen und verliert keine Zeit sich um die Hälfte der
Birds Of Decay zu kümmern.
Pete:
„Die Birds haben in der letzten Show einen Schlag gegen die
Hautevolee gelandet und diese hat das nun, wie es aussieht, mit
barer Münze heimgezahlt.“
Sven:
„Du legst dich mit der Hautevolee an und du bekommst es
hundertfach zurück. Da versteht vor allem Meister ganz
bestimmt keinen Spaß. So einen Mann möchtest du nicht
zum Feind haben, Pete.“
Pete:
„Wo soll das mit diesen beiden Teams noch enden, wenn es so
weitergeht? Himmel auch.“
Schon hat der Intercontinental
Champion die Galaxy auf seiner Seite. Mit dem Zuspruch der
Kanadier tritt er durch den Vorhang, während die Beatles ihr
Lied fortsetzen und Thomas Camden und seinen Titelgürtel auf
der Schulter zum Ring zu begleiten. Er hält das Gold fest,
lächelt in die Fanreihen, aber da ist immer wieder so ein
Zucken in seinen Lippen. Und auch seine Augen. So ganz genießt
er die Atmosphäre hier nicht. Dafür suchen seine
Pupillen zu viel. Dafür gehen seine Augen zu schnell zu oft
zu sehr hin und her und nach oben und nach unten.
Das Ganze ist Camden nicht geheuer.
Was das Ganze ist? Man darf zwar spekulieren, nach den letzten
beiden Shows dürfte das aber nicht gerade Kopfzerbrechen
bereiten. Es „spukt“ im Hause Camden!
Hier kann er sich aber hoffentlich
wohl fühlen. Hier – mitten im Ring. Das Mikro hat er
griffbereit, das Gold sowieso und mit dem Ausklingen der Musik
nimmt er das Sprachrohr zum Mund. Er zwingt sich zu einem
Schmunzeln.
Thomas: „Das
is eigentlich ganz geil mit den Stadtnamen und den Beatles, das
kömmer so lassen, oder?“
Die Fans stimmen zu. Alles klar,
Cheap Pops sind für die Zukunft gebucht. Camdens Lächeln
aber nicht. Das bröckelt schon wieder. Er schaut durch die
Ränge, will strahlen, aber ne, das wird nix. Die Hand geht
vom Gold weg, geht zur Schläfe um sich am Kopf zu kratzen.
Er schaut ein wenig suchend zu Boden.
Thomas:
„Ok…Leute…ich weiß nich so ganz, wie
ich hier eigentlich anfangen soll. Langsam aber sicher wird das
hier n bissl viel.“
Er schüttelt den Kopf
energisch, zieht ihn dann wieder hoch. Hand zurück zum Gold.
Blick zur Kamera.
Thomas: „Wer
auch immer du bist. Ich hab’s kapiert, klar? Ja, ich
check’s! Du willst das Gold!“
Klatschen auf das Gold.
Thomas: „Das
ist ja für dich vielleicht ganz cool, mich hier und da zu
stressen. Klar, Kopfspielchen, verstehe ich. Meinetwegen…Ärgere
mich halt in meiner Kabine…nach meinen Matches…mach,
was du nich lassen kannst…aber es gibt Grenzen.“
So wie Camden in die Kamera schaut,
meint es ernst…verdammt ernst. Er knirscht mit den Zähnen.
Thomas:
„Meine Damen und Herren…“
Er tritt einen Schritt zurück
und deutet auf die Leinwand. Dann setzt er das Mikro ab.
Wir sehen eine Kameraaufzeichnung
einer U-Bahn. Camden sitzt wie jeder andere Berufspendler auf
seinem Platz im Gang und schaut auf sein Handy. Nichts
besonderes. Die Bahn hält und fährt, hält und
fährt, hält und fährt.....Dann beginnt das Licht
zu flackern und kurz ist eine Schrift eingeblendet.
NÄCHSTE STATION....
ENDSTATION.
das Licht flackert. Verschreckt
sieht Camden sich um. Die Fahrgäste um sich verlassen das
Blickfeld der Kamera. Camden ist allein. Die Wände der Bahn
sind auf einmal von Geschmiere geprägt.
Gib
mir das Gold! Gib es mir! Gib es mir! Gib es mir! JETZT JETZT
JETZT!
Dann
hört man das Kreischen der U-Bahnbremsen, als der Wagon den
Tunnel wieder verlässt.
.
.
.
So
landen wir wieder in der Halle.
Camden
verfolgt das Ganze kopfschüttelnd, die Fans stimmen ihm zu.
Die Galaxy ist verstört. Wieder kratzt sich der Oregono am
Kopf, er schaut wieder zu Boden. Das Mikro geht langsam wieder
hoch. Seine Stimme ist leiser, schwächer als sonst. Er wirkt
nachdenklich.
Thomas:
„Mich hier in den Hallen zu belagern…das ist das
eine. Nennt man wohl Berufsrisiko. Was weiß ich…Aber
das da…“
Die
freie Hand wandert langsam zur Leinwand, sie zittert leicht. Ob
vor Nervosität oder vor aufgestauter Wut kann man noch nicht
so ganz abschätzen.
Thomas:
„Das da is MEIN PRIVATLEBEN VERDAMMTE AXT!“
Ok
– es ist Wut. Er reißt den Kopf wieder hoch und mit
diesem Blick hat man den Champion bislang noch nicht erlebt. Die
Nasenlöcher sind weit.
Thomas:
„Was willste, hä? Soll ich Schiss haben, wenn ich
meine Kiddies zur Schule bringe? Mit meiner Frau nich mehr
ausgeh’n? Take away, ev‘ry day? Willste nächstes
Mal meine Küche beschmier’n?“
Rücksichtslos
greift er sich an die Schulter, reißt das Gold herunter und
hält es vor sich in die Höhe.
Thomas:
„Das hier willste! Die Intercontinental Championship! Und
die kannste haben, zumindest ‘ne Chance drauf. Kriegste.
Jederzeit. Aber das klär’n wir hier im Ring, klar?
DENK nichmal dran, nochmal mein Privatleben hier mit
reinzuzieh’n. Ich arbeite HIER…und HIER wirste mich
auch in zwei Wochen finden.“
Er
senkt den Gürtel in der Hand ab, so dass das Leder die Matte
berührt. So schwenkt Camden über die Matte. Der Gürtel
schleift über den Ringboden. Sein Blick geht weiter streng
zur Kamera. Von Unsicherheit ist nichts mehr zu spüren…jetzt
gibt es nur noch warnende Entschlossenheit.
Thomas:
„ICH werd im Ring auch dich warten. Du willst das Gold?
Dann lass deine Spielchen. Komm vorbei und frag
danach…persönlich.“
*Plopp*,
so fällt das Mikro zu Boden und Camden steigt mit Wut im
Bauch wieder durch die Seile. Er wirft das Gold wieder über
die Schulter und macht sich den Weg die Rampe hinauf. Die Galaxy
schaut ihm murmelnd und unruhig hinterher. Von Entspannung ist
hier nichts zu sehen.
Wer
hat Thomas Camden geweckt?
~
Einige Tage vor der Show ~
Der
Yoho-Nationalpark.
Wie
das so für Nationalparks üblich ist, ist die Natur hier
über allen Maßen wunderschön. So wunderschön,
dass dieser Park als Kollektiv der Canadian Rocky Mountain Parks
zum UNESCO Weltnaturerbe gehört. Hier gibt es zahlreiche
Seen, gewaltige Berge und eine Tiervielfalt, die sich sehen
lassen kann: von der Schneeziege, über den Elch bis hin zum
Grizzlybären.
Einer
dieser atemberaubenden Bergseen ist der Lake O’Hara. Das
Wasser ist strahlend blau und die Gipfel der Berge reichen bis in
den Himmel. Wir befinden uns gerade auf einem solch hochgelegten
Felsvorsprung, der allerdings noch deutlich unter den höchsten
natürlichen Wolkenkratzer liegt. Von hier aus hat man
optimalen Einblick auf den See, die Bäume und eben diese
Berge. Und wer sitzt da noch? Natürlich der Mann, der für
solche Landschaften lebt. Bruder Natur, Ask Skógur.
Er
sitzt auf einem Stein und genießt den Blick über die
Weite des Yoho-Nationalparks hier in British Kolumbien, dem
Austragungsort der nächsten Edition von War Evening. Dort
wird Ask ein Match bestreiten. Er wollte eins, er bekam eins.
Jetzt darf er das tun, was er angekündigt hat: kämpfen.
Ask:
„Manchmal häng ich viel zu lang in Schweden rum, dass
ich etwas vernachlässige, was es sonst noch so für
schöne Orte auf dieser Welt gibt. Kanada, Mann, das ist echt
n tolles Land.“
Ask
blickt mit recht leerem Blick in den Horizont. Wobei hinter
diesem „leeren“ Blick wohl vielmehr tausende Gedanken
stehen.
Ask:
„Also gut, Ask. Du schaffst das.“
In
diesen Worten, die er an sich selbst richtet, steckt eine
Unsicherheit, die vor zwei Wochen nicht wirklich zu spüren
war. Dort trat Ask deutlich selbstbewusster und entschlossener
auf – vielleicht aber nur als Fassade vor Alex Ricks?
Ask:
„Du wolltest die Herausforderung. Du hast Alex dazu
aufgefordert, dass er dir einen Gegner sucht und nun…
steht da Antoine Schwanenburg. Der GFCW-Champion. Das, was Keek
damals war, als er dir geholfen hat. Als du angefangen hast.
Damals hättest du dir das niemals träumen lassen, dass
du mal gegen den großen Champion antrittst. Aber jetzt,
jetzt ist das endlich so weit. Also nutz deine Chance.“
Ask
beugt sich mit seinem Kopf nach vorn und schlägt die Hände
darüber bzw. dahinter zusammen. Recht aufgeregt rubbelt er
am Kopf herum, während die Nervosität unverkennbar zu
sein scheint. Ja – Ask hat in den vergangenen Wochen seit
Doom’s Night scheinbar viel nachgedacht. Viel Zeit damit
verbracht zu schauen, wie es jetzt weitergeht. Und so viele
Fortschritte er auch gemacht hat, diese Herausforderung jetzt,
wirft noch mal alles über den Haufen.
Ask:
„Ich wollte EINE Herausforderung. Jetzt habe ich DIE
Herausforderung. Meine Chance für den großen Sieg,
aber auch die Möglichkeit mal wieder zu verlieren.“
Ask
wippt nach wie vor hin und her, aufgeregt, nervös, unsicher.
Bis er sich fast, den Kopf wieder erhebt und nach einem tiefen
Durchatmen mit geschlossenen Augen, erneut zu sprechen beginnt.
Ask:
„Geht es überhaupt darum? Gewinnen. Verlieren. Ich
muss mich beweisen. Darauf kommt es an. Alex nimmt mich doch
nicht ernst. Ich muss ihm beweisen, dass er mich besser ernst
nehmen SOLLTE. Mach keine Fehler, lass dich nicht ablenken und
konzentrier dich auf das Match.“
Ask
steht auf und beginnt nun ein wenig in die Luft zu boxen und zu
kicken vor dem Hintergrund der Schöhnheit des
Yoho-Nationalparks in Kanada.
So
tänzelt Ask einige Sekunden um, bevor er sich wieder recht
still hinstellt, erneut mit dem Blick Richtung See und Berge.
Ask:
„Du schaffst das. Verlass dich auf dich. Du kannst das. Du
kannst gewinnen. Gib Alles. Darum geht es. Du wolltest kämpfen
und heute bekommst du deinen Kampf. Nutz ihn. Dann wird Alex
sehen, dass es dir ernst ist.“
Noch
einmal atmet Ask durch, bevor er sich schließlich zur
Kamera dreht. Jetzt wirkt er wieder einigermaßen
entschlossen und gleicht deutlich mehr der Person, die wir vor
zwei Wochen gesehen haben.
Ask:
„Andererseits… was musst du IHM eigentlich beweisen?
Du hast Holly standgehalten, du hast Jannek besiegt. Du hast
schon so viel erreicht.
…
Ich
muss ihm beweisen, dass ich es wert bin, erneut gegen ihn zu
kämpfen. Dass ich dem Druck standhalten kann. Und dann…
werde ich gewinnen. Das ist ein neues Kapitel für Ask
Skógur.“
Ask
tritt einen Schritt zurück und hebt die Arme langsam
ausgestreckt vom Körper. Anschließend führt er
die Hände zum Kopf und schlägt sich damit einige Male
durchs Gesicht, dabei gibt er einen lauten, kriegerischen, aber
auch leicht verzweifelten, Schrei von sich, der aufgrund des
Echos der Berge sogar noch einige Sekunden nachhallt.
Und
damit endet das Video.
Wir
sind im Backstagebereich mit der Kamera unterwegs und begleiten
einen aufgebrachten GFCW Mitarbeiter, der hektisch durch die
Gegend rennt und scheinbar irgendetwas sucht. Oder
irgendjemanden. Oder jemand ganz bestimmten.
GFCW
Mitarbeiter: „Was zum Teufel…?! Das kann doch echt
nicht wahr sein, jetzt ist der Typ schon wieder weg. Boooris! Wo
steckst du, verdammt.“
Der
Mitarbeiter läuft durch einen Gang und versucht, alle Türen
zu öffnen, um den ihm scheinbar Anvertrauten zu finden, so
verzweifelt ist er wohl schon. Doch die Türen sind alle
verschlossen. Schließlich kommt er an eine Tür mit der
Aufschrift LAURA, scheinbar die Umkleide der allseits beliebten
Ringanouncerin. Der Mitarbeiter stockt kurz, da er nun merkt,
dass die Tür gar nicht komplett geschlossen ist, sondern nur
angelehnt… und reißt sie dann auf!
Laura:
„Huch, was für eine Frechheit! Raus hier, aber
schnell, sonst rufe ich den Gleichstellungsbeauftragten!“
Die
Ansagerin ist nicht etwa leicht bekleidet, was man anhand ihrer
Reaktion vielleicht hätte denken können, nein sie ist
bereits in voller Ansagerinmontur, scheinbar hatte sie schon oder
hat gleich einen Auftritt im Ring. Der Kopf des Mitarbeiters
läuft rot an.
GFCW
Mitarbeiter: „Ich… ähm… es tut mir leid,
ich wollte nicht… ich bin schon wieder weg.“
Gerade
will er die Tür schnell wieder schließen, da hört
man von dem Teil des Raumes aus, der bisher von der Tür
verdeckt worden ist…
???:
„Schmatz schmatz… schlürf schlürf…“
Der
Mitarbeiter wird stutzig und öffnet die Tür nun bis zum
Anschlag, was den Blick auf den Teil des Raumes freigibt, der
bisher verborgen geblieben ist. Dort steht an der Wand eine
gemütliche Ledercouch, auf der kein geringerer sitzt als…
GFCW
Mitarbeiter: „Boris! Was machst du denn hier?!“
Auf
der gemütlichen Couch lümmelt der gemütliche Boris
und futtert einen Burger und schlürft dabei eine Coke.
Boris:
„Ach, ich hänge hier nur ein bisschen mit meiner neuen
Freundin ab. Kennst du Laura? Die ist total nett, oh ja, hab sie
gerade kennengelernt, hehehe.“
Boris
strahlt zu der Schönheit herüber, die verlegen lächelt.
GFCW
Mitarbeiter: „Das ist ja schön und gut, aber du
solltest jetzt eigentlich im Office sein, immerhin steht genau
jetzt gerade deine Vertragsunterzeichnung an.“
Boris:
„Waaaaas, das ist jetzt schon?! Da hab ich wohl die Zeit
vergessen, höhöhö. Laura, ich muss los, wir sehen
uns später, meine Liebe! Ich muss zum Boss, ohhh JAAA!“
Boris
schmeißt die Chipstüte weg und stürmt an dem
Mitarbeiter vorbei aus dem Raum, den er dabei halb umrennt.
Laura:
„Tchüüühüs, mach’s gut, Boris.“
Mit
einem sich ereifernden GFCW Mitarbeiter, dem jetzt kurzerhand von
Laura die Tür vor der Nase zugeknallt wird, endet die Szene.
Fade out.
Unter
lautem Getöse kommt zu den doch melancholischen Klängen
der erste Local Hero der Stadt Vancouver aus dem Entrance.
Kyle Douglas mit rasiertem Schädel und passender
Ringerkopfbedeckung steht am Entrance und saugt den Jubel in
sich auf. Endlich mal scheint man ihm anzumerken. Er ist so
weit Oberkörperfrei und trägt er eine rot-weiß
gesteifte Shorts mit dem Kanadischen Ahorn-Wappen gut
sichtbar auf beiden Seiten.
Auf
dem Weg zum Ring klatscht er auch mit den begeisterten
Zuschauern ab. Der Fan-Favourite ist in diesem Match völlig
klar. Kyle Douglas, Mr. Unpinnable bahnt sich den Weg zum
Ring und bekundet mit ausladenden Gesten seine tiefe
Verbundenheit mit seiner Heimatstadt. Von den anderen
Children of Wrath ist weiter nichts zu sehen. Dieser Moment
gehört nur dem Prodigy des Stables: Kyle Doulgas. Im
Ring verstärkt sich nochmal der Jubel, als Kyle
gestenreich auf sein Herz klopft und dann auf die Zuschauer
zeigt.
Sven:
„Das Adrenalin kocht im jungen Kanadier.“
Pete:
„Doch kann er die PS auch auf die Straße bekommen
gegen Aiden Rotari? Das wird das größte Match
seiner bisherigen Karriere!“
Pete:
„Woah… Das sind Buhrufe.“
Sven:
„Eine ganze Menge, ganz schön laut. Es gibt hier
und heute Abend keinen Zweifel, für wen das Publikum
ist.“
Das
war wohl auch so zu erwarten, aber es in dieser Form dann
tatsächlich zu erleben ist noch einmal etwas anderes.
Aiden Rotari tritt auf die Stage und es wird sogar noch
einmal einen Tick lauter – Pfiffe mischen sich zur
Geräuschkulisse hinzu, Menschen zeigen ihm den Daumen
runter oder gar den Mittelfinger, und das alles kombiniert
macht wohl die beeindruckendste wie auch mit Abstand
feindlichste Atmosphäre aus, der sich Aiden Rotari je
gegenüber gesehen hat.
Tatsächlich
scheint er davon aber erst einmal weder eingeschüchtert
noch nervös zu werden. Mit grauer Sweatshirt-Jacke, die
das Sleaze-Logo auf dem Rücken zu sehen hat (wohl das
neueste Stück Merchandise aus dem GFCW Shop), über
dem Oberkörper und ansonsten im gleichen Ring-Gear wie
immer stapft Rotari zum Ring, ehe er kurz vor dem Seilgeviert
inne hält um noch einmal einen Blick rundherum zu wagen.
Das Scheinwerferlicht hat ihn an dieser Stelle nicht nur
metaphorisch schon wieder verlassen, alle Augen (und Lampen)
sind auf Kyle Douglas gerichtet.
Und
genau auf den richtet sich nun auch endgültig der Blick
von Aiden Rotari. Diese Stimmung aufzusaugen war das eine,
aber nun galt es, seinem Gegner gegenüberzutreten –
die Geschichte mit der Streak, den Children of Wrath, den
Angriffen, den bisherigen Matches… all‘ das
spielt sicher eine Rolle. Aber in erster Linie haben wir hier
ein Duell zwischen zwei jungen Männern – beide
noch nicht einmal Mitte 20 – um die Vorherrschaft.
Einer hat noch nie ein Singles Match verloren. Der andere
hasst verlieren mehr als alles andere.
Gute
Vorzeichen für ein spannendes Kräftemessen.
MATCH-REPORT
Das
Duell beginnt sehr offensiv von Seiten des Lokalmatadors aus,
der mit den Fans im Rücken einen aggressiven Beginn
fährt und versucht, Rotari dazu zu bekommen, sich mit
ihm auf ein Grappling-Duell einzulassen. Unter den
Anfeuerungsrufen der Crowd in Vancouver beginnt das Match
damit, dass Douglas Rotari auf die Matte zwingen will –
kein Wunder, ist Douglas doch ehemaliger Ringe auf beinahe
olympischem Niveau. Rotari ist auf der Matte zwar nicht
schlecht, kann da aber nicht ansatzweise mithalten.
Genau
deshalb tut der Partner von Robert Breads am Anfang dieses
Duells auch alles, um sich Douglas dahingehend vom Leib zu
halten. Sobald Kyle ihm zu nahe kommt, holt Aiden aus oder
hebt drohend ein Bein, um einen Schlag oder Tritt anzudeuten,
sollte Douglas ihn attackieren. Ein wenig frustriert davon,
dass Rotari sich ganz offensichtlich eine
„Anti-Kyle-Douglas“-Taktik ausgedacht hat, stürzt
er sich anschließend mit einer Finte nach vorn, zögert
kurz, als Rotari das Bein hochnimmt, und führt dann sehr
zur Freude der anwesenden Mitglieder der GFCW-Galaxy einen
Double Leg Takedown aus, der Rotari auf die Matte krachen
lässt.
Clever
gemacht, denn in der Sekunde, in der Rotari das Bein hebt,
ist er wenig aus dem Gleichgewicht, und kann sich nicht
schnell genug drehen, um das Geschehene zu verhindern. Was
Aiden aber sehr wohl machen kann ist nach den Seilen zu
greifen, sobald er auf dem Rücken gelandet ist, und
„Referee!“ zu rufen. Laute Buhrufe klingen durch
die Arena, während der Ringrichter Kyle ermahnt, von
Rotari abzulassen.
Douglas
lässt los und klopft dem in den Seilen liegenden Rotari
auf die Brust, während er aufsteht, als wolle er sagen
„Gut gemacht, Kleiner“. Aiden scheint eine
Sekunde zu überlegen, dann aber entscheidet er sich
gegen eine Antwort und rollt sogleich aus dem Seilgeviert.
Sehr zum Unmut der Fans und unter „Fuck You
Aiden!“-Chants versucht er nun, Douglas ebenfalls aus
dem Ring zu locken, aber darauf fällt Kyle nicht herein.
Er bedeutet dem Referee, Rotari ruhig auszuzählen.
Aiden
wartet gar nicht erst, bis der Ringrichter bei 9 ist, er
weiß, dass Kyle ihm den Gefallen nicht tun wird. Also
steigt Rotari wieder auf den Apron, was vom Publikum mit
„You’re A Coward!“-Chants bedacht wird.
Tatsächlich scheint Rotari das aber nicht aus dem
Konzept zu bringen, viel mehr zeichnet sich ein
schmallippiges Schmunzeln bei ihm ab, seine seltene
Gefühlsregung. Breads scheint mit seiner Prognose recht
behalten zu haben: Diese Antipathie motiviert Rotari eher,
als dass sie ihn nervös macht.
Aiden
klettert in den Ring und tritt dem Lokalmatadoren gegenüber.
Wieder versucht dieser, Rotari in Grappling auf der Matte zu
verwickeln, und der Defensiv-Künstler Rotari wechselt
die Taktik – nun deutet er die Schläge und Tritte
nicht an, um Douglas fernzuhalten, sondern lässt ihn
näherkommen als zuvor und will ihn tatsächlich
treffen. So kann Rotari einen Wirkungstreffer landen, als
Kyle – der wohl nicht damit gerechnet zu haben schien,
dass Evil Schemer Aiden Rotari einen Plan B mitbringen würde
– zu offensiv und aggressiv vorgeht und so einen harten
Elbow Strike an den Kopf kassiert.
Im
Direktvergleich der körperlichen Fähigkeiten mag
Rotari nicht gewinnen, aber er ist so ehrlich zu sich selbst
als dass er sich dessen bewusst ist und voll auf’s
Köpfchen setzt. SOFORT setzt Aiden nach, wohlwissend,
dass er die Kontrolle in diesem Match erlangen muss, wenn er
eine Chance haben will, und so drängt Rotari Kyle mit
mehreren saftigen Elbow Strikes durch den Ring, bis sie in
der Ringecke angekommen sind.
Und
dort gibt es eine heftige Ohrfeige für Kyle Douglas!
Der
hatte sich nun darauf versteift, die Elbows abzuwehren, aber
nun klatscht ihm Aiden schlicht eine. Die Negativreaktionen
erreichen ihren vorläufigen Höhepunkt an diesem
Abend, und mit einer widerlich provokanten Körpersprache
tritt Rotari einen Schritt zurück. Er provoziert Douglas
– und das funktioniert.
Kyle
stürzt sich sogleich – sehr zur Freude von
Vancouver – auf Rotari, wieder mit dem klassischen
Double Leg Takedown, und jetzt reißt Rotari das Bein
hoch, das Knie genau auf Kopfhöhe von Douglas, und der
Morbeus-Neffe knallt mit dem Gesicht voran gegen das Knie von
Aiden Rotari.
Douglas
geht zu Boden, und Rotari setzt das erste Cover des Matches
an, aber es reicht nur bis zur zwei. Aiden nickt, als hätte
er das genauso erwartet, und zieht seinen Opponenten dann
nach oben. Rotari will Kyle in keiner Form auf der Matte
begegnen, selbst wenn er klar angeschlagen ist. Stattdessen
packt Aiden ihn nun von hinten um den Hals, um einen Sleeper
Suplex anzusetzen.
Mit
Suplessen und dementsprechenden Kontern dazu kennt Kyle sich
allerdings ebenfalls aus. Rotari hatte vielleicht eine starke
Defensiv-Strategie entwickelt, aber seine Offensive basiert
neben den in den letzten Monaten zugegebenermaßen
verbesserten Strikes fast nur aus Leg Work und
Suplex-Variationen. Ersteres würde ihn in ein Submission
Game gegen einen Ringer zwingen, zweiteres spielt Kyle und
dessen Wissen ebenfalls in die Karten.
Und
Rotari ist nicht erfahren oder versiert genug, um aus dem
Nichts Dinge zu benutzen, die nicht Teil seines
Standard-Move-Sets sind. Er muss hier gewisse Risiken
eingehen, wenn er seine stärksten Aktionen verwenden
will, und so probiert er den Sleeper Suplex.
Konter
von Douglas! Mit einer Judorolle – viele Grüße
an das olympische Training – kann der kräftigere
und stärkere Kyle Aiden von sich werfen. Mit Wucht
knallt Rotari auf die Matte, von der er jedoch weiß,
dass er sich so schnell es geht, erheben muss. Unter dem
frenetischen Jubel der Zuschauer japst Douglas einmal kurz,
dann steht Aiden auch schon wieder und holt mit einer Lariat
aus.
Unter
der kann Kyle sich aber wegducken. Er kann Rotari packen. Und
dann kann er einen starken Pumphandle Slam zeigen, der Aiden
auf den Rücken klatschen lässt!
Laute
„Let’s Go Douglas!“-Chants hallen durch das
weite Rund und Kyle nutzt diese Gelegenheit, um einmal kurz
durchzupusten. Immerhin hat dieser Slam gereicht, um Aiden
für einen kurzen Moment außer Gefecht zu setzen,
doch der mental nimmermüde Rotari versucht schon wieder,
sich zu erheben.
Dieser
Break hat jedoch gereicht, um Kyle die Luft zu geben, einen
Rallying Cry zu starten, der von einer fünfstelligen
Anzahl von Menschen hier in Vancouver mitgetragen wird.
Rotari steht wieder, und sogleich schnappt sich Kyle seinen
Gegner. Er versucht es nicht wieder mir Grappling, auch wenn
seine Chancen bei einem etwas angekratzten Rotari besser
stehen als zuvor, doch Aiden wirkte derart gut vorbereitet,
dass Kyle davon erst einmal absieht.
Stattdessen
greift er genau wie Rotari auf einen Suplex zurück. Das
Problem von Aiden: Der Ex-Ringer kennt da einige Variationen
mehr als die klassischen Wrestling-Versionen, und so hat
Rotari keinen direkten Konter parat, als Douglas einen etwas
exotischeren Side Hand & Arm Suplex performt und Rotari
so auf die Matte donnert.
Kyle
setzt mit seinem ersten Cover nach, und Rotari kommt bei 2,5
heraus – nicht ganz knapp vor der drei, aber auch kein
leichter Kick-Out. Donnernder Applaus und begeisterte Zurufe
folgen Kyle Douglas, als er sich aufrichtet und durchatmet.
Dann blickt er ins weite Rund und deutet mit einer Geste bei
frenetischem Jubel an, dass er Rotari jetzt endgültig
fertig machen wird.
Stöhnend
richtet Aiden sich wieder auf, doch Kyle lauert schon. In der
Sekunde, als Rotari wieder steht, packt Douglas zu, um den
Goldrush, seinen Finisher, durchzubringen – vergebens.
Aiden
rutscht hinten über, und als Douglas so schnell er kann
herumwirbelt, um zu sehen, was die jüngere Hälfte
von Sleaze vorhat, ist es schon zu spät – er kann
die brutale Lariat von Aiden Rotari nicht mehr abwenden, die
ihm beinahe den Kopf von den Schultern zu reißen
scheint.
Die
Fans sind wütend und machen ihrem Unmut Luft, als Rotari
mit sich hebender und senkender Brust neben Douglas kniet,
der wie ausgeknockt scheint. Einen Moment lang scheint Aiden
zu überlegen, ob er covern soll, die Situation wirkt
aussichtsreich, aber Rotari wirkt selbst nicht so, als würde
er glauben, sein Move könnte ihm dieses Match hier
gewinnen.
Stattdessen
steht er auf, steht über Douglas und sieht sich einem
ohrenbetäubenden Pfeifkonzert ausgesetzt. Tatsächlich
aber scheint gerade das ihm weiteres Selbstvertrauen zu
geben. Und so stellt er seinen Fuß demonstrativ auf das
Gesicht von Kyle Douglas, als zusätzliche Provokation,
in erster Linie in Richtung seines Gegners, aber nicht
zuletzt auch für das Publikum. Ihm scheint das genauso
zu liegen wie einem gewissen kanadischen Tag Team Partner –
kein Wunder, dass Breads sich gerade Aiden Rotari als Pet
Project ausgesucht hat.
Mit
dieser Aktion hat er neues Leben in Kyle Douglas injiziert,
und der stößt Aidens Bein entschlossen weg und
richtet sich auf – doch das scheint Rotari auch so
intendiert zu haben. Kein Wunder, ist sein Finisher doch der
Backdrop Driver, und dafür muss ein Gegner nun mal von
der Matte weg, sonst kann man ihn schlecht auf eben jene
schleudern.
Da
steht Douglas wieder. Und Rotari ist da. Er packt zu und…
er zeigt einen Waistlock? Er versucht gar nicht seinen
eigenen Finisher zu zeigen? Nein, Rotari setzt diesen Hold
an, den Kyle Douglas mit spielerischer Leichtigkeit kontert
und nun hat er selbst Aiden im Waistlock. Rotari stolpert
nach vorn, Douglas lässt dabei nicht los, und Aiden
taumelt auf die Ringecke zu… wo der Ringrichter steht.
Und
so drängen die beiden großen, breiten Männer
den Referee in die Corner, und nun wird Rotaris Idee
offensichtlich – denn der Referee kann nicht sehen, was
sich hinter Aiden abspielt. Ein alter Trick, heutzutage nur
noch selten gesehen, aber natürlich im Repertoire von
Aiden Rotari: Der Mule Kick oder Eselstritt nach hinten,
zwischen die Beine seines Gegners.
Da
ertönt ein Schrei – nicht von Douglas, sondern ein
kollektiver Schrei. Das Publikum jauchzt, als Kyle Douglas in
dem Moment, in dem Rotari das Bein bewegt, um es ungesehen
vom Ringrichter nach hinten ausschlagen zu lassen, in die
Luft springt – gerade so, dass der Eselstritt
vollkommen ins Leere geht.
Wahrscheinlich
war Kyle in dem Moment, in dem Rotari und er in die Ringecke
gewankt waren, klar geworden, was Aiden vorhatte. Die Worte
von Robert Breads hallen nach: Rotari hat seinen Finisher
überhaupt nicht versucht, deshalb konnte Douglas sich
erholen und erahnen, dass so etwas passieren würde, weil
so etwas ständig passiert.
Deine
stärkste Waffe sollte nicht deine einzige Waffe sein.
Kyle Douglas‘ stärkste Waffe ist sein Grappling,
doch er hat noch mehr auf dem Kasten, und darauf vertraut er,
wenn er glaubt, dass Grappling nicht funktioniert. Rotari
vertraut auf seine Trickserei… selbst, wenn er glaubt,
dass es nicht funktioniert. Weil er noch viel weniger an
seine Chancen glaubt, ein Match „direkt“ gewinnen
zu können, obwohl die Chance doch offensichtlich
zumindest da war.
Douglas
weicht so dem Eselstritt aus, doch er lässt die Hüften
seines Gegners niemals los. Irritiert vom Versagen seines
Plans dreht Rotari sich so halb, gerade genug, um seine
Standfestigkeit zu verringern, und Kyle Douglas hebt ihn zur
Entzückung der heutigen Crowd mit beeindruckender
Mühelosigkeit aus und zeigt einen Released German
Suplex, bei dem Rotari direkt auf dem Nacken landet.
Mit
einem triumphalen Brüllen reißt Kyle Douglas beide
Arme hoch, ehe er stolz und entschlossen durch den Ring
marschiert, den stöhnenden Klumpen Fleisch und Muskeln,
der Aiden Rotari ist, packt, und ihn nach oben reißt.
Aiden Rotari hat Kyle Douglas hier nichts mehr
entgegenzusetzen. Er war unentschlossen und hat nicht an
seine eigenen Fähigkeiten als Pro-Wrestler geglaubt.
Diese
Probleme hat Kyle Douglas nicht. Und so zieht er den Goldrush
durch, der Aiden Rotari wehrlos auf den Ringboden donnern
lässt, und setzt danach das Cover an. In seiner
Heimatstadt, vor begeisterten Fans, Freunden und Familie,
reißt Kyle Douglas schon während der Ringrichter
noch zählt siegessicher die Faust in die Höhe und
zelebriert seinen Sieg.
Er
hat ihn sich voll und ganz verdient.
Sieger
des Matches durch Pinfall: Kyle Douglas
Eigentlich
sollte er zu diesem Zeitpunkt bereits am Darten sein. Eigentlich
sollte er sich in diesem Moment in einen Tunnel begeben, um für
die anstehende Herausforderung gewappnet zu sein.
Einmal
ist „er“ Alex Ricks. Einmal ist „er“ Ask
Skógur.
Beide
Male trifft das Eigentliche nicht zu.
Alex:
„Ist dir die Herausforderung groß genug?“
Es
könnte eine glückliche Fügung sein, dass die Tür
zu Asks Kabine offensteht, Ricks also gar nicht erst anklopfen
und abwarten muss, um hier im Türrahmen zu stehen und dafür
zu sorgen, dass Ask überrascht den Kopf zur Seite reißt.
Vielleicht hat Brother Nature das Klopfen, in seiner
Konzentration vertieft, aber auch gar nicht gehört, sodass
sich der Mathematiker hier einfach ungefragt in die Szenerie
drängt.
Wir
erinnern uns an das Video von etwas eher am Abend. Ask im
wunderschönen Yoho-Nationalpark, bei dem aber durchaus zu
erkennen war, dass er noch nicht so überzeugt von sich zu
sein scheint, wie er es vorgibt. Und doch, muss er es jetzt
wieder vorgeben – vor Alex Ricks darf er keine Schwäche
zeigen. Vor Alex Ricks WILL er keine Schwäche zeigen.
Ask:
„Alex.“
Ask
schaut den Mathematiker an, stellt sich auf und schaut ihm ins
Gesicht. Ja, es wird recht klar, dass die Stimmung zwischen den
Beiden eine andere ist als noch vor Doom’s Night.
Ask:
„Ich geb zu, DAMIT hätte ich nun nicht gerechnet. Aber
wenn du denkst, du könntest mich aus der Fassung bringen…
nein Mann, auf keinen Fall.“
„Denkste“
– wenn Alex mal wüsste, wie es IN Ask aussieht. Und
doch schafft er es ganz gut den Bogen zu bekommen und die
Selbstsicherheit nach außen zu transportieren.
Ask:
„Ich würde ja sagen, dass das heute das größte
Match sein wird, das ich hier je hatte, aber wenn man sich mal
anschaut, in was für Matches ich schon gesteckt habe, dann
stimmt das nicht so ganz. Seit ich hier bin jagt eine
Herausforderung die nächste. Und irgendwie, habe ich mich
davon bisher immer mitschleifen lassen. Langsam wird’s wohl
Zeit, dass ich anfange, mal selbst etwas Kontrolle in mein
Wrestling-Leben zu bekommen.“
Ein
Seufzen. Mit einem Mal scheint die Überzeugung aus Asks
Blick wieder zu verschwinden und die Fassade des Schwedens droht
zu zerbrechen.
Ask:
„Wem mach ich was vor? Wenn ich ehrlich bin, fühl ich
da gerade so gar keine Kontrolle. Um genau zu sein… fühl
ich mich etwas verloren. Denn genau das ist ja der Punkt, oder?
Ich gerate immer wieder irgendwie in so ne Sache rein, der ich
dann nicht gewachsen bin. Am Ende verliere ich und setz mir neue
Ziele, die ich dann auch nicht erreiche. Ich hab mich
mittlerweile hier mehrfach selbst gefunden und weiß
trotzdem nicht so wirklich, was ich machen soll.“
Ask
löst den Augenkontakt von Ricks und schaut vielmehr in eine
Leere, die wohl ähnlich dessen ist, was er gerade versucht
zu beschreiben, was in ihm vorgeht. So gefestigt er auch
mittlerweile sein mag, wie wir in dem Video bereits gesehen
haben, wuseln noch viel zu viele Unsicherheiten in Asks Schädel
herum. Der Mathematiker hingegen hat ihn weiter im Blick. Er hat
ihm aufmerksam zugehört, ihn geduldig beobachtet. Versucht,
Asks Aussagen mit dessen Augen abzugleichen. Er runzelt die Stirn
leicht.
Alex:
„Vor mir steht eine
Person,
Ask…“
So
bekommt er den Blickkontakt mit Skógur noch nicht wieder
hergestellt. Egal, wie sehr das „eine“ betont wird.
Alex:
„Wie oft muss man sich finden, wenn man nur eine
Person
ist?“
Ricks
streckt den Arm etwas aus, deutet damit auf den Schweden.
Alex:
„Ich sehe dich. Ich sehe einen Mann, der…“
Ask
hört gar nicht erst was Ricks zu sagen hat und wandelt seine
Emotionen erneut. Aus dem recht aufdringlichen Selbstmitleid wird
nun leichter Zorn.
Ask:
„HEY HEY HEY. Ich dachte ich hätte es beim letzten Mal
deutlich gesagt? Ich will keine Lehrstunde mehr von dir. Und dein
Mitleid brauch ich ganz sicher auch nicht. So mies alles
vielleicht auch manchmal laufen mag… ich schaff das schon
irgendwie. Hab ich immer geschafft.“
Ask
bleibt zornig.
Ask:
„Weißt du, was ich denke? Ich denke du nimmst mich
nicht ernst. Du bist so von dir selbst überzeugt, dass du
wahrscheinlich niemanden ernst nimmst, der nicht auf dem
Gotteslevel ist, wie der große Alex Ricks. Und jeder steht
unter dir und darf sich glücklich schätzen, wenn du ihn
mit deinen Weisheiten belehrst. Aber… wann hast du
eigentlich das letzte Mal was gerissen? Also, schon klar, du
besiegst immer wieder die Neulinge, mich eingeschlossen, die sich
an dir messen wollen, aber wenn du dich immer wieder als der
Beste Wrestler des Universums verkaufst… solltest du dann
nicht ne Nummer größer sein? Mal ehrlich: Wie oft bist
du mittlerweile um diesen großen Titel angetreten, ohne ihn
gewonnen zu haben?“
Ask
driftet in einen zynischen und sarkastischen Redeschwall aus, der
ihn selbst sogar etwas überrascht, aber er lässt sich
nicht abbringen. Er gibt dem ganzen vielmehr Raum sich zu
entfalten.
Ask:
„Und aus mir willst du dein kleines Projekt machen, nachdem
Thomas mittlerweile selbst Erfolg hat. Wahrscheinlich wieder mal
um dir selbst zu beweisen, dass du der Geilste bist. Trotzdem
interessierst du dich nicht genug für mich. WIR haben hier
eine Sache am Laufen und irgendwie kümmerst du dich mal
wieder nur um dich oder von mir aus auch deinen Kumpel, dem World
Champ, gegen den du mich in den Ring schickst. Was denkst du,
hmm? Dass das ein Übungsmatch für ihn wird? Dass ich da
sowieso keine Chance hab und er mal durchatmen kann, mich mir
nichts-dir nichts schnell besiegt? FALSCH! Ich denke nicht dran.“
Ask
schnauft noch einmal mehr durch. Er scheint sich hier viel von
der Seele zu reden und wenn er vielleicht auch nicht alles so
meint, was er da sagt, fühlt sich das dennoch gut an.
Ask:
„Ich… ich habe keine Ahnung, ob ich heute gewinnen
werde. Vielleicht nicht. Der Typ ist Champion und das nicht nur
einmal. Aber ich glaube darum geht es nicht. Mir geht es darum zu
kämpfen. Und das werde ich heute tun. Bis aufs Blut, wenn es
sein muss. Ich werde dir zeigen, dass es guten Grund gibt, warum
du mich ernst nehmen solltest. Ich bin nicht nur eine
Nebenhandlung in deinem Spiel. Ich bin die verdammte Hauptstory.
Und es wird Zeit, dass du das erkennst.“
Ask
schaut nun voller Entschlossenheit zu Ricks. Der Blick wird
erwidert. Die Augenbrauen haben sich zusammengezogen, werden nach
unten gedrückt. SO eine Ansage hat Alex nicht erwartet…und
sie schmeckt ihm auch nicht sonderlich. Mit einem kleinen Ploppen
öffnen sich seine Lippen, doch damit beginnt er noch nicht
zu sprechen.
Der
Blickkontakt bleibt. Ask funkelt seinen Gegenüber an. Seine
Atmung wird langsam ruhiger. Dann antwortet der Freiburger.
Alex:
„Ich habe dich besiegt, Ask.“
Nicht
der beste Anfang um den Schweden zu beruhigen.
Alex:
„Du hast selbst ein so schlechtes Bild von dir, dass du
erklären musst, Siege gegen dich, Desmond oder Aiden sind
wertlos?“
Der
Schwede winkt ab.
Ask:
„Lass einfach gut sein, ja? Mir ist egal, was für
schlaue Worte du jetzt wieder auf Lager hast. Du weißt, was
ich will. Dich. Und ich werde nicht lockerlassen, bis ich das
habe.“
Unverständnis
zeigt sich in Alex’s Augen.
Alex:
„Du hast verloren, Ask. Genauso wie ich. Schon oft.
Deswegen kann ich nicht der beste Kämpfer von German Fantasy
Championship Wrestling sein? Jeder hier hat Niederlagen erleben
müssen. Jeder. Viele. Das ist Teil dieses Sports. Und ja.
Ich habe seit zwei Jahren kein Gold mehr getragen. Ich habe mehr
Niederlagen erleben müssen als ein Antoine, Zereo Killer,
Robert, Drake. Mehr als alle
anderen
Aktiven in dieser Liga. Also muss ich schlecht sein, oder?“
Er
legt den Kopf leicht schief. Er wartet einen Moment ab, will
sehen, ob eine Reaktion kommt. Ask antwortet aber nicht. Er
schaut den Schatten nur mit Skepsis an, worauf der hier hinaus
will.
Alex:
„Vielleicht bin ich aber auch so gut,
weil nur Zereo Killer mehr Siege als ich erringen konnte.“
Er
legt den Kopf auf die andere Seite. Wieder wartet er einen
Moment.
Dann
Schnaufen.
Dann
wird der Kopf wieder gerade ausgerichtet.
Alex:
„Zahlen sind Zahlen, Ask. Sie bilden Fakten ab, doch wie
sind Daten zu interpretieren? Nur auf Siege und Niederlagen zu
schauen ist wertlos wie das Argumentieren von Coronaregelungen
auf Grundlage der Inzidenzzahlen.“
Politische
Beiträge von Ricks? Wie auch immer, Alex atmet durch.
Alex:
„Ich suche Herausforderungen, Ask. Gegen aufstrebende
Talente. Als Berater von Thomas. Heute Abend gegen Raymond in
seiner Heimat. Und danach…gegen den aktuell besten Kämpfer
der Liga. Deinen heutigen Gegner.“
Kleiner
Verweis auf Schwanenburg.
Alex:
„Ich bin Teil dieser Liga seit über sieben Jahren und
habe mir nicht eine einzige Pause genommen. Ich war hier. Jedes.
Einzelne. Mal. Immer auf der Suche nach einer Herausforderung…ich
gehe niemandem aus dem Weg. Ich stelle mich allem. Ich stelle
mich allen. Jeder. Einzelnen. Herausforderung.“
Der
Blick des Freiburgers ist streng. Er redet hier nicht auf Ask
herab, er stellt nur seine Position klar.
Alex:
„Ich nehme dich ernst, Ask…aber ich habe dich
besiegt. Und ich sehe nicht, dass sich die Ausgangslage geändert
hat. Du denkst, du forderst mich heraus…aber ich sehe es
nicht.“
Wie
es Ask schon gesagt hat: viele schlaue Worte kommen da aus dem
Mund des Mathematikers heraus und in die Ohren des Schweden
hinein. Gefasst und ziemlich konzentriert steht er da und hält
dem Blickkontakt von Ricks stand. Was wird er nun darauf
antworten? Wird er überhaupt antworten?
Ask:
„Du hast es selber gesagt. Ich hab verloren… du hast
selbst auch schon oft verloren. Und trotzdem bekommst du wieder
und wieder die Chance dich zu beweisen. Also… sollte ich
die doch auch bekommen oder nicht?“
Einige
Sekunden vergehen, in denen die Beiden weiterhin einander
anschauen, unter einer Anspannung, die mittlerweile einen
Höhepunkt erreicht hat. Noch bevor Alex nun aber wirklich
antworten kann, kommt ihm Ask einmal mehr zuvor.
Ask:
„… aber wie schon gesagt. Ich will nicht, dass du
mir diese Chance schenkst. Ich werde sie mir verdienen. Auf dem
einen… oder den anderen Weg. Ich lasse mich nicht mehr
mitschleifen. Jetzt tue ich… was ich will.“
Ein
letzter ernster Blick, bevor Ask schließlich signalisiert,
dass er hier fertig ist. Wir haben Ask heute in verschiedenen
emotionalen Situationen gesehen. Erst, wie wir in dem Video sehen
konnte, konnte er sich seine Unsicherheit selbst wegreden, bevor
er hier im Gespräch mit Alex wieder etwas daran zerbrochen
ist. Aber in eben diesem Gespräch hat er neuen Mut gefasst.
Und neue Überzeugung. Die Überzeugung Alex Ricks die
Stirn zu bieten. Und nun muss er das nutzen, gegen Antoine
Schwanenburg.
Er
macht sich schließlich auf und verlässt die Kabine und
lässt Alex Ricks zurück, der Ask noch kurz nachschaut.
Scarecrow:
„Ich verstehe.“
Ein
leichtes, ernstes Nicken geht von dem jungen Wrestler aus, der
sich gerade mit einem Mitglied des medizinischen Personals vor
Ort zu unterhalten scheint. Mit verschränkten Armen steht er
da in seiner offenen Jacke und lauscht aufmerksam dem, was ihm
von seinem Gegenüber erzählt wird. Nervös wandert
die linke Hand zum Gesicht, kratzt Stirn und Kinn und senkt sich
schließlich wieder in die Verschränkung, nur um sofort
wieder gehoben zu werden. Auch die Gesichtszüge wirken ein
wenig unruhig. Doch der Grund ist wohl alles andere als ein
Geheimnis.
Neben den beiden Gesprächspartnern
befördern zwei Sanitäter, die gerade ihre Maßnahmen
vor Ort abgeschlossen zu haben scheinen, seinen Tag Team Partner,
Mykru, vorsichtig auf einer Trage in den Krankenwagen.
Scarecrow: „Alles
klar, danke Doc. Wirklich.“
Silas´
Ausatmen, als er sich abwendet, ähnelt eher einem besorgten
Seufzen, als einem entspannten, tiefen Luftholen. Als wolle er
sich selbst beruhigen, fährt er sich mit beiden Händen
über das Gesicht, als er sich abwendet und in Richtung des
Krankenwagens geht. Mit einem großen Schritt steigt er die
Stufe in das Innere des Fahrzeuges hinauf, wo gerade noch alles
ordentlich für die Fahrt verstaut wird.
Scarecrow:
„Es tut mir so unsagbar leid Mykru…“
Verbissen
presst Scarecrow seine Kiefer aufeinander, während das
leichte Beben in seiner Stimme zu Tage tritt.
Scarecrow:
„Ich hätte da sein müssen. Ich hätte wissen
müssen, dass Meisters Ego die Provokation und seinen Frust
über David nicht verträgt. Ich hätte wissen
müssen, dass er nur lauert. Ich schulde dir was,
verdammt…“
Kurz
schließt er die Augen, als der gesamte Oberkörper sich
in einer Art lautlosem Schluchzen auf und ab bewegt.
Scarecrow:
„Du bist n absolutes Vieh, Junge. Ich weiß, dass du
wieder aufn Damm kommst. Viel schneller, als Meister es jemals
hoffen oder erwarten könnte.“
Vorsichtig,
nicht zu viel Druck auszuüben, schließt Silas seine
Hand um den Unterarm seines Tag-Partners.
Scarecrow:
„Ich halte hier die Stellung.“
Das
Ausbleiben einer verbalen Antwort sorgt natürlich nicht für
Verwunderung, in Anbetracht der Tatsache, um wen es hier geht.
Doch auch anderweitig gibt es keine Reaktion von Mykru. Besorgt
blickt Scarecrow mit einer hektischen Kopfbewegung zu den
Sanitätern.
Sanitäter 1: „Keine Sorge,
all die Schläge und die Schmerzmittel, die er bekommen hat,
machen ziemlich benommen in der Kombination. Sie kriegen es
natürlich mit, sobald wir genaueres wissen.“
Aufmunternd
lächelt der Mann Scarecrow zu, der langsam die Hand von
Mykrus Arm nimmt. Scarecrow:
„Fahrt Vorsichtig. Ich brauch den noch.“
Er
zwingt sich ein lächeln und einen möchtegern-gelassenen
Spruch ab. Wohl doch Überreste der Drake´schen Schule.
Eine Sekunde ruht der Blick noch auf Mykru, dann wendet Silas
sich ab und springt elegant aus dem Wagen heraus. Schwungvoll
schließt er eine der Türen.
Scarecrow:
„Ich bin nach der Show sofort da.“
Dann
greift er nach dem zweiten Flügel der Tür.
Scarecrow:
„Versprochen.“
Klack.
Und unter dem leisen Dröhnen des Motors, aber ohne
Blaulicht, was schonmal ein gutes Zeichen sein dürfte,
entfernt der Wagen sich aus der Einfahrt. Diesmal ist es ein
tiefes Durchatmen, das zu vernehmen ist. Der Kopf dreht dich
um 180 Grad und Scarecrow blickt über die Schulter.
Scarecrow: „Hey! Du!
Kamerafreak!“
Schwungvoll
folgt der Rest des Körpers der Drehung und der Arm winkt
fordernd in Richtung des Kamerateams, während Silas
gleichzeitig auf die Kamera zumarschiert. Er wiederholt die
heran-winkende Bewegung.
Scarecrow:
„Haltet das auf mein Gesicht, macht euch zumindest
nützlich, wenn ihr schon meint UNBEDINGT auf Verletzte
draufhalten zu müssen, als wären sie Zirkustiere ihr
Bastarde.“
Mit beiden
Händen greift er die Kamera links und rechts, während
die gesamte Größe des Bildes sich mit seinem Gesicht
fühlt. Der Blick aus den leuchtenden roten Augen, aus dieser
Nähe, erzeugt eine sehr unruhige Atmosphäre.
Scarecrow: „Ich weiß,
dass ihr das seht. Alle auf ihren Sofas. Alle in der Halle.
Dynamite. Meister. Aber wen ich meine… Ist David Hott. Hör
mir sehr, SEHR gut zu, okay? Klar ich mag euch beide nicht mögen,
und ich habe euch auch sehr, sehr gerne provoziert, aber am Ende
des Tages, ging es immer um eine Sache, und NUR eine Sache. Gold.
Nichts anderes, war hier jemals die Idee.“
Ein
langsames Kopfschütteln.
Scarecrow:
„Bis vor zwei Wochen, als du tatsächlich dachtest, du
könntest einfach so in dieses Titelmatch spazieren. Ich gebe
zu, dass ich dann schon ein wenig sauer war. Nicht nur hast du
einwandfrei bewiesen was für Püppchen ihr seid, ohne
jede Leistung diesen Shot zu kriegen. Nein. Ihr seid auch noch so
naiv zu denken, dass wir nichts dagegen tun? Nenn es Trauma aber
ich reagiere WIRKLICH allergisch darauf, wenn jemand mich nicht
ernst nimmt. Und jetzt, zieht dein Partner David, das ab.“
Ein
klitzekleines Stückchen, gerade genug, um ein wenig die
erdrückende Präsenz Scarecrows zu mindern, weicht er
zurück, so dass man sehen kann, in welche Richtung er
deutet: Von der Arena weg. Dorthin, wo soeben noch der
Krankenwagen ausgefahren ist.
Scarecrow:
„Ich weiß, ihr seid eine reine Zweckgemeinschaft,
aber der Mann, der da in diesem Wagen lag ist nicht irgendn Freak
mit Glubschaugen. Beziehungsweise. Doch. Aber dieser Freak mit
Glubschaugen ist mein Freund. Ist mein Bruder. Und glaubt mir,
das ängstliche Häufchen, dass Robert Breads begeistert
von NEMESIS erzählt hat, ist lange, lange nicht mehr hier.
Wenn ihr es mit Scarecrow persönlich macht, dann wehrt er
sich. Das ist ein Ultimatum, David. In zwei Wochen distanzierst
du dich von Matthäus und legst deinen Titel ab. Wird dich
das deine GFCW Karriere kosten? Wahrscheinlich. Aber wenn du es
nicht tust, sorge ich dafür, dass du so viel mehr zahlen
musst. Ich stehe ein für meine Freunde. Ich lasse meine
Familie nicht sitzen, so wie andere.“
Es
ist schwer zu sagen, was härter einschlägt. Diese
absolute Reinform von Sarkasmus in der Tonlage. Oder die
Backstein-große Faust, die Scarecrow an der Schläfe
trifft. Eine solche Pranke kann natürlich nur einem gehören.
Demselben Mann, der sich zuvor bereits um Mykru gekümmert
hat. Nun steht wohl Scarecrow auf der Meister-Liste. Der Riese
packt Scarecrow und wirft ihn in das erstbeste Garagentor,
welches nun eine nicht kleine Delle aufweist. Erneut packt er zu
und will sein Werk fortsetzen, doch Silas wehrt sich. Mehr
instinktiv als geplant fliegen die Fäuste überall
dorthin wo er Meister gerade treffen kann! Diesmal prallen die
Treffer nicht gar so ab wie bei Mykru zuvor, doch schnell packt
Meister auch Silas mit beiden Pranken… doch plötzlich
bekommt Meister einen Schraubenschlüssel an den Kopf! Als
Scarecrow in die Knie gegangen ist, hat er das Werkzeug, das da
zufällig herumlag, in seiner Not ergriffen und damit
zugeschlagen! Der Treffer hat seine Wirkung nicht verfehlt und
Scarecrow hat erstmal Zeit durchzuatmen. Dann will er erneut
zuschlagen, doch Meister blockt ab und stößt mit dem
Kopf zu! Silas geht zu Boden und weist Blutflecken am Kopf auf…
doch die sind von Meister, wie der Koloss auch sofort selbst
feststellt. Das schürt seine Wut nur noch weiter. Er hebt
den Schraubenschlüssel auf, doch anstatt damit zuzuschlagen,
verbiegt er das Teil in seiner Wut nahezu mühelos, bevor er
ihn wegwirft. Nun widmet er seine Aufmerksamkeit wieder
Scarecrow, doch dieser hat bereits eine neue Waffe: Ein Stahlrohr
und er drischt nun damit auf Meister ein. Damit landet er einige
Treffer, bis Meister ihm die Waffe aus der Hand schlägt und
Scarecrow gegen ein danebenstehendes Auto befördert. Dann
holt Meister aus und schlägt zu… doch trifft nur die
Autofensterscheibe, die durch die Krafteinwirkung in tausend
Scherbenstücke zerbricht! Scarecrow hat sich gerade so noch
aus dem Weg bewegt. Genervt und schmerzverärgert betrachtet
Meister seine Hand die nun auch blutig ist. Scarecrow ist wieder
zur Stelle und prügelt wieder wie wild auf Meister ein. In
jedem Schlag steckt Vergeltungsdrang für seinen Freund mit
drin. Plötzlich blockt Meister einen der Schläge und
hebt Scarecrow hoch. So läuft er mit ihm erneut gegen ein
Garagentor, bevor er ihn über eine andere Motorhaube wirft.
Schmerzverzerrt bleibt Silas liegen, doch der vergeltungstrieb
lässt ihn schon bald wieder irgendwie auf die Beine kommen.
Doch bevor die Situation noch weiter eskaliert strömen
Sicherheitsleute, diesmal gemischt mit einigen Jungs aus dem
Performance Center, die quasi auf Exkursion mit auf der Tour
sind. Mit vereinten Kräften gelingt es nun auch die zwei
Prügelknaben auseinanderzuhalten, bevor erneut die Ambulanz
anrücken muss. Scarecrow will am liebsten weitermachen,
Meister zunächst auch. Doch dann überlegt er es sich
anders und wendet sich einfach von Scarecrow ab. Wie zuvor
richtet sich der Vollstrecker seinen Anzug und zieht sich zurück.
Mit der blutigen Stirn, die ihn offenbar nun nur äußerst
wenig kümmert, sieht das Ganze noch bedrohlicher aus. Wie
ein bestialischer James Bond Bösewicht sieht dieses Bild
aus. Scheinbar denkt er sich, dass er sein Werk später schon
noch vollenden wird, wenn die Störenfriede wieder weg sind.
Scarecrow: „DENK NICHT
DU BIST HIER ALS EINZIGER NOCH NICHT FERTIG! WIR KRIEGEN DICH!
UND ES WIRD DER SCHLIMMSTE TAG DEINES LEBENS, DU BASTARD!“
Die
Kamera schaltet auf das Kommentatorenpult und wir sehen Sven und
Pete.
Pete:
„Meine verehrten Damen und Herren, ich kriege gerade die
Info aufs Ohr, dass die Vertragsunterzeichnung von Boris jetzt
stattgefunden hat, wir können also einen neuen Wrestler im
Roster der GFCW begrüßen, wie toll.“
Sven:
„Also Wrestler weiß ich jetzt nicht, eher ein
Dickerchen oder, hehe.“
Pete:
„Also Sven, bitte! Kein Bodyshaming hier, du weißt
selbst nur zu gut, dass etwas mehr Gewicht keineswegs hinderlich
für eine Wrestlingkarriere sein muss. Ich gebe allerdings
zu, dass wir sportlich bisher noch nichts von Boris gesehen
haben, sondern eher seine Vorliebe für… sagen wir mal
gesunde Ernährung… hüstel…“
Sven:
„Der Typ haut sich nur Fast Food rein, das ist ja wohl
keine gesunde Ernährung! Obwohl, auf Burger ist auch Salat
drauf.“
Pete:
„Ist mir schon klar, Sven, ich wollte das jetzt halt nicht
so direkt sagen. Oh, ich kriege gerade eine weitere Info aus Ohr:
Bei der kommenden War Evening werden wir Boris bereits im Ring
sehen, er wird sein erstes Match bestreiten. Das ist ja klasse!“
Sven:
„Oje, ob der Ring das aushält?“ Pete:
„Schluss jetzt damit. Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt.
Und damit ab in die Werbung!“
Fade
out.
Schwanenburgunder.
Jetzt noch überlegener im
Geschmack.
Noch siegreicher im Abgang.
Schwanenburgunder.
Der edle Tropfen des Erfolges.
Schwanenburgunder.
Jetzt in der kaiserlichen Edition
aus Bio-Reben.
Schwanenburgunder, der kaiserliche.
Probieren Sie ihn jetzt.
Schwanenburgunder.
So genießt bloß ein
Kaiser.
Schwanenburgunder.
Wir sind im
Backstagebereich unterwegs und begleiten einen Wrestler auf
seinem Weg durch die Katakomben der Rogers Arena. Der Mann füllt
dabei fast den gesamten Bereich der Kamera aus, denn es handelt
sich um die Neuverpflichtung El Montaña de Músculos,
den Mann, der seinem Namen alle Ehre macht. Der Maskierte will
scheinbar dringend wo hin, denn er hat einen schnellen Schritt
drauf. Schließlich stapft er schnurstracks auf eine Tür
zu und hämmert dagegen, so dass diese fast aus den Angeln
fliegt.
BÄNG
BÄNG BÄNG
Wir erkennen das
Schild, das laminiert auf die Tür geklebt wurde:
Commissioner Eric Fletcher. Man hört ein dumpfes Herein von
der anderen Seite, und El Montaña de Músculos lässt
sich nicht zweimal bitten, reißt die Tür auf und
stürmt in den Raum.
El
Montaña de Músculos: „Commissioner, sehr
schön, dass Sie so schnell Zeit für mich haben! Und,
wann geht es endlich los? Wann steige ich in den Ring? Wer ist
mein erster Gegner, hä?! Alex Ricks? Antoine Schwanenburg?
Oder sogar Zereo Killer?! Das wäre der Oberhammer!“
Eric
schaut nur kurz vom Tisch auf und wirkt, als wolle er sich eine
Antwort überlegen. Doch er kommt noch nicht dazu, eine
möglicherweise erdachte Reaktion in die Tat umzusetzen.
BÄNG BÄNG
BÄNG
Das Schild
spielt keine Rolle mehr, denn – ohne dass Eric Fletcher
etwas sagt – die Türe öffnet sich trotzdem. Zu
sehen ist das maskierte Elend von neulich, das sich El Otavio
nennt. Und der Catcheranzugträger wirkt aufgebracht.
El
Otavio: „Chefe! Ich brauche einen Kampf! Einen gegen
jemanden, der eine echte Herausforderung ist. Einen, gegen den
ich mich ultimativ beweisen kann und zeigen kann, wie wichtig und
richtig es war, El Otavio zu verpflichten!“
Noch
hat er den anderen El noch gar nicht bemerkt, sondern schaut in
seinem seltsamen Aufzug recht euphorisch in Richtung Fletcher,
dem er – noch ehe es für eine richtige Begrüßung
reicht – noch ein paar Takte vertellen möchte.
El
Otavio: „Ich weiß, dass es hier das eine oder andere
Fallobst wie Joe Jobber gibt, aber das ist nicht das, was ich im
Sinne habe. Ich brauche eine richtige Erfahrung!“
Erwartungsvoll
wird Fletcher angeblickt und dann erst der Blick langsam
gedreht….zumindest bis sich der Commissioner mit
überlegenem Grinsen und weeeeitem Nicken in seinen Bürostuhl
zurücklehnt. Die Lehne gibt dankenswerterweise etwas nach,
sodass das Zurücklehnen noch weiter gehen kann und er die
Hände gemütlich auf seinen Bauch ablegen kann.
Eric:
„Buen díííaaa…hermosa tarde,
verdad?“
Guillermo
Francello wäre stolz auf ihn…dürfte allerdings
auch eine der wenigen Personen sein, die die Referenz versteht.
Eric:
„Willkommen Ihr beiden…und schonmal ein Bienchen
für’s Siezen…“
Ein Daumen Hoch
in Richtung Berg.
Eric:
„…oder halt für das Vermeiden von Pronomen.“
Der Daumen wird
ein wenig abgeschrägt als er in Richtung Otavio zeigt. Aber
immerhin, schräg nach oben ist immer noch positiv.
Eric:
„Er und ihm übrigens, wo wir gerade schon dabei sind.“
Zum Daumen
gesellen sich noch die übrigen Finger der Hand dazu und der
Commissioner wischt durch die Luft, bevor er sich mit Schwung
wieder nach vorn zur Tischplatte beugt.
Eric:
„Wie auch immer, Jungs, machen wir’s kurz. Du willst
ein Match, du willst ein Match, ihr kriegt euer Match.“
Er deutet auf
die beiden, erst auf Montaña dann auf Otavio.
Eric:
„In zwei Wochen, in Anchorage…El Montaña de
Músculos…gegen El Otavio. Zufrieden?“
Der spanische
Muskelberg fasst sich bestürzt mit beiden Händen an die
Maske.
El Montaña de Músculos:
„Waaas?! Dieser Hänfling soll mein Gegner sein? Das
glaub ich ja jetzt nicht. Ich will einen richtigen Gegner, kein
Kind!“
El Montaña
de Músculos zögert dann kurz und scheint sich anders
zu besinnen.
El
Montaña de Músculos: „Wobei... warum
eigentlich nicht. Dann wird der Kleine hier sofort wieder die
Segel streichen, wenn er nach 10 Sekunden von mir gepinnt wird.
Otavio, jetzt kannst du zeigen, aus für Holz du geschnitzt
bist. Ich sag dir was, wenn du eine Minute gegen mich
durchhältst, trainieren wir zusammen und ich zeig dir ein
paar Tricks.“
Von nicht weit
nebenan ist ein leises prusten zu hören. Ja, offenbar stößt
die etwas einseitige Vorstellung des Berges auf ziemliche
Erheiterung….oder sorgt zumindest für eine solche. El
Otavio wäre ja nicht El Otavio, würde er das einfach so
auf sich sitzen lassen.
So schaut er
erst kurz zu Fletcher, dem ein durchaus anerkennendes Nicken
gilt, dann aber, auch wenn man ja im Prinzip nur seine Augen
sieht, zum Berg, der ja mit seiner Meinung nicht hinter denselben
gehalten hat.
El
Otavio: „Es mag sein, mein Herr, dass ich dir in Sachen
reiner Körpergröße nicht ganz so nah komme, wie
manch andere. Dafür siehst du aus wie jemand, der sich im
Ring wie ein Brett bewegt – ein morsches Brett,
wohlgemerkt. Dagegen bin ich ja quasi das blühende Leben,
gewissermaßen der Ast, der sich im Winde verweht.“
Gut,
das ist vielleicht etwas viel Pathos auf einmal, aber der Berg
hat es ja immerhin nicht anders gewollt.
El
Otavio: „Du wirst mir zu beweisen haben, ob du ein Brett
bist – oder doch beweglicher. Kraft ist nicht alles und
auch wenn ich selbst ziemlich viel davon habe, ich meine: Sieh
mich an!, so weiß ich doch, dass es um in der GFCW zu
bestehen, viel mehr braucht, als einen Ring auseinandernehmen zu
können. Und das werde ich dir, wirst du vielleicht auch mir
und werden wir beide der GFCW beweisen. Du solltest dich also
besser schon warm anziehen und das Öl für die Gelenke
klarmachen…“
Jetzt
ist es an El Montaña de Músculos zu prusten. Er
drischt El Otavio freundschaftlich auf die Schulter.
El
Montaña de Músculos: „HA, so machen wir das,
mein Guter! Wer weiß, vielleicht steckt in dir mehr, als
man auf den ersten Blick sieht. Auf ein faires Match in 14 Tagen
in Alaska! Mal sehen, was das gibt, ich werde auf jeden Fall
richtig hart trainieren, um allen GFCW Fans da draußen zu
zeigen, dass diese Muskeln hier nicht nur krass aussehen sondern
auch was drauf haben!“
El Montaña
de Músculos posiert jetzt für die Kamera und spannt
seinen gestählten Körper an. El Otavio steht mit
verschränkten Armen da und nickt zufrieden. Fade out.
Nur
noch wenige Augenblicke, bis Ask Skogur sich einer seiner größten
Aufgaben stellen muss. Auf ihn wartet der GFCW World Heavyweight
Champion. Warum? Weil Alex Ricks den Mann aus Schweden vor eine
Aufgabe stellen wollte, die scheinbar unlösbar erscheint.
Ask
hat heute beziehungsweise in den letzten Wochen wieder viele
Entwicklungen durchgemacht. Dabei steht ihm allerdings ein Druck
im Nacken, der gewaltig ist. Er hat sich heute verbal
einigermaßen behaupten können gegen Alex Ricks und
sich selbst gefestigt, mithalten zu können, mit den Großen.
Und doch, ist seine Rolle in der GFCW nach wie vor etwas
wackelig…
Doch
plötzlich wird die Luft um Ask ein wenig eisiger. Sofort
bemerkt er, dass etwas anders ist, als es noch zuvor gewesen ist.
Seine Instinkte weisen ihn schon auf den richtigen Weg und kaum
dreht er sich um, wird bestätigt, dass in der Tat etwas
anders ist.
Antoine
Schwanenburg ist hier.
Der
Champion mit seinem markantem überheblichen Grinsen auf den
Lippen baut sich verdächtig nah vor seinem Gegner auf.
Antoine ist etwas größer, als der Schwede, den
goldenen Titel hat er auf seine rechte Schulter gelegt, sodass
Ask quasi dran riechen kann. Eigentlich sollte er sein Zeichen
noch nicht bekommen haben, noch sollte er nicht hier hinter dem
Vorhang auftauchen dürfen. Ein Fehler? Oder vielleicht will
der Champion auch noch mal vor dem Match ein kleines Zeichen
setzen, denn schließlich werden die meisten Kämpfe im
Kopf gewonnen und Ask schien am Vorabend nicht zu 100% von sich
und/oder der Situation überzeugt zu sein. Gefundenes Fressen
für den Champion.
Antoine:
„Na, du auch hier?“
Die
Überheblichkeit sprudelt mal wieder aus ihm heraus.
Antoine:
„Als ich zuletzt mit Alex sprach sagte er mir, dass er sich
deine Vernichtung von mir wünscht. Deswegen treten wir hier
und heute an. Er will, dass du ein für allemal aus dem Weg
geräumt wirst. Und weil es eben Alex ist, bin ich so frei
und tue ihm diesen Gefallen. Und weil ich ein solch herzensguter
Mensch bin, Ask, stehe ich nun hier vor dir und spreche dir diese
Warnung aus. Wenn du in…“
Er
schaut auf die Uhr, die er nicht trägt.
Antoine:
„Wenn du in 20, vielleicht 30 Sekunden dort hinaus trittst,
dann bist du das Wild und ich der Jäger.“
Dann
geht er einen Schritt zurück und mimt, wie er eine Waffe auf
Ask richten würde. Den Platz der Waffe wird in diesem Falle
von dem World Title eingenommen, was vielleicht auch ein wenig
unfreiwillig komisch wirkt, aber Antoine ist es egal, wie es
aussieht, denn er weiß, dass es dennoch Eindruck schinden
sollte.
Antoine:
„Das Einzige, was du gleich beeinflussen kannst, mein
Lieber, ist ob du langsam oder schnell ausblutest. Du weißt,
dass du das Wild bist. Du weißt, dass du niemals mehr sein
wirst, als das. Deine Aufgabe ist es, so lange wie möglich
nicht erlegt zu werden. Die Rollen werden sich niemals ändern
und auch das Ende nicht. Ich, Ask, ich werde niemals der von dir
Gejagte sein und es ist auch nicht schlimm, sich dies
einzugestehen. Im Gegenteil, mein Lieber, es würde gar von
Stärke zeugen, wenn du dort einfach hinaus gehst, deine
Rolle akzeptierst und auf den erlösenden Schuss wartest.“
‚Na
spitze – auch das noch‘ denkt sich Ask wohl gerade.
Jetzt kommt der auch noch und schwingt große Reden. Sowas
ist Ask natürlich mittlerweile gewohnt, hier in der Liga.
Aber er hat es zurzeit nicht leicht, weiß nicht so recht,
wo er steht, und versucht diese Rolle zu finden. Da passt so eine
Ansage, so kurz vor diesem wichtigen Match, natürlich nicht
so gut. Aber Ask bleibt eisern, er hat heute bereits andere,
toughere Facetten gezeigt und dabei bleibt er jetzt.
Ask:
„Du bist kein Naturmensch, oder? Und ein Jäger schon
gar nicht. Erste Regel des Jagens? Geh nie zur Beute hin und sag
ihr, dass du sie Jagen wirst. Sei unscheinbar, leise und achtsam.
Halt dich bedeckt und sei vorsichtig und schlag dann zu, wenn sie
am wenigsten damit rechnet.“
Ask
zuckt mit dem Kopf ruckartig und mit einem lauten Schrei, fast
schon einer Art Bellen, nach vorn in Richtung Schwanenburg, der
davon tatsächlich etwas überrascht ist und seinerseits
kurz zurückzuckt. Dieser kleine Triumph gibt Ask wieder
etwas mehr Selbstbewusstsein, was heute bei ihm einer Berg- und
Talfahrt gleicht.
Ask:
„Ich hab keine Angst vor dir. Ich bin hier, um zu kämpfen.
Und das werde ich tun. Dann kannst du deinem Kumpel Alex
ausrichten, was ihn erwarten wird, wenn er sich mir das nächste
Mal stellt.“
Ask
dreht sich von Schwanenburg weg und klatscht sich nochmal aufs
Gesicht, bevor er schließlich aufbricht und durch den
Vorhang läuft und Antoine Schwanenburg stehen lässt.
Auf zu einem der größten Matches seiner Karriere.