Wenn
man unsere beiden Kommentatoren, Pete und Sven, nach ihren
jeweiligen Farben einsortiert, dürfte die wichtigste Frage
im Glasgower Raum geklärt sein. Da wir aber nicht wissen,
was Pete und Sven wirklich über schottischen Fußball
denken und auf wessen Seite sie im April 2008 standen, als
Shunsuke Nakamura – nur ein ähnlicher Name, nicht der
gleiche – DAS Tor schoss, müssen wir uns auf andere
Fragen konzentrieren.
Fragen,
die mit der GFCW zu tun haben.
Pete:
„Meine Damen, Herren, und alle außer- und innerhalb
des Genderspektrums, herzlich Willkommen zu GFCW War Evening!“
Sven:
„Der Titel der heutigen Ausgabe ist: „Das mysteriöse
Verschwinden von Zereo Killer“, Pete.“
Pete:
„Nein, ist es nicht. Unsere Ausgaben haben keine
Episodentitel.“
Sven:
„Wir sollten sie einführen.“
Pete:
„Das sehe ich anders.“
Sven:
„Warte, bis ich etwas anderes einführe, und zwar in
DEINE MUT…“
Singles
Match Renegade
vs Mike „The Mirror” Müller
Pete:
“Renegade ist zurück, und wie: Bei der letzten Show
hat er eindrucksvoll Aiden Rotari daran gehindert, gegen Ask
Skogur anzutreten und Aiden so vielleicht um ein WEITERES
Titelmatch gebracht… womit ich jetzt keine großen
Probleme habe. Das hier, heute Abend, ist sein zweites Match in
der GFCW, und er wird versuchen, bei seinem offiziellen Comeback
seinen ersten Sieg zu holen.“
Sven:
„Dabei kämpft er gegen Mike Müller, den
übertriebenen Volltrottel, dessen größte
Errungenschaften es sind, von Kriss Dalmi beinahe totgeprügelt
zu werden und mit DJ Freundlicher Orang-Utan befreundet zu sein.
Kein Plan, was „The Mirror“ schon wieder für
eine beknackte Scheiße sein soll, aber wir können uns
sicher sein, dass es dumm und wenig erfolgsversprechend wird!“
Singles
Match Viggo
vs Timo Schiller
Pete:
“Wir haben Ask schon erwähnt, und bei diesem Match
steht er im Mittelpunkt, obwohl er kein Teilnehmer ist. Unser
Intercontinental Champion hat in seiner Zeit in der GFCW gegen so
einige Widrigkeiten bestehen müssen und es war ein steiniger
Weg zum Titel. Sein vielleicht größter Feind: Holly
Hutcherson.“
Sven:
„Auch der ist nicht in diesem Match, seine beiden
ehemaligen Lakaien allerdings schon – auf verschiedenen
Seiten. Viggo möchte… naja, auch das ist nicht so
einfach. Er möchte eine bestimmte Art von Beziehung mit Ask,
von der ich mir nicht sicher bin, wie die eigentlich auszusehen
hat und wie viel von dem, was Viggo so von sich gibt, ernst
gemeint ist, aber… dafür brauch er erstmal Asks
Aufmerksamkeit und ein gewisses Maß an Vertrauen von
Skogur.“
Pete:
„Beides soll er sich hier, heute Abend, verdienen, wenn er
Timo Schiller gegenübertritt. Neben Rotari der originale
Performance Center Recruit, der es in Prä-GTCW in die GFCW
schaffte, landete er irgendwann in Hollys Fängen… und
in einem Kampf mit Ask. Eine Menge Historie, eine Menge Drama,
komplexe Beziehungen: All das kulminiert hier und heute in diesem
Match zwischen zwei ehemaligen Brüdern im Geiste!“
Das
ultimative VIP-Fan-Meet and Greet mit dem "Bronzed Adonis"
Steve Steel
Sven:
„ER IST ZURÜCK, PETE!“
Pete:
„Ganz recht. Der Bronzed Adonis feiert einmal mehr seine
Rückkehr in die GFCW, und zwar…“
Sven:
„MARKUS RÜHL!“
Pete:
„Was willst du nun schon wieder?“
Sven:
„MATTHIAS CLEMENS!“
Pete:
“Ach, was weiß ich. Wir sind gespannt, was er sich
für die zahlreichen Fans, die sich ein Ticket für
dieses besondere Ereignis gekauft haben, überlegt hat.“
Sven:
„Hoffentlich eine No-Show.“
Tag
Team Match T’n’B
(Tha Bomb & Titan) vs Raymond “Morbeus” Douglas &
???
Pete:
“Ein weiteres Comeback: Morbeus!“
Sven:
„Ohne Urban Ultras, ohne Familie, dafür mit einem
neuen Ziel: Die GFCW Triple Crown.“
Pete:
„Ganz Recht. Dazu fehlt ihm noch der Tag Team Title, der
dank Aiden Rotari momentan vakant ist, und wenn es um Tag Team
Titel geht, sind Titan und Tha Bomb natürlich nicht weit,
weshalb sie Morbeus auch gleich gegenüber getreten sind, als
er seine Rückkehr zelebrierte.“
Sven:
„Ganz genau. Hier ist die spannendste Frage natürlich:
Wer wird der Mystery Partner von Morbeus?“
Pete:
„Ja. Seine offensichtlichsten alten Freunde sind nicht
hier, und ansonsten ist Morbeus nicht unbedingt beliebt. Ich habe
nicht einmal eine Ahnung, wer es sein könnte. Nicht, dass er
am Ende ohne Partner dasteht, und ein Handicap Match bestreiten
muss.“
Sven:
„Das wäre ganz schön peinlich. Zum Glück
weiß ich schon, wer Morbeus als Partner vorschwebt.“
Pete:
„Achja?“
Sven:
„Ne, verarscht, du Dummbatz. Woher soll ich das wissen?
Junge, Pete, bist du bescheuert.“
Pete:
„Das ist… du bist eine Katastrophe, Sven, weißt
du eigentlich…“
Sven:
„Verarscht! Ich weiß es doch! Morbeus wird es nämlich
bei Leighton Meester probieren.“
Pete:
„…klar. Sei’s drum: Wir haben eine pickepacke
volle Show! Zusätzlich zu den Matches sehen wir auch noch
mehr von World Champion, Contender und zukünftigem
Contender: The End, Robert Breads und Aiden Rotari. Ask Skogur,
unseren Intercontinental Champion, haben wir auch auf dem Zettel,
und dann ist da ja auch noch das Schicksal von Aldo Nero…
und wer weiß, was uns sonst noch erwartet?“
Sven:
„Amy Lee.“
Pete:
„Viel Spaß bei War Evening!“
In den Katakomben der Arena
herrscht reges Treiben. Der GFCW-Staff versucht diese War
Evening-Ausgabe in bekannter Manier professionell über die
Bühne zu bekommen. Das geht nicht ohne Arbeit, wenn auch
nicht immer alles perfekt läuft. Auch Wrestler sind zu
sehen, die sich entweder auf ihr Match vorbereiten, oder eben
einen mehr oder minder normalen Arbeitstag genießen.
Die Kamera zoomt dann näher
dran, als ein Rotschopf die Szenerie betritt. Raymond „Morbeus“
Douglas wirkt genervt. Weder unwirsch noch alkoholisiert oder
manisch. Einfach schlecht gelaunt und etwas desperate. Wie jemand
der auf dem großen Basar des Hochzeitsmarktes nicht zum
Zuge kommt. Wortlos geht er an dem ein oder anderen Shootingstar
mit GTCW-Wurzeln vorbei, schließlich hat er sein neuestes
Ziel klar anvisiert: seinen Landsmann und Urgestein Robert
Breads.
Der weiß noch nichts von
seinem Glück und blickt stirnrunzelnd auf das Smartphone in
seiner Hand, auf der irgendetwas unglaublich interessantes stehen
muss. Geistesabwesend bewegt Breads dabei die verletzte Schulter,
welche nicht mehr in einer Schlinge steckt, jedoch noch immer
lädiert zu sein scheint, wenn man den vorsichtigen
Bewegungen Breads‘ Glauben schenekn darf.
Douglas nähert sich Breads,
indem er mit einem etwas aufgesetzten Grinsen den Blickkontakt zu
„Canadas Own“ sucht und dann wie ein Key Account
Manager nicht lange mit Vorgeplänkel abmüht, sondern
direkt den „Deal“ eintüten will.
Morbeus:
„Robert, dich kriegt auch keiner klein. Hut ab! Habe dein
Statement der letzten Show gerne angesehen. Du willst es also
nochmal wissen, dir nochmal die Krone aufsetzen. Und dabei dachte
ich, selbstredend nicht ganz uneigennützig, das könnten
wir beide doch zusammen am besten umsetzen?“
Breads will gerade ansetzen, da
hebt Morbeus noch einmal die Hand. Er ist noch nicht fertig.
Morbeus: „Ja,
ja. Ich habe auch nie geträumt, dass wir beide mal ein Tag
Team sein könnten. Aber sehe es doch mal pragmatisch. Die
ganz großen Teams sind aktuell nicht in der Liga…und
das ist nun der Shortcut to the top! Lazy mans dream?! TnB laufen
hier wieder rum, die sind sogar noch älter als wir. Die
Titel liegen auf dem Silbertablett und ich will sie. Aber ich
brauche jemanden, der weiß wie es geht und du scheinst
aktuell eben auch nicht richtig ausgelastet zu sein. Die Jungen
hier, da habe ich leider gar keine Connections zu. Wie weit sind
die? Technisch vermutlich gut, vielleicht sogar talentierter als
wir. Aber vom Kopf? Meine Karriere ist zu weit fortgeschritten
für Experimente dieser Art. Wir sind doch beide aus
Ahornholz geschnitzt, mein Lieber….“
Douglas versucht seine
Überredungskünste mit etwas gespielter Kumpanei
Nachdruck zu verleihen. Doch Robert Breads atmet erstmal tief
durch…..
Robert
Breads: „Auch an dich herzlich Willkommen zurück,
würde ich sagen. Nun… vielleicht nicht „herzlich“.
Aber Willkommen zurück.“
Breads beäugt den Mann vor
sich mit etwas, das nicht ganz Misstrauen, sondern eher ein „Ich
weiß, was du vorhast“-Gefühl sein könnte.
Er steckt das Mobiltelefon in die Hosentasche und hebt die
Augenbrauen, während er Morbeus von Kopf bis Fuß
beäugt, als würde dieser gerade sein Try-Out bei der
GTCW bekommen.
Robert
Breads: „Ich denke, es wäre The End gegenüber
mehr als beleidigend, wenn ich mich selbst als „nicht
richtig ausgelastet“ bezeichne, wo doch mein Titel-Match
mit ihm ansteht.“
Solider Punkt. Ein Duell mit dem
aktuell besten Wrestler der GFCW, der vor ein paar Wochen noch
den ewigen Breads-Feind Zereo Killer – seines Zeichens der
größte Star in der Geschichte der Promotion –
besiegen konnte, sollte nicht auf die leichte Schulter genommen
werden – schon gar nicht, wenn diese Schulter in dubiosem
Zustand ist.
Robert
Breads: „Ich bin zwar von den Ärzten gecleart, aber
mir ist recht deutlich mitgeteilt worden, dass ich mich schonen
soll, wenn ich in London bei einhundert Prozent sein will, und
selbst dann kann man es nicht garantieren. Ich würde sogar
behaupten, das Letzte, was ich brauche, ist ein Nebenschauplatz,
auch wenn ich es sehr genießen würde, Titan und Tha
Bomb eins auszuwischen. Allerdings nicht genug, um meine Chancen
auf den World Title zu verringern.“
Eine kurze Pause, in der Robert zu
überlegen scheint. Eine gewisse Neugier hat sich in seinen
Gesichtsausdruck geschlichen, und die scheint er befriedigen zu
wollen.
Robert
Breads: „Es sei denn, du hast einen spektakulären
Grund, gerade mir dieses Angebot zu machen, von dem ich noch
nichts weiß. Ich bin zwar ehemaliger Tag Team Champion und
vermutlich vom Können her die beste Wahl, die du treffen
kannst, aber wir sind ja auch nicht unbedingt immer…
Freunde gewesen.“
Vor ziemlich
genau drei Jahren waren Breads und Morbeus um die GFCW
Intercontinental Championship aufeinandergetroffen, der einzige
Titel, der Breads noch gefehlt hatte, um die Triple Crown zu
vervollständigen. Da er noch immer kein Triple Crown
Champion ist, wird der findige GFCW’ler sich im Klaren
darüber sein, dass Morbeus damals gewonnen hat. Und nun will
er, dass Breads ihm beim Erreichen eben jenes Zieles hilft, wo er
es doch Robert damals selbst verbaut hatte?
Morbeus: „Ach
ja, das war was. Ich habe mein Freundebuch mal wieder nicht
dabei, aber was du mal später werden willst….hat auch
nicht mehr die ganz große Relevanz. Egal. Wir waren keine
Freunde, wir waren Gegner. Wir beide wollten den Titel. Du
hättest Triple Crown Champion werden können, aber ich
stand in deinem Weg. Doch ich habe in diesem Match gemerkt, welch
kompetitiven Gegner ich da habe. Die Gier das letzte Puzzlestück
zur Vollendung noch zu ergattern, habe ich in deinem Auge
gesehen. Ich dachte nun: Wer kann dir einen Titelgewinn
garantieren? Jemand der es so will, wie ich. Und ganz ehrlich,
Robert. Ich bin in gewisser Weise auserzählt. Ich habe keine
Freunde mehr in der GFCW. Die meisten sind weg und Everybodys
Darling werde ich in diesem Leben auch nicht mehr. Scheinbar ist
es mal wieder schlechtes Timing meinerseits, aber ich frage mich:
welche Relevanz haben Männer wie wir noch in dieser Zeit? Du
hast ein neues Betätigungsfeld mit dem Performance Center
gefunden. Aber was soll ich tun? Ich kann nur wrestlen und da
suche ich jeden Strohhalm und du bist offenkundig dieser für
mich, auch wenn das nicht auf Gegenseitigkeit beruht.“
Ein etwas geknickter, von der
Mid-Life Crisis gekennzeichneter Morbeus, schweift den Blick
umher, wartend auf eine sich schon längstens abzeichnende
Antwort eines alten Weggefährten…
Robert
Breads: „Du wirkst fast schon verzweifelt. Am Boden.“
Breads stellt das recht nüchtern
fest, aber zumindest ein gewisser Grad an Mitgefühl
schleicht sich in die Stimme des Kanadiers.
Robert
Breads: „Ich kann verstehen, dass du jemanden brauchst, der
für dich da ist. Als ich eine große Krise hatte, als
ich Match um Match verlor, hätte ich mir auch gewünscht,
dass ein Mann, mit dem mich Herkunft und Generation verbinden,
mir unter die Arme greift.“
Man kann das große „Aber“
förmlich schmecken, bevor Breads es, noch immer im
mitleidigen Tonfall, ausspricht.
Robert
Breads: „Aber du hast mir damals nie eine Partnerschaft
angeboten, als du oben auf warst. Jetzt stehst du hier und
jammerst, als würde die Welt enden, nachdem du dein letztes
Match bei der größten Show des Jahres gewonnen hast,
und die Undefeated Streak von Kyle Douglas beendet hast, der
sowohl mich als auch Aiden besiegen konnte, und tust so, als ob…
was eigentlich? Was soll das?“
Eine Frage, hinter der ehrliche
Verwirrung zu stecken scheint. Breads schüttelt den Kopf,
und deutet dann auf seine verletzte Schulter.
Robert
Breads: „Selbst, wenn ich nicht verletzt wäre, würde
ich nur mit dem Mann Tag Team Champion werden wollen, der immer
für mich da war, und das bist nicht du.“
Eine eindeutige Anspielung auf
seinen Sleaze-Partner Aiden Rotari.
Robert
Breads: „Ich werde meine eigenen Ziele nicht für deine
selbstsüchtige Pseudo-Freundschaft aufs Spiel setzen. Du
hast Recht, du hast keine Freunde in der GFCW, RayRay. Und das
ist ganz allein deine Schuld.“
Spricht es und lässt den
Franko-Kanadier allein zurück. Breads hat im Moment nun
wirklich andere Dinge im Kopf als Morbeus und dessen
Identitätskrise.
James Corleone.
Aiden Rotari. The End.
Die GFCW World
Championship.
Wir
befinden uns im Backstagebereich. Dort sehen wir nun auch direkt
schon den künftigen Hauptherausforderer auf den GFCW World
Championship, Aiden Rotari. Vor zwei Wochen ist diesem
gewissermaßen ein garantiertes Titelmatch in den Schoß
gefallen, ohne, dass er wirklich etwas dafür tun musste. Das
verbundene Chaos, dass er damit bei dem aktuellen Champion, The
End und seinem Begleiter, James Corleone verursacht hat, nimmt er
dabei natürlich auch gerne mit.
Rotari
durchschreitet die Gänge des Backstagebereiches nicht sehr
lang, bis es einen Grund gibt anzuhalten. Und der Grund wird uns
auch recht schnell offenbart, als sich der GFCW Championship
Titelgürtel in Ends persönlichem Design ins Bild
schiebt. Und der Champion, der den Gürtel auf der Schulter
trägt, direkt hinterher.
End
wirkt alles andere als erfreut darüber Rotari zu sehen und
doch ist Rotari der Grund für die Anwesenheit des World
Champions. Es gibt Redebedarf, den der Champion jetzt
offensichtlich einfordern will. Er mustert Rotari mit einem
finsteren Blick, wohlwissentlich, dass er damit wenig
Erfolgsaussichten darauf haben wird, ihn auch wirklich
einzuschüchtern. Aber das ist erstmal zweitrangig.
The
End: „Jetzt bist du glücklich, was?“
Vorwurfsvoll
spricht End den Elefanten im Raum direkt an. Natürlich geht
es hier um den „Deal“ zwischen Rotari und Corleone
von vor zwei Wochen.
Aiden
Rotari: „Ich wäre glücklicher, wäre da in
der letzten Show nicht dieses… Problem aufgetreten.“
Damit
spielt Aiden sicherlich auf die Attacke von Renegade vor dem
Match mit Ask Skogur an. Dennoch wirkt Rotari nicht allzu
traurig.
Aiden
Rotari: „Aber ich will nicht gierig werden. Der Deal von
Mr. Corleone war sehr verlockend, ich konnte schlicht nicht
widerstehen.“
Auch,
wenn End Rotari wohl gern die Selbstsicherheit aus dem Gesicht
schlagen würde, weiß er natürlich, dass Rotari
Recht damit hat. Der Fehler ging von Corleone aus und Rotari hat
diesen dann nur ausgenutzt. Hätte End das anders gemacht?
Sicher nicht, aber darum geht es nicht. Er muss sein Gesicht
wahren und darf keine Schwäche zulassen, egal, was hier
richtig oder falsch ist.
The
End: „Bilde dir darauf nichts ein. Jeder macht Fehler. Ich
gestehe es mir nicht gern ein, aber offensichtlich stellt auch
mein Manager, Mister Corleone, da keine Ausnahme dar. Du hast
getan, was jeder tun würde, und das verstehe ich.“
Die
Anerkennung in diesen Worten scheint echt zu sein, aber, dass
„Aber“, was hier im Raum liegt, ist nicht zu
übersehen.
The
End: „Ich verstehe es, aber ich werde es nicht dulden. Du
hast dein Match, herzlichen Glückwunsch. Sobald ich mit
Robert Breads fertig bin, werde ich dafür sorgen, dass du
die Bedeutung der folgenden Worte verinnerlichen wirst: Sei
vorsichtig, mit dem, was du dir wünschst… den Rest
kennst du sicherlich.“
End
unterstreicht diese Aussage, gesprochen in einem bedrohenden
Unterton, indem er weitere Sekunden verstreichen lässt ohne
etwas zu sagen.
Wie
gewohnt ist Aiden niemand, der mit überaus ausdrucksvoller
Mimik glänzt, aber er macht sich nicht über diese Worte
lustig und tut sie auch nicht ab – er nimmt nicht nur den
Mann gegenüber, sondern auch dessen Aussage ernst. Rotari
hat sich mit einer Mischung aus Gerissenheit, Zufall, Chaos und
Glück nach ganz oben gewuselt, aber nun sind die Einsätze
höher als je zuvor, und man kann sich keine Fehler leisten.
End
ist im Begriff sich wegzudrehen, da stoppt er noch einmal kurz
ab.
The
End: „Verfalle nicht dem Glauben, dass mir entgehen würde,
was du über mich sagst. Von nun an gilt, wenn du etwas von
mir willst, dann wendest du dich direkt an mich. Nicht an die
Kamera, nicht an Mister Corleone. An mich. Keine Deals mehr,
ohne, dass ich sie vorher abgesegnet habe.“
End
spielt natürlich auf Aidens Aussagen über End
hinsichtlich Zereo Killer an. Dort warf Rotari dem World Champ ja
vor, dass er sich nicht „endgültig“ um ZK
gekümmert hätte, was nicht ganz unrichtig ist. Zereo
Killer ist zwar aktuell nicht da, könnte wohl aber jederzeit
zurückkommen.
Aiden
scheint einen Moment zu überlegen, ob ihm eine Antwort dazu
einfällt, beschließt aber dann, dass er sich mit dem
höchsten Würdenträger der GFCW und wohl
gefährlichsten Mann der GFCW im Moment nicht groß
auseinander setzen möchte, wenn er das nicht muss –
und die Möglichkeit, dass sein Sleaze-Partner das „Problem
End“ für ihn löst, steht ja auch durchaus noch im
Raum. Deshalb beschränkt Rotari sich auf ein bloßes
Nicken, bei dem er den goldenen Gürtel, den End bei sich
trägt, eine Sekunde länger als unbedingt nötig ins
Auge fasst. Er hat verstanden.
End
lässt seine Aura noch etwas wirken, bevor er sich
schließlich vollends von Rotari abwendet. Ein letzter
finsterer Blick, bevor er wieder verschwindet.
Mac
Müll: “Ich verstehe nicht ganz.”
Das
ist jetzt nicht unbedingt etwas ungewöhnliches. Das soll
nicht einmal ein Diss an den nutzlosesten und rückgradlosesten
Interviewer-Versager seiner und wohl auch jeder anderen
Generation sein, sondern eher darauf anspielen, wie viel dumme
Scheiße Mac Müll in knappen dreiundzwanzig Jahren GFCW
schon hören musste.
Er
ist es also gewohnt, verwirrt zu sein.
Dennoch:
Helfen tut ihm das gerade nicht. Immerhin muss er probieren, ein
Interview zu führen.
Mike
Müller: “Kannst du in den Spiegel sehen?”
Da
ist er, der Gesprächspartner von Mac und Rückkehrer in
die GFCW-Shows, Performance Center Urgestein und Partykönig
Mike Müller, seines Zeichens in erster Linie dafür
bekannt, das Wort “ficken” als Synonym für so
ziemlich alles zu verwenden und von Kriss Dalmi im Lerbitz Ruins
Match beinahe buchstäblich geschlachtet worden zu sein.
Abgesehen
von einem kurzen Auftritt im Herbst letzten Jahres haben wir ihn
knappe zwei Jahre nicht gesehen, und er sieht...
...irgendwie
immer noch genauso aus wie vorher. Ein wenig ist ihm vielleicht
das Jugendliche verloren gegangen, er wirkt ein bisschen
gestresster, nicht mehr so locker, und die Anzeichen von
Augenringen lungern unter seinen Glubschern.
Mac
Müll: “Das fragtest du mich bereits. Ja, kann ich.”
Müller
glotzt Müll an. In beiden Namen steckt das Wort “Müll”,
das fällt mir jetzt gerade beim Schreiben erst auf. Ich
wollte euch das wissen lassen, damit ihr darüber auch
nachdenkt, und ob euch das eher stört oder ob das okay ist.
Mike
Müller: “Dann sieh mich an.”
Es
scheint im Hirn von Mac Müll noch immer nicht “Klick”
zu machen, aber das kann man ihm nicht verübeln, denn so
wirklich verständlich ist nicht, was Müller von Müll
will. Mac entschließt sich, das Spiel mitzuspielen.
Mac
Müll: “Okay.”
Mike
Müller: “Was siehst du?”
Mac
Müll: “Dich.”
Mike
Müller: “Ich bin THE MIRROR.”
Mac
Müll: “Okay.”
Mike
Müller: “Also, was siehst du?”
Mac
Müll: “Ich raff’s nicht.”
Mike
Müller: “Es ist eine Metapher.”
Mac
Müll: “Was ist eine Metapher?”
Mike
Müller: “THE MIRROR.”
Mac
Müll: “Ich dachte, du bist THE MIRROR.”
Mike
Müller: “Genau!”
Aufgeregt
wedelt Mike mit den Armen. Es scheint so, als wäre Mac auf
dem richtigen Pfad, und das erregt Müller genug, um ein
wenig lauter zu werden. Ich schreibe übrigens nun die ganze
Zeit aus Versehen “Mac Müller” oder “Mike
Müll”, das fuckt mich richtig ab. Dieses Segment war
eine blöde Idee.
Mac
Müll: “Also... bist du eine Metapher?”
Mike
Müller: “Ich bin der Spiegel der Gesellschaft und
halte der Gesellschaft den Spiegel vor.”
Mac
Müll: “Das... widerspricht sich doch. Oder bist du ein
Spiegel mit Gefühlen? Was ist der Joke?”
Mike
Müller: “Das ist doch dasselbe, man! Es gibt keinen
Joke! Ich bin der Spiegel! The Mirror! Du musst in den Spiegel
sehen!”
Nun
wirkt Mike beinahe etwas verzweifelt, als wäre der “richtige
Pfad” wieder verlassen worden und dieses Gespräch sich
falsch entwickeln.
Mac
Müll: “Okay, also, ich sehe dann... mich? Ist der
Witz, dass ich Müll bin oder so?”
Mike
Müller: “Es gibt KEINEN Witz.”
Mac
Müll: “Ja, klar. Als ob.”
Mike
Müller: “Ich kritisiere die Gesellschaft, indem ich...
mit dem Spiegel... fuck, was hat der Boss nochmal gesagt?”
Die
Nervosität des Mannes, der so sehr als laufender Running Gag
bekannt ist, dass Mac Müll ihm keine Sekunde lang glaubt,
dass das hier kein elaborates Set-Up für einen grässlichen
Witz ist, wächst spürbar. Und so langsam drängt
sich der Verdacht auf, dass Müller selbst nicht so genau
weiß, was er eigentlich sagen will.
Mac
Müll: “Der Boss? Wer ist der Boss? Dynamite?”
Mike
Müller: “Ne, das war... ah ja! Das ist
Gesellschaftskritik, hat er gesagt...? Shit. Ich... ne, die
Gesellschaft waren die Fans, und die sollen in den Spiegel
gucken, wegen... also, man behandelt dich doch immer schlecht,
und Schuld sind die Fans, weil sie kritisch sind... nein, warte,
ich bin kritisch, weil die Fans dich dazu treiben, dass... Ich
FICKE diese Promo!”
Mit
einem zornigen Stampfen erschreckt Mike den Interviewer, der
(nicht ganz unverständlicherweise) in Erwartung von
körperlicher Gewalt einen Schritt zurück macht.
Mike
Müller: “Voll reingeschissen. Das ist... kann ich
nochmal neu anfangen?”
Mac
Müll: “Ähm, das ist live. Du hättest
Sendezeit für ein Pre-Tape anfordern müssen, wenn du
vorproduzieren willst. Also... das hat jetzt jeder gesehen.”
Mike
Müller: “Scheiße, scheiße, scheiße...”
Wie
es scheint, hat Mike Müller verbockt, was auch immer sein
Job war, und das bei seinem großen Re-Debut, wo es gilt
einen guten Eindruck zu machen. Dennoch hinterlässt er eine
Menge Fragen: Was ist dieser Kram von wegen “The Mirror”?
Wer ist der Boss? Und warum tritt er hier so ungewohnt auf?
Mike
Müller: “Und jetzt?”
Halb
trotzig, halb flehend starrt Müller zu Mac herüber, der
sich ob dieses obskuren Auftritts am Kopf kratzt.
Mac
Müll: “Ich, ähm... würde einfach Schluss
machen. Ich kann zum nächsten Segment überleiten, wenn
du...”
Mike
Müller: “Ah, nein, warte! Ich muss noch meine
Catch-Phrase sagen!”
Mac
Müll: “Du hast eine...”
Mike
Müller: “KÖNNT IHR IN DEN SPIEGEL SEHEN?”
Während
er diesen Satz unnötig intensiv und laut in die Kamera
brüllt quellen seine Augen beinahe aus seinem Schädel.
Gleichzeitig versucht er, eine Pose einzunehmen, von der es so
wirkt, als solle sie cool sein, die er jedoch nicht nur ein-,
sondern gleich zweimal adjustiert, bevor sie so aussieht, wie sie
aussehen soll.
Sie
sieht übertrieben scheiße aus. Sogar Mac Müll ist
peinlich berührt.
Mike
Müller: “Das war doch ganz, okay... oder?”
Mac
Müll: “Ähm... ich habe schon Schlimmeres
gesehen... glaube ich.”
Singles
Match:
Renegade
vs. Mike „The Mirror“ Müller
Referee: Thorsten
Baumgärtner
Trotz
seines skurrilen und etwas irritierenden Auftritts zuvor
kommt Mike Müller relativ unspektakulär in die
Halle. Statt eines tatsächlichen Theme Songs ertönt
das Klirren von Glasscheiben, und der Videobildschirm weist
ihn als “The Mirror” aus, doch ansonsten scheint
er so normal, wie Mike Müller eben normal sein kann, das
Match bestreiten zu wollen. Boots, Trunks, Knee Pads und
Ellbogenschoner, alles in silbrig-weißen Farbton, der
wohl zu der Spiegel-Ästhetik passen soll.
Auf
der anderen Seite: Wer legt hier schon fest, was wozu passt?
Er
nickt der Crowd, die ihm in erster Linie wohlgesonnen ist,
auch wenn sie keine allzu euphorische Reaktion vom Stapel
lässt, zu, dann macht er sich im Ring bereit für
den anstehenden Kampf.
Der
Entrance von Renegade sieht da schon anders aus. “Faster
N Harder” von 6arelyhuman knallt durch die Halle in
Glasgow und es gibt einen hörbaren Pop. Man kennt
Renegade mittlerweile ein wenig, er geht gegen Aiden Rotari
vor und sein spektakulärer Dive von der letzten Show hat
ihm unter den Adrenalin-Junkies in der Crowd sicherlich den
einen oder anderen Fan beschert.
Sehr
energetisch und mit geballter Faust geht es die Rampe
herunter Richtung Ring. Auf dem Apron wird der Arm zum Jubel
in die Höhe gestreckt, und eine nicht unbedingt
erderschütternde, aber durchaus nicht zu verachtende
Reaktion folgt darauf. Renegade ist vielleicht noch kein
Star, aber es scheint so, als wäre die Möglichkeit
da, mal einer zu werden.
Es
geht für den Jungspund ins Seilgeviert, wo er Müller
einen kurzen Blick zuwirft, und beide nicken einander zu. Sie
sind keine Freunde und werden sich hier ernsthaft und
sportlich duellieren, aber es gibt auch keinen Grund für
überbordende Feindseligkeit.
Die
Glocke läutet.
Müller
zeigt zu Beginn gleich seine Stärken und Schwächen:
Er ist groß, stark und überaus athletisch. Knappe
zehn Zentimeter und mindestens ein Dutzend Kilo thront er
über Renegade, und er ist für diese Größe
überaus explosiv und nicht ganz unbeweglich.
Das
Problem ist, diese Stärken auch gewinnbringend
einzusetzen. Müller agiert SEHR basic. Seine Punches und
Stomps sind zwar solide, aber seine Striking-Offensive
enthält weder besonders viel Varianz noch einen
wirklichen Killer, der ihn in dieser Situation weiterbringen
könnte. Bleibt also noch sein Move-Set, und er ist
wirklich... generisch.
Zu
Beginn versucht er sich an einem Bodyslam, einem Splash in
der Ecke, nachdem er Renegade hinein gewhippt hat, und einem
Shoulder Block. Alles keine schlechten Moves, vor allem für
jemanden mit seiner Statur, und er bekommt vor dem Splash
ordentlich Air Time, der Run vor dem Shoulder Block ist
schnell und kraftvoll, aber es wird sehr deutlich, dass ihm
Wrestling einfach noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen
ist. Er überlegt noch zu viel vor jedem Schritt, man
kann es quasi in seinem Kopf rattern sehen, sein Rope Running
wirkt an manchen Stellen etwas unrund, und er scheint
Probleme zu haben, seine eigene Kraft richtig einzuschätzen.
Blöd
für ihn, dass Renegade diese Probleme nicht hat. Klar,
er ist kein Veteran, aber er ist sich eines eigenen Stils
deutlich sicherer und nachdem er die anfängliche Flurry
von Hieben und Tritten des körperlich überlegenen
Mannes kassiert hat beginnt er zu verstehen, wie der Hase
läuft.
Dadurch,
dass Mike immer eine halbe Sekunde länger für jeden
Move braucht, als er sollte, und die Ausführung dessen
somit stets ein wenig durchschaubar erscheinen lässt,
gelingt es Renegade mit relativ simplen Kontern, Mikes
Attacken abzuwehren.
Der
Bodyslam-Versuch endet in einem Inside Cradle, aus dem Müller
erst ziemlich spät auskickt. Dem Splash in der Ecke kann
Renegade ausweichen, und anschließend selbst mit
einigen Kniestößen in die Magengrube von Müller
nachsetzen. Diesen Schmerz ignorierend stürmt Mike bei
der ersten Gelegenheit auf Renegade zu, um den bereits
genannten Shoulder Block zu zeigen, doch der ehemalige
Partner von Liam Spencer lässt sich auf die Matte fallen
und lässt Müller damit den Körper seines
Feindes stolpern, sodass er hinfällt.
Absoluter
Rookie-Mistake, aber hier wird einmal mehr deutlich, dass es
auch unter den Wrestlern aus dem Performance Center noch
Unterschiede gibt. Müller wäre sicherlich eher ein
Kandidat für Showcase als für Skirmish.
Mike
wird etwas rot im Gesicht, und man merkt ihm an, dass er nun
doch ein wenig emotional wird. Diese letzte Aktion war nicht
nur nicht erfolgreich, sie war peinlich, und das alles gegen
einen Typen, der erst über ein Jahr später als er
selbst in das GFCW-System eingetreten ist. Eigentlich sollte
Mike hier der “Veteran” sein und Renegade
vorführen, doch das Gegenteil ist der Fall.
Diese
Dynamik verpasst Müller noch einmal einen Push und man
sieht ihm sehr eindeutig an, dass er unbedingt WILL, aber er
hat keine Ahnung, wie genau er diese Form von Motivation
umsetzen soll. Ein wenig kopflos attackiert er Renegade
weiter, der jedoch zu keinem Zeitpunkt einen allzu fatalen
Schlag einstecken muss, da er sich der feurigen, aber etwas
uninspirierten Offensive von Müller relativ gut erwehren
kann und kommen sieht, was da auf ihn zukommt.
Renegade
hat außerdem den offensichtlichen Vorteil, eine Go
To-Waffe zu haben, und das hat Müller wie besprochen
nicht. Es sind die Knie, mit denen Renegade immer wieder die
Mid-Section seines Gegners attackiert, und ihm damit Stück
für Stück den Wind aus den Segeln nimmt. Bei jeder
seiner eigenen Attacken kassiert Müller letztlich ein
Knie irgendwo in Richtung Rippe, Magen oder Brust, eins sogar
direkt an die Leber, und das setzt ihm mit schmerzverzerrtem
Gesicht schließlich so lange außer Gefecht, dass
er die Deckung fallen lässt und Renegade ermöglicht,
hochzuspringen, um Müller ein Knie an den Kopf zu
verpassen.
Doch
immerhin so weit hat Mike ganz gut aufgepasst, denn er reißt
die Arme hoch und kann die Aktion ziemlich ordentlich
blocken. Das ist mehr oder minder das erste wirkliche
Erfolgserlebnis für ihn in diesem Duell, und man kann
unter seinen Händen im Gesicht eine Mischung aus Freude
und schierer Erleichterung ablesen.
Aber
genau da ist das Problem: Mike ist einfach zu langsam. Nicht
physisch, sondern im Kopf. Während er sich die Zeit
nimmt, zumindest innerlich zu zelebrieren, dass er ein
einziges Mal einen Schritt voraus war, ist Renegade schon
wieder dabei, das Match weiter zu wrestlen.
Mike
hat die Arme oben gelassen, weil er erst nachdenken muss, was
er als nächstes tut, statt sie natürlich wieder zu
senken? Wie praktisch.
Das
macht es für Renegade sehr viel einfacher, die Arme
einzuhaken.
Völlig
verdutzt, dass Renegade ihn nicht wieder mit dem Knie in
irgendeiner Form attackiert, kann man gerade noch so die
eintretende Panik in Mikes Gesicht sehen, als er bemerkt,
dass er gleich zu Boden gehen wird. Diese Angst vernebelt
seinen ohnehin schon nicht gerade in Hochgeschwindigkeit
arbeitenden Kopf genug, als dass ihm partout kein Konter in
den Sinn kommen will.
Das
nimmt Renegade dankend an. Er zieht seinen Snap Dragon Suplex
durch, und das ist genug für drei. Der reifere Wrestler
gewinnt mit einer souveränen Performance und fährt
nach der Pleite bei Doom’s Night in seinem GFCW-Debut
nun den ersten Sieg ein.
Sieger
des Matches durch Pinfall: Renegade!!!
Die
Glocke ist kaum verklungen, da lehnt sich Renegade über die
Ringseile nach draußen und brüllt seine Freude den
schottischen Zuschauer entgegen. Seine Brust hebt und senkt sich
mit heftiger Ausprägung und raschen Intervallen – aber
nicht nur, weil er nach er nach dem Kampf außer Atem ist,
sondern vielmehr es seiner „speziellen Persönlichkeit“
entspricht, den Moment des Sieges völlig auszukosten und
sich selbst gar in der Feierei ans Limit zu pushen. Er umgreift
das Toprope an der den Kommentatoren zugewandten Seite und
schüttelt es, die Schwingungen gehen durch seinen ganzen
Körper.
Renegade:
„Gebt - mir - ein - Mic!“
In
seiner Siegeseuphorie brüllt Renegade die Worte in einer
Weise heraus, dass man hinter jeder Silbe drei Ausrufezeichen
setzen müsste, um es akkurat in Schriftform zu übertragen.
Als Laura seinem Wunsch nachkommt und dem Schweizer das Mikrofon
reicht, nimmt dieser es mit beiden Händen entgegen und reckt
es der Hallendecke entgegen, als wäre es ein gewonnener
Pokal. Der Schweiß rinnt von seiner Stirn und lässt
das grüne Facepainting auf der Wange verwischen, was seinem
Gesamtauftritt noch mehr Wildheit verlangt.
Renegade:
„Gebt – mir – den – Mike!“
Nochmal?
Laura und der Großteil der GFCW-Galaxie schauen irritiert
drein. Was will Renegade mit einem zweiten Mikrofon? Aber dann
wird klar, dass die abgewandelte Grammatik kein Versehen ist,
sondern Renegade wirklich etwas anderes meinte. Er will keinen
weiteren Schallverstärker, sondern Mike. The Mirror. Müller,
der sich draußen vor dem Ring von den Strapazen des Kampfes
erholt und seinen schmerzenden Nacken hält, blickt
überrascht zu Renegade in dem Ring.
Renegade:
„Bruder, du hast was drauf!“
Er
beugt sich über die Seile nach draußen und hält
Müller seine Faust entgegen. The Mirror spiegelt die Geste,
Faust trifft Faust.
Renegade:
„Dein Herz ist groß, Mikey-Man. Du musst dich nur
noch mehr pushen! PUSH – DICH – MANN!“
Dem
fragenden Blick Müllers ist anzusehen, dass er nicht
wirklich weiß, was der Schweizer damit meint, aber er
spannt einfach mal die Brust an und klatscht in die Hände –
wird schon irgendwie passen. Renegade jedenfalls grinst
zufrieden.
Renegade:
„Du wirst eines Tages deinen festen Platz hier haben, Mann.
WENN DU DICH PUSHT. Glaub an dich, Mann. Und das bringt mich zu
wem anders…“
Die
Miene Renegades verdunkelt sich, auch wenn man vorher kaum
geglaubt hätte, dass sie das könnte. Aber nun blickt
der (mutmaßliche) Irre wütend drein. Mit der freien
Hand wischt er sich den Schweiß aus dem Gesicht und
verwischt damit die grüne Farbe bis hinauf ins hellblonde
Haupthaar, dass dadurch eine auffällige Färbung
annimmt.
Renegade:
„…zu Aiden Rotari.“
Die
zwei Worte des Namens langen, um Buhrufe in der Halle
herauszubeschwören. Mike Müller versteht, dass er nun
nicht mehr im Fokus von Renegades Interesse steht und beginnt,
sich langsam über die Rampe zurückzuziehen.
Renegade:
„Er hat eine Denkweise, die ich nicht mag. Im Kopf.“
Er
tippt sich mit zwei Fingern an die Stirn, um deutlich zu machen,
wo sich der Kopf befindet, in dem sich – seiner Meinung
nach – eine schlechte Denkweise von Aiden Rotari befindet.
Renegade:
„Er will es sein, der entscheidet, ob jemand in die GFCW
gehört oder nicht. Für ihn geht es nicht darum, ob MAN
– SICH – PUSHT und wie viel Herz man hat, sondern
Rotari hält sich für den Richter. Der die Liga ordnet
wie ein Puzzle. Und wenn ein Stück nicht dorthin passt, wo
er will, drückt er es mit Gewalt rein.“
Wir
erinnern uns: Rotaris Einfluss ist seit seinem Comeback
unverkennbar. Ob er die Tag-Team-Szene nach seinem Gusto neu
ordnet oder an anderer Stelle, ganz aus der Luft gegriffen wirkt
Renegades Vergleich nicht.
Renegade:
„Und auch ich war ein Puzzlestück, dass ihm nicht
gepasst hat. Er hat mir einmal eine Chance gegeben, doch dann war
er meiner überdrüssig und dachte, er kann mich
behandeln wie Ricksenburg. Mich kicken und ficken, wie es ihm
beliebt.“
Dass
Renegade nun mit hochgerissenen Armen im Ring steht und anders
als Ricksenburg quicklebendig und aktiv scheint, macht deutlich,
dass Rotari nicht das gelungen ist, was Renegade ihm vorwirft.
Renegade:
„Aber ich lass mich nicht rumschubsen. Ich tanze nicht nach
Rotaris Pfeife. ICH – WERDE – NIEMALS –
TANZEN!“
Um
die Kraft seiner Aussage zu doppelt dick zu unterstreichen,
beginnt er mit Tanzbewegungen, die er nach wenigen Sekunden
abrupt mit einem Brüllen abbricht.
Renegade:
„Wenn Rotari mich aus der Liga haben wollte, weil ich ihm
nicht gefalle, hätte er es richtig machen sollen. Nicht so
halbherzig, wie es geschah. Vielleicht dachte er, gegen mich
langt halbe Kraft. Er hat mich nicht zerstört wie
Ricksenburg, er hat sich nicht genügend GEPUSHT beim Angriff
auf mich und das langt gegen mich nicht. Aiden Rotari, ich sag
dir…“
Er
sucht mit dem Blick die Kamera, schaut erst dreimal in die
falsche Richtung und dann, als er die Linse erblickt, schwingt er
mit dem ganzen Körper herum und drückt die Nase ans
Glas, so dass das Bild für die Fernsehzuschauer zuhause
beschlägt.
Renegade:
„…wenn du mich aus der Liga ballern wolltest,
hättest du es richtig machen müssen. So hast du nur
eines erreicht: Mich zornig gemacht! In Nordirland vor zwei
Wochen habe ich dir eine Geschmacksprobe davon gegeben, was das
heißt. Aber ich will mehr! Ich will dir das antun, was du
mit mir vorhattest.“
Wieder
lauter Jubel. Auch wenn noch nicht klar ist, worauf Renegade
genau rhetorisch hinauswill, ist die Kernbotschaft schonmal da:
Der einstige Aqua-Man soll brutal zerrobbt werden und das gefällt
den GFCW-Zuschauer. So simpel kann das Leben manchmal sein.
Renegade:
„Ich will ein Match gegen dich! Und ich werde es auf eine
Art und Weise bestreiten, die du dir in deinen Alpträumen
nicht vorstellen kannst. Wenn ich mit dir fertig bin, brauchst du
nicht mehr darüber nachdenken, ob The End oder Breads
Champion ist – du wirst die Gelegenheit eh nicht wahrnehmen
können. Denn ich will ein Schlachtfeld, auf dem ich dich
ohne Zurückhaltung in den Boden rammen kann.“
Er
reißt die Arme in die Luft und setzt zu einem letzten
Brüllen an, in das er alle Kraft seiner Stimmbänder
setzt.“
Wir
befinden uns im Backstage-Bereich, wie man ob des Auftritts von
Tammy in dieser Szene unschwer erkennen kann. Wann hat sie es
zuletzt bis in die Ringside-Area geschafft? Damals, als sie ein
BAGUETTE SCHMIEREN sollte? Schwer, sich zu erinnern, was
bedeutet, dass es eine Weile her sein dürfte. Das ist aber
kein Problem für die (dank Altersmilde) nicht mehr allzu
sehr rasende Reporterin, denn hier, direkt vor der
“Interview-Wand” der GFCW, einem großen, weißen
Banner, das mit Logos von Sponsoren und kommenden Events
geschmückt ist, läuft sie zu Hochform auf.
Wobei
das mit diesem speziellen Gast vielleicht nicht unbedingt nötig
ist. Im Gegensatz zu seinem Partner, der gelegentlich durchaus
wortkarg auftritt und nicht mehr sagt als er muss und manchmal
weniger als er sollte, ist es nun wirklich nicht schwierig, GFCW
Hall of Famer Robert Breads zum Reden zu bewegen. Zu gern hört
der Kanadier sich dafür selbst sprechen.
Hier
und heute gibt es einen großen Unterschied zur vorherigen
Show zu begutachten, denn es gibt keine Schlinge mehr an der
Schulter von “Canada’s Own”. Die von Antoine
Schwanenburg verursachte Verletzung scheint also weiter zu
heilen, aber das ist auch mehr als nötig, wenn wir bedenken,
wie wenig Zeit Breads noch bleibt, bevor er mit dem besten
Wrestler der Promotion in den Ring steigen muss. Oder darf –
Ansichtssache.
Die
Atmosphäre ist verhältnismäßig entspannt.
Die zwei kennen sich nun immerhin bald schon fünfzehn Jahre,
und durch die schiere Tatsache, dass Tammy nicht Mac Müll
ist, kommt ihr eine Art Basis-Respekt entgegen. Dennoch wirkt
Robert nicht locker und zu Witzen aufgelegt, seine so langsam
aber sich durch das Alter gezeichnete Stirn hat eine zusätzliche
Falte, denn er wirkt nachdenklich.
Tammy:
“In etwa vier Wochen steht das größte Match an,
dass du seit langem in der GFCW hattest – ein Match um den
GFCW World Title. Wenn ich mich recht entsinne, dein erster Title
Shot um die Championship, die du damals mit definiert hast, seit
etwa neun Jahren, als deine zweite Regentschaft von Zereo Killer
beendet wurde.”
Ein
Nicken von Seiten Breads, bei dem er leicht die Nasenflügel
aufbläht - die Erwähnung des Wrestlers, der ihm nicht
nur, aber vor allem, seine zweite Titelregentschaft versaut hat,
löst nicht gerade Euphorie beim Mann aus Toronto aus.
Tammy:
“Die Bedeutung dieses Matches muss also kaum noch weiter
hervorgehoben werden. Die erste Frage, die sich mir und allen
Fans dahingehend stellt, ist: Wie geht es der Schulter der
Nation?”
Welche
Nation sie genau meint ist nicht exakt ersichtlich. Schottland,
wo wir heute gastieren? Kanada? Deutschland? Ist das einfach eine
Redensart? Ist das wichtig? Mit der Hand, die kein Mikrofon hält,
deutet die Interviewerin auf die von einer Schlinge befreiten
Schulter.
Robert
Breads: “Es wird besser.”
Das
ist kein “Gut”.
Robert
Breads: “Sagen wir es so, wenn das Titel-Match heute wäre,
könnte ich mir die ärztliche Freigabe besorgen. Mir
wurde allerdings dringend geraten, mir noch mehr Zeit zur
Erholung zu nehmen, sonst riskiere ich, nicht in der
bestmöglichen Verfassung in London aufzutauchen. Und ich bin
nicht so blind zu glauben, dass ich eine Chance gegen The End
hätte, wenn ich nicht als die stärkste Version meiner
selbst dort auftauche.”
Einmal
mehr zollt Breads The End – als Wrestler – Respekt.
Er weiß, wie der Hase läuft, und er wird auf keinen
Fall bei diesem ersten Title Shot auf den
Titel seit fast einer Dekade das Risiko eingehen, die Verletzung
vorher nicht so gut auskuriert zu haben wie nur irgendwie
möglich.
Robert
Breads: “Ich bin mir bewusst, dass es sehr gut möglich
ist, dass das mein letzter Shot ist. Es ist Wrestling, “sag
niemals nie”,
schon klar, aber ich kenne meinen Körper besser als jeder
andere. Diese Verletzung wäre vor zehn oder vielleicht sogar
fünf Jahren jetzt schon vollständig ausgeheilt. Ich
kann beinahe froh sein, dass es “nur” die Schulter
ist, und nichts, was mit meinen Beinen zu tun hat.”
Damit
spielt Breads auf den eigenen In-Ring-Stil an, der seit jeher
sehr Kick-lastig ist. Seit er langsamer geworden ist und die
Gegner ihm athletisch so gut wie jedes Mal überlegen sind,
verlässt er sich noch mehr auf sein Gehirn und seine Beine
als sowieso schon.
Robert
Breads: “The End wird ein harter Brocken. Ein sehr viel
härterer Brocken als sogar ein Zereo Killer.”
Er
kann es natürlich nicht lassen, die Tatsache aufzuspielen,
dass End den Killer geschlagen hat. Nur zu gern würde Breads
nicht nur den Titel gewinnen, sondern ihn der Person abnehmen, an
der Mike MacKenzie gescheitert ist.
Robert
Breads: “Ich würde seine Zeit nicht verschwenden, wenn
ich mir nicht sicher wäre, dass ich rechtzeitig fit genug
bin, um eine reelle Chance zu haben, mir den Titel zu holen.
Sonst könnte ich auch genauso gut Aiden den Spot
überlassen.”
Tammy:
“Apropos: Aiden Rotari.”
Ein
Schmunzeln huscht über die Lippen des zweifachen World
Champions. Die Erwähnung Rotaris amüsiert und erheitert
ihn sichtlich.
Robert
Breads: “Cleveres Kerlchen, nicht?”
Tammy:
“Findest du nicht, dass die Art und Weise, wie er das
angestellt hat...?”
Sie
findet kein Wort, das nicht allzu beleidigend klingt, aber Breads
weiß, was sie meint. Er zuckt mit den Schultern, und dann
zuckt er noch einmal beinahe unmerklich zusammen, als er bemerkt,
dass er diese Bewegung vielleicht noch nicht unbedingt machen
sollte. Wie fit ist er wirklich?
Robert
Breads: “Er hat ein bisschen Glück gehabt. Aber man
muss auch erst einmal so schnell schalten, und die Situation so
ausnutzen wie er es getan hat. Meine Wünsche werden im
Rahmen des kleinen Deals, den er mit Corleone eingegangen ist,
respektiert. Ich hoffe sehr, dass ich derjenige sein werde, der
den GFCW World Title gegen Aiden verteidigt, aber ich bin nicht
allzu beleidigt, dass er einen Plan B dafür hat, sollte ich
scheitern. Ich finde das nicht kränkend, ich finde das
sinnvoll.”
Breads
bleibt also dabei, den Pragmatismus seitens Rotari als durch und
durch positive Eigenschaft anzusehen. Er hätte es durchaus
als Stich für sein Ego auffassen können, dass Aiden
überhaupt glaubt, ein solcher Deal mit Corleone sei
notwendig, aber es spricht auch hier vielleicht für die hohe
Meinung, die Robert von The End hat, dass er es seinem Partner
nicht verübelt die Möglichkeit in Betracht zu ziehen,
End könnte ihn schlagen.
Tammy:
“Gekränkt wirktest du allerdings von der Tatsache,
dass sich The End bei der letzten Show nicht persönlich mit
dir getroffen hat. Stattdessen hat er James Corleone
vorgeschickt.”
Ein
Seufzen von Seiten des Kanadiers.
Robert
Breads: “Vielleicht war ich ein wenig hart zum armen Jimbo.
Er kann einem beinahe leidtun, wenn man sieht, wie er bei der
letzten Show behandelt wurde. Ich meine, dass The End ihn nicht
braucht, haben wir nicht nur lang und breit diskutiert, sondern
auch gesehen, aber dass The End sich scheinbar vollkommen
unbewusst ist, was passieren könnte, wenn Jimbo sich
entscheidet, dass er The End nicht mehr braucht...”
Kopfschütteln
von Seiten Breads, der das einfach so im Raum stehen lässt -
aber nicht mit Tammy.
Tammy:
“Was meinst du damit?”
Die
Mundwinkel von Robert zucken. Natürlich hat er sowieso
drüber sprechen wollen, aber zumindest so zu tun, als müsse
man es ihm aus der Nase ziehen, ist sehr Breads-like.
Robert
Breads: “Nun, er kennt alle Geheimnisse von The End, nicht
wahr? Glaube mir, ich studiere Tape ohne Ende, und der Mann hat
im Ring nicht viele Schwächen, und die, die er hat, werden
kontinuierlich kleiner. Aber wenn jemand einen Schwachpunkt
kennt, von dem wir alle noch nichts wissen, dann ist es mit
Sicherheit derjenige, der potenziell dafür verantwortlich
ist, eben diesen Schwachpunkt zu verschleiern.
Jimbo
müsste nur jemanden finden, der talentiert genug ist, um mit
diesen Informationen auch etwas anzufangen. Und sollte er sich
entscheiden, direkt unter seiner Nase nachzuschauen, statt stur
den Horizont anzustarren, könnte er fündig werden.”
Damit
meint Breads wohl jemandem, dem Corleone sehr nahesteht –
ein Familienmitglied, vielleicht. Ein Sohn, vielleicht. Aldo
Nero, vielleicht.
Robert
Breads: “Ich war sein Trainer, erinnerst du dich? Ich habe
das Potenzial gesehen, das dort schlummert. Als jemand, der sich
um mehrere dutzend junge Wrestler gleichzeitig kümmern
musste, hatte ich nicht die Zeit, die leitende Kraft in seiner
Karriere zu sein, die er brauchte. Die Werkzeuge sind alle da, er
muss nur noch lernen, sie einzusetzen. Aldo Nero hat die Chance,
nahe an der heranzukommen, was Aiden Rotari geworden ist.”
Natürlich
bloß “nahe herankommen” - denn übertreffen
wird er Breads’ persönliches Pet Project in den Augen
des Kanadiers nicht. Dennoch, es gibt weitaus Schlimmeres, als
die Nummer zwei zu sein, oder?
Robert
Breads: “Dazu brauch er lediglich so etwas wie eine...
Vaterfigur. Das heißt nicht unbedingt, dass es sein Vater
sein muss. Wenn Jimbo das Timing verpatzt, hat sich jemand
anderes Aldo unter den Nagel gerissen, wenn er endgültig die
Schnauze voll hat Ends Dienstmagd zu sein, und dann muss er Tha
Bomb oder irgend so eine Pfeife managen, um die Miete zu
bezahlen.”
Na
klar: SOLLTE Corleone sich tatsächlich entscheiden, End
nicht mehr zu brauchen, dann nur, weil er eine mindestens ebenso
gute oder sogar bessere Option hat, die es zu betreuen gilt.
Sollten die Worte von Breads bezüglich des Potenzials von
Aldo wahr sein, wäre das selbstverständlich die
logischste Option, auch wenn Corleone sehr beharrlich ist, wenn
es darum geht, dass er kein Interesse an seinem eigenen
Nachkommen hat.
Tammy:
“Interessant.”
Breads
hebt die Augenbrauen. Tammy wägt einen Moment ab, ob sie
weitersprechen soll, beschließt dann aber, dass es wohl in
Ordnung ist, wenn es Robert betrifft – immerhin Mitglied
des GFCW-Office und ein alter Bekannter. Sie ist Journalistin,
also stellt sie die kritischen Fragen.
Tammy:
“In der letzten Show hast du auf Jim Corleone herumgehackt,
nun verteidigst du ihn. Man könnte es so interpretieren,
dass du auf die eine oder andere Art und Weise Unruhe stiften
willst. Vielleicht glaubst du gar nicht, dass Aldo Nero so viel
Potenzial hat, und willst Corleone bloß von End weglocken,
um ihn so zu schwächen. Du willst einen Keil zwischen sie
treiben, weil du überhaupt nicht daran glaubst, dass sie
einander nicht brauchen, sondern genau das Gegenteil der Fall
ist.”
Robert
Breads: “Klingt mehr nach Aiden Rotari als nach Robert
Breads, nicht?”
Tammy:
“Sicher. Ich frage mich nur... woher der... Sinneswandel?”
Es
ist nicht das perfekte Wort für das, was Breads seit der
letzten Show durchgemacht hat. Seine Einschätzung der
Gesamtsituation ist nicht vollkommen neu, er glaubt immer noch,
Corleone sei bloß ein Laufbursche, der nicht mehr gebraucht
werde – seine Perspektive hat sich lediglich erweitert.
Robert
Breads: “Mitleid.”
Der
Kanadier verschränkt die Arme vor der Brust und überlegt
einen Moment lang, wie er das, was er fühlt, am besten in
Worte fasst. “Mitleid” ist sicherlich kein Motiv, das
Aiden wählen würde - es ist zweifelhaft, ob er mit
dieser Emotion überhaupt vertraut ist.
Robert
Breads: “Jimbo tut mir leid. Es ist richtig traurig mit
anzusehen. Ich denke, er hat noch etwas zu geben, und er ist
schlau genug, das zu wissen, aber diese End-Sache... manchmal
muss man einfach weiterziehen. Und das möglichst bald. Denn
ich bin ehrlich...”
Nun
dreht Breads sich ein wenig von Tammy weg. Sein Blick richtet
sich direkt auf die Kamera, als spräche er zu jemand
bestimmten – End? Corleone? Nero? Rotari?
Robert
Breads: “...falls... wenn
ich den Titel gewinne, will ich keine Ausreden hören. Kein
End, der von Corleone abgelenkt war, der sich mit Aldo Nero
herumschlagen muss... ich will The End, die beste Version seiner
selbst. Das ist der Wrestler, den ich schlagen will, denn das ist
der Wrestler, den ich schlagen MUSS, wenn ich nicht nur den World
Title gewinnen will, sondern auch beweisen, dass ich es nicht nur
immer noch draufhabe, sondern der Beste bin. Dafür muss ich
die bestmögliche Version des besten Wrestlers schlagen.
In
zwei Wochen werde ich erneut den Ring betreten und meinen Gegner
in London herausrufen. Ich hoffe, dieses Mal wird er mir selbst
gegenübertreten. Nach der letzten Show könnte ich mir
durchaus vorstellen, dass End kein Fan davon ist, Jimbo allein
herauszuschicken und frei schalten und walten zu lassen. Ob er im
Schlepptau angedackelt kommt, ist mir gleich, aber ich will dem
Mann in die Augen blicken, dem ich in London gegenübertreten
werde. So viel Respekt fordere ich ein. So viel Fokus verdiene
ich. Sollte End in der nächsten Show nicht auftauchen, muss
ich davon ausgehen, dass er zu abgelenkt ist, um sich mit dem
GFCW World Title zu beschäftigen... und ihm damit auch nicht
würdig ist.
Ich
halte The End für einen würdigen Champion. Ich hoffe,
diese Wahrnehmung wird sich in zwei Wochen nicht grundlegend
ändern. Sonst bedeutet es weniger, ihn zu schlagen.
Wir
sehen uns im Ring, End. In zwei Wochen, in Cardiff, um zu reden.
In vier Wochen, in London, um zu kämpfen. Und in meinem
Fall... um zu siegen.”
Die
Halle wird nun abgedunkelt und im Bereich der Entrancestage
beginnen dichte Nebelschwaden sich langsam Bahn zu brechen. Dann
gehen die großen Videowände an und man sieht grelle
Blitze gleißend durch die Dunkelheit zucken. Dazu donnert
es fürchterlich im weiten Rund der Halle wie in dem
heftigsten Jahrtausendsturm.
…
Und
dann setzt die epischste Musik ein, die man sich nur vorstellen
kann. Die epochalsten Chöre verzücken die Ohren der in
tiefstem Herzen ergriffenen GFCW-Fans, so dass die Stimmung nun
quasi magisch ist. Was zum Teufel passiert jetzt?!
…
Und
dann taucht etwas Großes im Nebel auf der Stage auf. Etwas
lila Leuchtendes, flankiert von schemenhaften Gestalten. Wir
erkennen, dass es sich um so etwas wie einen futuristischen Sarg
zu handeln scheint, der offensichtlich langsam über den
Boden schwebt in Richtung Ring. Und die schemenhaften Gestalten
entpuppen sich bei genauerem Hinsehen als Muskelmänner. Der
Sarg wird von insgesamt 10 Muskelmännern begleitet, auf
jeder Seite 4 und einer je vorne und hinten. Die Muskelprotze
haben alle eine Glatze und tragen nur einen Slip, der das Gemächt
bedeckt aber den Blick auf die Arschbacken freigibt. Die Füße
sind nackt. Und sie sind alle übelst mit Bräunungscreme
und Öl eingeschmiert, das erkennt man sogar bei diesen
schummrigen Lichtverhältnissen.
…
Der
Sarg hat jetzt die Rampe verlassen und befindet sich auf halbem
Weg zwischen Stage und Ring. Der Sarg oder was auch immer das
Ding ist, beginnt ca. auf Hüfthöhe der Muskelmänner.
Darunter befindet sich wohl irgendeine motorisierte Konstruktion
mit Rädern, die aber mit einem schweren schwarzen Vorhang
verdeckt ist, sodass der Sarg auf den ersten Blick zu schweben
scheint.
…
Das
Ding besteht aus einer oberen und einer unteren Schale, und
innendrin scheint es unsagbar hell zu sein, denn aus dem Schlitz
zwischen den beiden Hälften tritt ein glühend-gleißendes
Licht aus, dass die ganze Szenerie fast taghell erleuchtet. Bei
genauerem Hinschauen erkennt man, dass der „Sarg“ von
allerlei Rohren und Leitungen und futuristisch-anmutenden
Schaltflächen überzogen ist, die wild herumblinken.
Pete:
„Was in Gottes Namen ist das, Sven?! Und was sind das für
komische Typen, wer hat die hier hereingelassen?“
Sven:
„Ich weiß es auch nicht, Pete, selbst ich bin hier
mal sprachlos. Aber ich habe das dumpfe Gefühl, dass wir es
gleich erfahren werden.“
…
Das
Ding ist jetzt am Ring angekommen und kurz vorm Apron
stehengeblieben. Die
Muskelmänner
drehen sich jetzt alle mit dem Gesicht zum Konstrukt und
verneigen sich.
ZISCH!
GRUMMEL!
ZÄSCH!
PENG!
Die
Nebelkanonen geben noch einmal Vollgas und das Ding beginnt, sich
zu öffnen. Ganz langsam schwingt die obere Hälfte zu
einer Seite weg. Im Inneren ist es so hell, dass wir kaum
erkennen können, was sich dort befindet, doch es scheint
sich um einen Körper zu handeln, der regungslos daliegt. Als
die obere Schale immer weiter zur Seite kippt erkennen wir
diverse Gerätschaften an der Unterseite: Schläuche und
Spritzen und Sprühvorrichtungen…
Pete:
„Was ist das? Eine Folterkammer?!“
Nach
einer gefühlten Ewigkeit ist der Futuresarg komplett offen
und…
DAS
LICHT GEHT AUS, ES WIRD STOCKFINSTER IN DER ARENA…
Auch
die Blitze und das Donnergrollen stoppen abrupt, nur noch
Dunkelheit und Stille und eine zum Bersten gespannte GFCW Galaxy.
…
Nach
einer weiteren gefühlten Ewigkeit dann das Licht der
Erleuchtung. Alle Scheinwerfer in der Halle, alles aus dem Licht
kommen kann geht an und richtet sich auf einen einzigen Spot,
nämlich die Mitte des Rings. Dort steht eine Gestalt. Nein
vielmehr ein Ungetüm. Zunächst ist es so hell, dass man
kaum etwas erkennen kann, doch dann lässt das Licht langsam
nach und wir erkennen eine Götterstatue mit geschwellter
Brust und erhobenem Kopf dort stehen.
Pete:
„Oh mein Gott, ein Adonis!“
Sven:
„Nein warte mal, Pete! Das ist keine Statue, das ist…“
Pete:
„Das ist STEVE STEEL! OMG!!!“
OMG
OMG
OMG
Sven:
„Was zum… Nein, das ist nicht Steve Steel, schau
doch mal genau hin. Ich meine, das Gesicht, irgendwie ja, aber…
der Rest?!?“
Und
tatsächlich, dieses … Ding
da im Ring erinnert nur entfernt an den Bronzed Adonis, so wie
wir ihn alle kannten. Dieses Monstrum ist gefühlt doppelt so
muskulös wie Steel zu seinen besten Zeiten, außerdem
sind Steels wasserstoffblöden Haare weg und er hat jetzt
eine glänzende Glatze. Auch dieser Freak trägt nur
einen Slip wie die Muskelmänner, welcher nur das Gemächt
bedeckt und die Arschbacken frei lässt. Keine Schuhe, nackte
Füße. Der unnatürlich muskulöse Körper
strotzt nur so vor Sehnen und Adern, die scheinbar aus der Haut
herausbrechen wollen.
…
Langsam
geht das normale Licht in der Halle wieder an. Die Muskelmänner
verteilen sich nun um den Ring herum und verneigen sich weiterhin
vor ihrem gottgleichen Anführer, denn das scheint dieses
Etwas wohl zu sein. Langsam hebt der Hüne den Arm und zeigt
in Richtung Titantron. Dort prangt nun die Schrift…
DER
PROTZ
Pete:
„Der Protz? Was soll das denn bedeuten? Ich bin hier gerade
vollkommen lost, Sven.“
Sven:
„Kurzform von Muskelprotz wahrscheinlich.“
Langsam
lässt der Protz den Arm wieder sinken und hebt stattdessen
den anderen Arm, in dessen Hand er einen Schallwandler hellt. Das
alles in Zeitlupentempo.
DER
PROTZ: „GLASGOW…“
Pete:
„Krass, auch die Stimme ist anders.“
Der
Protz spricht mit rauchiger Stimme und monotoner Intonation.
DP:
„Die Welt… ist im Wandel…“
Pete:
„What?! Das kenne ich doch irgendwoher.“
DP:
„Es gibt immer… einen noch größeren
Fisch…“
Sven:
„Also das
ist doch aus Star Wars!“
DP:
„Das Hemd… ist mir näher… als der Rock…“
Jetzt
zuckt der Protz kurz zusammen, so als bemerke er selbst gerade,
dass er nun Unsinn redet. Er entspannt sich merklich und scheint
von dieser unnahbaren, larger-than-Life-Lichtgestalt wieder zu so
etwas wie einem normalen Wrestler zu werden.
DP:
„Jaaa, ich bin es… irgendwie. Aber dann auch wieder
nicht. Ich bin nicht mehr Steve Steel, bin nicht mehr der Bronzed
Adonis, pah. Das habe ich lange und weit hinter mir gelassen. Ich
bin nun… der PROTZ. Und ich kehre zurück zu euch, am
Wendepunkt der Gezeiten.“
Sven:
„Kann Steel bitte mal aufhören, aus Herr der Ringe zu
klauen?!“
Pete:
„Ähm, du meinst wohl, der Protz.“
Sven:
„Ach bloody Hell.“
DP:
„Die GFCW war schon wahrlich in einem besseren Zustand als
aktuell. Die Altvorderen sind nun Geschichte… und eine
neue Macht erhebt sich. Doch nicht so schnell, denken sich
manche. Sind die, die nun nach den Sternen greifen, wirklich
schon bereit dafür? Leidet nicht die Qualität der Liga,
wenn Youngster und Nobodies nun die Titel unter sich ausmachen?
Ich sage ja, und das habt ihr, das haben die Fans nicht verdient.
Und um ehrlich zu sein, ich auch nicht. Eigentlich hatte ich mit
Wrestling, ja mit dieser Welt schon abgeschlossen und hatte mich
neuen, höheren Zielen verschrieben. Doch die… müssen
nun warten. Wie gesagt, ich kehre zurück zu euch, denn meine
Aufgabe hier ist noch nicht zu Ende.“
Der
Hüne wandert nun erhaben durch den Ring und genießt
sichtlich seinen großen Moment. Die Fans sind immer noch
baff und wissen nicht so recht, was sie von diesem Auftritt hier
halten sollen.
DP:
„Ich habe zuletzt das Geheimnis der unendlichen Bräune
erforscht… und bin fündig geworden.“
Protz
zeigt nun zu dem Konstrukt, das vor dem Ring steht.
DP:
„Sehet, ich schenke euch den ULTIMATE SUNBANK 7000deluxe
Superspritzer special edition… von mir selbst entworfen
und gebaut. Durch diese Wunderwerk der Technik konnte ich in
Bräunungsregionen vordringen, die noch kein Mensch zuvor
gesehen hat. Und nicht nur das. Das Gerät verfügt auch
über eine integrierte Massagefunktion, automatische Düsen
zum Einsprühen mit Babyöl sowie eine vollautomatische
Bebräunungsanlage, hehehe!“
Für
einen kurzen Moment sehen wir wieder den alten Steve Steel, der
sich hier diebisch freut. Doch sofort kehrt er wieder zurück
in die salbungsvolle Rolle des Gottgleichen.
DP:
„Dieses bahnbrechende Gerät, das einen jeden, der es
nutzt, in eine neue, bahnbrechende Entwicklungsstufe seiner
Selbst überführen wird – und das schon bald für
23.735 Euro im Fachhandel erhältlich sein wird – wird
einschlagen wie eine Bombe und die Leben von so vielen positiv
verändern, und das alles wegen… mir. Schaut euch
meine Jünger an, schaut meine versammelten Muskeltiere!“
Der
Protz deutet salbungsvoll auf die Muskelmänner draußen
am Apron.
DP:
„Diese Jünglinge haben bereits das Licht gesehen und
von dem Nektar gekostet, welchen ich ihnen bereitet habe. Und
ihr, ihr alle… könnt das auch. Wie, das werde ich
euch schon bald erfahren lassen. Und nun, meine Muskeltiere…
ist es an der Zeit mir zu huldigen. Draußen im Foyer findet
nun das große Meet-and-Greet mit mir statt. Wer will –
und wer 73,- Euro noch übrig hat – kann dort ein Foto
mit mir machen. Ein Foto, das euer Leben verändern will. Und
für nur weitere 37,- Euro signiere ich es auch noch,
Hallelujah!“
Pete:
„Ich muss das hier erstmal sacken lassen, werter Kollege,
gut, dass wir jetzt in die Werbung gehen. Puh.“
Sven:
„Was für ein Auftritt, die Zuschauer sind baff, wird
sind baff, Zeit für eine Zereo Cola. Bis gleich.“
Noch
ist Viggo nicht lange genug zurück, damit die Minuten vor
einem Main Roster-Match als reine Routine nichts an seinem
Herzschlag verändern. Mit einem charmanten Lächeln gibt
der junge Engländer sein Bestes, um jegliche Anspannung
abzustreiten, doch mahlende Kiefermuskeln und ein umherhuschender
Blick geben Auskunft über seine wahre Gemütslage. Er
steht backstage, lockert die Muskeln und wartet darauf, dass der
zweite Mann das Stichwort nennt, um den Dialog zu beginnen.
Der
zweite Mann, das ist Mac Müll. Zwischen ihm und Viggo ist
ein großer Monitor aufgebaut, der das Zentrum der
Bildkomposition darstellt. Auf dem Bildschirm hüpft ein
animiertes GFCW-Logo hin und her, sonst gibt es nichts zu sehen –
bislang.
Mac
Müll: „Viggo, danke dass du dir die Zeit genommen
hast, vor deinem Kampf vorbeizukommen.“
Vom
Angesprochenen gibt es ein knappes, jedoch mit höflichem
Lächeln gestütztes Nicken. Nicht auf jede Floskel muss
geantwortet werden.
Mac
Müll: „Es ist klar, wie wichtig jeder Kampf auf deinem
Weg, Ask Skógur von einem Kampf zu überzeugen, für
dich ist. Aber heute geht es gegen Timo Schiller und sicher ist
das noch einmal eine Stufe besonderer. Da braucht man nur auf
eure gemeinsame Vergangenheit verweisen.“
Wieder
reagiert Viggo mit einem Nicken, diesmal gerät es
zögerlicher und bedächtiger. Seine Vergangenheit ist,
glaubt man der Entwicklung der letzten Wochen, keine
Errungenschaft, die er stolz vor sich herträgt. Er war der
bis neulich der Protegé von Darragh Switzenburg. Und davor
jener von Holly Hutcherson, jenem Mysterium, dass so manchem
GFCWler vor einigen Jahren mit Kopfspielen den Verstand geraubt
hatte – und anderem Timo Schiller. Und Viggo, der von
Hutcherson mit in die Liga gebracht wurde, hatte als willfähriger
Gehilfe einen großen Anteil daran, Schiller vom
Publikumsliebling zu einem ferngesteuerten Sektierer zu machen.
Viggo:
„Das kann man so sagen. Timo und ich, das ist eine
besondere Geschichte. Ich verstehe, warum Ask ihn als Gegner für
mich gewählt hat. Es wird nicht einfach. Aber ich bin
bereit, die Herausforderung nicht nur anzunehmen, sondern auch zu
bestehen. Ich möchte meinen Kampf gegen Ask, solange die
GFCW hier in meiner Heimatregion auf Tournee ist, und deswegen
bin ich bereit, jede Hürde zu überspringen, die er für
mich aufbaut.“
Eine
Antwort wie frisch aus dem Pressetraining. Kämpferisch und
bedacht, aber letztlich aalglatt. Aber ist es das, was aus Viggo
spricht? Einstudiertes Gerede? Oder meint er es genauso, wie er
es sagt? Die GFCW-Galaxy hat sich noch nicht entschieden.
Mac
Müll: „Hast du mit Timo denn noch Kontakt, seitdem ihr
nicht mehr unter dem Bann von Holly Hutcherson steht? Eure
beruflichen Wege haben sich getrennt, aber ist dieses Band einer
monatelangen Kameradschaft jemals wirklich getrennt?“
Viggo:
„Nein…nein, haben wir nicht. Versteh mich nicht
falsch, ich habe nichts gegen Timo. Aber ich glaube nach den
Ereignissen von früher brauchten wir beide Abstand. Ich
respektiere ihn, aber wir haben uns nichts zu sagen. Trotzdem
denke ich gut über ihn. Und er auch über mich, denke
ich.“
Es
blitzt in Mülls Augen auf als er den letzten Teil von Viggos
Antwort vernimmt. Auf eben jenes Stichwort scheint er gewartet zu
haben. Ein Lächeln schiebt sich auf seine Lippen.
Mac
Müll: „Nun, vielleicht habt ihr euch einander nicht
viel zu sagen. Aber übereinander?“
Die
zweite Frage wird von Viggo sofort mit einem Kopfschütteln
quittiert. Aber davon lässt sich Mac Müll nicht aus der
Ruhe bringen, er hatte ohnehin noch nicht ausgesprochen. Er macht
einen Schritt an Viggo heran.
Mac
Müll: „Aber er hatte etwas zu sagen. Über dich.“
Viggo:
„Über mich?“
Der
Mund des Engländers verzieht sich zu einer schmalen Linie.
Mit den Fingern wischt er sich eine Haarsträhne aus der
Stirn, wo überhaupt keine Haarsträhne war. Er tritt von
einem Fuß auf den anderen.
Mac
Müll: „Ja, wir haben ihn zu eurer gemeinsamen
Vergangenheit befragt. Wie er dich damals in dieser komplexen
Lage in Hutchersons Gefolge wahrgenommen hat. Und weil es ein
sehr psychologisches Thema ist, haben wir einen Experten
hinzugezogen.“
Viggo:
„Timo hat…mit einem Psychologen über mich
gesprochen?“
Mit
einer galanten Geste tritt Müll wieder den zuvor gegangenen
Schritt zurück und deutet in Richtung Monitor, auf dem just
in diesem Moment das hüpfende Logo verschwindet und Platz
für ein anderes Bild macht.
Mac
Müll: „Lass‘ es uns gemeinsam ansehen. Ich würde
gerne deine Meinung dazu hören.“
:::
Timo
Schiller rutscht auf einer Couch hin und her als könnte er
sich nicht entscheiden, ob er sitzen oder liegen will. Er blickt
im Zimmer umher: Es ist ein dunkler, extravagant eingerichteter
Raum. Neben der weinroten Couch, auf der er sich befindet, fallen
floral gemusterte Vorhänge ins Auge. Die Wand ist senfgelb
gestrichen und mit Ölgemälden behängt, die für
den in Sachen moderner Kunst kaum geschulten Schiller wie die
Klecksereien eines Kindes wirken. Viele Farben, unruhige Formen,
kein erkennbares Motiv. Vor der Wand, die der Couch
gegenübersteht, steht ein Ohrensessel mit gestreiftem
Polster. Darin hat sich ein Mann hingesetzt, oder besser
hingefläzt, dessen nackte Füße überall
Spuren in Form feuchter Abdrücke auf dem Kirschholzparkett
hinterlassen haben. Über den Füßen beginnt eine
hochgekrempelte Bundhose, die die Beine des Mannes entlangfließt
und an der Hüfte in ein gemustertes Hemd mündet, aus
dessen Kragen ein eindringlich blickender Kopf mit schulterlangem
blondem Haar hervorlugt. Die Intensität, mit der jener Mann
Schiller anblickt, lässt den Dortmunder nervös auf der
Couch umherrutschen.
Der
Mann tippt mit den Zehen auf den Fußboden, schlägt ein
Notizheft auf und schürzt die Lippen. Er pfeift eine
Melodie, deren Rhythmus er mit Fingergetrommel auf seinem Knie
begleitet. Als er Schillers fragenden Blick vernimmt, schleicht
sich ein Lächeln auf sein Gesicht und er beginnt, mit dem
Oberkörper zu wippen. Unablässig vor und zurück.
Dieser vollkommen normale und typische Vertreter der
psychoanalytischen Künste ist GTCW-Zuschauern als
Dreamweaver bekannt, als spiritueller Vertreter des einzigen
lebenden Toten, des exzentrischen Ghuls ROZ.
Dreamweaver:
„Timo Schiller, wie schön, dass du gekommen bist,
damit wir über deine Mutter sprechen.“
Der
GFCW Performance Center-Absolvent der ersten Stunde setzt sich
kerzengerade hin. Er schüttelt heftig mit dem Kopf.
Timo
Schiller: „Man sagte mir, wir würden über Viggo
sprechen.“
Der
Psychologe klatscht in die Hände, spuckt hinein und fährt
sich damit durch die Haare, bis sie glatt nach hinten am Kopf
entlangfallen.
Dreamweaver:
„Mütter sind wie Rom.“
Eine
Formulierung, die auf Autovervollständigung durch den
Zuhörer setzt. Eine Mutter wie Rom, was heißt das?
Antik, schmutzig, doch hier und da mit charmanten Stellen?
Millionen Menschen wohlbekannt? Doch da Dreamweaver nicht im
Speziellen über Drakes Mutter spricht (Grüße nach
Duisburg!), möchte die Koryphäe der Psychoanalyse auf
etwas Anderes hinaus.
Dreamweaver:
„Alle Pfade führen zu ihnen.“
Nun
wieder pfeifend lehnt sich Dreamweaver zur Seite und fischt aus
einem Stapel Papiere eine Akte hervor, auf die mit Filzstift der
Name Timo Schillers geschrieben ist. Während er den Inhalt
sortiert, spricht er beiläufig weiter.
Dreamweaver:
„Früher oder später. Eine unumstößliche
Wahrheit bei uns Psychologen.“
Anstelle
eines rhetorischen Punktes setzt Dreamweaver nach der Silbe
„-logen“ ein Pfeifen, das den Ruf des Austernfisches
imitiert. Dann tippt er abwechselnd mit der einen und der anderen
nackten Fußsohle aufs Parkett und summt ein Lied.
Dreamweaver:
„Aber gut, reden wir über Viggo.“
Von
der Couch ist ein erleichtertes Ausatmen zu vernehmen, das im
Kontrast zu Dreamweavers enttäuschten Tonfall steht.
Schiller lächelt versöhnlich und wirkt dabei wieder wie
der naive, blonde Youngster, der er einst war, ehe er in die
Fänge Hutchersons und in einen Strudel der Gewalt geriet.
Dreamweaver:
„Mein Informationspaket, welches mir die GFCW geschickt
hat, besagt, du wärest nicht vorrangig von Hutcherson selbst
rekrutiert wurden und auch Viggo kam erst später ins Spiel.
Vielmehr ging es um eine Vettel namens Miri und einen floddrigen
Hund…“
Der
Psychologe zieht mit verzogenem Gesicht das Bild eines Border
Collies aus den Akten hervor, betrachtet es abgewandt durch zu
Schlitzen zugekniffenen Augen und lässt es nach wenigen
Sekunden zu Boden segeln. Mit dem Fuß schiebt er es unter
den Ohrensessel und schüttelt sich am ganzen Körper.
Dreamweaver:
„…ist das korrekt? Das hat ausgereicht, um dir den
Kopf zu waschen?“
Timo
Schiller: „So fing es an, ja.“
Dreamweaver:
„Erklär’s mir. Versuch dich zu erinnern.“
Timo
Schiller: „Ich fand sie attraktiv. Extrem körperlich
anziehend.“
Zufrieden
mit dieser Antwort pfeift Dreamweaver die ersten Takte von
Mozarts türkischem Marsch und zieht erwartungsvoll die
Augenbraue hoch, um sich dann mit dem Fingernagel an ebenjener zu
kratzen.
Dreamweaver:
„Zum Verständnis: Redest du nun von Miri, deiner
Mutter oder der widerwärtigen, verfilzten, kläffenden,
sinnlos schwanzwedelnden flohbesetzten Töle?“
Während
Timo zu einer Erklärung ansetzt, hält sich Dreamweaver
eine Hand vor den Mund und beugt sich zur Seite, um diskret zu
würgen.
Timo
Schiller: „Von Miri. Ich war damals schon lange auf der
Suche nach der Frau meines Lebens. Sehnte mich danach, die
Eine-für-Immer zu finden. Es war so, als wisse Miri genau,
welche Hoffnungen ich habe. Welche Knöpfe sie bei mir
drücken muss. Und dann…-„
Der
Psychologe fuchtelt mit seinem Notizblock ungeduldig vor
Schillers Nase herum, so dass dieser erschrickt und mitten im
Satz verstummt.
Dreamweaver:
„Schon gut, schon gut. Deine Gefühle sind nicht von
Belang in meinem Metier. Überspringen wir das. Sprechen wir
jetzt über Viggo.“
Der
Langhaarige legt die Akte auf einem Beistelltisch ab, damit er
beide Hände frei hat und klatscht dann aufmunternd in
Selbige.
Dreamweaver:
„Wie hast du ihn während deiner Zeit unter Holly
Hutcherson wahrgenommen? War er jemand wie du, der durch eine Art
Trick in diese Lage geriet und nicht mehr hinauskam, obwohl er
immer eine gewisse Distanz zu Hutcherson bewahrte?“
Schiller
muss nicht lange nachdenken. Dreamweaver hat gerade erst geendet,
da schüttelt der Dortmunder schon energisch mit dem Kopf.
Timo
Schiller: „Nein, ich würde nicht sagen, dass es bei
ihm so war wie bei mir. Klar, wir waren beide von Holly
beeinflusst und dadurch seine Gehilfen. Aber bei ihm war es nicht
Miri oder jemand anders, der ihm etwas vorgespielt hatte. Bei ihm
war es Holly direkt. Ich hatte den Eindruck, es hat einfach gut
zu ihm gepasst, jemanden zu haben, der ihm sagt, wo es langgeht
und was er zu tun hat.“
Dreamweaver:
„War Hutcherson für ihn eine Art Idol?“
Timo
Schiller: „Ja, sicherlich. Ich glaube, Viggo idolisierte
die Führungsstärke Hollys. Weißt du, ich bin kein
Psychologie-Experte…“
Dreamweaver:
„Anders als ich!“
Zufrieden
wird sich der Psychologe zurück in den Sessel und summt und
kichert abwechselnd. Schiller fährt davon unbeeindruckt
fort.
Timo
Schiller: „Aber ich glaube, zu jemandem aufblicken zu
können, dass passt gut zu seiner Persönlichkeit.
Deswegen hat er leidenschaftlich alles aufgenommen, was
Hutcherson ihm gesagt hat. Er konnte leicht geformt werden. Ich
glaube, bei ihm gab es nicht so viel inneren Widerstand wie bei
mir. Also Widerstand gegen die Fremdsteuerung meine ich jetzt.“
Eine
Antwort gibt es für Schiller nicht direkt, denn Dreamweaver
ist noch damit beschäftigt, sich Notizen zu machen. Sein
Kugelschreiber fliegt nur so über das Papier. Dann blickt er
unvermittelt auf.
Dreamweaver:
„Kann man also vielleicht sagen, seine Indoktrination war
viel tiefer als bei dir…weil er sie bereitwilliger
aufnahm?“
Timo
Schiller: „So kann man das sagen, ja.“
Verständiges
Nicken auf Seiten Dreamweaver. Er vollendet eine weitere Notiz,
schlägt das Buch dann unnötig fest zu und trommelt mit
den Fingerspitzen auf dem Oberschenkel.
Dreamweaver:
„Auch wenn es bei dir nicht so tief war: Wie ist es dir
nach deiner Zeit bei Holly Hutcherson ergangen?“
Mit
der Frage scheint der Psychologe einen wunden Punkt getroffen zu
haben. Schiller blickt betroffen zu Boden. Er kratzt sich
unsicher am Kopf und als er dann doch zu sprechen beginnt, blickt
er auffällig unauffällig nicht in Dreamweavers Augen,
sondern an ihm vorbei im Raum herum.
Timo
Schiller: „Ehrlicherweise bin ich ein paar Monate überhaupt
nicht klargekommen. Ich bin jeden Tag aufgestanden und wusste
nicht, was ich tun soll. Ich habe nur darauf gewartet, dass
jemand anderes für mich denkt. Ich war in der Zeit so
verwundbar wie nie. Habe mich zurückgezogen. Und wenn ich
doch mit anderen Leuten sprach, dann dachte ich stets darüber
nach, wie ich sie dazu bringen kann, das zu tun, was ich will.
Normale Gespräche waren kaum möglich. Ich wusste
einfach nicht mehr, wie man sich eigentlich verhält in einer
normalen Welt.“
Dreamweaver:
„Und das, obwohl du nur wenige Wochen zu Holly Hutchersons
Lager gehörtest. Bei Viggo war es mehrere Jahre so. Daher
frage ich dich nun ganz direkt…“
Schiller
weicht mit dem Oberkörper zurück als Dreamweaver seinen
Sessel näher heranzieht und auf unangenehme Weise die
Distanz zwischen ihnen verkürzt.
Dreamweaver:
„…hältst du es für unglaubwürdig,
dass Viggo heute so unabhängig ist, wie er behauptet?
Würdest du auf Basis deiner…eurer…Erfahrungen
schätzen, dass es noch eine Schatteneminenz im Hintergrund
gibt, die ihn steuert? Oder dass er die Manipulationsstrategien
Hutchersons so aufgesogen hat, dass er nun selbst Ask manipuliert
und ihm eine Lügengeschichte vorspielt?“
Die
Schlussfolgerungen des Psychologen führen dazu, dass
Schiller energisch die Hände hebt. Eine abwehrende Geste.
Timo
Schiller: „Das würde ich nie behaupten. Das sind
Spekulationen…“
Dreamweaver:
„Das ist Psychologie.“
Timo
Schiller: „…und ich kann nur sagen, wie es für
mich war. Ich finde Viggos Verhalten bemerkenswert, wenn man
bedenkt, dass er vor einem halben Jahr noch völlig am Boden
war und sich mit Switzenberg dem nächsten Mentor quasi vor
die Füße geschmissen hat, weil er nicht klarkommt. Ob
das nun bedeutet, dass er lügt oder er sich einfach schnell
entwickelt hat, will ich nicht einschätzen müssen.“
Dreamweaver:
„Ich glaube, die GFCW-Galaxy möchte klare Antworten.
Hat Viggo gute Absichten oder nicht?“
Timo
Schiller: „Ich weiß es nicht!“
Wieder
trommelt Dreamweaver auf der Sessellehne. Diesmal ungeduldig,
untermalt mit einem unablässigen Kopfschütteln.
Dreamweaver:
„Tief in dir hast du die Antwort, Timo Schiller. Du musst
auf deine innere Stimme hören. Was sagt sie über Viggos
Absichten? Wir machen eine Übung. Komm, stell dir folgende
Situation vor.“
Unter
Schillers skeptischem Blick beginnt Dreamweaver, seine folgenden
Ausführungen mit großen Gesten zu untermalen. Er malt
die fiktive Situation in die Luft vor ihm.
Dreamweaver:
„Stell dir vor, Viggo ist in einem Raum. Jemand gibt ihm
eine Pistole und eine Kugel. Er muss sie abfeuern.“
So
ganz kann der Dortmunder diesem Gedankenspiel noch nicht folgen.
Aber der gekräuselten Stirn ist zu entnehmen, dass er
ernsthaft darüber nachdenkt.
Dreamweaver:
„In diesem Raum befinden sich ein Kind…“
Freundlicher
Tonfall bei Dreamweaver. Mit einer Dutzend Fingerstrichen malt er
ein Strichmännchen in die Luft.
Dreamweaver:
„…und ein Hund.“
Er
senkt die Stimme bis nur noch ein Zischen übrig bleibt und
die Hand, mit der er nichts in die Luft zeichnet, wischt er an
der Stuhllehne ab, als wäre sie beschmutzt.
Dreamweaver:
„Wäre Viggo in der Lage, das einzig Richtige zu tun?“
Timo
Schiller: „Hä?“
Dreamweaver:
„Wohin würde Viggo schießen?“
Der
Dortmunder lehnt sich zurück, verschränkt die Arme vor
der Brust und atmet tief durch, während er das
Gedankenexperiment im Inneren zu Ende führt.
Timo
Schiller: „In die Wand.“
Dreamweaver:
„Interessant…“
Während
die nackten Füße über das Parkett tippeln, lehnt
sich Dreamweaver vor, um seinen Notizblock wiederzuholen und
etwas aufzuschreiben.
Dreamweaver:
„Du denkst also, Viggos Absichten sind nicht vollends gut.
Er ist nicht so rechtschaffend, wie er vorgibt.“
Timo
Schiller: „Das habe ich so nicht ge…-“
Dreamweaver:
„Hast du, Timo Schiller. Manchmal
sagen wir Dinge, auch wenn wir sie nicht aussprechen. Vertrau
mir.“
Ein
letztes Mal fliegt der Kugelschreiber über das Papier. Dann
legt er die Notizen auf den Knien ab.
Dreamweaver:
„Die Sitzung ist beendet. Viel Erfolg bei deinem Kampf,
Timo Schiller.“
:::
Das
Bild auf dem Monitor erlischt und als die Kamera herauszoomt,
werden wieder Mac Müll und Viggo sichtbar. Der Engländer
steht da und blickt wortlos mit unbestimmter Miene dorthin, wo
eben noch Timo Schiller zu sehen war.
Mac
Müll: „Viggo.“
Die
Nennung seines Namens holt Viggo aus einer Gedankenstarre zurück
in die echte Welt. Er dreht sich erschrocken zu Müll um, als
habe er vergessen, dass der Interviewer noch anwesend ist.
Mac
Müll: „Es scheint so, dass niemand weiß, was
deine wirklichen Absichten sind. Nicht einmal die Leute, die dich
am besten kennen.“
Beim
letzten Satzteil muss der Angesprochene schlucken. Er blickt zu
Boden und dann mit Augen, die traurig und zornig zugleich
dreinschauen, wieder nach oben.
Viggo:
„Scheint so, ja. Aber was kann ich tun, außer jeden
Tag zu beweisen, dass ich es ehrlich meine? Dass ich mich
geändert habe? Ich hätte gehofft, man würde mich
besser verstehen. Und dann auch noch Timo. Dass er so über
mich redet…“
Müll
entgeht, dass sich Viggos Hand in der Tasche seiner Jogginghose
zu einer Faust formt, wie sich durch den dünnen Stoff
abzeichnet. Aber die Kamera fängt die Geste genau ein, zoomt
heran.
Mac
Müll: „Was jetzt?“
Viggo:
„Ausgerechnet Timo. Wieso vertraut ER mir nicht?“
Mac
Müll: „Wird sich dadurch etwas für den Kampf
verändern?“
Geduldig
wartet der Interviewer auf eine Antwort. Doch bevor er eine
bekommt, schüttelt Viggo mit dem Kopf und geht davon. Stapft
zornig in Richtung des Vorhangs. Manchmal
sagen wir Ding, auch wenn wir sie nicht aussprechen.