Die Kamera blendet langsam aus dem GFCW-Logo heraus. Dabei schwenkt das Bild zur beliebten GFCW-Interviewerin Tammy, die, wie immer, souverän und charmant vor der Kamera steht. Ihr Haar fällt perfekt über die Schultern, ein dezentes Lächeln liegt auf ihren Lippen, während sie das Mikrofon elegant in der Hand hält. Doch sie ist naturlich nicht allein. Neben ihr stehen Creed Gibson und Andrew Costalago, bekannt als Cirque du Tonnerre. Beide tragen ihre In-Ring Outfits. Soll heißen: Weiße Pluderhosen. Die Gesichter sind wieder weiß geschminkt und betonen das auffällig gefärbte, senfgelbe Haar. Nein, Andrew und Creed sind keine Clowns. Ihnen fehlen die roten Nasen, das bunte Outfit und vor allem der Drang, lustig sein zu wollen. Aber Menschen, die unauffällig durch eine Stadt flanieren könnten, sind sie erst recht nicht. Tammy neigt leicht den Kopf, blickt mit ihrem warmen, professionellen Lächeln zwischen den beiden hin und her.
Tammy: „Creed und Andrew, heute Abend tretet ihr gegen die amtierenden GFCW Tag Team Champions an. Auch wenn es kein Titelmatch ist, könntet ihr mit einem Sieg sicher berechtigte Ansprüche geltend machen. Besonders, da selbst Aya und Jay Taven behaupten, sie hätten keine Gegner in der Liga, die sie fürchten müssten oder überhaupt irgendwelche Gegner.“
Ein leichtes Zucken geht über Andrews Mundwinkel. Er verschränkt langsam die Arme vor der Brust, sein Blick geht nach unten, dann wieder hoch in Richtung Kamera. Neben ihm lacht Creed leise. Es ist nicht klar, ob ihn die Frage amüsiert oder ihm einfach so danach ist, amüsiert zu sein. Seinem erratischen Auftreten ist Zweiteres definitiv zuzutrauen. Noch bevor er das erste Wort gesprochen hat, tritt er immer wieder von einem Fuß auf den anderen, blickt zwischen Tammy, Andrew und der Wand hin und her. Es wirkt, als sei er in drei Welten gleichzeitig.
Creed Gibson: „Behauptung und Wahrheit sind einander so gleich wie Heinrich Firion und Robert Breads.“ Tammy: „Das verstehe ich nicht.“
Verständlich, Tammy, verständlich. Selbst Costalago blickt drein, als wisse er nicht ganz, worauf sein Partner eigentlich hinauswill. Gibson seufzt langgezogen und künstlich.
Creed Gibson: „Verzeihung, Tammy. Ich dachte mit Unsinn reden kommt man in der Tag-Team-Division weit. Aber vielleicht fehlen uns dazu auch große Ohren und eine Nebelmaschine. Woraus ich hinauswill, ist so einfach, ganz einfach, total einfach: Nur weil Heinrich und Robert Breads beide alt sind, sind sie nicht gleich. Und nicht jede Behauptung, die jemand aufstellt, ist auch die Wahrheit. Auch wenn sie aus einem Mund kommt. Und Aya und Jay Taven haben zwei große Münder, die sich gut zum Stopfen eignen.“ Tammy: „Das war ein ziemlich komplizierter Weg, um zu sagen, dass du Aya und Jay Taven Unrecht gibst.“ Creed Gibson: „Egal.“
Trotzig verschränkt Gibson die Arme vor der Brust. Er zieht die Unterlippe vor und scharrt mit dem Fuß über den Boden wie ein Huhn. Costalago, der Ruhepol im Team, tritt vor, um für Tammy einzuspringen und das Interview zu retten.
Andrew Costalago: „Ich bin jedenfalls überzeugt, dass Aya und Tavens Behauptung, keine Gegner zu haben, ein Trugschluss ist. Gib‘ uns fünf Minuten mit ihnen im Ring.“
Tammy hebt interessiert die Augenbrauen, gibt den beiden Raum, sich zu äußern.
Andrew Costalago: „Aya und Jay laufen rum, als wären sie unantastbar. Als hätten sie die Liga seit Monaten, gar Jahren im Griff. Dabei haben sie gerade einmal zwei Hasen abgeschüttelt, die von ihrem Guru verlassen wurden. Aber das ist ihr Problem, sie glauben an ihre eigene Überlegenheit mehr, als sie aneinander glauben.“
Er hebt einen Zeigefinger und deutet in die Kamera, seine Stimme gewinnt an Schärfe. Er legt einen Arm auf Gibsons Schulter ab. Das führt dazu, dass sein hyperaktiver Partner tatsächlich mal für eine Sekunde ruhig stehen bleibt.
Andrew Costalago: „Und das ist der Unterschied zwischen ihnen und uns. Wir vertrauen uns. Wir wissen genau, wer wir sind. Und heute Abend werden sie das auch erfahren.“
Creed nickt und klatscht in die Hände, offenkundig. begeistert von Andrews Worten. Er erwidert Costalagos Geste und legt ihm ebenso eine Hand auf die Schulter.
Creed Gibson: „Ganz genau! Weißt du, Tammy, wir sind vielleicht keine Dunkelmänner mit Zylindern oder nutzen Magie aus der Unterwelt, denn als Zirkusmänner können wir dir sagen, dass die Nummer ausgelutscht ist. Aber wir wissen, wie man mit Freaks umgeht. Und wenn die World of Darkness glaubt, sie könnten mit ihrem Hokuspokus Eindruck schinden, dann werden sie sich wundern. Andrew ist mutig und ich bin übrigens viel zu dumm, um Angst zu haben.“
Er grinst die Interviewerin an. Tammy nickt sachte bei den Worten – so ganz hat sie noch nicht durchschaut, wann Gibson ironisch ist und wann nicht. Oder ob überhaupt irgendetwas Ironie bei ihm ist oder nicht vielmehr eine Art Filter fehlt, der ihm sagt, nicht jeden Gedanken aussprechen zu mögen.
Tammy: „Das klingt nach einer klaren Ansage. Ihr wisst also, dass es heute nicht leicht wird – immerhin sprechen wir von zwei Männern, die sich für die besten halten und …...“
Sie kommt nicht weiter.
Aus
dem Off tritt Jay
Taven
ins Bild. Er mustert Creed und Andrew mit unverhohlenem Spott, lehnt sich leicht nach vorne und spricht mit diesem typischen, schnippischen Tonfall, der schon beim ersten Wort provoziert.
Jay Taven: „Oh… bitte. Das ist ja herzerwärmend. Zwei Möchtegern-Artisten, die glauben, dass Vertrauen irgendwas im Ring zählt. Ich hoffe, ihr habt wenigstens geübt, den Boden zu küssen! Denn DAS werdet ihr nämlich ziemlich schnell lernen, wenn ihr mit uns im Ring steht.“
Creed zieht sofort die Augenbrauen hoch, ein halb belustigtes, halb genervtes Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus. Andrew dagegen verzieht keine Miene, aber seine Augen verraten, dass er Jays Worte nicht unbeantwortet lassen wird, nur hält er sich noch zurück.
Tammy
versucht die Situation zu beruhigen, hebt leicht die Hand, doch
da ist schon Bewegung im Hintergrund. Aya, in seiner typischen, kontrollierten Ruhe, den GFCW-Tag-Team-Titel fest um die Hüften geschnallt, den Blick eiskalt auf die Szene gerichtet. Neben ihm erhebt sich Jimirion, majestätisch und unheimlich zugleich. Sein langer Mantel schimmert im Licht, und auf seinem Kopf thront ein Zylinder, geschmückt mit Rabenschwingen und kleinen Knochen, die bei jeder Bewegung leicht klirren. Jay weicht einen Schritt zurück, bleibt aber mit einem spöttischen Grinsen direkt vor der Kamera stehen, das Mikrofon beinahe aus Tammys Hand ziehend.
Jay Taven: „Was werdet ihr tun, Cirque du Tonnerre? Wenn heute Abend die Dunkelheit euch verschluckt?“
Eine Ansage, die vielleicht furchteinflößender rüberkäme, wenn Aya oder Jimirion sie formuliert hätte. So blicken Costalago und Gibson einander ohne erkennbare Furcht an. Gibson zuckt mit den Schultern und gibt Andrew das Signal, auf die Drohung zu antworten. Bevor Costalago antwortet, blickt er sich in der Umgebung um. Sein Blick bleibt auf Jimirion hängen. Vielleicht ein Stück länger als nötig. Es ist offensichtlich: Gänzlich kann er nicht das Unwohlsein abschütteln, in der Nähe dieses mysteriösen Mannes sein zu müssen. Bevor er sich diesem unguten Gefühl hingibt, geht der Blick zurück zu Jay Taven.
Andrew Costalago: „Wenn die Dunkelheit uns verschluckt, hat sie hoffentlich auch gute Zähne, um uns verdammt gut durchzukauen und zu verdauen. Denn ansonsten…“
Er springt einen Schritt zurück und vollführt eine Geste, als habe er einen imaginären Degen in der Hand.
Andrew Costalago: „…wenn ihr uns leben lasst, reißen wir die Dunkelheit von innen auf und werfen sie dem Licht zum Fraß vor. Wir kommen aus dem Zirkus, Jay. Niemand kennt sich so gut mit Leuten aus, die vorgeben etwas zu sein, was sie nicht sind.“
Er vollführt mit dem Gedankendegen einen ebenso imaginären Schnitt in Richtung Taven. Dem Tag Team Champion weicht das arrogante Grinsen für einen Ausdruck der Empörung und Wut aus dem Gesicht.
Creed Gibson: „Und bei dir schellen alle Hochstapler-Alarmglocken, Taven. Ich würde ja sagen, du erlebst wegen deinen Kollegen grad deinen zweiten Frühling. Aber ich glaube, du hast nicht einmal einen ersten Frühling gehabt. Du bist einfach nur irgendso’n Typ, der vom Perfect Storm mitgerissen wird, in dem er sich gerade befindet.“ Andrew Costalago: „Du bist nicht die Dunkelheit, du bist nicht hart. Du bist einfach nur Jay Taven.“
Jay
Taven ist sichtlich aufgebracht.
Einen
Moment lang sieht es so aus, als würde Jay auf Andrew
losgehen,
Die Kamera fängt den
Moment perfekt ein: Aya tritt ruhig, aber mit der Autorität
eines Mannes, der die Kontrolle über jede Situation hat
auf. Jay dreht den Kopf, schaut zu ihm, sein Atem geht schwer, seine Augen funkeln vor Zorn. Aya bleibt ruhig. Sein Blick ist ernst, sein Ton kühl, als er spricht.
Aya: „Es ist eine Dame anwesend. Klären wir das im Ring. Nachher!“
Das letzte Wort betont er
deutlich; hart, unmissverständlich. Ein Hauch von Drohung
schwingt darin mit, aber auch Disziplin. Tammy folgt ihnen kurz mit dem Blick, sichtlich erleichtert, dass die Situation nicht eskaliert ist. Doch bevor sie sich fassen kann, zieht ein neuer Schatten durchs Bild. Jimirion. Der Voodoo-Priester schreitet langsam an der Kamera vorbei – groß, eindrucksvoll, fast unheimlich ruhig. Der schwarze Zylinder mit den Rabenfedern und kleinen Knochen reflektiert das Licht der Backstage-Lampen. Sein Blick bleibt kurz auf Creed Gibson und Andrew Costalago hängen.
Kein
Wort. Creed hebt leicht das Kinn, Andrew bleibt ruhig – aber man sieht, wie sich Gänsehaut auf ihren Armen bildet. Tammy selbst muss einmal kurz schlucken, ihr professionelles Lächeln flackert für einen Augenblick, als Jimirion aus dem Bild verschwindet. Eine merkliche Spannung liegt in der Luft, fast greifbar. Sie atmet tief durch, richtet sich auf und bringt mühsam wieder ihre Routine zurück. Dann hebt sie das Mikrofon an die Lippen – die Stimme etwas gepresst, doch gefasst:
Tammy: „Zurück zu euch, Pete und Sven .“
Ein Anflug von
Erleichterung mischt sich in ihren Ton, als das Kameralicht
langsam dimmt und das Bild zurück ins Studio schaltet.
Gewonnen. Wenn auch mit klitzekleinem Beigeschmack, wie Viggo nach dem Studium der TV-Bilder in Bälde feststellen dürfte. Doch erst einmal kann Caracal Matthews mit Genugtuung betrachten, wie sich sein unterlegener Kontrahent aus dem Ring trollt. Aber für Matthews ist der Anblick des Verlierers noch nicht genug, um zu feiern. Nein, er hat etwas zu sagen. Und sicher auch zu tanzen. Aber das kommt gleich. Zunächst einmal beugt er sich über die Ringseile und kräht ungeduldig in Richtung Laura, sie solle ihm gefälligst ein Mikrofon geben. Als Matthews den gewünschten Schallverstärker in den Händen hat, stellt er sich in die Ringmitte. Breit grinsend. Die Hüften schwingen bereits.
Caracal Matthews: „Übrigens werde ich bald Sabrina Carpenter heiraten.“ Pete: „WAS?“
Auch im Publikum sind verwirrte, gar erstaunte Gesichtsausdrücke allgegenwärtig. Ein Anblick, den Caracal Matthews sichtlich genießt. Er gönnt sich einen 360°-Grad Rundumblick durch das Publikum. Als er wieder am Ausgangspunkt angekommen ist, kommt das Mikrofon zurück an den Mund.
Caracal Matthews: „Nun gut, ich gebe zu: Sie weiß noch gar nichts davon, die Süße. Aber ich habe einen Plan, hört mir zu.“
Das tun Zuschauer für gewöhnlich bei Ansprachen von Heels nicht. Es wird gebuht. Also zischt Matthews ins Publikum. Er spricht einfach lauter, um die Unkenrufe zu übertönen.
Caracal Matthews: „Wenn sie sieht, wie schön Caracoooooool Royale tanzen kann, wird einer Sängerin warm ums Herz. Deswegen ist es Zeit, meinen heutigen unglaublichen Sieg über Viggo…“
„BUUUUUH!“
Caracal Matthews: „…mit einer speziellen Choreographie zum Welthit meiner zukünftigen Ehefrau, Sabrina Carpenter, zu feiern. Haltet den Mund, setzt euch hin und genießt: Caracoooooooooooooool Royales tänzerische Interpretation von Espresso!“
Er klatscht aufgeregt in die Hände. Seine Füße scharren so ungeduldig über die Matte. Sie wollen moven.
Caracal Matthews: „Musik ab!“ … … …
… … … Matthews bleibt im Schwung die Hüfte stehen. Er dreht sich geschockt zum Entrance. Das ist nicht Espresso. Das ist nicht Sabrina Carpenter.
Dex Blarney: „Wir werden auf deine Performance verzichten müssen, Caracal.“
„YES!“ „YES!“ „YES!“
Dex Blarney: „Weißt du, seit meinem Gespräch früher am Abend mit Viggo habe ich nachgedacht. Ich habe mich gefragt, wie ich meinen Willen bekomme: Ein Entscheidungsmatch um meinen Vertrag in der GFCW.“
Der Cowboy des Förderkaders läuft am Beginn der Rampe auf und ab. Vom Ring aus funkelt Matthews ihn an. Wie kann sein sorgsam geplanter Balztanz gestört werden? Noch dazu von so einem.
Dex Blarney: „Frustriert, weil mir keine Lösung einfiel, wie ich Viggo überzeugen kann, habe ich euer Match eingeschaltet. Und vielen Dank, Caracal…“
Sein Blick geht Richtung Ring. Er bohrt sich in Matthews.
Dex Blarney: „Du hast mir die Lösung auf dem Silbertablett serviert.“
Was auch immer Dex damit meint: Matthews will es nicht hören. Er steht ungeduldig da, lehnt sich über die Ringseile, und schreit Blarney entgegen, er solle gefälligst die Tanzfläche freigeben. Doch der Lärm des Kanadiers hat keine Wirkung auf einen Mann wie Blarney.
Dex Blarney: „Wie kann ein Coach seinem Schüler einen Vertrag verwehren…wenn der Schüler etwas schafft, was dem Coach nicht gelang? Und DU, Caracal, hast heute meinen Coach geschlagen. Du hast Viggo besiegt. Nun hast du meine Aufmerksamkeit. Nun bist du derjenige, den ich jagen will. Einen objektiveren Beweis, Viggo zu zeigen, dass ich es verdient habe, gibt es nicht. In zwei Wochen, Caracal Matthews, will ich dich im Ring. One on One.“
Aufgeregtes Gemurmel im Publikum. Herausforderungen werden seit jeher gut aufgenommen, doch mit der von Blarney genannten Bedeutung im Rücken ist dies eine Challenge, die man definitiv umgesetzt sehen will. Alle sind bereit für den Kampf. Nur der Protagonist nicht: Matthews schüttelt energisch den Kopf.
Caracal Matthews: „Schön für dich, dass du eine logische Herleitung gefunden hast. Also logisch in deinem krrrrrrraanken Kopf. Du hast nur einen entscheidenden Punkt vergessen. Warum sollte Caracooooooooooooooooooooooooooo…“
Matthews zieht seinen Nickname so lang, dass ihm die Luft ausgeht. Er muss husten. Als sein Körper unter Keuchanfällen hin- und hergeschüttelt wird, nutzt er das, um ein bisschen zu tanzen. Sobald er sich wieder gefangen hat, fokussiert er erneut Dex.
Caracal Matthews: „…oooooooooool seine wertvolle Zeit mit Mr. Nobody Dex Irgendwas verbringen? Ich könnte stattdessen TANZEN. Oder streamen vor mehr als EINER MILLION ABONNENTEN. Warum also du, Dex? Du bist es nicht wert. Wieso sollte ich deine Challenge annehmen?“ Dex Blarney: „Ich hasse es zu tanzen. Tanzen ist nur für…-“ Caracal Matthews: „DU BASTARD! In zwei Wochen schlage ich dir den Schädel ein, Ungläubiger. Ich werde auf deiner geschändeten Hülle tanzen. Ich werde meine Hüften an deinem Krankenwagen reiben.“
Der Royal Rookie holt tief Luft.
Caracal Matthews: „Bei War Evening. Wir gegeneinander. Wenn du verlierst, verpisst du dich aus der GFCW. Wenn du gewinnst…ach, das wird sowieso nicht passieren. YOU’RE ON!“
Vor einem Tag.
Das Objekt in seiner Hand ist nur ein kleines Quadrat aus Papier. Und doch tonnenschwer. Durch die Bedeutung, die es trägt. Ein Umschlag, ein Brief. Er faltet das Papier auf.
…
…
…
Mein Sohn,
ich, dein dich liebender Vater, weiß, dass wir keinen guten Start hatten. Ich bin nur ein einfacher Mann, der von den Glücksgewölben überwältigt wurde, die beim Anblick deines hübschen Gesichtes auf mich hinabstürzten. Als ich in deine Augen sah, da erkannte ich mich selbst an einem anderen Zeitpunkt meines Lebens. Ich war überfordert, ich war verängstigt. Verängstigt davor, wie viel Zuneigung man für einen anderen Menschen empfinden kann.
Seit dem Tag vor mehr als zwei Jahrzehnten, als sich mein Samen in das göttliche Gröttchen deiner wundervollen Mutter ergoss, spürte ich, dass mir etwas fehlt. Es gab eine Vakanz in meinem Herzen, von der ich nicht wusste, wie sie zu füllen ist. Ich habe gewartet und gewartet, dass sich diese Leere füllt. Und nun, da erkenne ich, dass das Ziel dieses Wartens immer nur du warst. Du, mein Sohn. Licht meines Lebens.
Dein Vater hat Fehler gemacht. Er hat dich ignoriert. Er hat dich vom Sicherheitsdienst entfernen lassen, deine Kontaktversuche wochenlang abgeblockt. Dein Vater ist nicht perfekt. Er war ein dummer Mensch. Doch nun…da möchte ich dich kennenlernen, mein Sohn. Ich möchte, dass du die Fackel meiner Dynastie in eine glorreiche Zukunft trägst. Auf diesem Weg möchte ich dich begleiten. Lass uns Vater und Sohn sein, so wie es die Natur will.
In Vorfreude auf deine Zusage und Zuneigung habe ich mir erlaubt, uns einen Tisch im römischen Restaurant ‚Ruben‘ in Bamberg zu reservieren. Wir treffen uns am 16.10.2025 zur Abendzeit.
Auf eine gemeinsame Zukunft dein Vater Pete
PS: Meine väterliche Liebe ist natürlich an keine Bedingungen geknüpft. Ich würde nie etwas von dir verlangen oder versuchen, dich in irgendetwas einzuzwängen, was du nicht möchtest.
PS 2: Anbei sende ich dir einen Rabattcode für ‚Babsi’s Wrestling-Gear-Shop‘. Man weiß ja nie.
…
…
…
Der Mann hält den Brief noch in der Hand, lange nachdem er ihn gelesen hat. Immer wieder. Tag für Tag. Er blickt aus dem Fenster, als würde dort draußen die Antwort auf die große Frage warten. Dann blickt er auf die Armbanduhr: 16.10, 15:00 Uhr. Wenn er zur Abendzeit in Bamberg sein will, muss er jetzt den Zug erwischen. Es ist Zeit für die Entscheidung, die er seit zwei Wochen – seit Erhalt des Schreibens – hinausgezögert hat.
Er nimmt seine Jacke und tritt zur Tür hinaus.
…
…
…
Restaurant Ruben. Laute Gespräche, aufmerksame Kellner, gute Stimmung. Ein Mann im Anzug allein an einem Ecktisch. Jedes Mal, wenn sich die Tür zum Speisesaal öffnet, erschreckt er sich und blickt mit nervösen Augen auf. Dann endlich ist es so weit. Er ist da – der, auf den Pete gewartet.
Pete: „Sohnemännchen! Wie schön, dass du da bist! Ich habe es gewusst. Los, los, komm an Vaters Brust, du herrliche Frucht meiner Lenden.“
Der Kommentator klatscht aufgeregt in die Hände, als er verfolgt, wie sich sein Kind einen Weg vom Eingang zum Tisch bahnt. Zeit für einen genauen Blick auf das, was das Wunder des Lebens hervorgebracht hat an jenem Tag, als er sich mit Joana Sexianer der schönsten Sache der Welt hingab. Der junge Mann ist blond, hat einen struppigen, leicht verkommen aussehenden Bart. Einen kräftigen Körperbau, schwielige Hände. Kein klassischer Schönling, eher der Archetyp eines Arbeiters. Die Nase ist etwas krumm, die helle Gesichtshaut von Kälte oder Aufregung gerötet.
Der Vater zieht den Stuhl zurück, der ihm gegenübersteht und bittet sein Fleisch und Blut, sich zu setzen.
Pete: „Ich bin ja so gespannt auf den Beginn unseres gemeinsamen Lebens. Bitte, setz‘ dich doch. Wir haben viel, viel zu bereden und nachzuholen.“
Das Kind bleibt auf Abstand. Es betrachtet seinen Vater skeptisch, aus zusammengekniffenen Augen.
Sohn: „Deine Stimmung ist ja plötzlich ganz anders als bei unserem ersten Aufeinandertreffen, Pete.“ Pete: „Pete? Oh, nicht doch, bitte nenne mich von Papa. Oder Vater. Oder Daddy. Was immer dir beliebt.“ Sohn: „Was willst du von mir, Vater?“ Pete: „Dich lieben.“
Er tritt zu seinem Sohn. Mit sanftem, aber doch bestimmtem Druck schiebt er ihn auf den Stuhl. Pete winkt dem Kellner. Bestellt zwei Flaschen Champagner. Für den Anlass.
Der Sohn überschlägt die Beine und lehnt sich im Stuhl zurück. Er geht auf Distanz zu seinem Vater.
Sohn: „So, so. Mich lieben. Du bist ein Mann mit zwei Gesichtern.“ Pete: „Ich war lediglich etwas überfordert. Doch nun denke ich mit dem Herzen. ICH – BIN – VATER. Kann es etwas Herrlicheres in diesem Leben geben? Wenn du erst einmal meinen Enkel gezeugt hast, wirst du das Verstehen, mein kleines genetisches Wunder. Oh, ich hätte es fast vergessen. Ich habe dir etwas mitgebracht, Sohnemann.“
Er greift unter den Tisch. Reicht ein kleines Paket an sein Kind. Der blonde Mann kramt etwas hervor, blickt dann Pete über den Tisch hinweg mehrere Sekunden lang stumm an. Letztlich holt er das Geschenk hervor.
Sohn: „Oh.“ Pete: „Bitte.“ Sohn: „Ich habe nicht Danke gesagt.“ Pete: „Ist auch nicht nötig, mein Sohn, ist auch nicht nötig. Ich gebe dir alles, was du brauchst. Das ist doch selbstverständlich, dass ich dir was schenke.“
Der junge Mann hebt das Shirt vor sich, um die Größe zu testen. Dreht es auf die Rückseite. Und stutzt.
Sohn: „Warum hast du da diesen Sticker in den Nacken gemacht? Was steht da? ‚Aldo Nero-Bezwinger 2026‘?“ Pete: „Achso, haha. Ja, so heißt dann wohl die Marke des Shirts. Zieh es doch mal an.“ Sohn: „Nein.“
Bockig lässt der junge Mann das Shirt auf den Tisch gleiten. Er verschränkt die Arme vor der Brust und starrt seinen Vater mit schräggelegtem Kopf und kleinen Augen.
Sohn: „Was willst du WIRKLICH von mir, Pete?“ Pete: „Dir ein Vater sein.“ Sohn: „Sei ehrlich. Sei doch einfach ehrlich, verdammt noch einmal!“
Der Blonde springt auf. Die anderen Gäste des Restaurants drehen sich um. Manche schnalzen empört mit der Zunge angesichts des plötzlichen Lärms. Einer der Kellner kommt gerade mit dem Champagner. Stellt ihn peinlich berührt in der Streitszene ab.
Sohn: „Bin ich nur ein Werkzeug für dich?“ Pete: „Du bist mein Fleisch und Blut. Wie kommst du denn darauf, ich würde dich als Werkzeug sehen? Als Werkzeug für was denn? Bitte setz‘ dich wieder.“ Sohn: „Ich bleibe lieber stehen!“
Er schlägt so mit der Hand auf den Tisch, dass die Dekorationen wackeln und die Tischdecke verrutscht. Wieder verärgertes Zungeschnalzen von den anderen Tischen. Einer der Kellner tritt heran.
Kellner: „Bitte mäßigen Sie sich, mein Herr. Sie sind…sehr laut geworden.“ Sohn: „Einen Scheiß werde ich. Ich bin so laut, wie ich es für richtig halte.“
Sein Blick ist stechend. Der Kellner zieht den sprichwörtlichen Schwanz ein, rümpft die Nase und dreht ab. Eine vornehme Dame vom Nebentisch zischt in Richtung Petes: „Einen schlechterzogenen Sohn haben Sie da. Schämen sollten Sie sich“. Pete läuft rot an.
Sohn: „Denkst du, ich bin debil, Vater? Denkst du, ich habe keine Augen im Kopf?“ Pete: „Du hast meine Augen, Sohn.“ Sohn: „Ich habe doch im Fernsehen gesehen, dass du dich von diesem Sven in eine Wette hast reinquatschen lassen. Du brauchst mich, um den endlosen Streit mit deinem Kollegen zu gewinnen und einmal anlässlich eures 25-jährigen Jubiläums nicht wie der allerletzten Spacken auszusehen. Du hast gewettet, du könntest mich zu einem Wrestler machen, der bis zur Jubiläumsshow im Frühjahr 2026 Aldo Nero besiegt.“
Er schiebt seinen Stuhl zur Seite und tritt näher an Pete heran. Tippt ihm mit dem Finger auf die Brust.
Sohn: „Ohne mich als dein Werkzeug für diese Wette hast du schon ein halbes Jahr vor dem Jubiläum verloren, ehe die Wette überhaupt begann. Darum hast du doch diese ganze Chose aufgezogen. Dein Brief von letzter Woche. Diese plötzliche Liebe. Sag‘ das doch einfach ehrlich.“
Pete sitzt da. In sich gekehrt. Der Blick geht Richtung Tischplatte. Zitternde Hände, flatternde Nasenflügel. Er fährt sich mit der Zunge die Lippen entlang, seine Augen sind wässrig.
Geschlagen sackt er in sich zusammen.
Pete: „Du hast Recht. Ich wollte aus dir einen Wrestler machen.“
Er versucht, nach der Hand seines Sohnes zu greifen. Doch dieser zieht zurück.
Pete: „Um diese verdammte Wette zu gewinnen, ja. Damit ich einmal das bessere Ende für mich habe, auch das stimmt. Aber nicht nur…“ Sohn: „Sondern?“ Pete: „Weil ich dich wirklich kennenlernen möchte. Weil du mein Sohn bist. Ich…ich will Zeit mit dir verbringen. Vater-Sohn-Aktivitäten. Ich weiß nicht, wie man ein Vater sein kann. Wrestling ist alles, was ich kenne. Ich bin in dieser Welt gefangen. Aber ich will wissen, wer du bist, mein Junge.“ Sohn: „…“ Pete: „Ich kann verstehen, wenn du ablehnst. Wrestler ist schließlich ein sehr spezieller Beruf. Es ist ein Umfeld von Gewalt und…“ Sohn: „Ich akzeptiere.“
Nun ist es an Pete, vom Tisch aufzuspringen. Vor Überraschung. Mit so wenig Widerstand hat er nicht gerechnet.
Pete: „WAS?“ Sohn: „Was meinst du, warum ich dich kontaktiert habe, Vater? Ja, ich hätte gern einen Dad in meiner Kindheit und Jugend gehabt. Vielleicht wäre mein Leben dann einfacher gewesen. Glücklicher. Aber das ist Vergangenheit. Ich bin jetzt in meinen Zwanzigern. Ich hänge nicht sentimental an meiner Vergangenheit. Noch mehr als einen Vater brauche ich eine Zukunft. Einen Job, bei dem ich mehr erreichen kann als in noch vierzig weiteren Jahren am Fließband, bis ich irgendwann tot umfalle.“
Er hält seine Hände vor Petes Gesicht. Die Finger sind dick, krumm und schwielig. Die Fingernägel kurz und hart. Zeichen harter körperlicher Arbeit.
Sohn: „Als ich erfahren habe, wer mein Vater ist…ich habe dich gegoogelt und gesehen, dass mein Erzeuger sogar einen Wikipedia-Artikel hat. Da habe ich begriffen, dass dies meine Fahrkarte in ein besseres Leben sein kann. Und jetzt schau dich: Du kriechst vor mir und willst mir genau das bieten, was ich mir erhofft habe. Da hat sich mein kleines Risiko offenbar gelohnt.“
Er geht auf seinen Vater zu und klopft ihm auf die Schulter.
Sohn: „Ich würde sagen, wir haben einen Deal, Pete.“ Pete: „Bitte sag Papa.“ Sohn: „Ich kann dir versprechen, meine Chance zu nutzen. Ich bin ein harter Junge. Was ich dir nicht versprechen kann: Dich als den Vater zu sehen, den ich nie hatte. Vielleicht werde ich das eines Tages, vielleicht auch nie. Liebe kann man nicht erzwingen. Aber…“
Für einen Augenblick huscht eine Spur Verletzlichkeit über sein ansonsten verhärmtes Gesicht.
Sohn: „…ich werd’s versuchen.“ Pete: „Mehr kann ich nicht verlangen.“ Sohn: „Kannst du nicht, nein.“ Pete: „Ich werde alles in die Wege leiten, Sohn. Gib‘ mir zwei Wochen, dann sind die Vorbereitungen abgeschlossen. Das Training organisiert, der Vertrag aufgesetzt. Hey, warst du schon mal in München? Dort findet dann War Evening statt. Du könntest mich besuchen kommen. So ein richtiger Vater-Sohn-Tag auf der Arbeit. Wäre das nicht was?“
Stummes Nicken beim jungen Mann. Er hat, was er will. Aber die harten Lehrjahre seines Lebens haben ihm das Lächeln gestohlen. Er zeigt keine Freude – falls er denn welche verspürt.
Pete legt eine Hand auf das mitgebrachte Shirt. „I LOVE MY DAD – A LOTL“.
Pete: „Willst du es nicht wenigstens einmal anprobieren?“
Aber der junge Mann dreht sich um und geht wortlos. Pete will ihm hinterher, doch gegen den jungen, dynamischen Antritt seines Kindes kommt er nicht an. Die Tür nach draußen schwingt bereits zu als Pete gerade einige Schritte gemacht hat.
Pete: „Ich weiß noch nicht einmal deinen Namen…mein Sohn.“
Sven: „Bah, Pete, es ist wirklich widerwärtig zu sehen, wie du dich bei deinem Sohn anbiederst, den du jahrzehntelang ignoriert hast.“ Pete: „Ich wusste nichts von ihm, Sven. Ich habe ihn nicht bewusst ignoriert.“ Sven: „Jajaja, von Verhütung weißt du wohl auch nichts. Da, muss ich sagen, ist deine Mutter wirklich auf Zack. Sie wusste immer zu verhindern, dass eine Armee kleiner Svens auf die Welt kommt. Sie hat sich sogar extra wegen mir eine Spirale einsetzen lassen, hast du das gewusst?“ Pete: „Ich weiß nur eines, Sven: Aldo Nero…“ Sven: „…ist der GRÖßTE!“ Pete: „Wird gegen meinen Sohn verlieren.“ Sven: „Du weißt ja nicht einmal seinen Namen.“ Pete: „Und DU weißt nicht, ob Aldo Nero überhaupt für dich antreten wird. Oder hast du ihn je gefragt? Ich glaube nämlich ganz fest daran, dass er dich nicht so liebt wie du ihn. Ich glaube sogar, du bist ihm ziemlich egal.“ Sven: „LÜGE.“
… …
Die Kabbelei der Kommentatoren wird unterbrochen, ehe Sven oder Pete Beweise für ihre Thesen vorbringen müssen. Und zwar von einem Wutschrei. Er kommt von hinter dem Vorhang und ist auch ohne Mikrofon laut genug, dass man es mit der Angst zu tun bekommt.
Solch ein gutturales Geräusch kann nur ein Mann hervorbringen, der vom Schicksal gepeitscht wurde. Jemand, der alles verloren hat, was ihm wichtig ist.
Zac Alonso: „WO IST ER? Wer hat ihn mir genommen?“
Der Switzidogisstant stolpert auf die Rampe. Die Augen gerötet, die Stimme vom Brüllen heiser. Wie nach einer durchzechten Nacht.
Zac Alonso: „Gebt – ihn – zurück!“
Er stürmt in Eile voran, bis in den Ring. Stapft auf der Matte hin und her. Sein Blick geht zu allen Seiten. Jeder Zuschauer der Frontreihe wird unter die Lupe genommen, als könne man inmitten der Fans den entscheidenden Hinweis in diesem Kriminalfall erhalten.
Nichts. Alonso, mit der Körperhaltung eines Verzweifelten, wirft sich auf die Ringseile. Er braucht Halt. Der Switzidogisstant versucht, sich zur Vernunft zu zwingen. Zur Ruhe. Durchatmen. Die Augen schließen.
Er schafft es, so weit herunterzufahren, dass er von Laura ein Mikrofon entgegennehmen und es in seiner zitternden Hand halten kann.
Zac Alonso: „Meine Geduld ist erschöpft. Und, um ehrlich zu sein, auch mein Glaube an die Menschheit. JEDER hier hat gesehen, dass das Switziverse es nicht auf sich sitzen lässt, wenn man unser liebenswertes Maskottchen klaut. An Samantha Grant wurde ein Exempel statuiert. Hat sie auch verdient. Blöde Zibbe. Und doch…hat es irgendwer noch einmal gewagt. Der SWITZIDOG wurde am helllichten Tag entführt.“
Dies auszusprechen, versetzt seinem Herz einen Stich. Alonso stöhnt wehleidig und sinkt auf die Seile zurück. Er muss seinen Oberkörper abstützen.
Zac Alonso: „Aber diesmal ist es noch schlimmer. Diesmal weiß ich nicht einmal, wer der Dieb ist. Ich kann keine Rettungsaktion einleiten. Es gibt kein Bekennerschreiben, kein Video, keine Lösegeldförderung. Das kann nur eines bedeuten: Das diebische Element möchte unerkannt bleiben. Um den Switzidog zu behalten.“
Er wendet sich der Kamera zu. Sein Gesicht eine Maske des Hasses.
Zac Alonso: „Schämt ihr euch nicht? Tiere haben eine Seele! Tiere haben Bindungen. Zu mir. Ich verstehe, dass jeder den Switzidog besitzen will, denn sein geiles Fell zu streicheln ist wie mit 72 Jungfrauen im Paradies zu verkehren, überirdisch schön. Aber er gehört euch nicht. Er gehört MIR.“
Inmitten seiner Wut hat Alonso ein Detail vergessen. Als es ihm einfällt, räuspert er sich. Zeit für eine Korrektur.
Zac Alonso: „Ich meine: Er gehört Darragh Switzenberg. Und wer auch immer für diese Entführung verantwortlich ist…ich hoffe, du hast jetzt eingeschaltet. Denn lass‘ mich dir eines sagen: Die Strafe für dieses Vergehen wird unermesslich sein. Wir werden den Switzidog zurückbekommen und dich vernichten. Wer und wo auch immer du bist.“
Eine klare Ansage. Sieht auch Alonso so, der die Sätze einige Sekunden in der Halle stehen lässt. Dann geht er auf die andere Seite des Ringes, fährt mit seinem Blick die Fanreihen ab.
Zac Alonso: „Jeder macht mal Fehler. Ich bin grundsätzlich bereit zu verzeihen. Deswegen schlage ich einen Deal vor, Dieb. Wenn du JETZT rauskommst und den Switzidog wiederbringst…dann werde ich dich nur ein ganz kleines bisschen kaputtschlagen als Strafe. Aber wenn du zu lange wartest und ich dich suchen muss – dann wird aus dem kleinen bisschen ein großes bisschen.“
Er stampft mit dem Fuß auf. Die Matte zittert unter der Wucht.
Zac Alonso: „Also dann. Ich warte. Ich WARTE. Ich warte bis du rauskommst, Langfinger. Vorher werde ich diesen Ring nicht verlassen. Diese Show wird nicht voranschreiten, ehe der Hund zurückgebracht wird. Das verspreche ich“
…
…
Pete: „Das kann dauern, Sven.“ Sven: „Wir haben Zeit, Pete. Besser die Sendezeit mir sinnlosem Warten zu verplempern als mit Segmenten von dir und deinem unansehnlichen Balg.“
…
…
Es tut sich etwas. Eine Bewegung hinter dem Vorhang. Dann eine Stimme. Dominant und voller Ärger.
Darragh Switzenberg: „Was machst du hier für einen Aufstand, Zac?“
Switzenberg schlägt den Vorhang zur Seite. Der zweifachte Intercontinental-Champion schreitet in die Halle und wird – erwartungsgemäß – von Buhrufen empfangen, die er ebenso erwartungsgemäß an sich abprallen lässt. Ihm folgt Jakob Fleestedt mit mehreren Schritten Abstand.
Alonso braucht im Ring einen Moment, um sich zu sammeln. Er hat mit vielem gerechnet: Aber nicht damit, einen Anranzer von seinem Chef zu erhalten.
Zac Alonso: „Aufstand? Ich…ich versuche, unseren Hund wiederzubekommen.“ Darragh Switzenberg: „MEINEN Hund, Zac. Meinen Hund. Ist dir das klar?“ Zac Alonso: „Dein Hund…natürlich.“
Er blickt traurig zu Boden. Wischt sich mit der Hand durch das Gesicht. Switzenberg blickt ihn noch immer feindselig an. Dann deutet er zurück durch den Vorhang.
Darragh Switzenberg: „Der Switzidog ist nicht verschwunden.“ Zac Alonso: „WAS? Aber wo ist er?“ Darragh Switzenberg: „Backstage.“
Der Switzidogisstant fällt aus allen Wolken. Es hat fast den Eindruck, ihm würden die Knie weich werden. Sein Gesichtsausdruck ist ein einziges Fragezeichen.
Zac Alonso: „Aber…er…war nicht in meiner Kabine.“ Darragh Switzenberg: „Ich habe angewiesen, ihn woanders hinzubringen.“
Jetzt versteht Alonso gar nichts mehr. Und die Zuschauer ebenso wenig. Also tut Zac das, was ihm übrig bleibt: Darauf zu warten, dass Darragh Switzenberg von sich aus fortfährt und eine Erklärung liefert.
Darragh Switzenberg: „Ich bin Darragh Switzenberg. Ich kann tun, was ich will. Ich habe entschieden, deine Zuständigkeiten etwas zu verändern.“ Zac Alonso: „Aber…w-was heißt das?“
Wir kommen dem Kern der Sache näher. Aber noch spannt Switzenberg seinen Untergebenen ebenso wie das Publikum auf die Folter. Er läuft, das Mikrofon in der Hand, auf der Rampe hin und her, nach links und nach rechts. Ein herablassendes Lächeln umspielt seine Lippen. Im Hintergrund verfolgt Jakob Fleestedt jede der Bewegungen seines Chefs mit einem Grinsen. Er wirkt zufrieden.
Darragh Switzenberg: „Bei Carnival of Combat hast du wieder einmal versagt, Zac.“ Zac Alonso: „Ich…“ Darragh Switzenberg: „Setz‘ erst gar nicht zu einer Widerrede an. DU wurdest gepinnt. Wegen DIR haben wir verloren. Ende der Diskussion. Dabei habe ich dich gewarnt, Zac. Ich habe gemahnt, deine Pflichten ernst zu nehmen. Du bist wegen mir in dieser Liga und du tust genau das, was ich dir sage.“
Für Switzenberg geht es weiter Richtung Ring. Er setzt einen Fuß auf die Ringtreppe, aber steigt nicht weiter empor, ehe er sein Mikrofon erneut hebt.
Darragh Switzenberg: „Ich habe das Gefühl, dieser Hund ist dir zu Kopf gestiegen. Es ist deine Aufgabe, dich um ihn zu kümmern.“ Zac Alonso: „Aber…das tue ich doch.“ Darragh Switzenberg: „Kümmern bedeutet nicht, ihn zum Mittelpunkt deiner Identität zu machen und an ihm so sehr zu klammern, dass deine sonstigen Pflichten hinter über fallen. Du sollst ihn nicht wie ein Familienmitglied behandeln. Es ist am Ende nur…“
Er steigt die Stufen herauf und bleibt auf dem Apron stehen. Jakob Fleestedt reagiert schnell: Kommt hinterher und drückt die Seile herunter, damit Switzenberg leichter einsteigen kann. Der ehemalige IC-Champion wuchtet seinen massiven Körper ins Squared Circle und baut sich in voller Größe vor Alonso auf.
Darragh Switzenberg: „…ein verdammtes Tier.“ Zac Alonso: „Nein, er ist…“ Darragh Switzenberg: „Halt deinen Mund.“
Alonso weicht vor der Schärfe in Switzenbergs Stimme zurück. Aber offenbar nicht genug. Darragh stößt ihm vor die Brust. So hart, dass Alonso beinahe das Gleichgewicht verliert und zu Boden fällt. Er kann sich gerade noch halten.
Darragh Switzenberg: „Der Kontakt mit dem Hund lenkt dich davon ab, ein nützlicher Idiot für mich zu sein. Und das ist, wofür ich dich bezahle. Deshalb werden sich ab sofort andere Bedienstete um dieses Tier kümmern. Deine Aufgabe werde ich neu definieren…“
Der Anführer der Switziverse tritt einen Schritt zur Seite, damit Jakob Fleestedt vortreten und sich neben ihn stellen kann.
Darragh Switzenberg: „Ich schaffe eine klare Hierarchie. Switzenberg. Fleestedt. Alonso. In dieser Reihenfolge. Du arbeitest Jakob zu. Und Jakob mir.“ Zac Alonso: „Du…degradierst mich?“ Darragh Switzenberg: „Es ist noch gnädig von mir, Zac. Wegen dir haben wir bei Carnival of Combat verloren. Du hast dem Switziverse mehr geschadet als genützt. Du hast am Ruf dieser dominanten Gruppe genagt. Du hast…“ Zac Alonso: „Ich bin der König der Saloons.“ Darragh Switzenberg: „Du bist ein Nichts. Wenn ich es befehle, wischt du mir mit deinem Hut die Kabine sauber. Du bist die Nummer Drei.“
Noch einmal schubst Darragh seinen Untergebenen weg. Alonso stolpert in die Seile und muss sich festhalten.
Darragh Switzenberg: „Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt, Nummer Drei? Hast du verstanden, was deine Rolle ist?“
Alonso blickt zu Boden. Er bibbert. Etwas verlässt seinen Mund, aber es ist kaum verständlich.
Darragh Switzenberg: „Lauter!“ Zac Alonso: „Bitte nimm‘ mir nicht den Hund…“ Darragh Switzenberg: „HAST DU DEINE ROLLE VERSTANDEN? Ja…oder Nein?“
Ein weiterer Schubser. Wieder geht Alonso in die Seile. Hängt dort wie ein Boxer nach dem Knockout-Schlag. Nur dass der Punch, der ihm die Kraft geraubt hat, kein physischer war – sondern ein Angriff auf sein persönliches Glück. Sein bellendes, schokoladenbraunes Glück.
Zac Alonso: „J-ja.“ Darragh Switzenberg: „Geht doch, Nummer Drei. Dann verpiss‘ dich jetzt aus meinem Ring.“
Er deutet Richtung Vorhang. Alonso trottet los.
Darragh Switzenberg: „Fang wieder an, ein nützlicher Idiot zu sein. Du hast viel wiedergutzumachen.“
Wir sehen ein Football-Feld. Kleinkinder zwischen acht bis zehn Jahren trainieren hier. Flashige Musik aus den 80er Jahren unterstreicht das ganze Bild.
Dann sehen wir einen der kleinen Racker, der gegen die Offense der Gegner keine Chance hat. Die Offense rennt gegen ihn an – und drückt ihn zu Boden.
Ein weiterer Versuch der Offense. Die rennt an – und der kleine Racker wird wieder zur Seite gestoßen, die Offense bricht durch.
Beim nächsten Snap dasselbe Bild: Die Offense rennt an – der kleine Racker stemmt sich dagegen an. Aber wieder vergeblich: Er wird wie eine Feder zur Seite gewischt, die Offense bricht durch und erzielt einen Touchdown.
Während die Offense den Touchdown feiert, geht der kleine Racker auf die Auswechselbank, nimmt seinen Helm ab und pfeffert ihn zu Boden. Dann setzt er sich enttäuscht auf die Bank, beugt sich nach vorne, legt die Ellenbogen auf die Knie und stützt mit seinen Händen den Kopf.
Plötzlich zoomt die Kamera heraus. Und neben dem kleinen Jungen sehen wir plötzlich Jason Crutch sitzen. Der Oberpollinger trägt Blue Jeans und ein schwarzes T-Shirt mit roten „US AGAINST THE WORLD“-Lettern. Die schwarz-verspiegelte Sonnenbrille auf der Nase, eine Tüte „JASON CRUTCHs CRUTCHIPS“ in der Hand guckt er starr nach vorne. Er stopft sich gerade einige der Chips in den Mund und blickt knuspernd stur gerade aus. So sitzen sie da. Jason Crutch, chips-kauend. Neben ihm der kleine enttäuschte Junge.
Dann dreht sich Crutchs Kopf wortlos zu dem kleinen Jungen hinüber. Der Junge sieht auch ihn an. Stumm hält Crutch dem Jungen die Chipstüte hin. Der Junge guckt ihn zunächst entgeistert an. Aber Crutch bedeutet ihm mit einer Mimik, dass er ruhig zugreifen solle. Der Junge greift einmal in die Tüte, stopft sich Chips in den Mund. Ruckartig kehrt Zuversicht und Euphorie in sein Gesicht zurück. Noch einmal fasst er in die Tüte, stopft sich noch eine Handvoll JASON CRUTCHs CRUTCHIPS in den Mund.
Man hört den Schiri pfeifen. Schnitt
Der Junge steht wieder auf dem Feld. Die Offense der Gegner hat wieder den Ball. Wie zuvor wird der kleine Racker angerannt. Doch nun gelingt es ihm: Unterstrichen von einem lauten Knall (der vom Off eingespielt wird) wird der Gegner zu Boden gerissen.
Beim nächsten Versuch prallt der Racker wieder auf seinen Gegner – und kann ihn, erneut unterstrichen von einem gewaltigen Knall aus dem Off – zu Boden ringen.
Beim dritten Versuch geschieht sogar das schier unmögliche: Der kleine Racker geht auf den ballführenden Spieler los (anhand der Nr. ist es der Quarterback, der selbst einen Run versucht), macht seine Brust breit, schlägt den Quarterback zu Boden, schnappt sich sogar selbst den Ball, rennt die restlichen zehn Meter und erzielt selbst einen Touchdown!
Der Schiri pfeift.
Schnitt.
Man sieht, wie seine Teamkameraden den kleinen Racker feiern und hochleben lassen. Freude pur.
Schnitt.
Wir sehen Jason Crutch auf der Reservebank sitzen, die Tüte JASON CRUTCHs CRUTCHIPS in der Hand, in der anderen einige der Chips. Er blickt weiter ungerührt starr nach vorne und kaut JASON CRUTCHS CRUTCHIPS.
Sprecher aus dem Off, völlig euphorisch: „JASON CRUTCHs CRUTCHIPS – für den Extra-IMPACT“
CUT
Pete: “Wou…was is nu los?” Sven: “Der Boss kommt! Jesus Christ, Doc, ich war’s nicht!“ Pete: „Liebe GFCW-Galaxy, Claude ‚Dynamite‘ Booker gibt sich die Ehre! Der Besitzer der GFCW ist hier in Bamberg!“
Tatsächlich erscheint Booker auf der Entrance Rampe, ein kleines Feuerwerk wird abgebrannt und unser aller Herr und Meister schreitet zum Ring, begleitet von Gesten der Fans, die andeuten, sie würden sich vor Claude Booker verneigen. Der Chef der GFCW entert das Geviert, wo bereits die bezaubernde Laura steht.
Laura: „Liebe GFCW-Galaxy, bitte begrüsst gemeinsam mit mir den Besitzer der GFCW: CLAUDE ‚DYNAMITE‘ BOOKER!“
Dieser ist sichtlich gerührt, legt die Hand aufs Herz und deutet eine Verbeugung an. Mit einem charmanten Lächeln und einem Kopfnicken in Richtung Laura bedankt er sich und nimmt das Mic entgegen. Als seine Theme verklingt, führt er das Sprechgerät zum Mund.
Dynamite: „Liebe GFCW-Galaxy, hallo Bamberg! Auch ich möchte euch zu dieser späten Stunde noch begrüßen und mich für den herzlichen Empfang bedanken! Hier und heute bei WAR EVENING!“
Die Fans feiern sich, sie feiern Booker, sie feiern die GFCW, sie feiern einfach jeden Shice. In erster Linie wollen aber alle wissen, was der Boss hier will.
Dynamite: „Leute, wir befinden uns mitten auf der Road to Title Night 2025. Und ihr werdet sehen, die Zeit dorthin vergeht schneller als gedacht. Wir haben lediglich drei Shows. Ja, DREI Shows nach dieser. Und natürlich suchen wir auch händeringend den nächsten No 1 Contender auf den Intercontinental-Championtitel. Oh ja. Ja.“
Die Fans grölen nochmal frenetisch. Immerhin verbinden sie mit diesem Titel auch seinen derzeitigen Träger, Jason Crutch, und dieser Gedanke löst sogleich laute
JA-SON! JA-SON! JA-SON!
-Rufe aus.
Dynamite: „Richtig. Richtig. Nun, ihr wisst, ich, nein, WIR, die GFCW-Obrigkeiten, sind stets bemüht, euch die abwechslungsreichsten und möglichst spannendsten Matches zu servieren, die möglich sind. Das mag uns nicht immer gelingen. Das mag uns nicht immer möglich sein. Oder oftmals ergeben sie auch keinen Sinn…“
Sven: „Oh ja…“
Dynamite: „Aber wir tun es trotzdem. Weil wir es können.“
Gelächter. Bei Dynamite. Bei Pete. Und bei den Fans.
Dynamite: „.Wir waren auf der Suche nach einer Idee, wie wir den No 1 Contender auf den IC-Title ermitteln. Und wie können wir das auf abwechslungsreiche Art und Weise tun, um euch, den Fans, auch Spannung und Spektakel zu garantieren. Und so haben wir beschlossen, alle Ideen etwas zu verbinden. Wirf alles in einen Topf, rühr einmal kräftig um. Und was kam heraus?“
Er wirft einen gespielt fragenden Blick ins Publikum. Beantwortet die Frage aber sogleich selbst.
Dynamite: „Da wir aus Carnival of Combat gerade mit zwei absolut großartigen Multimen-Matches herausgekommen sind, hatte ich - aber bereits schon vor der Großveranstaltung - die Idee, eine Tradition wieder aufleben zu lassen. Daher wird es bei War Evening am 14.11.2025 zu einem neuerlichen
Jason Crutch Invitational
kommen! Oh ja, in diesem Jahr wird es ein Five-on-five-Elimination Tag-Team-Match geben. Der Preis? Ein No 1 Contender Match um den Intercontinental-Championtitel bei Title Night!“
Und die Fans lieben den Gedanken. Sie feiern ihn. Scheinbar sind sie von den Multimen-Matches von Carnival of Combat noch nicht gesättigt.
Dynamite: „Wie wird der Sieger ermittelt? Das Titelmatch erhalten natürlich nur die Überlebenden des Siegerteams. Überleben in einem Team 2 Leute, wird es bei Title Night zu einem Triple Threat Match kommen. Überleben 3 Leute, gibt es ein Fatal Four Way. Und so weiter.“
Pete: „Klingt logisch, plausibel und wenig kompliziert.“
Dynamite: „Um die Aussichten und die Teamkonstellationen möglichst fair zu gestalten, sind wir unser Roster durchgegangen und haben ein Losverfahren ausgetüftelt. Und was soll ich sagen, liebe GFCW-Galaxy? Hier ist die Antwort!“
Mit einer ausladenden Geste bedeutet Dynamite auf die Seite der Kommentatoren. Und als wäre es uns zuvor nicht aufgefallen, steht dort eine kleine Lostrommel, wie man sie aus den Lotto-Auswertungen kennt. Ein findiger Techniker aus dem Staff hebt das Ding in den Ring.
Dynamite: „In dieser Lostrommel befinden sich SIEBEN Kugeln mit Namen darin.“
Sven: „Sieben?“ Pete: „Wieso sieben?“
Dynamite: „‘Wieso sieben‘, fragt ihr? Dazu gleich mehr. Zunächst aber möchte ich unsere Losfee begrüßen. Der Mann, der dereinst vor vielen Jahren das Jason Crutch Invitational eingeführt hat zu einer Zeit, in der es in der GFCW laaange Zeit keine Multimen-Elimination-Matches mehr gegeben hat. Begrüßt also mit mir den amtierenden Intercontinental-Champion JASON CRUTCH!“
Clement Marfo and the frontline mit US AGAINST THE WORLD ballert aus den Boxen, und mit einem breiten Grinsen tritt der Oberpollinger auf die Stage. Gekleidet in Zivil, sprich mit Jeans und einem orangefarbenen T-Shirt, den Titel in einem blutigen Match bei Carnival of Combat verteidigt, kann er stolz und froh sein. Während sein Feuerwerk abbrennt, schreitet der Champion die Rampe hinab, klatscht mit den Fans in der Frontrow ab und lässt sich feiern. Sogleich entert er das Geviert, klatscht mit Dynamite ab, erklimmt nacheinander alle vier Turnbuckle und kommt dann in der Ringmitte hinter der Lostrommel zum Stehen. Er rückt den Gürtel um die Hüften zurecht und schnappt sich ebenso ein Mikrofon.
Jason Crutch: „Hallo, Crutch-o-Maniacs! Hallo, Bamberg!”
Cheap-Pops, er liebt es einfach. Er grinst.
Jason Crutch: „Zunächst einmal: danke für den warmen Empfang. Und danke dir, Cheffe, dass du dich an das ‚JCI‘ erinnert hast. Denn ich hätte es fast vergessen. Als du mich neulich angerufen hast, ob wir das ‚JCI‘ wiederbeleben wollen, habe ich sofort zugestimmt. Mir gefällt die Regelung, darin den No 1 Contenderspot auszukämpfen. Und natürlich werde ich mich dafür als Werbefigur zur Verfügung stellen und mit Spannung die Teilnehmer erwarten und auslosen.“
Der Boss schüttelt aber lächelnd den Kopf und hebt den Finger.
Dynamite: „Jason. Das ist aber nicht alles. Nicht nur wirst du heute unsere Losfee sein. Nein. Als damaliger Begründer des ‚Jason Crutch Invitational‘ wirst du auch DARAN TEILNEHMEN!“
Sven: „Was? Wie kann er als Champion in einem No 1 Contender-Match teilnehmen?“
Dynamite: „Ihr fragt jetzt sicherlich: ‚Wie kann er als Champion in einem No 1 Contender-Match teilnehmen?‘ Zu Recht! Als Allvater des ‚JCI‘ wollen wir dich diesmal nicht außen vor lassen, warst du doch schon beim letzten Mal lediglich Gastringrichter. Diesmal wirst du wieder aktiv daran teilnehmen. Und sollte es dir tatsächlich einmal mehr gelingen, der SOLE SURVIVOR des ‚JCI‘ zu sein, so wirst du dir selbst jemanden aus dem eigenen Team auswählen dürfen, gegen den du den Titel bei Title Night verteidigen darfst. Wie klingt das?“
Crutch lächelt gerührt. An seiner Reaktion erkennt man, dass er davon wirklich nichts gewusst hat. Er blickt ins Rund.
Jason Crutch: „Hell yeah, Cheffe! Natürlich brenne ich wie Zunder, an meinem eigenen ‚Invitational‘ teilzunehmen! Und wie immer es auch ausgehen mag: ich werde den Titel bei Title Night verteidigen, komme, was wolle!“
Dynamite: „Nun aber, wollen wir die Teilnehmer auslosen. Wir wechseln immer ab, beginnend mit deinem gegnerischen Team. Jason, walte deines Amtes.“
Der Oberpollinger dreht die Lostrommel, die Kugeln darin purzeln herum. Er hält an, zieht einen Ball und überreicht ihn Booker.
Dynamite: „Dein Gegner wird sein:
El Metztli!“
Ein Raunen geht durchs Rund. Dass sich der Hase darin befinden würde, damit haben die wenigsten gerechnet.
Dynamite: „Nun, Jason, ziehst du deinen ersten Tag-Team-Partner!“
Crutch dreht und dreht und dreht, und reicht das Bällchen an seinen Vorgesetzten weiter.
Dynamite: „Dein erster Partner wird sein:
Tsuki Nosagi!“
Pete: „Was? Die Hasen stehen in zwei unterschiedlichen Teams? Das dürfte für Spannung sorgen!“ Sven: „Zumal ich mir die Kombination Jason Crutch und Tsuki Nosagi in einem Team nicht vorstellen kann.“
Und ebensowenig wohl der Titelträger. Denn Jason Crutch muss, kaum merklich, aber dennoch, die Nase rümpfen. Ein weiterer suspekter Charakter nach Drake Vaughn, mit dem er es hier zu tun bekommt. Crutch überreicht im Anschluss den nächsten Ball an seinen Arbeitgeber.
Dynamite: „An der Seite von El Metztli wird stehen:
Skaði Fenrir!“
Euphorische Reaktion im Publikum!
Pete: „Holla-die-Waldfee! Die Wölfin wird im No 1 Contender Match stehen! Sie durfte neulich erst gegen Jason Crutch um den Intercontinental-Champion-Titel antreten und hat sich sehr, sehr toll angestellt! Eine absolut hungrige Herausforderin!“ Sven: „Wer hat sich nicht toll gegen Crutch angestellt?“
Passend, dass die Wölfin bei Carnival of Combat schon BESTE Voraussetzungen für das ‚JCI‘ geschaffen hat. Immerhin hat sie beim PPV überlebt und ist mit Milly Vermillion übrig geblieben. Crutch darf sich verdammt warm anziehen! Für die Show am 14.11. und für Title Night! Skaði Fenrir ist nicht erst seit Carnival of Combat das wohl heißeste Eisen im Rennen um den Intercontinental-Champion-Titel.
Dynamite: „Der nächste Teilnehmer an deiner Seite, Jason, ist:
Tommy Qurashi!“
Mit dem Jungspund gibt es bereits Berührungspunkte, immerhin hatte Crutch gegen ihn bereits den Intercontinental-Championtitel verteidigt. Und immerhin war es enger als alle Experten damals vermutet hätten. Mit Qurashi als Tag-Team-Partner scheint JC zufrieden zu sein, denn er nickt respektsbekundend, während er bereits den nächsten Ball herausholt, um den Tag-Team-Partner von Skaði und El Metztli zu ermitteln:
Dynamite:
„Caracal Matthews!“
Es darf getanzt werden! Die Angelegenheit zwischen Caracal Matthews und Tommy Qurashi wird wohl so schnell nicht beendet sein, vielmehr geht sie in die nächste Runde, wenn sich beide Rivalen in gegnerischen Teams gegenüberstehen! Könnte es besser laufen?
Pete: „Was für ein Losglück!“ Sven: „Was für ein Lospech! Caracal darf sich erneut mit Qurashi beschäftigen! Er wird die Bazille nicht los!“
Jason Crutch dreht ein weiteres Mal die Lostrommel. Der Oberpollinger holt den Ball heraus und überreicht ihn einmal mehr an Claude Booker. Dieser öffnet ihn und hält den Namen in die Kamera, wie er es zuvor auch immer getan hat. Der Name, der auf die Leinwand übertragen wird, besagt lediglich:
GFCW-LEGENDE
Natürlich stehen nun bei allen Anwesenden, Fans, Sven, Pete, ja sogar Jason Crutch, Fragezeichen in den Gesichtern geschrieben. Nur Dynamite grinst.
Dynamite: „Liebe GFCW-Galaxy, lieber Jason. Hier ist die Überraschung: scheinbar in deinem Team, Jason, steht eine GFCW-Legende. Es ist mir, es ist uns tatsächlich gelungen, für das ‚JCI‘ am 14.11. einen ehemaligen GFCW-Intercontinental-Champion zu gewinnen! Du, die Fans, wir alle dürfen gespannt sein, wer es ist. Aber…das verraten wir erst in der nächsten Show!“
Buhrufe werden laut, während Dynamite sich diebisch einen abgrinst. Auch Crutch scheint nicht einverstanden zu sein. Und was noch verwundert: in der Lostrommel befindet sich nun nur noch ein einziger Ball. Der Oberpollinger tut seine letzte Amtshandlung und gibt die Kugel an den Boss der GFCW weiter. Er öffnet sie und hält sie in die Kamera – und ein lautes Raunen geht durch das Rund. Und Jason Crutch verschlägt eine Hand vor dem Mund und seine Augen weiten sich etwas. Er wirkt völlig überrascht und entgeistert, als Dynamite den Namen vorliest.
Dynamite:
„Robert Breads!“
Was. Für. Eine. Traumpaarung! Einmal mehr, nach vielen Jahren, stehen sich Jason Crutch und Robert Breads gegenüber. Beide sind ehemalige Gewinner des „Jason Crutch Invitational“. Und Robert Breads war es dereinst, der Crutchs ersten Titlerun jäh beendet hat, eine Schande, die der Begründer der Crutch-o-Mania bis heute verfolgt. Während JC es kaum fassen mag, sind die restlichen Anwesenden höchst erfreut, dass eine Legende wie Robert Breads ebenfalls ins Rennen um den IC-Titel einsteigt. Zumal gerade die Tatsache, dass auch Skaði Fenrir in seinem Team ist, durchaus für Spannungen sorgen dürfte…? Kann die LPG mit einem einzigen Match den großen Wurf landen? Sticht einer der Hasen out-of-nowhere in IC-Titel-Regionen vor? Wird die GFCW-Legende, wer immer es auch sein mag, bei ihrem Comeback-Match für Furore sorgen?
Die Konstellationen stehen also wie folgt – und genauso wird es auch – natürlich aber mit den Konterfeien der Teilnehmer – auf der Videoleinwand präsentiert.
“Jason Crutch Invitational” um ein Intercontinental-Championtitelmatch bei Title Night
Jason Crutch Tsuki Nosagi Tommy Qurashi GFCW-Legende ???
Vs
El Metztli Skaði Fenrir Caracal Matthews Robert Breads ???
Dynamite: „Was also ist mit den restlichen beiden Plätzen? Was ist mit den Fragezeichen? Hier kommt ihr ins Spiel. Jason, den letzten Platz in deinem Team kannst du bestimmen. Organisier dir eine Person, der du genug vertraust, um diesen sehr wichtigen Sieg am 14.11. zu holen. Und dasselbe gilt für das andere Team. Auch ihnen steht es frei, ihren fünften Mann oder Frau selbst zu wählen. Liebe GFCW-Galaxy…“
Mit einer ausladenden Geste verweist Claude Booker auf die Fans, nickt zufrieden zu Crutch hinüber, der sich von dem Namen „Robert Breads“ wohl immer noch nicht erholt hat.
Dynamite: „Die Bedingungen für das ‚Jason Crutch Invitational‘ sind festgelegt. In zwei Wochen werden wir den Namen der GFCW-Legende präsentieren. Und bereits in vier Wochen, bei War Evening, werden wir den oder die nächsten No 1 Contender auf den Intercontinental-Championtitel auskämpfen! Ich danke euch für eure Aufmerksamkeit!“
Claude Booker schüttelt Crutch die Hand, winkt ins Publikum. Und während seine Theme ein weiteres Mal erklingt, verlässt der Boss der GFCW den Ring und wir gehen in die Werbung.
Schauplatz: Ein Schlafzimmer.
In zivilisierten und unversauten Bildern sehen wir, wie in schummrigem Licht unter der Bettdecke ein Mann „sein bestes gibt“. Begleitet wird das Ganze von einer unfassbar romantischen Melodie, das glaubt man gar nicht. In Großaufnahme sehen wir das verschwitzte und angestrengte Gesicht des Mannes, der wirklich aaalles gibt... In Großaufnahme sehen wir das Gesicht der Frau, die keinesfalls erfreut aussieht...
Schnitt.
Wieder das Schlafzimmer. Diesmal eine andere Position. Dann in Großaufnahme das Gesicht des Mannes. Er ist verschwitzt, läuft rot an, gibt sich alle Mühe...In Großaufnahme sehen wir dann wieder das Gesicht der Frau, die ziemlich genervt ist, weil ihr Kopf während der „Anstrengungen“ ihres Mannes so nach vorne und zurück, vorne und zurück gebeutelt wird, dass sie gar nicht ordentlich die neueste Ausgabe des GFCW-Magazines lesen kann, das vor ihr liegt...
Schnitt.
Ein neuerlicher Blick in das Schlafzimmer des Paares. Eine weitere Position. Der Mann gibt unter der Bettdecke erneut sein „bestes“. Sein Gesicht in Großaufnahme zeigt, dass er macht und tut und macht und tut...doch die Großaufnahme der Frau zeigt uns, dass sie nicht sehr befriedigt zu sein scheint, schließlich hat sie Zeit zum Nägelfeilen nebenher...
Schnitt.
Der Mann sitzt in der Küche auf einem Stuhl, die Ellenbogen auf den Knien, die Hände stützen den Kopf, in dessen Gesicht nichts anderes als Enttäuschung zu sehen ist, während aus dem Schlafzimmerfernseher die „GZSZ“-Melodie zu hören ist. Dann zoomt die Kamera heraus. An dem Küchentisch sitzt neben dem Mann auf einem weiteren Stuhl Jason Crutch in Blue-Jeans. Er trägt ein schwarzes T-Shirt mit den roten „US AGAINST THE WORLD“-Lettern. Die schwarz verspiegelte Sonnenbrille auf der Nase und eine Tüte JASON CRUTCHs CRUTCHIPS in der Hand knuspert der Oberpollinger seine Lieblings-Chips-Marke und stopft sich Hand für Hand in den Mund. Er blickt stur nach vorne.
Dann wandert sein Blick langsam zu dem enttäuschten Mann neben sich, der den Blick erwidert, aber so unfassbar traurig, dass es seinesgleichen sucht. Mit einer Mimik bedeutet Crutch dem Mann, er solle doch auch in die Tüte greifen. Der versteht zunächst nicht, doch letztlich nimmer auch er sich eine Handvoll JASON CRUTCHs CRUTCHIPS aus der Tüte und stopft sie sich in den Mund. Plötzlich ist Euphorie und volle Zuversicht in seinem Gesicht abzulesen. Ein weiterer Griff in die Tüte, die Hand wird zum Mund geführt. Mmmmh...JASON CRUTCHs CRUTCHIPS!
Schnitt.
Der Mann unter der Bettdecke, gibt alles. Seine Frau stöhnt und stöhnt, ruft nach Gott. In Großaufnahme sein Gesicht. Verschwitzt, euphorisch, erfreut. In Großaufnahme ihr Gesicht. Weit aufgerissene Augen, verschwitzt, lachend, lächelnd...
Schnitt.
Noch einmal, andere Position. Die Frau stöhnt und stöhnt, lässt ihrer Lust lauthals freien Lauf. In Großaufnahme sein Gesicht. Er lacht, lächelt, ist voller Freude. In Großaufnahme ihr Gesicht. Weit aufgerissene Augen. Sie kann es nicht fassen, wieder ruft sie nach Gott. Bettelt letztlich sogar um Gnade.
Schnitt.
Der Mann sitzt zufrieden lächelnd aufrecht im Bett, die Arme im Nacken verschränkt, blickt in den Schlafzimmerfernseher, sieht die neueste Ausgabe von War Evening. Die Frau liegt daneben, völlig außer Puste, eine Zigarette in der Hand. Sie wirkt zufrieden und befreit.
Neben dem Bett sitzt Jason Crutch auf einem Stuhl. Die Tüte JASON CRUTCHs CRUTCHIPS in der Hand blickt er starr nach vorne auf den Fernseher, guckt auch War Evening. Er nickt dem Mann stumm zu, der ihn mit einem Nicken bestätigt. Dann greifen beide in die Tüte JASON CRUTCHs CRUTCHIPS.
Stimme aus dem Off, völlig euphorisch: „JASON CRUTCHs CRUTCHIPS – für den Extra-IMPACT!“
CUT
Wir schalten in den Backstage-Bereich und sehen dort Jason Crutch. Der Oberpollinger wirkt angespannt, lehnt sich dann an die Wand. Noch scheint er nicht realisiert zu haben, dass sich die Kamera nähert. Tatsächlich ist es so, dass die Wrestler in der Regel die Kameras gar nicht mehr registrieren. Schließlich gehört das seit jeher zum Geschäft.
Jason Crutch: „Der fünfte Mann also…meine Wahl….“
Zunächst zögert er. Dann holt der Intercontinental-Champion sein Smartphone aus der Hosentasche. Er scrollt durch die Kontakte. Grübelt. Überlegt. Bei einem Kontakt hält er inne, hebt den Blick, starrt einen Moment vor sich hin. Murmelt zu sich selbst, aber deutlich hörbar.
Jason Crutch: „Soll ich es wagen…? Das wäre DIE Gelegenheit…! Aber: Ein Risiko…?“
Er überlegt. Überlegt etwas länger. Dann nickt er, als wenn er sich selbst bestätigen würde. Er drückt auf den grünen Hörer und legt das Smartphone ans Ohr. Es dauert. Dauert etwas länger. Und noch etwas länger. Dann:
Jason Crutch: „Hallo. Wie geht’s? … … Jason … … Jason Crutch! … Ja. Lange her … … ich muss mit dir reden…“
FADE OUT…
|