Wir
haben die Bilder von Timo Schiller bei Dreamweaver noch im
Kopf und vielleicht ist das Mitleid über die unangenehme
Situation, der der Dortmunder ausgesetzt war, der Grund,
warum er von den Zuschauern freundlich empfangen wird. Klar:
Schiller stand auf der falschen Seite. Aber er ist noch immer
ein echtes GFCW-Eigengewächs, er war längere Zeit
weg und hat sich abgesehen von seiner dunklen Episode immer
auf naive Weise als freundlich erwiesen. Man verzeiht ihm.
Dem
Blondschopf oder besser gesagt seinem Lächeln ist
anzusehen, wie sehr er sich darüber freut, heute wieder
einmal vor großem Publikum kämpfen zu dürfen.
Seit dem Abschied der Holly-Crew war ihm nur ein einziger
Gastauftritt vergönnt, sonst musste sich der erste der
Perfomance Center-Rookies mit den Turnhallen dieser Welt
zufriedengeben, wenn er wrestlen wollte. Schiller genießt
das Bad in der schottischen Menge und klatscht sogar mit
einigen Zuschauern ab, die entlang der Rampe stehen.
Pete:
„Timo ist eine besondere Herausforderung für
Viggo. Aber auch für ihn ist das keine Normalität:
Er hat die Chance, sich mal wieder auf der großen Bühne
zu zeigen. Vielleicht kann er damit sogar den Sprung zurück
ins feste Roster schaffen. Was denkst du, Sven?“
Sven:
„Herausragende Leistungen werden belohnt. Deswegen bin
ich seit 23 Jahren hier. Timo sollte daran denken.“
Im
Ring angekommen verklingt die Musik Schillers und er beginnt,
sich mit Dehnübungen auf den bevorstehenden Fight
vorzubereiten. Sogleich ertönt „Dark Matter“
von Pearl Jam und kündigt die Ankunft Viggos an.
Pete:
„Da hat es jemand eilig!“
Der
Engländer stürmt nur so durch den Vorhang. Er
schenkt den Zuschauern links und rechts von ihm keine
Aufmerksamkeit, hat es nur eilig, ins Squared Circle zu
kommen. In Viggos Gesicht steht noch immer die Enttäuschung
geschrieben, dass Schiller sich nicht klar zu ihm
positioniert hat, sondern offenließ, inwiefern er an
die Wandlung Viggos glaubt. Ist es denn ein Kampf gegen
Windmühlen? Wir ihm jemals jemand glauben? Die unklare
Antwort auf diese Frage scheint sich zu Zorn gewandelt zu
haben.
Sven:
„Dann mal los.“
Das
sieht auch Ringrichterin Karo Herzog so. Sie lässt den
Kampf anläuten. Viggo beginnt ohne Umschweife, Timo
Schiller zu umkreisen. Der wirkt darüber überrascht
und scheint erst einmal seinen alten Weggefährten
begrüßen zu wollen. Schiller tritt auf Viggo zu
und streckt die Hand aus. Viggo blickt sie an, ringt mit
sich.
Pete:
„Da hat jemand wirklich schlechte Laune. Aber einen
Handshake kann er Schiller doch nicht verwehren, nur weil
dieser kritisch mit ihm war. Was würde Ask Skógur
denken.“
Sven:
„Fragen wir ihn doch selbst! Da kommt er.“
Unter
dem Jubel der schottischen Fans schwingt die Kamera zum
Vorhang und dort tritt der Intercontinental Champion, den
Sven schon erspäht hatte, hervor. Sein Blick heftet sich
sogleich auf den Ring.
Pete:
„Das ist schon ein Ding: Vor zwei Wochen hat Viggo
geradezu darum gebettelt, Skógur möge sich seinen
Kampf angucken. Und Ask hat ihn einfach auflaufen lassen.
Heute bleibt Viggo stumm, lädt Ask vielleicht auch
bewusst nicht ein, damit er ohne schlechtes Gewissen seinen
Furor gegen Schiller ausspielen kann – und dann kommt
der ungeladene Gast zur Party.“
Die
beiden Athleten bekommen gefühlt als Letzte in der Halle
mit, dass Ask hier ist. Es ist Schiller, der es bemerkt und
mit einem Kopfnicken Viggo in die Richtung weißt. Der
Londoner wirbelt herum und zieht die Augenbrauen hoch. Man
glaubt zu sehen, dass er als unterbewusste Handlung Haltung
annimmt. Fragend blickt er zu Ask Skógur. Will der
Champion etwas Spezielles? Doch danach sieht es nicht aus.
Der Schwede schlendert gelassen auf das Geviert zu, behält
aber trotz der lockeren Haltung Viggo prüfend im Blick.
Viggo
starrt den Mann, gegen den er ein Match möchte, einige
Sekunden an. Dann versucht er, sich wieder auf den Kampf zu
konzentrieren. Noch immer steht Timo Schiller mit
ausgestreckter Hand da. Viggo nickt und schlägt ohne
Zögern ein.
Nach
diesem etwas verzögerten, respektvollen Beginn beginnt
unter den wachsamen Augen Skógurs ein spannendes
Match. Viggo, der durch das unerwartete Auftauchen Asks in
der Haltung wie ausgewechselt ist und nicht so zornig
auftritt, wie man anfangs erwartet hatte, wirkt in seinem
„Matchplan“ irritiert und hat zunächst die
Hinterhand. Der Gastwrestler kontrolliert sein Gegenüber
zunächst durch cleveres Ausspielen der Gewichtsvorteile.
Sein kraftbasierter Stil verträgt sich damit, dass Viggo
nur gute neunzig Kilogramm wiegt und umhergeworfen werden
kann.
Erst
als Timo all zu optimistisch zu einer Gorilla Press ansetzt,
kommt Viggo zum Wendepunkt in Form eines Konters, bei dem er
in der Luft geschickt das Gewicht verlagert, aus Timos Händen
rutscht und diesem eine Kopfschere verpasst, mit der er
Schiller Richtung Ringecke verfrachtet. Dort fixiert Viggo
Schiller mit einer Kickserie, deren Finale ein
eingesprungener Spin Kick ist, auf den ein Pin folgt, der nur
bis Zwei geht. Ein allzu früher, optimistischer
Coverversuch, der den Eindruck von Hastigkeit macht –
und Viggo blickt auch unmittelbar nach Timos Kickout zu Ask
Skógur, ob von dem ein Kommentar kommt. Aber das ist
nicht der Fall. Der Schwede verfolgt alles mit unbewegter
Miene.
Nach
einigen Minuten Offensive gerät Viggo wieder ins
Hintertreffen als er von den Seilen kommt und Schiller zur
Seite springt, so dass Viggo auf der Matte landet, ins
Straucheln kommt und aus dieser ungedeckten Haltung heraus in
einen Sleeper Hold genommen wird. Viggo windet sich, bekommt
die Beine in die Ringecke und stößt sich von dort
ab. Aufgrund des Schwungs gehen beide Athleten zu Boden,
Viggo bleibt auf Schiller liegen und Herzog zählt das
Cover. Im letzten Augenblick löst Schiller den Griff, um
sich aus dem Pin zu winden. Die wiedergewonnene Freiheit
nutzt Viggo, um mit einem Kick-Up in die Vertikale zu kommen
und Schiller, der langsamer wieder aufsteht, einen Knee
Strike ans Kinn zu jagen.
Benommen
rollt sich Schiller von der Matte aus dem Ring und stolpert
draußen umher. Drückt mit der Hand am Kiefer
herum, als könne er so die Schmerzen herauskneten. Im
Hintergrund nimmt Viggo Anlauf, schwingt in die Seile und von
dort zurück. Er springt ab und segelt mit einem schönen
Suicide Dive nach draußen. Erst jetzt wird Schiller dem
Angriff aus dem Ring gewahr. Er versucht noch, Viggo
aufzufangen, doch wird vom Schwung einfach umgerissen.
Applaus
von den Fans für Viggos akrobatische Leistung und die
damit verbundenen Schauwerte. Viggo kommt auf die Beine,
blickt zu Skógur, der die Aktion konzentriert zur
Kenntnis genommen hat, und richtet dann seine Aufmerksamkeit
wieder Schiller. Er greift seinem einstigen Holly-Kumpanen in
den Nacken, zieht ihn auf die Beine und rollt ihn mit Schwung
auf die Ringmitte zurück. Dann slidet Viggo hinterher,
wartet auf das Aufstehen Schillers und setzt einen Snap
Suplex an. Danach zieht er Schiller an den Armen näher
an die Ringecke heran, erklimmt ebenjene katzenhaft und setzt
zu seinem Imploding 450°-Splash an, mit dem er bereits
gegen Meathook gewonnen hatte.
Aber
im letzten Augenblick rollt sich Schiller zur Seite, Viggo
kollidiert mit der Matte. Timo spürt, dass er Oberwasser
bekommen könnte und setzt hektisch nach, verpasst Viggo
einen Front Headlock Facebuster und noch einen Elbow Drop auf
dem Lauf heraus. Dann zieht er, genau wie Viggo einige
Momente zuvor, seinen Gegner näher an die Seile heran.
Schiller erklimmt die Ringecke, allerdings mit dem Rücken
zum Ring.
Die
Vader Bomb soll folgen. Doch Schiller braucht zu lange. Als
er Bauch voran landet, hat sich Viggo bereits in Sicherheit
gebracht – er ist nicht nur zur Seite gegangen, sondern
gleich aus dem Ring heraus. Während Schiller sich mit
schmerzverzerrter Miene auf der Matte herumdreht, hüpft
Viggo mit einer einzigen Bewegung auf den Apron zurück
und dann mit einer zweiten, fließend folgenden Bewegung
auch aufs Top Rope. Dort steht sich einmal herum und springt
abermals den 450°-Splash.
Diesmal
trifft er perfekt. Und Karo Herzog hat nur noch einen Job:
Den Sieg für Viggo mit einem Three Count offiziell zu
machen.
Sieger
des Matches durch Pinfall: Viggo!!!
Das
Match ist vorbei. Viggo hat den nächsten Schritt auf seiner
Reise der Wiedergutmachung getan und seinen alten Kumpanen Timo
Schiller besiegt.
Ask
sitzt neben dem Ring und observiert das Geschehen ganz genau.
Fast schon wie ein Adler, auf der Suche nach Beute. Man hat Ask
in den vergangenen Wochen schon angemerkt, dass Viggos Comeback
etwas mit ihm macht. Er will ihm gerne verzeihen, er will ihm
glauben, dass er sich tatsächlich gebessert hat, aber das
ist einfach zu schwer.
Ask
weiß, was Viggo damals alles getan hat. Er war einer der
Handlanger von Holly Hutcherson und gemeinsam mit diesem hat er
ihm das Leben zur Hölle gemacht.
Das
Match ist nun also abgeläutet und nachdem Ask noch einige
Sekunden beobachtet hat, was hier geschieht, steht er nun
schließlich auf. Er hat den Gürtel über der
Schulter und besorgt sich ein Mikrofon, bevor er schließlich
in den Ring hineinslidet.
Es
folgt ein weiterer flüchtiger Blick zu Timo Schiller. Auch
mit ihm hat er eine Vergangenheit, sogar noch eine viel
tiefgreifendere als mit Viggo. Aber um ihn geht es heute nicht.
Es geht um Viggo. Der hat nun bereits die zweite Aufgabe, die Ask
ihm gestellt hat, gemeistert. Ask muss
jetzt also auf Viggo eingehen und kann ihn nicht mehr wirklich
wegignorieren.
Ask:
„Du… machst es mir echt nicht einfach.“
Ask
steht Viggo nun direkt gegenüber. Man merkt nach wie vor,
dass Ask innerlich mit sich zu kämpfen hat. Es brodelt ein
Konflikt in ihm.
Ask:
„Seit Wochen beschäftigt mich eine Frage mehr als
alles andere. Sie lässt mich nicht los. Sie lässt mich
verzweifeln: Kann ein Mensch sich wirklich ändern? So
grundlegend, wie es bei dir geschehen sein soll?“
Daran
wie Ask spricht, sieht man erneut, dass ihn diese Sache wirklich
beschäftigt, er sagt das nicht nur so. Seine Worte sind
nicht so locker und unbekümmert gesprochen, wie sonst. Er
läuft nun relativ aufgeregt hin und her, während er
weiter mit Viggo spricht.
Ask:
„Ich will gern glauben, dass das möglich ist,
wirklich. Aber was, wenn ich mich irre? Wenn ich dir diese Chance
gebe und du mich am Ende nur reingelegt hast? Dann könnte
ich mir wohl niemals verzeihen.“
Das
Publikum ist gespalten. Es gibt keine Buh-Rufe, aber auch kein
Jubel. Scheinbar hätten man es schon gern, dass Viggo die
Chance erhält, andererseits kann man Ask wohl auch sehr gut
nachvollziehen.
Ask:
„Aber… was, wen ich mich nicht irre? Was, wenn du
dich wirklich gebessert hast? Du standest unter dem Einfluss von
Holly, konntest dich losreißen, hast eine Wandlung
durchgemacht und auch jetzt alles gegeben um mich zu überzeugen
und dann… bin ich der Idiot, der dir nicht glaubt? Der
Typ, der dich daran hindert, den finalen Schritt zu gehen? Das…
wäre noch viel schlimmer. DAS könnte ich mir wirklich
nicht verzeihen.“
Ask
bleibt wieder stehen. Direkt vor Viggo.
Ask:
„Kann ein Mensch sich wirklich ändern? Viggo, Mann…
ich habe lange drüber nachgedacht und ich weiß nicht,
ob das DIE Antwort auf diese Frage ist, aber es ist zumindest
meine Antwort darauf.
…
Ja.
Ein Mensch kann sich ändern. Und ich bin das beste Beispiel.
Ich war vor Wut zerfressen, hatte mich nicht unter Kontrolle und
bin meinen Emotionen verfallen, du weißt das, weil du das
oft genug direkt mit- und abbekommen hast. Aber ich konnte mich
davor lösen. Ich konnte mich ändern, ich konnte besser
werden. Ich habe erkannt, wer ich bin. Und seitdem ging es für
mich nur noch bergauf. Und wenn ich mich ändern kann…
warum sollen das nicht auch andere können?“
Ask
zweifelt immer noch, das ist unverkennbar. Aber seine Tendenz
geht in eine Richtung, die ein leicht ungläubiges Lächeln
bei Viggo hervorruft.
Ask:
„Von daher, Viggo, habe ich noch eine letzte
Herausforderung für dich. Und wenn du die bestehst, dann
sollst du dein Match bekommen. Ich weiß, dass es dir
hierbei nicht nur um den Intercontinental Championship geht. Es
geht dir darum, dich zu ändern und Wiedergutmachung bei mir
zu leisten und deshalb will ich, bevor wir gegeneinander kämpfen…
mit dir kämpfen. Ich will mich aus nächster Nähe
von deiner Wandlung überzeugen.“
Den
Fans scheint zu gefallen, was Ask hier ziemlich offensichtlich
andeutet.
Ask:
„In zwei Wochen, du und ich, gemeinsam, gegen wen auch
immer. Und wenn wir das schaffen, dann bekommst du deine Chance,
auf Wiedergutmachung, darauf deine Wandlung zu vollenden und auf
das hier.“
Nun
streckt Ask den Intercontinental Championship in die Luft. Die
Fans jubeln, da ihnen dieser Schritt, den Ask auf Viggo zugeht,
gefallen zu scheint. Ask ist sich zwar noch nicht vollends sicher
zu sein, ob er Viggo vertrauen kann, aber zumindest sicher genug
für diese letzte Challenge. Die Frage ist nun, wird Viggo
annehmen?
Ask
senkt den Titel wieder und streckt Viggo die Hand entgegen. Der
junge Engländer blickt erst auf die ausgestreckte Hand und
dann ins Publikum. Dieses lässt sich nun doch zu Jubel
hinreißen, auch wenn dieser größtenteils der
versöhnlichen Geste Skógur geschuldet sein dürfte,
nicht der Sympathie der Schotten mit Viggo.
Viggo:
„Ask…“
Zeitgleich
mit der direkten Ansprache hebt Viggo den Kopf und sucht mit
seinen Augen das Gesicht Skógurs. Der Intercontinental
Champion hält dem Blick stand. Noch hat Viggo nicht
eingeschlagen.
Viggo:
„…dies ist also meine letzte Herausforderung.“
Ein
stummes Nicken von Skógur bestätigt Viggos Worte –
die ja ohnehin nicht in Frage standen.
Viggo:
„Zumindest magst du es so verkaufen. Als Herausforderung,
die ich bestehen muss. Aber ich…ich sehe das anders.“
Hochgezogene
Augenbrauen bei Skógur und fragende Gesichter bei den
Zuschauern. Was meint Viggo damit? Nach der Andeutung in seinem
Satz senkt er das Mikrofon für einen Augenblick, schaut nach
links, dann nach rechts. Und letztlich wieder zu Skógur.
Viggo:
„Es ist ein Privileg für mich. Eine Bestätigung.
Mit dir an der Seite zu kämpfen ist nichts, was ich
herausfordernd finde oder was bei mir Anspannung hervorruft. Es
ist vielmehr ein Zeichen, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Ich
bin bereit, für die Fehler in meiner Vergangenheit zu büßen
und alles zu tun, um den alten Viggo vergessen zu machen. Der
Kampf an deiner Seite und dies hier…“
Er
deutet mit dem ausgestreckten Finger auf die Hand, die Skógur
ihm noch immer entgegenhält.
Viggo:
„…sind die Beweisstücke, dass meine Buße
richtig war und man mir glaubt. Dass DU mir glaubst. Das macht
mich glücklich.“
Der
Engländer ergreift die Hand Skógurs und hält sie
fest.
Viggo:
„Ich freue mich auf den Weg. Auf unseren Kampf.“
Und
damit ist es besiegelt. Die Gegner stehen zwar noch nicht, aber
das Team von Ask und Viggo ist sich einig, in zwei Wochen werden
sie gemeinsam kämpfen und im Falle eines Sieges danach
gegeneinander.
Ask
löst den Handschlag und wendet sich ab. Er streckt den Titel
noch einmal nach oben, wofür er zahlreiche Pops aus den
Zuschauerreihen bekommt, bevor er den Ring verlässt und die
Stage hinaufläuft. Von dort aus schaut er noch einmal zu
Viggo, für den es nun nur noch einen finalen Schritt zu
gehen gibt, bevor er seine Chance auf den Intercontinental
Championship erhält.
Aiden
Rotari: “Ich habe kein Interesse.”
Wir
befinden uns in einer Räumlichkeit des Glasgower SECC, das
so gut es geht zum Büro umgebaut wurde. Und da sich hier
offensichtlich Mühe gegeben wurde, ein nicht nur
funktionales, sondern auch angenehmes und eine gewisse Seriosität
ausstrahlendes Umfeld zu schaffen, können wir uns denken,
wem dieses Zimmer zugewiesen ist: Für niemanden außer
Claude “Dynamite” Booker macht man sich diesen
Aufwand.
Hinter
seinem hübschen Make-Shift-Schreibtisch sitzend, die Arme
auf dem Pult gefaltet, die Stirn in Falten gelegt, blickt er mit
einem distanzierten, möglicherweise leicht genervten Blick
auf den Mann, der ihm gegenübersitzt: Aiden Rotari.
Seine
dunkle Kleidung lässt den baldigen No. 1 Contender beinahe
im spärlich beleuchteten Hintergrund versinken, als würde
er bewusst versuchen, mit der Umgebung zu verschmelzen, um
unsichtbar einer jeden Konversation zu lauschen, die für ihn
relevante Informationen enthalten könnte. Er hat die Arme
vor der Brust verschränkt und Dynamite fest im Blick, seine
Mimik so undeutbar wie eh und je.
Zumindest
seine Stimmlage kann man relativ einfach beschreiben: Ruhig, aber
bestimmt.
Claude
Booker: “Das ist nicht der Maßstab, der für
Entscheidungen dieser Art verwendet wird.”
Keiner
von beiden lässt den anderen aus den Augen. Rotari hatte
sich vor etwa zwei Jahren kurzfristig der zweiten Version des
Protokolls angeschlossen, sodass man hier eine gewisse Verbindung
vermuten könnte, doch Booker ist selbstverständlich
bewusst, dass Aiden sich ihm aus rein selbstsüchtigen
Motiven verpflichtet hatte. Wäre es vorteilhaft für
Aiden Rotari, sich dem Wrestling-Äquivalent von Al-Qaida
anzuschließen, würde er das, ohne zu zögern tun.
Aiden
Rotari: “Selbstverständlich. Die Entscheidung liegt
letztlich bei Ihnen. Ich hielt es bloß für angemessen,
Ihnen mitzuteilen, dass ich keine Anstalten machen werde, die
Herausforderung von Renegade anzunehmen.”
Eine
Sekunde wartet Rotari. Es kommt keine Zwischen- oder Gegenfrage,
also schiebt er etwas nach.
Aiden
Rotari: “Und ich wollte wissen, ob Sie gedenken, das Match
dennoch anzusetzen.”
Claude
Booker: “Ich hatte vermutet, du hättest ein gewisses
Interesse an Revanche nach der letzten Show?”
Wir
erinnern uns: Renegade hatte Rotari vor dem Match gegen Ask
Skogur attackiert. Aiden hatte angekündigt, Ask schlagen zu
wollen, um sich so ein zukünftiges Match um den
Intercontinental Title zu sichern, aber der Frischling, den er
bei Doom’s Night besiegt hatte, machte ich ihm einen Strich
durch die Rechnung.
Aiden
Rotari: “Gewiss.”
Zustimmend
nickt Rotari. Die Art und Weise, wie er Booker dabei nicht einmal
für einen winzigen Moment aus den Augen lässt, kann
einem schon ein wenig die Kehle zuschnüren. Viele Menschen
würden unter dem bedrückenden Gefühl, dass die
bloße Anwesenheit Rotaris in einem solch engen Raum
verursacht, sicherlich die eine oder andere Schweißperle an
ihrer Stirn herunterlaufen fühlen - nicht so der Präsident
der GFCW.
Aiden
Rotari: “Allerdings ist mein Wunsch nach Rache nicht so
groß wie der, GFCW World Champion zu werden.”
Dynamite
massiert seine Schläfen, während er weiterhin
aufmerksam zuhört. Dieser Typ als World Champion... er hat
so einiges mitgemacht. Die GFCW wurde von den verrücktesten
Typen angeführt. The End ist mit Sicherheit auch nicht der
feuchte Marketing-Traum der Merchandise-Abteilung. Aber Rotari an
der Spitze... das wäre so...
...unvorhersehbar?
Rotari
würde seine Chance bekommen. Ob gegen Breads oder End...
vollkommen abschreiben konnte man diesen Mann nie.
Aiden
Rotari: “Ich gewinne nichts dadurch, Renegade erneut zu
schlagen. Es ist schließlich nicht so, dass ich durch einen
Sieg gegen ihn ein Match um den Intercontinental Title bekommen
kann, so wie ich es durch einen Sieg gegen Ask hätte
erreichen können. Die Chance auf einen Titel wäre es
eventuell wert, eine solche Schlacht mit Renegade zu riskieren.
Doch
das steht nicht zur Debatte, wie ich annehme. Mir steht nach dem
nächsten Pay-Per-View ein Titelmatch um den World Title zu,
vollkommen egal, ob ich gegen Renegade kämpfe oder nicht.
Warum sollte ich also meine Gesundheit in einem Kampf riskieren,
in dem ich nichts zu gewinnen habe – um mich vor dem Duell
mit dem amtierenden World Champion potenziell zu verletzen? Das
ergibt wenig Sinn für mich.”
Mit
einem Seufzen lehnt sich Dynamite in seinem (etwas bequemeren)
Stuhl zurück und schlägt die Hände hinter dem Kopf
zusammen. Aus dem Augenwinkel beobachtet er Rotari, der noch
immer ohne emotionale Regung dasitzt, die Hände vor der
Brust gekreuzt, und auf die Absolution wartet, nicht gegen
Renegade antreten zu müssen.
Claude
Booker: “Stimmt schon.”
So
ganz kann sich Dynamite der Logik von Rotari nicht erwehren. Aus
der Sicht von Aiden macht das durchaus Sinn. Allerdings sieht
Booker die Dinge aus der Sicht eines Promoters.
Claude
Booker: “Du bist der kommende No. 1 Contender. An dieser
Tatsache gedenke ich nicht zu rütteln, das hast du dir...”
Das
Wort “erschlichen” könnte einem in den Sinn
kommen. Dynamite hatte stets eine gewisse Laissez-faire-Attitüde
an den Tag gelegt und seine Wrestler mehr oder weniger machen
lassen,
und das gilt wohl auch für diesen Deal, der hier
ausgehandelt wurde. Bloß sich vor dem Pay-Per-View zu
drücken... mit ganz so viel möchte Claude Rotari wohl
doch nicht davonkommen lassen.
Claude
Boker: “...verdient.
Du bist einer der größten Stars, den wir momentan
haben, und da wir ein Stadion mit knapp 20.000 Menschen füllen
wollen, möchte ich, dass du ein Match in London hast. Unsere
Riege an großen Namen wurde schließlich vor kurzem...
dezimiert.”
Dynamite
kann den vorwurfsvollen Ton nicht ganz aus seiner Stimme
verbannen, und vielleicht möchte er das auch gar nicht.
Rotari zuckt nicht mit der Wimper.
Claude
Booker: “Und das Match mit dem meisten Buzz, dass ich für
dich im Moment ansetzen kann, ist ein Duell mit Renegade.
Dementsprechend würde ich meiner Pflicht als Promoter nicht
nachkommen, wenn ich dieses Match für unsere Fans im
Vereinigten Königreich NICHT ansetze. Du wirst beim
Pay-Per-View antreten, Aiden, und du wirst gegen Renegade
antreten.”
Aiden
Rotari: “In Ordnung.”
Rotari
lenkt überraschend schnell ein. Das überrascht auch
Booker, ehe ihm dämmert, dass Aiden wohl nicht damit
gerechnet hatte, damit durchzukommen den Pay-Per-View
auszusitzen. Aber es zu versuchen konnte ja nicht schaden. Ein
kleines bisschen Zorn seitens Booker lässt ihn, ob dieser
beinahe dreisten Unternehmung von Rotari die Augen minimal
zusammenkneifen.
Aiden
Rotari: “Ich schätze, dem kann ich mich nicht
erwehren. Ein Singles Match mit Renegade ist also hiermit
offiziell und daran ist nichts mehr zu rütteln?”
Claude
ist misstrauisch genug gegenüber Rotari, um über diese
Worte noch einmal eine Sekunde lang nachzudenken, ehe er
reflexartig “Ja” antwortet. Was will...? Oh.
Oh.
Claude
Booker: “Renegade hatte nicht von einem Singles Match
gesprochen, wenn ich mich recht entsinne.”
Das
hatte er nicht. Und das weiß natürlich auch Rotari.
Aber erneut gilt: Man sollte es zumindest probieren. Leider gehen
Dynamite diese Spielchen mittlerweile etwas gegen den Strich. Mit
Semantik- und Rhetorik-Tricks die Wasser einer
Wrestling-Promotion zu navigieren war keine vollständig neue
Idee, aber Aiden schien gewillt, es bei jeder Gelegenheit auf die
Spitze zu treiben.
Aiden
Rotari: “Sie sprachen davon, nicht mehr allzu viele Stars
zu haben. Können Sie es sich da wirklich erlauben, Ihren
kommenden No. 1 Contender und einen Ihrer größten
Namen in ein Match zu stecken, in welchem der Gegner bereits
angekündigt hat, bleibenden körperlichen Schaden
verursachen zu wollen?”
Claude
Booker: “Wer ist denn schuld daran, dass wir keinen Antoine
Schwanenburg und keinen Alex Ricks für diese Card haben?”
Aiden
Rotari: “Spielt das im Moment eine Rolle?”
Es
brodelt in Dynamite. Ironischerweise hat Rotari sich mit den
Attacken auf Ricks und Schwanenburg selbst unverzichtbarer
gemacht, denn nun brauchte man jeden halbwegs großen Namen,
den man kriegen konnte. Hinterlistiger, fieser Mistkerl.
Einmal
atmet der Präsident der GFCW tief ein und dann aus, ehe er
sich nach vorne lehnt. Noch immer rührt Aiden sich nicht.
Noch immer sitzt er nur so da und... starrt. Kein Riss in der
Rüstung.
Claude
Booker: “Du hast Renegade beim letzten Pay-Per-View bereits
besiegt. Dein Spot als No. 1 Contender hängt nicht vom
Ergebnis dieses Matches ab. Um dem Ganzen etwas Würze zu
verleihen und es spannender zu machen, halte ich es für
angemessen, Renegade die Stipulation für dieses Duell wählen
zu lassen. Angesichts deines Status als... Star...
im Duell mit einem Rookie, der heute sein erstes Match gewonnen
hat, ist das nur fair.”
Aiden
Rotari: “Ob es wirklich so fair ist, dass..?”
Claude
Booker: “Genug!”
Mit
der flachen Hand schlägt Dynamite auf den Tisch vor sich,
sodass ein paar Stifte in die Luft hüpfen, ehe sie klappernd
wieder zurückfallen. Zum ersten Mal wendet Aiden den Blick
vom Gesicht seines Gegenübers ab und beäugt mit mildem
Interesse die fünf Finger, die auf den Schreibtisch
eingeschlagen haben, und nun zur Faust geballt sind.
Claude
Booker: “Angesichts deiner jüngsten Taten solltest du
froh sein, dass deine “Bestrafung” nicht schlimmer
ausfällt.”
Einen
Moment lang beobachtet Rotari noch die vor Wut zitternde Faust,
dann löst er die Verknotung seiner Arme und erhebt sich vom
Stuhl. Er weiß, wann es Zeit ist, aufzugeben und sich nicht
noch tiefer in die Scheiße zu reiten.
Aiden
Rotari: “Gut. Dann darf Renegade also die Stipulation
bestimmen. Vielen Dank für Ihre Zeit, Mr.
President.”
Wir
sind im Foyer der Arena hier in Glasgow, und neben den großen
Eingangstüren wurde ein provisorischer Stand aufgebaut,
bestehend aus einem Klapptisch und ein paar Stühlen. Der
Protz und die Muskeltiere sind da, und etliche Fans haben sich
tatsächlich eingefunden, um sich mit der hünenhaften
Lichtgestalt abbilden zu lassen. Einige Helfer sammeln fleißig
das Geld ein, dass die Fans für die Fotos und Autogramme
bezahlen. Protz schmunzelt in sich hinein. Er ist jetzt nicht
mehr so gut wie nackt sondern hat sich eine enge Jeans
übergezogen, sandfarbene Arbeitsschuhe und ein schwarzes
Muskelshirt mit tiefem Ausschnitt und Steve Steel-Logo vorne
drauf.
…
Etwas
angewidert von der gesamten Szenerie hat sich nun auch eine
bekannte GFCW-Größe angestellt. Neben den ein oder
anderen zahnlosen SchottInnen gesellt sich auch ein, wenn auch
bedeutend weniger muskulöser, Athlet, der durch seine
rötlichen Locken im Gesamtbild kaum auffällt.
Schottische Wurzeln, wenn auch schon seit Generationen in Kanada
lebend, hat schließlich auch die Familie Douglas.
Konsterniert brabbelt der ehemalige World Heavyweight Champion
irgendetwas despektierliches vor sich hin, ehe denn er sich
langsam zum Artist formerly known as Steve Steel (TFKASS)
vorarbeitet. Die Kamera zoomt nun stärker auf den Mann, der
heute Abend im Main Event steht, aber scheinbar noch immer keinen
Partner hat.
Morbeus
(brabbelnd): „Wie tief kann ich noch sinken? Bittsteller
für einen Menschen zu werden, der nach Babyöl nur so
trieft und stinkt?“
Innerhalb
des Seilgevierts trafen Ray Douglas und TFKASS erst einmal
aufeinander. In einem Three-Way-Dance. Der dritte im Bunde war
die Legende Zereo Killer und Morbeus konnte am Ende den Sieg
verbuchen. Ansonsten scheinen die beiden Altstars bislang
vornehmlich nebeneinander existiert zu haben.
…
Die
anderen Fans scheinen kaum Notiz von Morbeus zu nehmen, oder
trauen sich nicht den offenkundig schlecht gelaunten Kanadier
anzusprechen… nun aber ist Morbeus gleich an der Reihe.
DP:
„Sooo, wer ist das nächste Muskeltier, das den
ultimativen Ritterschlag erhält, hä?! Wer macht sich
krass, einfach allein schon dadurch, Steve Steel zu treffen, DEN
PROTZ! Hehe...“
Morbeus:
„Lass mal stecken mit nem Foto oder so, Großer. Aber
klar ich kann die Leute verstehen: wer will sich nicht mal mit
nem Freak fotografieren lassen?! Wusste gar nicht, dass es
möglich ist NOCH mehr Muskeln aufzubauen. Und das in deinem
Alter. Aber gut, bei jedem kickt die Midlife-Crisis anders. Ich
hab wieder angefangen zu saufen. Ist aber überwunden.
Hauptsache DU kannst vor Kraft noch laufen… STEEL?!“
Steel
grübelt kurz, so als wüsste er gar nicht, wer es da
gerade wagt, ihn von der Seite anzusprechen. Wobei, von der Seite
ist es ja gar nicht, Morbeus hat artig gewartet, bis er an der
Reihe war.
Der
Protz: „Ach, du bist es... Morbeus. Und ich dachte schon,
du wärst Grundschüler oder sowas, hehe, so schmächtig
wie du bist. Aber egal. Den sogenanntes Comeback in der letzetn
Show habe ich mir angeschaut. Jämmerlich. Das war keine
Rückkehr. DAS HEUTE HIER war eine Rückkehr. Eine, die
den Namen auch verdient. Und überhaupt: Du glaubst also, mir
die Show stehlen zu können, hä?! Wer will den bitte
Morbeus sehen, wenn er Steve Steel, wenn er DEN PROTZ sehen und
vergöttern kann?!“
Steve
Steel redet sich langsam, aber sicher mal wieder in Rage. So
kennen und lieben wir ihn, die Halsschlagader tritt schon
beängstigend hervor.
Morbeus:
„Du hast es vermutlich schon mitbekommen. Ich suche einen
Tag Team Partner. Die alten Arschgeigen von TnB wollen mir gleich
die Hölle heiß machen. Wie ich die beiden Stinker
hasse. Früher habe ich hier Stables angeführt in dieser
Liga, aber alle Brücken sind abgebrannt. Ich bin auch sonst
schon auf Werbungstour gegangen… und was hat es gebracht?
Ich stehe in der Schlange für ein Foto mit Steve Steel…“
DP:
„Pah, als ob du ein Foto bekommen würdest, vergiss es!
Nur Muskeltiere verdienen ein Foto mit ihrem PROTZ, und du bist
keines. Die würde mal eine Session im neuen ULTIMATE SUNBANK
7000deluxe Superspritzer special edition gut zu Gesicht stehen,
aber auch das kannst du vergessen! Kauf dir lieber mal meine neue
Fitness-DVD, die bald rauskommt, für 73,05 Euro überall
da wo es DVDs gibt. Vielleicht kriegst du dann auch mal ein paar
Muskeln!“
Morbeus:
„Mir fällt es nicht besonders leicht, dass über
die Lippen zu bringen. Aber ich will hier verdammt nochmal GOLD
gewinnen. World Tag Team Champion werden. Das geht bekanntlich
nicht allein. Daher suche ich jemanden, der hungrig nach Titeln
ist. Der mal ein GEWINNER sein möchte! Der resilient ist und
Leute umhauen kann. Der sich schon bewiesen hat in dieser Liga.
Und der weiß, wie dieses Geschäft funktioniert. Daher,
mein öliger Freund die Frage: Treffen diese Eigenschaften
auf dich zu?“
Der
Protz: „Was zum...?! Wie kommst du nur auf die Idee, dass
ich dein Partner sein werde? Dass ich überhaupt der Partner
von irgendjemandem sein werde?! Ich brauche keine Partner, um
Erfolg zu haben. Ich werde jeden einzelnen Wrestler hier in der
GFCW zermalmen, und weißt du was, mit dir fange ich an!
Glaubt einfach, mir das Spotlight streitig machen zu können,
Unverschämtheit! Ich hoffe nur, dass TnB von dir und deinem
Partner, so du denn noch einen finden solltest, überhaupt
etwas übrig lassen werden, aber falls ja, dann gebe ich dir
den Rest!“
Morbeus
hält kurz inne und schaut etwas herabwürdigend, aber
auch verschmitzt lächelnd sein Gegenüber an.
Morbeus:
„Ja, ja. Weil du alleine so erfolgreich warst, bist du
schon drölf mal World Champion geworden. Deine Antwort ist
klar, Steel. Und es ist wohl auch besser so. Wir passen wohl kaum
zusammen. Aber falls du es dir anders überlegst…“
Sagte
er und beendete den Satz nicht mehr. Ray Douglas verlässt
dann etwas abrupt die Szenerie. Wieder einmal hat er sich eine
weitere Absage eingehandelt. Wird er für das heutige Match
überhaupt noch einen Partner finden können?
…
Die
Szene fadet aus und man sieht noch, wie Steve den nächsten
Fan in Empfang nimmt und ihm für ein Foto den Arm um die
Schulter legt, bevor das Bild schwarz wird.
Tammy:
„Willkommen zurück.“
Wie
schon zuvor an diesem Abend empfängt uns Tammy vor der
„Interview-Wand“ der GFCW. Vorhin war es Robert
Breads, der der Interviewerin Rede und Antwort gestanden hat. Der
Hauptherausforderer auf den GFCW World Title bei Heir to the
Throne. Jetzt sind es, passenderweise, der GFCW World Champion
selbst, The End und sein Manager, James Corleone.
Es
ist schon immer auffällig gewesen, die Dynamik rund um
Corleone und The End zu verstehen und zu analysieren, was an
Körpersprache, Mimik und Gestik rund herum um das passiert,
was eigentlich gesagt wird. Es war immer interessant zu lesen,
was zwischen den Zeilen geschrieben steht, aber gerade heute, ist
das sogar noch mal um einiges interessanter. Abgesehen von dem
„Deal“, den Aiden Rotari mit James Corleone vor zwei
Wochen abgeschlossen hat, hat Robert Breads heute weitere
Vorwürfe in den Raum gestellt: was, wenn Corleone End nicht
mehr braucht?
Wie
wirken End und Corleone also heute? Distanzierter als sonst?
Brodelt es bei den Beiden mehr als bisher schon? So richtig zu
erkennen ist das nicht, es wirkt, als würden die Beiden, was
auch immer es potenziell für Probleme geben könnte,
allen Anschein waren wollen, dass es keine gibt. Sie wollen sich
nicht verraten und nichts anderes würde man auch von ihnen
erwarten.
Tammy:
„End, Mister Corleone, vielen Dank für ihre Zeit. Ich
möchte mit einer einfachen und simplen Frage beginnen: wie
ist die Lage? Vor allem, nachdem was mit Aiden Rotari in der
vergangenen Show geschehen ist und was Robert Breads heute gesagt
hat.“
Grundsätzlich
mag die Frage tatsächlich einfach und simpel sein und
dennoch ist sie so schwierig, denn ganz so einfach und simpel ist
die Lage, in der sich End und Corleone befinden nicht zu
erklären. So richtig weiß man wohl nicht, wie es
geschehen ist, aber irgendwie haben es Robert Breads und Aiden
Rotari bereits geschafft, das Gespann zwischen End und Corleone
verhältnismäßig stark unter Druck zu setzen.
Nach
einer kurzen Zeit der Ruhe ist es schließlich James
Corleone, der das Wort ergreift.
James
Corleone: „Die Lage ist folgendermaßen. Wir haben
einen Gegner, namens Robert Breads, der seinen Status als Legende
zurecht trägt und richtigerweise als einer der besten
Wrestler bezeichnet werden kann, den die GFCW je gesehen hat. Und
das nicht nur im Ring, die psychologische Kriegsführung
außerhalb des eigentlichen Matches, an derer er sich heute
bereits bedient hat, scheint er auch bestens zu beherrschen.
Außerdem haben wir einen Gegner, namens Aiden Rotari, der
sich einen Moment meiner Unaufmerksamkeit zu Nutze gemacht hat,
um sich einen Vorteil zu verschaffen. Wir haben offene Fragen,
die im Raum stehen und die Möglichkeit eröffnen Zweifel
an mir und meinen Fähigkeiten zu hegen. Wir haben
Diskrepanzen und Schwierigkeiten, die so leicht nicht zu
beseitigen sind. Kurz und offen gesagt, die Lage ist nicht
einfach.“
Während
Corleone spricht, hält End den Titel fest an sich gedrückt
und beobachtet seinen Manager aufs Genauste, als würde er
jedes einzelne Wort analysieren und auf doppelten Boden
überprüfen wollen. Wie viele Gespräche gab es wohl
zwischen den Beiden, seit der vergangenen Show?
Auf
jeden Fall ist das die Lage, wie wird sich Corleone nun dazu
äußern?
James
Corleone: „Aber wäre die Lage einfach, dann würden
wir hier nicht um den höchsten Preis der GFCW antreten. Seit
dem Moment, als The End den GFCW World Championship gewonnen hat,
war uns bewusst, dass wir fortan gegen andere Kaliber antreten
werden als noch zuvor. Gegen diese Kaliber bedarf es Arbeit zu
investieren, keine Schwäche zu zeigen und einen klaren
Verstand zu bewahren. Robert Breads ist ein solches Kaliber. Er
ist nicht nur ein phänomenaler Wrestler, sondern wie wir
gehört und gesehen haben auch ein hervorragender Taktiker.
Ein Stratege, der anders als noch Zereo Killer an dieses Match
herangehen wird.“
… offensichtlich
gar nicht. Er benennt die Probleme zwar, umschifft sie aber so
gut er kann, ohne sich dazu äußern zu müssen.
End
hält sich nach wie vor zurück. Corleone denkt dabei
nicht mal daran, sich umzudrehen. Vielmehr antizipiert er das
Vertrauen, dass End ihm wohl schenken muss und setzt seine Ansage
dadurch gestärkt fort.
James
Corleone: „Ihm muss man es nicht sagen, ihm ist es bewusst,
dass er die beste Version seiner selbst sein muss, wenn er eine
Chance haben will und offenbar, sieht er diese Chance nur darin,
wenn er gegen eine geschwächte Version von The End antritt.“
Tammy:
„Was meinen sie damit?“
Corleone
scheint bei Robert Breads abgeguckt zu haben und will wohl
selbst, dass man ihm die Informationen aus der Nase zieht. Was
der Kanadier kann, kann der Sizilianer schon lange.
James
Corleone: „Vielleicht mag es seine Verletzung sein und die
Unsicherheit, ob die Ärzte Recht behalten und er wirklich
wieder fit ist, zum Zeitpunkt des Matches oder aber es ist das
Alter, dass ihn zweifeln lässt. Was auch immer, aber es ist
offensichtlich, dass Robert Breads versucht The End zu
manipulieren und einen Keil zwischen ihn und mich zu treiben.
Darauf haben sie ihn sogar selbst angesprochen. Er sagt zwar, er
wolle Ends volle Aufmerksamkeit, aber wie kann er sich derer
sicher sein, wenn The End seinen eigenen Manager hinterfragen
muss?
… was
er nicht tun müsste, wenn Mister Breads ihm nicht den Anlass
dazu gegeben hätte.“
Eine
Aussage der Kategorie: ist es wirklich das, was The End denkt
oder hofft Corleone das nur? Und trotzdem bleibt End nach wie vor
erstmal ruhig. Es wirkt sogar, erkennbar an einer minimalen
Beugung der Mundwinkel nach oben, als würde End die Richtung
gefallen, in die Corleone das Gespräch lenkt.
James
Corleone: „Darf ich ihnen nun eine Frage stellen?“
Tammy
schaut verwundert, denn offensichtlich ist sie damit gemeint.
Tammy:
„Also, ehm… ja, natürlich.“
James
Corleone: „Wann hat The End das letzte Mal meine Hilfe
benötigt um ein Match zu gewinnen?“
Tammy
verstummt. Ihr fällt auf Anhieb keine Antwort ein, aber es
ist auch nicht so, als würde sie überhaupt überlegen
wollen, denn sie und generell kaum jemand würde wohl Ends
Unabhängigkeit in Frage stellen.
James
Corleone: „Ein betretenes Schweigen, das ist die richtige
Antwort. The End braucht mich nicht. Wir wissen das, sie wissen
das, Robert Breads weiß das. Aber, wenn wir das nun alle
wissen, warum dann überhaupt den Keil zwischen uns treiben?
Ob ich an der Seite von The End stehe oder nicht, ist egal. Er
wird dieses Match ohnehin allein bestreiten, komme was da wolle.
Aber auch nur den kleinsten Funken von Uneinigkeiten zu entzünden
und einen Hauch von Zwist zu sähen, könnte in einem
lodernden Feuer von Misstrauen und einem tobenden Orkan von
Streit enden. Dann wäre The Ends Verstand nicht mehr klar
und dann wäre das die schwächste Version von The End.“
Tammy:
„Also wollen sie damit sagen, dass Robert sprichwörtlich
schlafende Hunde weckt, um für ein Problem und einen Disput
bei ihnen Beiden zu sorgen, das eigentlich gar nicht da ist?
Demnach ist an seinen Vermutungen, dass sie sich von The End
abwenden würden, wenn sie eine lukrativere Option sehen,
nichts dran? Er streut die Vorwürfe nur um sie Beide
voneinander zu entfremden?
Allerdings
hat er doch genau das Gegenteil gefordert. Er will den besten End
besiegen, ohne, dass es Einwände gibt, die ihm seinen
potenziellen Sieg streitig machen könnten.“
Wie
auch schon im Gespräch mit Robert bleibt Tammy investigativ
und kritisch. Bei Corleone kann man eine Spur Verwunderung
erkennen, über ihre forsche Art, aber er lässt sich
nicht aus dem Konzept bringen. Und auch The End schluckt die
Spitzen herunter, die sich in der Frage verstecken.
James
Corleone: „Ich bitte sie. Das ist das, was Robert sagt,
aber nicht das, was Robert meint. Er will The End manipulieren,
das sagte ich bereits. Und die Art und Weise, wie er das
versucht, ist fast schon tölpelhaft und inkonsequent. Er
betont wieder und wieder, dass ich nur die ‚Dienstmagd‘,
der ‚Laufbursche‘ von The End sei, dass es noch Aldo
Nero oder andere Optionen gäbe, mit mehr Potential, derer
ich mich annehmen wollen würde. Er will mich als Schwäche,
als Ablenkung darstellen. Gleichzeitig deutet er aber an, ich
wäre eine Gefahr für The End. DIE Gefahr, die all seine
Schwachstellen kennt. Er will unsere Beziehung sabotieren und
dafür sorgen, dass The End sich von mir löst, bevor ich
mich von ihm lösen könnte...
All
das zeigt, dass es Robert Breads eben nicht um ‚die beste
Version‘ von The End geht, sondern um EINE Version von The
End, die er schlagen kann.
Wenn
er tatsächlich gegen die beste Version von ihm antreten
wollte, dann wäre er einfach gegen ihn angetreten. Denn der
The End, der keinerlei Zweifel an mir oder unserer Beziehung hat,
war es, der die GFCW im letzten Jahr bestimmt hat, wie kein
anderer.“
The
End: „Aber was, wenn er damit Recht hat?“
Auf
einmal meldet sich der World Champion aus dem Hintergrund. Leicht
schockiert dreht sich Corleone nun doch zu seinem Schützling.
Tammy ist sofort zur Stelle, tritt einen Schritt herum und hält
nun auch dem World Champ das Mikrofon bereit. Fast schon
provokant setzt End an.
The
End: „Vielleicht sollte ich das tun. Vielleicht sollte ich
mich deiner entledigen, bevor du es bist, der mich hintergeht.“
Wie
schon vor zwei Wochen wirkt Corleone leicht sprachlos, aber
diesmal vielmehr, weil End ihn hier zu überrumpeln scheint.
Das wiederum lässt vermuten, dass es doch Gespräche und
Planungen hinter den Kulissen gab, was hier jetzt gesagt werden
soll und dass das DAS hier nicht zum Plan dazu gehören
würde.
Hat
Roberts Plan also vielleicht doch funktioniert? So viel zu
„tölpelhaft“ und „inkonsequent“…
The
End: „Du willst also sagen, dass alles, was Robert sagt,
nur zur Manipulation dienen würde? Aber antworte doch
einfach mal auf die Frage und rede nicht ständig drum herum.
Was ist, wenn du mich nicht mehr brauchst. Was, wenn ich den
Titel verlieren WÜRDE?“
Es
wirkt, als wäre diese Situation bewusst von The End
herbeigeführt wurden. Er wollte Corleone kalt erwischen,
damit dieser ehrlich antworten muss. End hat Corleone damit in
eine ähnliche Situation gebracht, wie Aiden Rotari vor zwei
Wochen. Jetzt weiß er, dass Corleone sich nichts überlegt
haben kann. Das ist das Terrain, in dem er Fehler machen kann.
… und
Corleone erkennt das. Wieder wurde er in eine Falle gelockt. Er
richtet sich nun vollständig an The End.
James
Corleone: „Dann gehe ich mit dir unter.“
Also,
entweder ist Corleone hier von 0 auf 100 in seinen
Manipulationsmodus gesprungen oder aber er meint das tatsächlich
ernst. Es wirkt zweifellos so, als würde er diese Worte so
meinen, wie er sie sagt.
Er
erkennt, dass es sich hierbei nicht wirklich um eine Falle
handelt, sondern um eine Bewährungsprobe. Nun denn, wird er
sie bestehen?
James
Corleone: „Ohne dich, habe auch ich keine Funktion. Ich
habe viele Talente gescoutet und niemanden gefunden. Ich habe
jahrelang versucht etwas aus Aldo zu machen, ohne Erfolg. Aus
allen möglichen Optionen, die sich mir jemals geboten haben,
gab es stets nur eine richtige. Dich. Und für dich habe ich
mich nicht entschieden, weil es gar keine Alternativen gab. Meine
Bestimmung ist es, dir zum Erfolg zu verhelfen und deinen Erfolg
zu sichern, wenn mir das nicht oder nicht mehr gelingt, dann habe
ich versagt.“
Corleones
Worte wirken ehrlich. Das kann an seinem hervorragenden
Schauspieltalent liegen oder aber daran, dass sie auch wirklich
ehrlich gemeint sind.
James
Corleone: „Dich zu begleiten… damit bin ich eine
Verpflichtung eingegangen. Einen „Alles oder Nichts“-Deal.
Wenn du gewinnst, dann gewinne auch ich. Wenn du scheiterst, so
scheitere auch ich. So war es immer. Es gibt keinen Plan B. Den
gab es nie. Keinen der gut genug ist, wie du. Und erst recht
nicht Aldo, aber den sind wir ohnehin los, der hat sich zu meinem
Bruder verzogen, was auch immer er da hofft zu finden.
DU
bist mein Vermächtnis und mit DIR werde ich stehen und
fallen.
Also
werde ich dich immer brauchen.“
Neben
den nützlichen Informationen über die Person, bei der
sich Aldo Nero aufhält, wie wir es in der letzten Show
gesehen haben, die hier beiläufig mit erwähnt wurden,
wird wieder einmal deutlich, dass Corleone The End tatsächlich
genauso sehr braucht, wie End Corleone. Vielleicht sogar noch
viel mehr. Ob sich Corleone das nun eingestehen will oder nicht.
Stimmt
diese Antwort The End nun aber zufrieden? Das ist, nach wie vor,
schwierig zu beurteilen. Aber fürs Erste scheint ihm das
erstmal zu reichen. Langsam wendet sich End nun von Corleone ab
und schaut zu Tammy und dann direkt zur Kamera.
The
End: „Da siehst du es, Robert. Du kannst zwar versuchen
mich von Mister Corleone zu trennen, aber diese Psychospiele
werden dir nicht dabei helfen, mich zu schwächen. Du willst
die beste Version meiner selbst?“
Jetzt
dreht sich End nochmal halb zu Corleone ein, dann aber direkt
wieder vor zur Kamera. Der wiederum scheint weitestgehend
zufrieden damit zu sein, dass er seinen Hals mal wieder aus der
Schlinge ziehen konnte. Er hat hier nichts mehr zu sagen oder
sonst wie hinzuzufügen und deshalb tritt er in den
Hintergrund.
The
End: „Ich glaube dir. Auch trotz dieser Nummer hier. Und
die wirst du bekommen. Ich hoffe allerdings, dass du den Anstand
hast mir die gleichen Voraussetzungen zu liefern, wie du sie von
mir verlangst. Keine Ausreden, Robert. Schieb es nicht auf die
Schulter, wenn ich dich besiege und verstecke dich nicht hinter
diesen Kopfspielchen.
Du
sagst ich sei ein würdiger Champion? Du bist ein würdiger
Herausforderer, deshalb habe ich dich auch herausgefordert. Aber,
vor allem bist du eins: das nächste Opfer von The End. Wir
sehen uns in zwei Wochen.“
Schwanenburgunder.
Jetzt noch überlegener im
Geschmack.
Noch siegreicher im Abgang.
Schwanenburgunder.
Der edle Tropfen des Erfolges.
Schwanenburgunder.
Jetzt in der kaiserlichen Edition
aus Bio-Reben.
Schwanenburgunder, der kaiserliche.
Probieren Sie ihn jetzt.
Schwanenburgunder.
So genießt bloß ein
Kaiser.
Schwanenburgunder.
Die
Show neigt sich dem Ende entgegen und mit ihr auch das kurze
Wiederaufflammen der Karriere von Timo Schiller. Das Eigengewächs
der GFCW ist frisch geduscht und dabei, seine Ringkleidung in
einer Sporttasche zu verstauen. Achtlos knüllt er die Hose
zusammen und begräbt sie unter den Schuhen, einer
Trinkflasche und den Kneepads – sieht nicht so aus, als
würde er sie bald noch einmal brauchen. Er war hier, hat
gekämpft, hat alles gegeben und am Ende hat er verloren, nun
regiert Totengräberstimmung die Gedankenwelt des
Dortmunders. Timo lässt die Schultern hängen, wuschelt
sich durch das nasse Haar und seufzt.
Da
klopft es an der Tür.
Timo
Schiller: „Ja?“
Die
Klinke wird heruntergedrückt und mit leisen, eleganten
Schritten tritt Tammy in den Locker Room. Auch nach mehr als
einer Dekade in Diensten der Liga wirkt die junggebliebene
Reporterin euphorisch, wenn sie ihrem Job nachgehen kann. Doch
selbige Euphorie sucht sie im Blick ihres Gegenüber
vergeblich. Schiller blickt sie nur mit einem gezwungenen Lächeln
an und schüttelt dann mit dem Kopf.
Timo
Schiller: „Sorry, Tammy. Kein Interview jetzt, bitte. Bin
nicht in der Stimmung.“
Auch
wenn er versucht, höflich zu bleiben, blickt Schiller Tammy
an, als erwarte er, dass sie sich sofort auf dem Absatz
herumdreht und von dannen zieht. Doch das geschieht nicht.
Stattdessen wird, zu Timos Irritation, Tammys Grinsen nur noch
breiter.
Tammy:
„Keine Angst, Timo. Ich bin nicht als Interviewerin hier
und so kurz vor dem Main Event hat die Regie ohnehin andere
Pläne. Aber ich habe was für dich.“
Begleitet
von einem fragenden Ausdruck in Timos Gesicht greift Tammy in die
Innentasche ihres Blazers und holt einen festen, mattweißen
Umschlag hervor.
Timo
Schiller: „Was ist das?“
Tammy:
„Eine Einladung ins The Den. In London.“
Schiller
nimmt den Umschlag entgegen, faltet den innenliegenden Brief
jedoch nicht auf. Lässt ihn nur nachdenklich von einer Hand
in die andere gleiten.
Timo
Schiller: „Cool, FC Milwall. Eine echte Kulttruppe.”
Tadelnd
verdreht Tammy die Augen – wenn auch auf spielerische
Weise. Sie tippt mit ihrem Finger auf den Umschlag, auf dem das
Logo der GFCW aufgedruckt ist.
Tammy:
„Nicht zum Fußball. Zu Heir
To The Throne.
Der krönende Abschluss unserer Tournee.“
Im
ersten Augenblick schleicht sich ein Lächeln auf die Lippen
Schillers. Das ist wirklich eine nette Geste. Aber dann gewinnt
die Bitterkeit über seine Niederlage wieder die Oberhand und
er blickt traurig auf den Umschlag und dann zu Boden.
Timo
Schiller: „Oh, das ist…naja, schon cool. Dann kann
ich mir angucken, wie die
Anderen
kämpfen.“
Tammy:
„Könntest du. Oder du öffnest endlich den
beiliegenden Brief.“
Timo
Schiller: „Hä?“
Ein
zweites Mal tippt Tammy an diesem Abend auf dem Umschlag. Unter
dem Logo der GFCW ist das Wort „OFFICE“ in schwarzen
Großbuchstaben aufgedruckt. Weil Schiller immer noch nicht
reagiert, faltet Tammy nun selbst den Brief auf und hält ihn
Timo hin. Er sieht nach einem formellen Anschreiben aus.
Tammy:
„Also, Timo: Sieht aus, als ob deine beherzte Leistung
heute einigen Leuten gefallen hat und sie dich noch einmal testen
wollen. Vor 20.000 Leuten in London.“
Mit
offenen, funkelnden Augen und einem Mund, der sich nicht mehr
schließen lässt, starrt Schiller Tammy an. Seine Hand
umfasst verkrampft die Holzbank unter ihm.
Tammy:
„Du kannst nun entscheiden: Entweder du bist einer von
diesen 20.000 Zuschauern und machst dir einfach einen schönen
Tag als Fan. Oder du packst deine Ringsachen ein und nimmst die
Chance wahr.“
Timo
Schiller: „Bin dabei!“
Innerhalb
von Sekunden hat sich die Stimmung des Dortmunders so verändert,
dass er nun wie ein aufgeregtes Kind nicht mehr still sitzen
bleiben kann und von der Bank aufspringt. Er sieht aus, als wolle
er Tammy umarmen.
Timo
Schiller: „Das wird unglaublich!“
Er
macht eine Siegerfaust, dreht sich in der Bewegung um und zieht
seine Wrestlinghose wieder aus der Tasche hervor. Breitet sie auf
der Bank aus, streicht sie glatt und faltet sie dnan sorgfältig
zusammen, ehe er sie ein zweites Mal verstaut. All das geschieht,
während er jungenhaft grinst.
Dann
fällt ihm etwas ein.
Timo
Schiller: „Ähm…wer ist mein Gegner?“
Seine
Augen suchen die von Tammy. Während sich die Reporterin bis
eben ehrlich mitgefreut hat, wird ihr Lächeln nun etwas
verkniffener. Als müsse sie eine schlechte Nachricht
überbringen.“
Tammy:
„Wenn du die GFCW 2024 verfolgt hast, wirst du ihn kennen…“
Sie
dreht sich halb herum und greift nach der Klinke der Tür.
Druckst herum, ehe sie weiterspricht.
Tammy:
„…ein Grund, dass wir den Kampf schon heute spontan
festlegen mussten und nicht gewartet haben, ist ein spezieller
Wunsch von ihm.“
Eine
Andeutung, mit der Schiller überhaupt nichts anfangen kann.
Er steht einfach fragend da.
Tammy:
„Er will jeden Kampf Wochen im Voraus wissen. Sonst reist
er nicht an.“
Sie
öffnet die Tür und tritt heraus. Im Weggehen fährt
sie fort.
Tammy:
„Wir haben dazu vor zwei Wochen einen eindeutigen Brief
bekommen. Viel Glück, Timo. Du wirst es brauchen.“
Tag
Team-Handicap Match:
T'n'B
(Tha Bomb & Titan) vs. Morbeus & ???
Referee: Mike Kontrak
Pete:
Kommen wir nun zu unserem Main Event des Abends.
Sven:
Wobei ich nicht nachvollziehen kann wieso die alten Säcke
im Main Event stehen dürfen.
Pete:
Da siehst du mal wie es allen anderen mit dir geht.
Sven:
Was soll das denn heißen??!?
Pete:
Na ja Sven…lassen wir das mal so stehen.
Sven:
Anscheinend gibt es aber noch etwas Interessantes zu sehen.
Pete:
Genau Sven.
Auf
dem Titantron sind Szene aus dem Backstage Bereich zu sehen.
McMüll steht vor der Kamera. Im Hintergrund tobt immer
noch ein kleines Kuddelmuddel aus mehreren Personen die wild
durcheinanderlaufen und versuchen für Ordnung zu sorgen.
McMüll:
Unfassbare Bilder die sich hier gerade abgespielt haben. Das
ultimative VIP-Fan Meet and Greet mit Steve Steel endete im
absoluten Chaos. Eine wundervolle Geste des Bronzed Adonis
das bis zu den letzten Gästen eine tolle Veranstaltung
war endete in einer massiven Keilerei als T´n´B
sich als letzte VIP Gäste ein Termin besorgt haben.
Wir
sehen im Hintergrund den Bronzed Adonis Steve Steel aufgeregt
mit den Offiziellen der GFCW diskutieren. Er wirkt ziemlich
angefressen.
McMüll:
Man hat direkt gesehen das Tha Bomb keineswegs daran
interessiert war die Sache ernst zu meinen und es entwickelte
sich recht schnell eine lautstarke Diskussion in der Titan
handgreiflich wurde. Natürlich gab es eine Brawl der
dann durch das umstehende Personal unterbrochen wurde. Immer
wieder jedoch schwelte der Brand erneut auf und erst nach
mehrminütiger Aktion und Reaktion konnten die
Kontrahenten getrennt werden.
Pete:
Da scheint ja ne Menge losgewesen zu sein.
Sven:
Die beiden konnten sich noch nie benehmen.
Pete:
Da hast du leider Recht Sven.
Sven:
Deswegen weiß ich auch nicht wie man die gut finden
kann.
Nachdem
das Logo der GFCW auf den Titantron zurückkehrte
erklingt auch schon die Einlaufmusik von T´n`B.
Viele
der Fans stehen und feiern ihre alten Idole. Das jüngere
Publikum jedoch quittiert das Einlaufen der Altstars mit
Buhrufen und Abneigung. Tha Bomb und Titan genießen die
Ihnen entgegen gebrachter Liebe und interagieren mit den
Fans. Denen die Ihnen wohlgesonnen sind und auch denen die
Ihnen kritisch gegenüberstehen.
Pete:
Ich finde es einerseits lustig…andererseits aber auch
respektlos…
Sven:
Was Pete?
Pete:
Na schau doch mal was sie tragen.
Tha
Bomb trägt ein Fan Shirt von Morbeus. Titan dagegen
wandert mit einer lebensgroßen Pappfigur von Steve
Steel die Rampe herunter. Der Kopf nach hinten abgeknickt.
Wohlmöglich einer Folge des Brawls beim Meet &
Greet. Im Ring angekommen posieren sie mit IHREN Gürteln
und machen immer wieder die Geste das ihre Münder heute
verschlossen sind.
Pete:
Was soll das bedeuten Sven?
Sven:
Na ja. Gehört haben wir sie heute noch nicht. Vielleicht
verschonen Sie uns heute einfach mal mit ihren langweiligen
Geschichten.
Pete:
Oder sie sind des Redens überdrüssig und wollen
Taten folgen lassen.
Sven:
Man muss ja auch nicht jede Show das gleiche sagen.
Pete:
Immerhin scheint es heute mal wieder um ein paar Gürtel
zu gehen.
Ray
Douglas schreitet aus dem Entrance, die Reaktionen sind aber sehr
geteilt. Zumindest polarisiert er weiter, auch wenn er wie ein
kleines Opferlamm nun ganz ohne Partner dasteht. Morbeus trägt
heute Oberkörperfrei, sein Teint ist nach wie vor etwas
bleich. Seine rötlichen Locken hat er stramm nach hinten
gekämmt und mit Gel angereichert. Natürlich trägt
er seine grünen Wrestlingboots mit dem weißem M drauf.
Seine abgerissene Jeansshorts komplettieren seinen Look. Ray
Douglas scheint entschlossen dieses Wagnis einzugehen. Ein
Handicap-Match zu gewinnen, schaffen sicherlich nur die ganz
Großen.
Am
Ring angekommen macht er auf dem Apron dann seine altbewährten
Trademark-Bewegungen. Der Spaß kann beginnen.
Nachdem
Morbeus sich kampfbereit gemacht hat überreichen Tha
Bomb und Titan dem Referee ihre Gürtel. Mike Kontrak
schaut die beiden Kopfschüttelnd an als er die Gürtel
entgegennimmt. Tha Bomb redet jedoch eindringlich auf ihn ein
sodass Mike Kontrak irgendwann nur ratlos mit den Schultern
zuckt und andeutet das es heute um DIESE Gürtel gehen
wird.
Pete:
Ich glaube die beiden werden langsam etwas merkwürdig im
Kopf.
Sven:
Das war schon immer so.
Pete:
Viel wichtiger ist aber das es den Anschein hat das Morbeus
alleine gegen T`n`B antreten wird. Zumindest tut sich da
nichts mehr.
Mike
Kontrak übergibt die Gürtel dem Zeitnehmer und
läutet das Match an. Morbeus tritt zuerst gegen Titan in
den Ring. Es gibt kein langes abtasten und Morbeus sucht
direkt den Weg nach vorne. Gegen den körperlich
stärkeren Titan lässt er all seine Erfahrung und
Technik aufblitzen um seinen Gegenüber in Schach zu
halten. Er drängt Titan mit einer Serie von Schlägen
und Tritten in die Ringecke und befördert diesen dann
mit einem Belly to Belly in die Ringmitte. Sofort setzt er
nach und hält Titan mit einem Leg Lock am Boden.
Pete:
Der Rückkehrer will es wissen.
Sven:
Angriff ist die beste Verteidigung.
Pete:
Gerade wenn er alleine gegen zwei ist.
Sven:
Erfahren genug ist der alte Heavyweight Champion aber um das
Match taktisch klug anzugehen.
15
Minuten später….
Pete:
Meine Damen und Herren wir entschuldigen uns für das
technische Problem.
Sven:
Wie die Leitung uns gerade informiert hat gab es beim TV
Sender ein technisches Problem.
Pete:
Zusammenfassend ist zu sagen das es bis dato ein
ausgeglichenes Match war.
Sven:
Morbeus hat alles reingeworfen und gut gegen die Übermacht
der ehemaligen Tag Team Champions gegengehalten. Jetzt sieht
man das das Handicap sich körperlich bezahlt macht. Tha
Bomb und Titan sind ausgeruhter da sie ständig wechseln
konnten.
Titan
hat Morbeus mit einer mächtigen Clotheline zu Boden
gebracht und bringt nun das Publikum nochmal zum Kochen.
Pete:
Es scheint so als ob es dem Ende entgegen geht. Doch nicht
alle Fans finden das gut wie T`n`B mit Morbeus umspringen.
Sven:
Ja Morbeus scheint jetzt dem Match Tribut zu zollen. Er ist
platt.
Titan
wechselt nochmal mit Tha Bomb welcher sich in den Ring pellt.
Zusammen hieven sie Morbeus auf die Beine der benommen in der
Ringmitte steht. Mit einem wuchtigen Whip In geht es in die
Ringseile. Tha Bomb geht hinterher während Titan
entgegengesetzt läuft. In der Ringmitte trifft Morbeus
mit seinem Gesicht auf den ausgestreckten Fuß von Titan
während er von hinten eine brachiale Lariat from da
Hölle einstecken muss. Sofort das Cover von Tha Bomb.
Pete:
Das wars.
ONEEEE
TWOOOOO
THREEEEEE
Sieger
des Matches durch Pinfall: T`n`B
Tha
Bomb und Titan klatschen ab und lassen sich von den Fans
feiern bzw ausbuhen.
Pete:
Am Ende verdient. Aber nachdem Morbeus hier 15 Minuten gegen
2 Mann kämpfen musste ist das auch keine Schande für
den Rückkehrer.
Sven:
Und es sind ja nicht irgendwelche Jobber gegen die er
gekämpft hat.
Tha
Bomb lässt sich die Gürtel überreichen und
feiert sich und seinen Partner. Nach einem kurzem Pläuschchen
gehen beiden auf dem am Boden liegenden Morbeus los. Nach ein
paar Tritten packt sich Titan dem Unterlegenem und würgt
ihn mit dem Gürtel in einem Camel Clutch in der Mitte
des Ringes. Mike Kontrak wird versucht zu intervenieren wird
jedoch von Tha Bomb aus dem Ring befördert. Immer wieder
spricht Tha Bomb auf Morbeus ein und deutet auf die Gürtel
und dass sie in den Besitz von T´n´B gelangen
werden.
Pete:
„Was zum…?!“
Heroische
Musik ertönt und der Titantron fängt an zu blitzen
und zu donnern. Und dann kommt der Protz rausgestürmt
und rennt zum Seilgeviert, so schnell, wie eben ein
fünfzigjähriger 2 Meter-Koloss mit aufgepumpten
Muskeln rennen kann, was mehr ein Humpeln als ein Rennen ist.
Aber egal, irgendwann kommt er an und slidet überraschend
behände ins Geviert, wobei er fast unter dem untersten
Ringseil stecken bleibt. Auch Bomb und Titan sind noch
komplett perplex, als Steel auf sie losstürmt und sie
mit Schlagsalven eindeckt.
BAM
BAM
BA-BAM
Im
Stakkato drischt der Glatzkopf auf TnB ein, doch langsam
fangen die beiden sich und leisten nun Widerstand. Steve
Steel hält kurz inne, um einmal durchzuatmen. Das nutzen
TnB und stürmen nun ihrerseits auf den Muskelberg los…
…
DOUBLE
CROOKED ARM LARIAT!!!
…
Sven:
„Der Protz streckt beide Member von TnB nieder!“
Zuerst
rappelt sich Tha Bomb wieder auf, aber Steel erwartet ihn
schon und packt ihn am Hals.
CHOKESLAM!!!
Krachend
geht Tha Bomb zu Boden und rollt sich aus dem Ring. Dann
kommt Titan wieder hoch…
CHOKESLAM!!!
Pete:
„Krass, Steve Steel verpasst Tha Bomb und Titan
Chokeslams aus der Hölle!“
Auch
Titan rollt sich aus dem Ring raus, so dass Steel nun
triumphierend dasteht und jetzt den geschundenen Morbeus in
den Blick nimmt. Für einige Augenblicke steht er einfach
nur da und schaut auf Morbeus herab. Und dann… steigt
er durchs Seil und macht sich auf den Weg backstage.
Pete:
„Was ist hier los, Sven? Steve Steel kommt raus, um
Morbeus zu helfen. Und verschwindet dann wieder?“
Sven:
„Na ja, er hat ihm ja geholfen, Tha Bomb und Titan sind
außer Gefecht. Steel hat sicher keine Ambitionen, mit
Morbeus gemeinsame Sache zu machen, ich glaube eher, dass er
nicht wollte, dass Morbeus hier komplett kaputtgeprügelt
wird. Er hat ja vorhin angekündigt, dass er selbst mit
Morbeus ein Hühnchen rupfen will.“
Pete:
„Was auch immer das hier zu bedeuten hat, ich bin mir
sicher, dass wir es in 14 Tagen in Cardiff erfahren werden.
Ich bin heiß wie Frittenfett, wie es hier weitergeht
zwischen diesen Wrestlern, was für ein Cliffhanger.“
Sven:
„Und damit geht War Evening off the air, macht’s
gut und bis bald!“