Single Match:

Robert Breads vs. Snow

Referee: Karo Herzog

 

Musik. Sich langsam steigernde Klänge, Ambient wie zur Untermalung eines Traumes. Durch Scheinwerfer wird der Blick der Zuschauer zur Decke der Halle geleitet. 

Es gibt ein kurzes, klirrendes Geräusch.

Dann beginnt es, Eis zu regnen.

Maschinen erzeugen Nebel, über den der Mann, der jetzt durch den Vorhang tritt, hinwegzuschweben scheint. Es ist Snow - der trotz des Ernstes der Lage nicht auf einen exzentrischen und durchgeplanten Entrance verzichtet. Vielleicht, mögen seine Feinde sich freuen, ist es ja auch das letzte Mal, das er diese Gelegenheit bekommt.

Snow ist in seine Ringkleidung gehüllt: Lange, glitzernde Tights in den Farben des Polarlichts. Der nicht massige, aber gut trainierte Oberkörper mit dem Sixpack ist frei. Weiße Stiefel und der künstliche Pelz eines Schneefuchses, den er sich als Schal um den Hals gehangen hat, runden sein Outfit ab. Augenbrauen und Haare sind schneeweiß gefärbt, die Augen stechen blau darunter hervor. Eisblau, kalt, durchdringend. Alles passgenau auf das optische High Concept abgestimmt.

Als er vor dem Ring ankommt, blickt Snow nachdenklich zu Boden. Ohne Spuren ist Viggos klare Ansage doch nicht geblieben. Denn trotz all der Inszenierung steckt hinter Snow schließlich ein unerfahrener Mann in seinen Zwanzigern, für den es hier um die Fortführung seines Lebenstraums geht. Er atmet tief ein, lässt die Hallenluft in seine Lungen. Pumpt die Brust auf, strafft die Schultern. Er hebt den Blick wieder, seine eisblauen Augen haben einen klaren Fokus bekommen: Sie liegen nur noch auf dem Squared Circle, als habe ihm das kurze Verharren mentale Scheuklappen aufgesetzt. Snow lässt den Schneefuchs zu Boden gleiten, dann springt er mit einem Satz auf den Apron und hält sich am obersten Seil fest. 

Seine Musik verklingt. Die Inszenierung ist vorbei - jetzt geht es um die Realität.



Pete: „Und hier kommt sein Gegner. Einige werden sich erinnern: Die beiden hatten im Juni schon ein Match, unter dem Titel „GOAT Challenge“, und Breads verpasste Snow schon vor Beginn des Duells einen Schlag mit dem Mikrofon. Das dürfte der wohl nicht vergessen haben.“

Sven: „Dazu kommt, dass die Truppe, die ursprünglich unter Breads‘ Leitung stand, endlich einen finalen Sieg über den Förderkader erlangen konnte – und zwar JUST als Breads die Kontrolle über den Förderkader an Miria Saionji abgeben musste, die Breads beim Pay-Per-View sehr deutlich besiegt hat.“

Pete: „So gesehen ist Breads nun… was, eigentlich? Teil der Lerbitz Performance Group, ohne weiteren Titel, und damit so ungefähr auf Marc Hill Level, oder?“

Sven: „Das werden wir vielleicht ja später erfahren, wenn Rotari sich zur Zukunft der LPG äußert.“

Pete: „Und das dürfte- Was ist denn mit Breads passiert?“


Gute Frage. Der Hall of Famer, der zweifache World Champion, der mehrfachte Wrestler des Jahres tritt für sein Match auf die Stage, und sieht… alt aus.

Er hat sich offensichtlich in den letzten zwölf Tagen, seit seiner deutlichen Pleite gegen Miria, nicht mehr die Haare gefärbt, und die grauen Ansätze kommen gut sichtbar durch. Rasiert scheint er sich auch nicht zu haben. Dicke, prominente Augenringe haben sich in sein Gesicht gefressen. Das Paar Stiefel hat eine andere Farbe als seine Wrestling-Hose und scheint zu einem anderen Outfit zu gehören. Der GOAT-Schriftzug auf seiner Brust – Merchandise von der LPG, natürlich – wirkt fast ironisch.

Dazu wirkt er… apathisch. Nicht traurig, nicht wütend, einfach teilnahmslos. Er schlurft mehr die Rampe herab, als dass er geht, geschweige denn stolziert. Seinen Theme Song scheint er genauso wenig zu hören wie die Reaktionen der Fans, die nicht so genau wissen, was sie mit diesem Auftritt anfangen sollen. Breads starrt mit den Augen eines toten Tieres auf die Stelle vor seinen Füßen, während er den Weg zu seinem Match-

SUICIDE DIVE!


Pete: „Woah! Rache von Snow für die Attacke von Breads vor ihrem letzten Match!“

Sven: „…ist das überhaupt die gleiche Person? Breads wirkt so… anders.“

Pete: „Das macht für Snow sicherlich nicht ungeschehen, wie er damals behandelt wurde. Bei seinem Debüt von Breads vorher unfair attackiert und dann besiegt worden zu sein… das hier ist bloß Auge um Auge, Zahn um Zahn!“


So kann man es definitiv sehen. Die Geschichte von Breads mit dem Förderkader und Snow im Besonderen ist nicht vergessen, und weil der Kanadier so überhaupt nicht auf seine Umgebung geachtet hat, hat er auch keine Abwehr parat. Snow fliegt zwischen den Seilen des Ringes hindurch nach draußen, nietet Breads um und reißt triumphal die Arme in die Luft, sobald er wieder steht.

Niemand buht ihn hierfür aus. Das war nicht nur spektakulär, sondern auch gerechtfertigt. Revanche, die jeder als angemessen betrachtet.

Snow schnappt sich Breads am ergrauenden Schopf und rollt ihn unter dem Bottom Rope ins Seilgeviert. Referee Karo Herzog ist nicht glücklich mit dieser Aktion, aber sie weiß natürlich um die Geschichte, und die Aktion war effektiv, um das Momentum zu übernehmen, und Breads wirkt schon noch so, als wäre er hier körperlich in der Lage, anzutreten. Er setzt sich gerade auf, als Herzog zu ihm herübergeht.

Sie erwartet Zeter und Mordio, einen Tobsuchtsanfall, Beschwerden, vielleicht sogar den Vorschlag, Snow zu disqualifizieren.

Stattdessen antwortet Breads auf die Frage, ob er antreten kann, nur mit einem knappen Nicken, während er aufsteht.

Also tut Herzog das, was sie in dieser Situation wohl tun sollte – die Fans haben schließlich Geld bezahlt, um das hier zu sehen.

Die Glocke läutet.

Und Snow ist sofort zur Stelle. Er rennt los, feuert einen Dropkick gegen Breads ab, dessen Verteidigung kaum vorhanden ist. Der Kanadier probiert lediglich, im Rückwärtsstolpern nicht hinzufallen, nachdem er getroffen wurde, und schafft das in erster Linie, weil er mit dem Rücken gegen die Seile kommt.

Die fangen seinen Schwung auf und lassen ihn wieder zur Ringmitte torkeln.

Jumping DDT!

Snow springt hoch, packt den Kopf von Breads, beißt die Zähne zusammen und rammt die Schädeldecke der gefallenen Legende mit Schmackes auf die Ringmatte. Kein Konter von Breads, der sofort gepinnt wird.

Eins..



Zwei…




Kick-Out!

Immerhin das ist wohl so tief in egal welcher Version von Robert Breads verankert, dass es unumgänglich scheint: Die Schulter hochreißen, bevor der Referee bis zur „drei“ kommt. Dennoch wirkt es nicht so, als würde er nun ein emotionales Comeback starten oder sich aufrappeln, sondern bloß so, als erledige er gewissenhaft eine Pflicht, die ihm persönlich nichts bedeutet.

Bei Snow sieht das anders aus.

Ja, Siege über Robert Breads bedeuten nicht mehr das, was sie mal taten, aber für ein Mitglied des Förderkaders? Und dann noch mit dieser persönlichen Hintergrundgeschichte?

Sofort ist Snow wieder auf den Beinen. Leichtfüßig tänzelt er zur nächstbesten Ringecke, während Breads sich aufrichtet, und klettert hoch. Die Crowd wird laut, und er genießt den Jubel, der ihm zu Teil wird. Eigentlich ein typischer Rookie Fehler, sich zu viel Zeit mit den Fans zu nehmen, dem Gegner den Rücken zuzudrehen, aber Breads wirkt schwerfällig, demonstriert keine Eile, Snow zu attackieren.

Der springt mit gelungenem Timing ab. Gerade, als Breads wieder auf den Füßen steht und damit die größtmögliche Trefferfläche bietet, springt Snow rückwärts ab.

Moonsault!

CANADIAN CUTTER!


Pete: „AUS DEM NICHTS!“


Breads hat einfach einen Schritt nach vorne gemacht, die Arme im richtigen Moment hochgenommen und nutzt den kompletten Schwung von Snow gegen ihn. Er wird aus der Luft gefischt, kracht mit dem Gesicht auf die Matte und wird sogleich von Robert auf den Rücken gedreht, der das Bein einhakt und die Schultern von Snow auf die Matte presst.

Eins…



Zwei…



Drei!

Sieger des Matches durch Pinfall: Robert Breads

Sofort lässt Breads von Snow ab und erhebt sich. Keine Pose, er macht sich nicht über seinen Gegner lustig, kein „Ich hab’s euch doch noch gezeigt“ oder all die anderen Dinge, die Breads in diesem Jahr immer und immer getan hat, wenn er gesiegt hat, egal, gegen wen.

Er stellt sich einfach neben Karo Herzog, wartet, bis sie damit fertig ist, seinen Arm in die Höhe zu halten, und lässt die Offizielle dann in Ruhe nach Snow sehen und den Verlierer aus dem Ring begleiten.

Breads wirkt noch immer neben der Spur, dazu ist er leicht unter Atem. Sein GOAT-T-Shirt, das er zu keinem Moment den Matches hatte ausziehen können, klebt an einem schwitzigen alternden Körper, ein paar Haare stehen ab, aber er denkt nicht daran, das zu fixen.

Es ist gänzlich unmöglich zu raten, was er denkt, so ausdruckslos ist sein Gesicht. Seine Augen verharren auf einem Punkt in der Crowd, aber ob er wirklich dorthin sieht oder einfach ins Nichts starrt ist nicht festzustellen.

Dann jedoch tut sich etwas: Er dreht sich um. Snow und Karo Herzog haben den Ring bereits verlassen, und Breads deutet neben Pete und Sven auf einen der Mitarbeiter, und fordert wortlos, man möge ihm ein Mikrofon reichen.

Selbstredend passiert das auch, und kurz darauf reicht man ihm das Mic an. Breads nimmt es entgegen, trottet in die Ringmitte und führt es zum Gesicht. Seine spröden Lippen sind fest aufeinandergepresst, ehe er den Mund öffnet.


Aiden Rotari: „Herzlichen Glückwunsch zu deinem Sieg, Robert.“


Breads blinzelt. Einen Moment lang wirkt er ehrlich verwirrt, dann dreht er seinen Kopf genauso wie der Rest der Halle in Richtung Entrance-Bereich.

Und dort kommt Aiden Rotari die Rampe heruntergelaufen, ein eigenes Mikrofon in der Hand. Zügige, aber keine überhasteten Schritte, die dunklen Augen fest auf seinen (ehemaligen) Mentor im Ring gerichtet.


Aiden Rotari: „Du kannst jetzt gehen. Es ist Zeit für die Ansprache zur Zukunft unserer Gruppierung. Dafür wirst du nicht benötigt.“


Rotari steigt die Stufen der Ringtreppe vorsichtig nach oben, steigt durch die Seile in den Ring und behält „Canada’s Own“ jede Sekunde lang im Blick. Auch er scheint zu erwarten – oder sich zumindest zu fragen – ob ein weiterer emotionaler Ausbruch folgen wird.

Aber da kommt nichts. Breads steht einfach nur da, das eigene Mikrofon gesenkt. Dann tritt er einen Schritt zurück, plumpst auf den Hosenboden und lehnt sich mit dem Rücken gegen die Seile des Ringes. Er zieht beide Knie an, schlingt die Arme um die Schienbeine und gestikuliert mit der freien Hand, die kein Mikrophon hält, zur Ringmitte.

Er gibt Rotari das Spotlight, möchte aber hören, was er zu sagen hat. Rotari hat ihm gesagt, er KANN gehen, nicht, dass er muss.

Lediglich, dass er nicht länger benötigt wird.

Gilt das nur für diesen Moment, oder…?

Einen langen, sich wie Kaugummi ziehenden Moment lang prüft Rotari mit den Augen den Mann, der vor ihm auf dem Boden kauert und zu ihm aufsieht. Er scheint abzuschätzen, ob das irgendein Spiel ist.

Dann dreht er Breads bewusst den Rücken zu und beginnt zu sprechen.


Aiden Rotari: „Unsere Gruppierung war sehr erfolgreich.“


Diese Worte klingen sorgsam ausgewählt, vermutlich vorher schon beschlossen, und nun laut und deutlich ausgesprochen. Der Vortrag von Rotari hat für gewöhnlich ohnehin etwas Monotones an sich, sodass das hier nicht groß aus der Reihe fällt, was seine sonstigen Auftritte angeht.


Aiden Rotari: „Wir haben das Switziverse Unlimited besiegt. Ein sehr erfreuliches Ergebnis. Luna Rosario hat dabei den Sieg eingefahren, und ihn nicht etwa mir überlassen. Es mag Leute geben, die sich gefragt haben, ob mich das wütend macht. Dem ist nicht so. Ich hätte exakt genauso gehandelt. Wie bereits gesagt, ich hatte vor kurzem erst meine Chance auf den World Title. Es ist in Ordnung, dass sich Luna und Miss Shade nun mit dem Gewinn meines Titels beschäftigen. Für den Fall, dass sie erfolgreich sind, werde ich den ersten Shot gegen die neue Championesse erhalten. Für den Fall, dass sie scheitern, werde ich bis inklusive Title Night durch meine Leistungen ein Standing erreicht haben, das mich ganz natürlich in die Diskussion um den No. 1 Contender für die Anniversary Show katapultiert.“


So viel also zum Thema „GFCW World Title“. Rotari ist ein selbstsüchtiger Leader, und in seinem Eigeninteresse beinahe schamlos transparent, aber er versteht Gruppendynamiken: Er hatte gerade seine Möglichkeit, und das Switziverse hat ihm die Sache mit Aldo Nero versaut. Sich nun wieder vor Luna und Monica in der internen Hackordnung zu drängen würde lediglich für Konflikte sorgen, die langfristig nicht gut sind. Rotari will ohne jeden Zweifel den – pardon, SEINEN – Titel zurück, aber er zeigt sich geduldig und riskiert die Unterstützung seiner Gruppierung nicht. Er hat es soeben selbst gesagt: Alle Wege führen zum GFCW World Title.


Aiden Rotari: „Miria Saionji hat den Pflichtsieg eingefahren, der nötig war, um ihre neue Position zu untermauern.“


Sofort drehen sich alle Köpfe zu Breads, mit Ausnahme von Aiden selbst. Jeder erwartet irgendeine Reaktion – ein Sieg gegen Robert Breads als Pflichtsieg bezeichnen? Da wäre er noch vor kurzem an die Decke gegangen, aber jetzt… nicht er bloß stumm vor sich hin. Als hätte Rotari Recht.


Aiden Rotari: „Sie hat klar und deutlich gezeigt, wer nicht nur der bessere Wrestler, sondern der schlauere Wrestler ist. Das weiß ich sehr zu schätzen. Sie wird ein definitives Upgrade in ihrer neuen Rolle darstellen.“


Rotari formuliert das nicht als Beleidigung in Richtung Breads, das ist keine künstliche Lobhudelei in Richtung Miria, er stellt lediglich die Fakten fest, wie er sie sieht. Und, nunja: Breads mag einmal ein fantastischer Wrestler gewesen sein, aber als Coach hat er nie Leistung, ja, nichtmal wirklich Potenzial gezeigt. Nicht jeder tolle Spieler ist auch ein toller Trainer.


Aiden Rotari: „So konnten wir nach nur zwei Wochen ihrer Amtszeit bereits den kleinlichen und wenig zielführenden Streit beilegen, den ihr Vorgänger angezettelt und in die Länge gezogen hat.“


Nun dreht Aiden sich doch zu Robert um. Der starrt zurück.

Kein Hass. Keine Wut. Kein gar nichts.


Aiden Rotari: „Siegreich.“


Er stellt das noch einmal heraus, als wäre es Breads niemals gelungen, Siege einzufahren. Dem ist natürlich nicht so, Breads hat sogar mehr gewonnen als verloren, aber gegen welches Kaliber? Und was hat er für seine „Untertanen“ je getan? Waren deren Erfolge wegen oder trotz Breads?


Aiden Rotari: „Ich bin zuversichtlich, dass Miria zur positiven Entwicklung von Skaði Fenrir, Milly Vermillion, Brigitte Reflet und Shizuku Shikishima entscheidend beitragen kann und außerdem selbst ein wichtiges Asset für unsere Gruppierung sein wird.“


Wieder ein teilnahmsloses Nicken von Breads. Er scheint die Worte zu hören und verstehen, aber nicht zu verarbeiten.


Aiden Rotari: „Bei Title Night wird unsere Gruppierung einmal mehr prominent vertreten und überaus erfolgreich sein. Maximilian Lunenkind und das Sprachrohr füllen ihre Rolle ausreichend aus.“


Wir wissen es aus vergangenen Segmenten mit Rotari: Ihm ist recht egal, ob sie viel gewinnen oder verlieren, aber sie sind die Lieblinge von Entrepreneurin Lerbitz, bringen Geld mit Merchandise rein und halten den Laden am Laufen. Sie können nützlich sein, ohne selbst erfolgreich zu sein.


Aiden Rotari: „Unser Marketing-Experte scheint seine Rolle künftig mit dem dazugehörigen angemessenen Sozialverhalten ausfüllen zu wollen, was mich freut.“


Es liegt keinerlei echte Freude in der Stimme des amtierenden Wrestlers des Jahres, aber er will Lorenz wohl klar machen, dass seine vorhin demonstrierte Unterwürfigkeit als korrektes Verhalten bewertet wird.


Aiden Rotari: „Marc Hill hat in den letzten Wochen Grund zur Skepsis geliefert. Nach seiner heutigen Leistung bin ich zu dem Schluss gekommen-“


In diesem Moment stockt Rotari. Es hat sich etwas getan.

Robert Breads steht auf.

Müde, langsam, und ohne jeden Esprit oder Schwung, aber er steht auf.


Aiden Rotari: „Ich werde nicht gerne unterbrochen.“


Ein Anflug von Verärgerung schleicht sich in die Stimme von Rotari. Nun hebt Breads das Mikrofon zum Mund.


Robert Breads: „Ich wollte dich nicht unterbrechen, sprich ruhig weiter. Ich wollte nur schonmal-“

Aiden Rotari: „Du hättest erst aufstehen können, wenn ich fertig bin.“


Das ist natürlich korrekt, aber ist Robert hier wirklich im Unrecht? Nach Marc Hill wäre sicherlich er an der Reihe gewesen, wenn es darum geht, über die LPG-Member zu sprechen. Als allerletzter. Darauf ist er eben besonders neugierig. Wer kann ihm das verdenken?


Robert Breads: „Tut mir leid.“


Breads tritt wieder einen Schritt zurück, nachdem er leise und erbärmlich diese Worte geäußert hat. Rotari seufzt, eine für ihn beinahe schon theatralische Geste.


Aiden Rotari: „Nun gut. Stell die Frage, die du stellen willst.“


Der Kanadier hebt das Kinn.


Robert Breads: „Was werde ich bei Title Night tun?“


Aiden zuckt mit den Schultern.


Aiden Rotari: „Für dich gibt es keinen Plan. Die Entrepreneurin ist der Überzeugung, aus deinem Retirement eine Menge Geld herausschlagen zu können, deshalb wirst du deinen Platz in unserer Gruppierung behalten.“


In einer auf den ersten Blick väterlich wirkenden Geste, aber ohne jede Wärme, legt Rotari Breads die freie Hand auf die Schulter. Breads zuckt bei der Berührung zusammen und wäre vielleicht noch weiter zurückgewichen, wenn dort nicht die Seile wären.

Robert Breads: „Und aus keinem anderen Grund?“

Viel tiefer sinken als diese Frage nicht nur ernsthaft zu denken, sondern auch noch auszusprechen, kann man kaum.


Aiden Rotari: „Ob es je eine Zeit gab, in der du gebraucht wurdest, Robert, kann ich schlecht beurteilen. In deinen Erzählungen hat die GFCW dich einst gebraucht, doch wer weiß, ob das stimmt. Ich kann es allerdings auch nicht widerlegen. Die GFCW braucht dich im Jahr 2025 definitiv nicht mehr. Und unsere Gruppierung…“


Einen Moment zögert Rotari, wählt seine Worte mit Bedacht.


Aiden Rotari: „Du bist geschätzt und geduldet. Aber nicht benötigt. Ressourcen auf dich aufzuwenden wäre kontraproduktiv. Du könntest die Ressource sein, die man für einen wichtigen Zweck aufwendet.“


Selbst hier wird der Konjunktiv verwendet. Er KÖNNTE es sein – nicht einmal das ist sicher. Nicht einmal als Handlanger ist der Spot des einstigen unangefochtenen God Kings der GFCW in seiner eigenen Gruppierung noch sicher. In seinem Duell mit Aldo Nero hat Rotari dem Sprachrohr, Marc Hill, Maximilian Lunenkind und seiner alten Feindin Luna Rosario vertraut, ihm helfen zu können, nur Robert Breads nicht.


Aiden Rotari: „Sollte das GFCW-Office dich aus Nostalgie-Gründen mit dem tanzenden Streamer oder den verrückten Hasen auf die Title Night Card setzen wollen, werden wir dir natürlich keine Steine in den Weg legen.“

Falls das großzügig klingen sollte, hat das nicht funktioniert.

Aiden Rotari: „Außerhalb unserer Gruppierung dürftest du es schwer haben, noch jemanden zu finden, der in dich investiert. Vermutlich gibt es niemanden mehr außer uns. Das ist ein guter Deal. Aus deinem Retirement wird eine große Nummer gemacht werden. Und wenn du bis dahin seltener kämpfst, kannst du dem letzten Rest deiner Legacy nicht mehr schaden.“


Ein Messerstich nach dem anderen direkt in das Herz des ehemaligen Top-Wrestlers der GFCW. Rotari tätschelt die Schulter von Robert.


Aiden Rotari: „Du wirst von niemandem noch gebraucht. Du wirst von uns toleriert. Das ist die Realität.“


Und damit mag Aiden Rotari nicht unbedingt unrecht haben. Dazu ist Breads dafür bekannt, sich der echten Welt nicht gerne zu stellen, sich in Ausreden zu flüchten. Seine ganze LPG-Zeit begann mit der Idee, sein Image, seine Legacy wieder aufzupolieren, nachdem er sie selbst in seiner beinahe wahnhaften Verdrängung der Tatsache, dass der Strom der Zeit niemanden verschont und gnadenlos in ein- und dieselbe Richtung fließt - völlig egal, wie laut man schreit und flucht und wie rhetorisch geschickt man es leugnet – mit Füßen getreten hatte.

Einen kurzen, wirklich sehr kurzen Augenblick lang, huscht ein Schatten über das Gesicht von Aiden Rotari. Seine Mundwinkel scheinen für einen winzigen Moment leicht nach unten gekrümmt zu sein, seine Augen kneift er marginal zusammen, und wenn man denn wollte, kann man so etwas wie echtes Bedauern auf seinem Gesicht erkennen.

Bedauern über das tragische Schicksal seines Mentors? Bedauern darüber, es nicht verhindert zu haben? Oder bloßes Bedauern darüber, dass er Breads auf Anraten der Entrepreneurin noch ein halbes Jahr durchschleppen soll, wenn doch seine Nützlichkeit mehr als nur zweifelhaft ist?

Dann ist der Moment vorbei. Die Maske rutscht wieder an ihren Platz und ist so undurchdringlich wie eh und je.

Rotari nimmt seine Hand von der Schulter von Breads und zieht sie zurück.

Doch auf halbem Wege stoppt er.

Die freie Hand von Robert Breads ist nach oben geschossen und hat sein Handgelenk gepackt. Die Fingerknöchel von Breads treten weiß hervor, als er den Unterarm von Rotari gegen seine Handfläche presst.

Mit der anderen Hand führt Breads das Mikrofon zum Mund. Er sieht Rotari direkt an.

In seinen Augen brennt das Feuer wilder Entschlossenheit.


Robert Breads: „Na dann.“


CANADIAN CUTTER!


Pete: „Genug ist genug!“


Ansatzlos springt Breads seinem früheren Schüler mit beiden Händen an den Hals, reißt dessen Gesicht nach unten und lässt es auf die Matte knallen. Das hier ist seit Wochen, nein, Monaten in der Mache.

Und der Moment ist gekommen, an dem das Maß nicht nur voll es.

Es ist übergelaufen.

Und die Fans schreien in einer Mischung aus Entsetzen, Überraschung und Freude über diese Entwicklung die Bamberger Halle zusammen.


Pete: „Er tritt nach! Breads tritt immer wieder nach! Rotari ist wehrlos am Boden!“

Sven: „Und jetzt reißt Robert ihn an den Haaren nach oben! Er hakt die Arme… Oh, er will den RB Driver zeigen! Gegen Aiden Rotari!“

Pete: „Aiden wehrt sich! Er wehrt sich, aber… schwach. Er kann kaum-“

Sven: „Da kommt die Kavallerie!“


Und zwar im Vollsprint. Maximilian Lunenkind, das Sprachrohr und Marc Hill rennen die Rampe herab, um Rotari zu helfen, und ihm nützlich zu sein. Sogar Lorenz joggt hinter ihnen her, um zu zeigen, dass er zu Rotaris Rettung eilt, jedoch mit genug Abstand zu den dreien vor ihm, um nicht in Gefahr zu geraten, tatsächlich in einen gefährlichen Kampf verwickelt zu werden.

Breads starrt die Männer an, die eigentlich genau so auf seiner Seite sein sollten wie auf der von Rotari. Wäre er ein mutiger Mann, er würde sich kopfüber in ein Gefecht stürzen und darauf vertrauen, dass er sie alle ausschalten kann.

Aber mutig zu sein hat gegen Aiden Rotari noch nie geholfen. Man muss schlau sein.

Und Robert Breads ist ein Mann Mitte vierzig, der noch sechs Monate wrestlen will.

Er stößt Rotari von sich, und schleudert diesen den drei Männern, die in den Ring sliden, entgegen. So schnell er kann rollt Breads sich aus dem Squared Circle, hechtet über die Absperrung und bahnt sich seinen Weg durch die Crowd, die sich für ihn teilt wie das Meer für Moses.

Will niemand hier reingezogen werden, oder wollen sie, dass er entkommt?

Im Ring hocken Hill und das Sprachrohr bestürzt und sehr demonstrativ und laut über Rotari und stellen wirklich, aber auch so WIRKLICH sicher, dass es ihm den Umständen entsprechend gut geht. Lunenkind scheint die Verfolgung von Breads aufnehmen zu wollen, zögert dann aber einen Moment. Im nächsten Augenblick kommt Lorenz neben Lunenkind zum Stehen und zerrt ihn mit sich in Richtung Ring. Sie müssen auch zu Rotari, und ihm zeigen, wie besorgt sie doch sind.

Zu viert beugen sich alle über Aiden, als der sich aufsetzt und Marc Hill, der Rotari wie eine verletzliche Puppe aus Glas gehalten hatte, von sich stößt. Der Hamburger Jung schluckt schwer, sagt aber nichts. Rotari blickt sich um – bis er Robert Breads in der Crowd sieht.

Er ist weit genug weg, als dass er sich in Sicherheit wähnt. Der Kanadier ist außer Atem, Treppen hochsprinten ist in seiner Verfassung nun wirklich keine gute Idee, aber er ist entkommen.

Und er schenkt Aiden Rotari ein herablassendes, selbstzufriedenes Grinsen.

Rotaris Augen werden zu bedrohlichen Schlitzen. Er will wissen, warum niemand Breads gefolgt ist. Warum ihn niemand attackiert hat. Lorenz hat den Mund schon offen, will sagen, dass Lunenkind das vorhatte, bis ihm einfällt, dass er selbst ihn vermutlich daran gehindert hat – und so schließt er ihn wieder. Nervös blickt Lorenz zu Lunenkind herüber, der behaupten könnte, Lorenz habe ihn daran gehindert und den Marketing-Experten in die Pfanne hauen, um sich selbst besser dastehen zu lassen, doch Maximilian schweigt und tritt einen Schritt von Rotari zurück. Er hat Robert Breads im Blick, genauso wie Aiden.

Genauso wie nun jeder andere in der Halle.

Mit beiden Händen packt Breads den Kragen seines T-Shirts mit dem GOAT-Schriftzug und dem Branding der LPG darauf. Er zerrt mit der linken Hand nach links und mit der rechten Hand nach rechts, bis das T-Shirt sich von seinem Hals über seine Brust bis hin zu seinem Bauch in zwei Hälften teilt. Lose Fäden dehnen sich und werden schließlich auseinandergerissen, bis Breads‘ nackter Oberkörper sichtbar wird.

Eine unverkennbare Last fällt von den Schultern von Robert Breads, als er das zerfetzte Stück Stoff in die Crowd wirft, weit weg von sich.

Er ist nicht der GOAT. Er ist es nie gewesen. Es war eine Lüge, die er unbedingt hatte glauben wollen.

Aber das heißt noch lange nicht, dass er das sein muss, was die Lerbitz Performance Group und Aiden Rotari aus ihm machen wollen.

Der Kanadier, umgeben von schreienden Fans, die völlig aus dem Häuschen ob dieser Entwicklung sind, hebt den linken Arm und deutet mit dem Zeigefinger auf Aiden Rotari, der sich im Ring wieder aufgerichtet hat.

Man kann dank der umliegenden Fans nicht verstehen, was er sagt. Aber wir können Lippen lesen.

Wir sehen uns.“

Dann wirbelt Robert Breads herum, läuft durch eine Traube von Fans davon und verschwindet in die Freiheit.




Die Kamera blendet langsam aus dem GFCW-Logo heraus. Dabei schwenkt das Bild zur beliebten GFCW-Interviewerin Tammy, die, wie immer, souverän und charmant vor der Kamera steht. Ihr Haar fällt perfekt über die Schultern, ein dezentes Lächeln liegt auf ihren Lippen, während sie das Mikrofon elegant in der Hand hält.

Doch sie ist naturlich nicht allein. Neben ihr stehen Creed Gibson und Andrew Costalago, bekannt als Cirque du Tonnerre. Beide tragen ihre In-Ring Outfits. Soll heißen: Weiße Pluderhosen. Die Gesichter sind wieder weiß geschminkt und betonen das auffällig gefärbte, senfgelbe Haar. Nein, Andrew und Creed sind keine Clowns. Ihnen fehlen die roten Nasen, das bunte Outfit und vor allem der Drang, lustig sein zu wollen. Aber Menschen, die unauffällig durch eine Stadt flanieren könnten, sind sie erst recht nicht.

Tammy neigt leicht den Kopf, blickt mit ihrem warmen, professionellen Lächeln zwischen den beiden hin und her.


Tammy: „Creed und Andrew, heute Abend tretet ihr gegen die amtierenden GFCW Tag Team Champions an. Auch wenn es kein Titelmatch ist, könntet ihr mit einem Sieg sicher berechtigte Ansprüche geltend machen. Besonders, da selbst Aya und Jay Taven behaupten, sie hätten keine Gegner in der Liga, die sie fürchten müssten oder überhaupt irgendwelche Gegner.“


Ein leichtes Zucken geht über Andrews Mundwinkel. Er verschränkt langsam die Arme vor der Brust, sein Blick geht nach unten, dann wieder hoch in Richtung Kamera. Neben ihm lacht Creed leise. Es ist nicht klar, ob ihn die Frage amüsiert oder ihm einfach so danach ist, amüsiert zu sein. Seinem erratischen Auftreten ist Zweiteres definitiv zuzutrauen. Noch bevor er das erste Wort gesprochen hat, tritt er immer wieder von einem Fuß auf den anderen, blickt zwischen Tammy, Andrew und der Wand hin und her. Es wirkt, als sei er in drei Welten gleichzeitig.


Creed Gibson: „Behauptung und Wahrheit sind einander so gleich wie Heinrich Firion und Robert Breads.“

Tammy: „Das verstehe ich nicht.“


Verständlich, Tammy, verständlich. Selbst Costalago blickt drein, als wisse er nicht ganz, worauf sein Partner eigentlich hinauswill. Gibson seufzt langgezogen und künstlich.


Creed Gibson: „Verzeihung, Tammy. Ich dachte mit Unsinn reden kommt man in der Tag-Team-Division weit. Aber vielleicht fehlen uns dazu auch große Ohren und eine Nebelmaschine. Woraus ich hinauswill, ist so einfach, ganz einfach, total einfach: Nur weil Heinrich und Robert Breads beide alt sind, sind sie nicht gleich. Und nicht jede Behauptung, die jemand aufstellt, ist auch die Wahrheit. Auch wenn sie aus einem Mund kommt. Und Aya und Jay Taven haben zwei große Münder, die sich gut zum Stopfen eignen.“

Tammy: „Das war ein ziemlich komplizierter Weg, um zu sagen, dass du Aya und Jay Taven Unrecht gibst.“

Creed Gibson: „Egal.“


Trotzig verschränkt Gibson die Arme vor der Brust. Er zieht die Unterlippe vor und scharrt mit dem Fuß über den Boden wie ein Huhn. Costalago, der Ruhepol im Team, tritt vor, um für Tammy einzuspringen und das Interview zu retten.


Andrew Costalago: „Ich bin jedenfalls überzeugt, dass Aya und Tavens Behauptung, keine Gegner zu haben, ein Trugschluss ist. Gib‘ uns fünf Minuten mit ihnen im Ring.“


Tammy hebt interessiert die Augenbrauen, gibt den beiden Raum, sich zu äußern.


Andrew Costalago: „Aya und Jay laufen rum, als wären sie unantastbar. Als hätten sie die Liga seit Monaten, gar Jahren im Griff. Dabei haben sie gerade einmal zwei Hasen abgeschüttelt, die von ihrem Guru verlassen wurden. Aber das ist ihr Problem, sie glauben an ihre eigene Überlegenheit mehr, als sie aneinander glauben.“


Er hebt einen Zeigefinger und deutet in die Kamera, seine Stimme gewinnt an Schärfe. Er legt einen Arm auf Gibsons Schulter ab. Das führt dazu, dass sein hyperaktiver Partner tatsächlich mal für eine Sekunde ruhig stehen bleibt.


Andrew Costalago: „Und das ist der Unterschied zwischen ihnen und uns. Wir vertrauen uns. Wir wissen genau, wer wir sind. Und heute Abend werden sie das auch erfahren.“


Creed nickt und klatscht in die Hände, offenkundig. begeistert von Andrews Worten. Er erwidert Costalagos Geste und legt ihm ebenso eine Hand auf die Schulter.


Creed Gibson: „Ganz genau! Weißt du, Tammy, wir sind vielleicht keine Dunkelmänner mit Zylindern oder nutzen Magie aus der Unterwelt, denn als Zirkusmänner können wir dir sagen, dass die Nummer ausgelutscht ist. Aber wir wissen, wie man mit Freaks umgeht. Und wenn die World of Darkness glaubt, sie könnten mit ihrem Hokuspokus Eindruck schinden, dann werden sie sich wundern. Andrew ist mutig und ich bin übrigens viel zu dumm, um Angst zu haben.“


Er grinst die Interviewerin an. Tammy nickt sachte bei den Worten – so ganz hat sie noch nicht durchschaut, wann Gibson ironisch ist und wann nicht. Oder ob überhaupt irgendetwas Ironie bei ihm ist oder nicht vielmehr eine Art Filter fehlt, der ihm sagt, nicht jeden Gedanken aussprechen zu mögen.


Tammy: „Das klingt nach einer klaren Ansage. Ihr wisst also, dass es heute nicht leicht wird – immerhin sprechen wir von zwei Männern, die sich für die besten halten und …...“


Sie kommt nicht weiter.
Ein plötzliches, spöttisches Lachen unterbricht sie.

Aus dem Off tritt Jay Taven ins Bild.
Der Champion trägt seinen
Tag Team Titel locker über der Schulter, das Gold glänzt im Scheinwerferlicht und Jay wischt beiläufig mit einem Tuch darüber, als müsse er den Staub entfernen. Sein Blick ist herablassend, seine Lippen zu einem überheblichen Lächeln verzogen.

Er mustert Creed und Andrew mit unverhohlenem Spott, lehnt sich leicht nach vorne und spricht mit diesem typischen, schnippischen Tonfall, der schon beim ersten Wort provoziert.


Jay Taven: „Oh… bitte. Das ist ja herzerwärmend. Zwei Möchtegern-Artisten, die glauben, dass Vertrauen irgendwas im Ring zählt. Ich hoffe, ihr habt wenigstens geübt, den Boden zu küssen! Denn DAS werdet ihr nämlich ziemlich schnell lernen, wenn ihr mit uns im Ring steht.“


Creed zieht sofort die Augenbrauen hoch, ein halb belustigtes, halb genervtes Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus. Andrew dagegen verzieht keine Miene, aber seine Augen verraten, dass er Jays Worte nicht unbeantwortet lassen wird, nur hält er sich noch zurück.

Tammy versucht die Situation zu beruhigen, hebt leicht die Hand, doch da ist schon Bewegung im Hintergrund.
Nur Sekunden später treten
Aya und Jimirion ins Bild.

Aya, in seiner typischen, kontrollierten Ruhe, den GFCW-Tag-Team-Titel fest um die Hüften geschnallt, den Blick eiskalt auf die Szene gerichtet. Neben ihm erhebt sich Jimirion, majestätisch und unheimlich zugleich. Sein langer Mantel schimmert im Licht, und auf seinem Kopf thront ein Zylinder, geschmückt mit Rabenschwingen und kleinen Knochen, die bei jeder Bewegung leicht klirren.

Jay weicht einen Schritt zurück, bleibt aber mit einem spöttischen Grinsen direkt vor der Kamera stehen, das Mikrofon beinahe aus Tammys Hand ziehend.


Jay Taven: „Was werdet ihr tun, Cirque du Tonnerre? Wenn heute Abend die Dunkelheit euch verschluckt?“


Eine Ansage, die vielleicht furchteinflößender rüberkäme, wenn Aya oder Jimirion sie formuliert hätte. So blicken Costalago und Gibson einander ohne erkennbare Furcht an. Gibson zuckt mit den Schultern und gibt Andrew das Signal, auf die Drohung zu antworten.

Bevor Costalago antwortet, blickt er sich in der Umgebung um. Sein Blick bleibt auf Jimirion hängen. Vielleicht ein Stück länger als nötig. Es ist offensichtlich: Gänzlich kann er nicht das Unwohlsein abschütteln, in der Nähe dieses mysteriösen Mannes sein zu müssen. Bevor er sich diesem unguten Gefühl hingibt, geht der Blick zurück zu Jay Taven.


Andrew Costalago: „Wenn die Dunkelheit uns verschluckt, hat sie hoffentlich auch gute Zähne, um uns verdammt gut durchzukauen und zu verdauen. Denn ansonsten…“


Er springt einen Schritt zurück und vollführt eine Geste, als habe er einen imaginären Degen in der Hand.


Andrew Costalago: „…wenn ihr uns leben lasst, reißen wir die Dunkelheit von innen auf und werfen sie dem Licht zum Fraß vor. Wir kommen aus dem Zirkus, Jay. Niemand kennt sich so gut mit Leuten aus, die vorgeben etwas zu sein, was sie nicht sind.“


Er vollführt mit dem Gedankendegen einen ebenso imaginären Schnitt in Richtung Taven. Dem Tag Team Champion weicht das arrogante Grinsen für einen Ausdruck der Empörung und Wut aus dem Gesicht.


Creed Gibson: „Und bei dir schellen alle Hochstapler-Alarmglocken, Taven. Ich würde ja sagen, du erlebst wegen deinen Kollegen grad deinen zweiten Frühling. Aber ich glaube, du hast nicht einmal einen ersten Frühling gehabt. Du bist einfach nur irgendso’n Typ, der vom Perfect Storm mitgerissen wird, in dem er sich gerade befindet.“

Andrew Costalago: „Du bist nicht die Dunkelheit, du bist nicht hart. Du bist einfach nur Jay Taven.“


Jay Taven ist sichtlich aufgebracht.
Sein Blick brennt sich förmlich in Andrew Costalago. Die Kiefermuskeln arbeiten, seine Fäuste ballen sich, man kann deutlich sehen, dass er Andrew am liebsten
jetzt und hier in Stücke reißen würde. Selbst Tammy scheint die Spannung zu viel und geht einen Schritt zurück.

Einen Moment lang sieht es so aus, als würde Jay auf Andrew losgehen,
doch bevor auch nur ein weiteres Wort oder eine Bewegung fällt, tritt
Aya an Jay herran.

Die Kamera fängt den Moment perfekt ein: Aya tritt ruhig, aber mit der Autorität eines Mannes, der die Kontrolle über jede Situation hat auf.
Ohne ein Wort legt er Jay die Hand auf die Schulter.
Ein fester Griff. Kein gewaltsamer aber bestimmend.

Jay dreht den Kopf, schaut zu ihm, sein Atem geht schwer, seine Augen funkeln vor Zorn.

Aya bleibt ruhig. Sein Blick ist ernst, sein Ton kühl, als er spricht.


Aya:Es ist eine Dame anwesend. Klären wir das im Ring. Nachher!“


Das letzte Wort betont er deutlich; hart, unmissverständlich. Ein Hauch von Drohung schwingt darin mit, aber auch Disziplin.
Jay atmet tief durch, reißt sich zusammen. Ein Schnauben, dann nickt er knapp. Ohne ein weiteres Wort lässt er sich von Aya aus dem Bild führen.

Tammy folgt ihnen kurz mit dem Blick, sichtlich erleichtert, dass die Situation nicht eskaliert ist. Doch bevor sie sich fassen kann, zieht ein neuer Schatten durchs Bild.

Jimirion.

Der Voodoo-Priester schreitet langsam an der Kamera vorbei – groß, eindrucksvoll, fast unheimlich ruhig. Der schwarze Zylinder mit den Rabenfedern und kleinen Knochen reflektiert das Licht der Backstage-Lampen. Sein Blick bleibt kurz auf Creed Gibson und Andrew Costalago hängen.

Kein Wort.
Kein Ausdruck.
Nur dieses
kalte, durchdringende Schweigen, das einem über den Rücken kriecht wie ein eisiger Wind.

Creed hebt leicht das Kinn, Andrew bleibt ruhig – aber man sieht, wie sich Gänsehaut auf ihren Armen bildet.

Tammy selbst muss einmal kurz schlucken, ihr professionelles Lächeln flackert für einen Augenblick, als Jimirion aus dem Bild verschwindet. Eine merkliche Spannung liegt in der Luft, fast greifbar.

Sie atmet tief durch, richtet sich auf und bringt mühsam wieder ihre Routine zurück. Dann hebt sie das Mikrofon an die Lippen – die Stimme etwas gepresst, doch gefasst:


Tammy:Zurück zu euch, Pete und Sven .“


Ein Anflug von Erleichterung mischt sich in ihren Ton, als das Kameralicht langsam dimmt und das Bild zurück ins Studio schaltet.
Ein kurzer Moment Stille – dann blendet die Szene aus.


Singles Match:

Caracal Matthews vs. Viggo

Referee: Guido Sandmann

Kaum ertönt die Ringglocke, da stürmen Viggo und Caracal Matthews sofort aufeinander zu – kein Zögern, kein Abtasten. Die Provokationen im Backstagebereich haben ausgereicht, damit beide Athleten mit offenem Visier zur Sache gehen. Ich glaube, die Redewendung ist so falsch. Egal. Jedenfalls ist es so: Viggo duckt sich unter einem wilden Lariat-Versuch von Matthews hindurch, federt in die Seile und kontert sofort mit einem Running Knee an die Brust. Matthews taumelt rückwärts, fängt sich am zweiten Seil – aber Viggo stürmt nach, springt seitlich von Matthews ab, prallt von den Seilen ab und trifft mit einem Springboard Dropkick! Der Aufprall schleudert Matthews über das oberste Seil nach draußen.


Pete: „Der Kampf ist keine halbe Minute alt und es geht vor dem Ring weiter. Wrestling-Puristen laufen rot an vor Wut.“

Sven: „Caracal würde es freuen. Wäre er nicht derjenige, der hier leiden muss.“


Das Publikum jubelt laut, denn der von ihnen favorisierte englische Highflyer hat früh das Momentum. Viggo läuft an, springt erneut ab…

Tope Con Hilo über das oberste Seil!

Matthews kracht auf den Hallenboden und bekommt so viel Schwung mit, dass er eine Rolle rückwärts macht und von der Begrenzung zu den Fans aufgehalten werden muss. Er schlägt mit dem Hinterkopf an und sackt stöhnend zusammen, streicht sich über den Kopf, um den Schmerz wegzudrücken. Viggo landet sauber, rollt sich ab, reißt die Arme in die Höhe. Sieht so etwa Ringrost aus? Nein, der Coach zeigt, dass er trotz seiner neuen Aufgabe voll im Saft steht. Wie jemand, der in eine Capri-Sonne getreten ist. Sheesh.

Doch Matthews zeigt sofort, dass er kein Opfer ist. Er packt Viggo am Arm, kaum dass dieser sich eine Sekunde Verschnaufen gönnt, zieht ihn mit einem Ruck zu sich heran und gegen die Ringabsperrung. Kopf voran geht es für Viggo gegen die Bande.


Pete: „Viggo unaufmerksam. Und das rächt sich.“

Sven: „Wie beim TANZEN. Dann kommt man sofort aus dem Takt.“


Jetzt ist der Heel wach. Cara will dort anknüpfen, wo er gegen Qurashi aufgehört hat. Beim Gewinnen um jeden Preis. Matthews schnappt sich Viggo, hebt ihn mit etwas Mühe über den Apron…und lässt ihn dann seitlich auf die harte Kante fallen. Viggo krümmt sich, hält sich den Rücken. Bleibt auf dem Apron liegen. Doch Caracool Royale hat kein Interesse, sich jetzt Zeit zum Ausruhen zu nehmen. Er macht weiter. Packt sich Viggo. Matthews rollt ihn in den Ring, folgt selbst nach und covert sofort:

1...

Kickout!

Natürlich langt das nicht. Aber man kann ja mal hoffen. Zumindest ist Caracal der Meinung. Er will das schnell zu Ende bringen. Schnell seine Überlegenheit klarmachen – und dann TANZEN. Doch erstmal ist Viggo noch vor dem Two Count draußen. Matthews verzieht das Gesicht, steht auf und zeigt seinen typischen Hochgeschwindigkeits-Stil: Aus dem Stand springt er zwischen die Seile, federt in einer Drehung zurück – aber Viggo zieht im letzten Moment die Knie an! Matthews prallt ab, schnauft. Er hat Schmerzen in Bauch und Magen. Der Kanadier rollt zu den Seilen und zieht sich hoch.

Und Viggo nutzt den Moment: ein schneller Roll-up!

1...

2...

Kickout!

Beide springen gleichzeitig auf. Das Tempo nimmt zu: Viggo mit einem Arm Drag, mit dem er den heranlaufenden Caracal empfängt. Aber Matthews nutzt den unfreiwillig mitgegebenen Schwung, kontert mit einem Flip und landet auf den Füßen. Doch diesen ansehnlichen Konter kann er nicht nutzen, denn sein Gegenüber ist noch einen Ticken handlungsschneller: Calf Kick-Serie von Viggo! Ein, zwei, drei Treffer, die Matthews zurückdrängen. Der Heel taumelt in die Ecke, und Viggo nutzt das, springt auf die Seile…

Springboard Dragonrana!


Pete: „Die Beiden machen ihrem Stil Ehre. Caracal und Viggo liefern eine Flugshow.“


Viggo trifft perfekt. Matthews rollt sich aus dem Ring, völlig überrumpelt. Er reibt sich das Gesicht, hält sich den Rücken. Ganz anders Viggo: Adrenalin im Blick, das Publikum auf seiner Seite. Der Engländer ruft: „Come on!“ und deutet an, noch mehr zeigen zu wollen. Er fordert Matthews mit großer Geste auf, wieder zurück ins Squared Circle zu kommen. Aber der Tänzer nimmt sich eine Auszeit.

Matthews draußen stützt sich draußen an der Absperrung ab, um erst einmal wieder in Ruhe zu Luft zu kommen. Und sich selbst zu motivieren. Und wie macht Caracool das? Natürlich, indem er…

sich mit einem TÄNZCHEN pusht.

Doch seine Selbst-Motivation währt nur kurz. Denn Viggo, im Ring und in seinem Rücken, läuft an, will mit einem zweiten Sprung aus dem Ring nachsetzen, wie schon ganz zu Beginn des Matches. Diesmal schießt er zwischen den Seilen hindurch, Kopf voran. Der Ansatz zu einem Suicide Dive.

Doch Matthews reagiert schneller, er springt plötzlich nach vorne und unter Viggos Flug hindurch. Während Viggo ungebremst mit der Absperrung kollidiert und die Fans erschrocken nach hinten springen, slidet Matthews rutscht zurück in den Ring. Das war er – das muss man zugeben – eine Spur cleverer. Er stellt sich in der Ringmitte auf und macht das, wonach ihm schon eben war: Er TANZT.

BUUUUUH!“

Matthews schwingt die Hüften, während Viggo draußen Mühe hat, nach seinem selbstverschuldeten Treffer wieder auf die Beine zu kommen. Als es soweit ist, zieht er sich auf den Apron hoch. Will langsam zurück in den Ring. Doch wieder einmal ist Matthews trotz des Tanzes aufmerksam. Er dreht sich zu Viggo um, packt ihn noch auf den Apron – und zieht ihn mit einem Suplex in die Luft. Hoch in der Luft (zumindest so hoch, wie es Matthews 173cm Körpergröße zulassen) wird Viggo gehalten, dann ist es an der Zeit, zurück auf die Matte geschleudert zu werden.

Doch bei Matthews‘ Versuch, die Aktion durchzuziehen, beweist Viggo einmal mehr Konterfähigkeiten. Sein Körper vollführt eine beeindruckende Gewichtsverlagerung in der Luft, er bringt Cara aus dem Tritt.

Konter in eine Huracanrana!

Beide Männer kommen langsam wieder auf die Beine – die Fans klatschen im Rhythmus, die Spannung steigt. Viggo ist zuerst wieder oben, zieht Matthews hoch und schickt ihn mit einem Irish Whip in die Ringecke. Er sprintet hinterher, springt mit einem Satz auf das mittlere Seil. Flying Forearm Smash! Matthews sackt nach unten, Viggo landet elegant, nimmt sofort wieder Tempo auf.


Pete: „Harte Treffer trotz Highflying. Bisher hat Viggo die Mischung raus.“


Er federt in die gegenüberliegende Ecke, rennt an, gönnt sich keine Sekunde Pause. Volltempo jetzt beim Londoner.

Running Dropkick in die Brust!

Matthews kippt nach hinten, kracht rücklings auf die Matte. Viggo bleibt in Bewegung, greift nach Matthews’ Beinen und dreht ihn daran herum, so dass der Tanzfreund mit dem Bauch voran auf der Matte ist. Offenbar sieht Viggo sein Heil darin, die Rückenpartie Caracals zu schwächen – und Viggo nimmt kurz Aufstellung.

Standing Moonsault in die Rückenpartie!

Das Publikum feiert, als Viggo aufspringt und mit funkelnden Augen die Menge aufpeitscht. Er hat nicht nur keinen Ringrost, nein, er ist ON FIRE! Er packt Matthews an den Haaren, zieht ihn auf die Beine, flüstert ihm ein paar hitzige Worte zu – dann Snapmare, direkt gefolgt von einem Low Dropkick in den Rücken. Matthews rollt sich stöhnend ab, doch Viggo bleibt dran. Er zieht den Heel wieder hoch, hakt ihn ein – Bridging Northern Lights Suplex!

1...

2...

Kickout!

Das hat knapp noch nicht gelangt. Die Fans sind voll dabei – „Let’s go Viggo!“, hallt es durch die Halle. Der Engländer nickt, atmet tief durch, ganz frei von Konditionseinteilung ist er dann doch nicht. Er zieht Matthews wieder hoch. Eine Kombination aus European Uppercuts treibt den Heel in die Seile. Dort will es den nächsten Angriff geben, doch Matthews reagiert mit Instinkt.

Er nutzt die Gelegenheit, rollt hinaus aufs Apron, taumelnd, suchend nach einem Weg, sich zu sammeln. Und Abstand von Viggo zu bekommen. Doch nicht mit dem Förderkader-Coach. Er ist nur kurz von Matthews‘ (halber) Flucht verwirrt, dann hat er eine andere Idee. Viggo läuft an, Kick aus dem Lauf, der Matthews vom Apron fegt. Der fällt nach draußen wie ein nasser Sack. Zum dritten Mal geht es nach draußen, diesmal ist es die mit Abstand härteste Landung für Matthews.


Pete: „Jetzt hat Viggo Gelegenheit das nachzuholen, was ihm eben verwehrt geblieben ist.“


Der Engländer will fliegen. Er läuft an, auf die Seile zu, taucht unter dem mittleren durch –

Suicide Dive!

Die Aktion, die vorhin so gut von Matthews gekontert wurde, trifft jetzt in Perfektion. Viggo geht auf volles Risiko. Aber gewinnt viel. Beide Männer krachen gegen die Absperrung, doch Viggo steht wieder auf, reißt den Arm in die Luft – der Jubel peitscht ihn an.

Er packt Matthews an den Haaren und ihn zurück in den Ring. Noch immer stehen die Fans auf den Plätzen. Viggo steigt auf das oberste Seil. Er balanciert kurz, dreht sich, steht mit dem Rücken zum Ring. Kurzer Schulterblick.

Caracal liegt noch.

Moonsault!

Er trifft…

perfekt.


Sven: „Viggo mit dem Cover.“


1...

2...

Matthews reißt die Schulter hoch!

OOOOOH!“

Viggo bleibt ruhig. Er zieht Matthews in Position, deutet nach oben. Dort, wo er eben herkam. Noch einmal will er es wissen. Und diesmal vielleicht noch mehr Risiko gehen. Für seinen Finisher? Für „The Choice“?

Viggo steigt aufs Top Rope. Ein wenig merkt er schon den Highspeed-Kampf, der ihm in den Beinen steckt. Er hat gerade das zweite Seil erklommen, da springt hinter ihm Matthews auf. Auch der Kanadier kann, wenn er denn will, schnell sein. Und er will.

Matthews packt den überraschten Viggo, als dieser noch in den Seilen hängt. Er lädt ihn sich auf die Schultern.

POWERBOMB!


Pete: „Nach so vielen Aktionen ist das ein Move wie aus einer anderen Welt. Aber ein perfekter Treffer von Matthews. Ist das die Wende?“


Der Schwung ist, zumindest vorübergehend, gekippt. Viggo liegt angeschlagen auf der Matte, und Matthews ist obenauf. Er will darauf aufbauen, zieht Viggo an den Schultern hoch. Doch da ist Leben im Engländer. Er schubst Caracal von sich weg und versucht seinerseits, den Schmerz abzuschütteln.

Beide Männer taumeln in der Ringmitte, gezeichnet von dem schnellen, erbarmungslosen Match. Beide Athleten holen gleichzeitig aus. Caracal ist eine Milisekunde schneller – Back Elbow! Wirkungstreffer am Kopf. Viggo wankt…anber antwortet mit einem Spinning Back Kick in den Magen- Matthews geht in die Knie, es sieht aus, als müsse er zu Boden. Doch dann greift ernach Viggos Bein, zieht es weg – Dragon Screw! Viggo wird umgerissen.

Matthews nutzt die Öffnung, springt auf die Seile.

Springboard Elbow Drop!


Er trifft perfekt, rollt sofort ins Cover:

1...

2...

Kickout!

Matthews kann’s kaum glauben. Er steht auf, zerrt Viggo hoch – will sofort nachsetzen, doch Viggo stößt ihn weg. Und macht es dann wenig spektakulär, aber effektiv: Harter Kick in Matthews Rippen. Matthews hält sich erst auf den Beinen, doch muss dann doch zu Boden.

Viggo atmet schwer, aber zwingt sich zum Weitermachen. Jetzt oder nie. Er packt Matthews und zeigt eine schnellen Snap DDT. Und hakt sofort das Bein des Gegners ein.

1...

2...


Sven: „NEIN!“


Kickout!

Beide liegen nebeneinander, das Publikum jubelt für Viggo, klatscht, ruft seinen Namen. Gefühlt trennen ihn nur noch Zentimeter vom Sieg. Nur noch eine gelungene Aktion.

Ein einziger verdammter Wirkungstreffer.

Langsam kommen sie wieder hoch. Matthews schlägt zuerst zu, aber der Punch kommt träge und ungezielt. Viggo blockt, kontert mit einem Forearm Smash. Noch einem, noch einem! Er entlädt die ganze Wut, die sich im Laufe des Tages angestaut hat, in diese Treffer.

Matthews taumelt, Viggo federt in die Seile. Dreht sich in der Luft.


Sven: „Springboard Crossbody!“

1...

2...

Ist das Ende gekommen?

Kickout!


Pete: „Immer noch nicht Viggos Sieg!“


Jetzt wird es selbst für den leidenschaftlich kämpfenden Viggo ein Akt der Verzweiflung. Er sitzt auf der Matte und flucht. Klatscht neben sich auf den Boden. Aber: All das nützt ja nichts. Er muss weitermachen. Wenn diese Wirkungstreffer nicht die Entscheidung bringen – dann vielleicht der Finisher? Ist es an der Zeit für „The Choice“? Sein Imploding 450°, dessen Name eine letzte Erinnerung an die Zeit mit Holly Hutcherson ist, könnte der endgültig letzte Sargnagel für Matthews sein. Nur muss Viggo ihn auch durchbekommen – und Cara vorher noch einmal glatt auf die Matte bekommen.

Viggo steht auf, doch auch Matthews rappelt sich hoch – und rammt dem Engländer in Knie in den Magen. Viggo stolpert zurück, aber fällt nicht. Also tritt Matthews einen Schritt zurück…und wirft sich dann mit vollem Körpergewicht gegen seinen Gegner. Zu einer so später Phase hat selbst der Tänzer keine Ansprüche mehr an spektakuläre Moves. Es soll effektiv sein. Des bedarfs.

Beide krachen auf die Matte! Caracal ist zuerst wieder oben, er packt Viggo am Rücken.

REVERSE DDT!

NOOOO!“

Matthews legt den Arm über Viggo.

1…

2…

Nein!

Viggo zieht die Schulter hoch, gerade noch!

Die Fans sind außer sich. Beide kriechen aufeinander zu, schlagen sich mit müden, verzweifelten Schlägen. Ein, zwei, drei Treffer von Matthews – aber sie kommen langsam und beinahe wirkungslos. Ein vierter Punch. Viggo blockt, reißt das Knie hoch, High Knee Strike! Matthews wankt zurück, taumelt. Muss er wieder zu Boden? Nein! Er kann sich halten.


Pete: „Viggo geht noch einmal voran und…“

Sven: „Superkick!“


Von Viggo! Direkt ans Kinn! Matthews klappt zusammen wie eine Marionette ohne Fäden. Viggo fällt auf ein Knie, atmet schwer, blickt ins Publikum – die Fans stehen. Er stolpert auf die Ringseile. Klettert Seil für Seil nach oben. Langsam, aber zielstrebig. DasSignal ist eindeutig: „The Choice“!

Jetzt oder fucking nie.

Er springt.

Doch im letzten Moment rollt Matthews zur Seite. Er schlüpft unter die Seile auf den Apron. Viggo kracht mit voller Wucht auf die Matte, der Aufprall lässt ihn vor Schmerz stöhnen.

Matthews nutzt die Sekunde, zieht sich blitzschnell unter den Ropes hindurch wieder in den Ring. Er kriecht auf den sich windenden Viggo zu. Rollt Viggo ein.

Small Package!

Der Ringrichter zählt.

1…

Viggo zappelt.


Pete: „Caracal hat ein Bein auf dem Seil!“


2…

Viggo zappelt noch mehr.

Aber Caracal hält fest. Der Hebel gibt.

3!

Sieger des Matches durch Pinfall: Caracal Matthews!




Gewonnen. Wenn auch mit klitzekleinem Beigeschmack, wie Viggo nach dem Studium der TV-Bilder in Bälde feststellen dürfte. Doch erst einmal kann Caracal Matthews mit Genugtuung betrachten, wie sich sein unterlegener Kontrahent aus dem Ring trollt.

Aber für Matthews ist der Anblick des Verlierers noch nicht genug, um zu feiern. Nein, er hat etwas zu sagen. Und sicher auch zu tanzen. Aber das kommt gleich. Zunächst einmal beugt er sich über die Ringseile und kräht ungeduldig in Richtung Laura, sie solle ihm gefälligst ein Mikrofon geben.

Als Matthews den gewünschten Schallverstärker in den Händen hat, stellt er sich in die Ringmitte. Breit grinsend. Die Hüften schwingen bereits.


Caracal Matthews: „Übrigens werde ich bald Sabrina Carpenter heiraten.“

Pete: „WAS?“


Auch im Publikum sind verwirrte, gar erstaunte Gesichtsausdrücke allgegenwärtig. Ein Anblick, den Caracal Matthews sichtlich genießt. Er gönnt sich einen 360°-Grad Rundumblick durch das Publikum. Als er wieder am Ausgangspunkt angekommen ist, kommt das Mikrofon zurück an den Mund.


Caracal Matthews: „Nun gut, ich gebe zu: Sie weiß noch gar nichts davon, die Süße. Aber ich habe einen Plan, hört mir zu.“


Das tun Zuschauer für gewöhnlich bei Ansprachen von Heels nicht. Es wird gebuht. Also zischt Matthews ins Publikum. Er spricht einfach lauter, um die Unkenrufe zu übertönen.


Caracal Matthews: „Wenn sie sieht, wie schön Caracoooooool Royale tanzen kann, wird einer Sängerin warm ums Herz. Deswegen ist es Zeit, meinen heutigen unglaublichen Sieg über Viggo…“


BUUUUUH!“


Caracal Matthews: „…mit einer speziellen Choreographie zum Welthit meiner zukünftigen Ehefrau, Sabrina Carpenter, zu feiern. Haltet den Mund, setzt euch hin und genießt: Caracoooooooooooooool Royales tänzerische Interpretation von Espresso!“


Er klatscht aufgeregt in die Hände. Seine Füße scharren so ungeduldig über die Matte. Sie wollen moven.



Caracal Matthews: „Musik ab!“


Matthews bleibt im Schwung die Hüfte stehen.

Er dreht sich geschockt zum Entrance.

Das ist nicht Espresso. Das ist nicht Sabrina Carpenter.


Dex Blarney: „Wir werden auf deine Performance verzichten müssen, Caracal.“


YES!“ „YES!“ „YES!“


Dex Blarney: „Weißt du, seit meinem Gespräch früher am Abend mit Viggo habe ich nachgedacht. Ich habe mich gefragt, wie ich meinen Willen bekomme: Ein Entscheidungsmatch um meinen Vertrag in der GFCW.“


Der Cowboy des Förderkaders läuft am Beginn der Rampe auf und ab. Vom Ring aus funkelt Matthews ihn an. Wie kann sein sorgsam geplanter Balztanz gestört werden? Noch dazu von so einem.


Dex Blarney: „Frustriert, weil mir keine Lösung einfiel, wie ich Viggo überzeugen kann, habe ich euer Match eingeschaltet. Und vielen Dank, Caracal…“


Sein Blick geht Richtung Ring. Er bohrt sich in Matthews.


Dex Blarney: „Du hast mir die Lösung auf dem Silbertablett serviert.“


Was auch immer Dex damit meint: Matthews will es nicht hören. Er steht ungeduldig da, lehnt sich über die Ringseile, und schreit Blarney entgegen, er solle gefälligst die Tanzfläche freigeben. Doch der Lärm des Kanadiers hat keine Wirkung auf einen Mann wie Blarney.


Dex Blarney: „Wie kann ein Coach seinem Schüler einen Vertrag verwehren…wenn der Schüler etwas schafft, was dem Coach nicht gelang? Und DU, Caracal, hast heute meinen Coach geschlagen. Du hast Viggo besiegt. Nun hast du meine Aufmerksamkeit. Nun bist du derjenige, den ich jagen will. Einen objektiveren Beweis, Viggo zu zeigen, dass ich es verdient habe, gibt es nicht. In zwei Wochen, Caracal Matthews, will ich dich im Ring. One on One.“


Aufgeregtes Gemurmel im Publikum. Herausforderungen werden seit jeher gut aufgenommen, doch mit der von Blarney genannten Bedeutung im Rücken ist dies eine Challenge, die man definitiv umgesetzt sehen will.

Alle sind bereit für den Kampf. Nur der Protagonist nicht: Matthews schüttelt energisch den Kopf.


Caracal Matthews: „Schön für dich, dass du eine logische Herleitung gefunden hast. Also logisch in deinem krrrrrrraanken Kopf. Du hast nur einen entscheidenden Punkt vergessen. Warum sollte Caracooooooooooooooooooooooooooo…“


Matthews zieht seinen Nickname so lang, dass ihm die Luft ausgeht. Er muss husten. Als sein Körper unter Keuchanfällen hin- und hergeschüttelt wird, nutzt er das, um ein bisschen zu tanzen. Sobald er sich wieder gefangen hat, fokussiert er erneut Dex.


Caracal Matthews: „…oooooooooool seine wertvolle Zeit mit Mr. Nobody Dex Irgendwas verbringen? Ich könnte stattdessen TANZEN. Oder streamen vor mehr als EINER MILLION ABONNENTEN. Warum also du, Dex? Du bist es nicht wert. Wieso sollte ich deine Challenge annehmen?“

Dex Blarney: „Ich hasse es zu tanzen. Tanzen ist nur für…-“

Caracal Matthews: „DU BASTARD! In zwei Wochen schlage ich dir den Schädel ein, Ungläubiger. Ich werde auf deiner geschändeten Hülle tanzen. Ich werde meine Hüften an deinem Krankenwagen reiben.“


Der Royal Rookie holt tief Luft.


Caracal Matthews: „Bei War Evening. Wir gegeneinander. Wenn du verlierst, verpisst du dich aus der GFCW. Wenn du gewinnst…ach, das wird sowieso nicht passieren. YOU’RE ON!“



Vor einem Tag.


Das Objekt in seiner Hand ist nur ein kleines Quadrat aus Papier. Und doch tonnenschwer. Durch die Bedeutung, die es trägt. Ein Umschlag, ein Brief. Er faltet das Papier auf.





Mein Sohn,


ich, dein dich liebender Vater, weiß, dass wir keinen guten Start hatten. Ich bin nur ein einfacher Mann, der von den Glücksgewölben überwältigt wurde, die beim Anblick deines hübschen Gesichtes auf mich hinabstürzten. Als ich in deine Augen sah, da erkannte ich mich selbst an einem anderen Zeitpunkt meines Lebens. Ich war überfordert, ich war verängstigt. Verängstigt davor, wie viel Zuneigung man für einen anderen Menschen empfinden kann.


Seit dem Tag vor mehr als zwei Jahrzehnten, als sich mein Samen in das göttliche Gröttchen deiner wundervollen Mutter ergoss, spürte ich, dass mir etwas fehlt. Es gab eine Vakanz in meinem Herzen, von der ich nicht wusste, wie sie zu füllen ist. Ich habe gewartet und gewartet, dass sich diese Leere füllt. Und nun, da erkenne ich, dass das Ziel dieses Wartens immer nur du warst. Du, mein Sohn. Licht meines Lebens.


Dein Vater hat Fehler gemacht. Er hat dich ignoriert. Er hat dich vom Sicherheitsdienst entfernen lassen, deine Kontaktversuche wochenlang abgeblockt. Dein Vater ist nicht perfekt. Er war ein dummer Mensch.

Doch nun…da möchte ich dich kennenlernen, mein Sohn. Ich möchte, dass du die Fackel meiner Dynastie in eine glorreiche Zukunft trägst. Auf diesem Weg möchte ich dich begleiten. Lass uns Vater und Sohn sein, so wie es die Natur will.


In Vorfreude auf deine Zusage und Zuneigung habe ich mir erlaubt, uns einen Tisch im römischen Restaurant ‚Ruben‘ in Bamberg zu reservieren. Wir treffen uns am 16.10.2025 zur Abendzeit.


Auf eine gemeinsame Zukunft

dein Vater Pete


PS: Meine väterliche Liebe ist natürlich an keine Bedingungen geknüpft. Ich würde nie etwas von dir verlangen oder versuchen, dich in irgendetwas einzuzwängen, was du nicht möchtest.


PS 2: Anbei sende ich dir einen Rabattcode für ‚Babsi’s Wrestling-Gear-Shop‘. Man weiß ja nie.





Der Mann hält den Brief noch in der Hand, lange nachdem er ihn gelesen hat. Immer wieder. Tag für Tag. Er blickt aus dem Fenster, als würde dort draußen die Antwort auf die große Frage warten. Dann blickt er auf die Armbanduhr: 16.10, 15:00 Uhr. Wenn er zur Abendzeit in Bamberg sein will, muss er jetzt den Zug erwischen. Es ist Zeit für die Entscheidung, die er seit zwei Wochen – seit Erhalt des Schreibens – hinausgezögert hat.


Er nimmt seine Jacke und tritt zur Tür hinaus.





Restaurant Ruben. Laute Gespräche, aufmerksame Kellner, gute Stimmung. Ein Mann im Anzug allein an einem Ecktisch. Jedes Mal, wenn sich die Tür zum Speisesaal öffnet, erschreckt er sich und blickt mit nervösen Augen auf. Dann endlich ist es so weit. Er ist da – der, auf den Pete gewartet.


Pete: „Sohnemännchen! Wie schön, dass du da bist! Ich habe es gewusst. Los, los, komm an Vaters Brust, du herrliche Frucht meiner Lenden.“


Der Kommentator klatscht aufgeregt in die Hände, als er verfolgt, wie sich sein Kind einen Weg vom Eingang zum Tisch bahnt. Zeit für einen genauen Blick auf das, was das Wunder des Lebens hervorgebracht hat an jenem Tag, als er sich mit Joana Sexianer der schönsten Sache der Welt hingab. Der junge Mann ist blond, hat einen struppigen, leicht verkommen aussehenden Bart. Einen kräftigen Körperbau, schwielige Hände. Kein klassischer Schönling, eher der Archetyp eines Arbeiters. Die Nase ist etwas krumm, die helle Gesichtshaut von Kälte oder Aufregung gerötet.


Der Vater zieht den Stuhl zurück, der ihm gegenübersteht und bittet sein Fleisch und Blut, sich zu setzen.


Pete: „Ich bin ja so gespannt auf den Beginn unseres gemeinsamen Lebens. Bitte, setz‘ dich doch. Wir haben viel, viel zu bereden und nachzuholen.“


Das Kind bleibt auf Abstand. Es betrachtet seinen Vater skeptisch, aus zusammengekniffenen Augen.


Sohn: „Deine Stimmung ist ja plötzlich ganz anders als bei unserem ersten Aufeinandertreffen, Pete.“

Pete: „Pete? Oh, nicht doch, bitte nenne mich von Papa. Oder Vater. Oder Daddy. Was immer dir beliebt.“

Sohn: „Was willst du von mir, Vater?“

Pete: „Dich lieben.“


Er tritt zu seinem Sohn. Mit sanftem, aber doch bestimmtem Druck schiebt er ihn auf den Stuhl. Pete winkt dem Kellner. Bestellt zwei Flaschen Champagner. Für den Anlass.


Der Sohn überschlägt die Beine und lehnt sich im Stuhl zurück. Er geht auf Distanz zu seinem Vater.


Sohn: „So, so. Mich lieben. Du bist ein Mann mit zwei Gesichtern.“

Pete: „Ich war lediglich etwas überfordert. Doch nun denke ich mit dem Herzen. ICH – BIN – VATER. Kann es etwas Herrlicheres in diesem Leben geben? Wenn du erst einmal meinen Enkel gezeugt hast, wirst du das Verstehen, mein kleines genetisches Wunder. Oh, ich hätte es fast vergessen. Ich habe dir etwas mitgebracht, Sohnemann.“


Er greift unter den Tisch. Reicht ein kleines Paket an sein Kind. Der blonde Mann kramt etwas hervor, blickt dann Pete über den Tisch hinweg mehrere Sekunden lang stumm an. Letztlich holt er das Geschenk hervor.




Sohn: „Oh.“

Pete: „Bitte.“

Sohn: „Ich habe nicht Danke gesagt.“

Pete: „Ist auch nicht nötig, mein Sohn, ist auch nicht nötig. Ich gebe dir alles, was du brauchst. Das ist doch selbstverständlich, dass ich dir was schenke.“


Der junge Mann hebt das Shirt vor sich, um die Größe zu testen. Dreht es auf die Rückseite. Und stutzt.


Sohn: „Warum hast du da diesen Sticker in den Nacken gemacht? Was steht da? ‚Aldo Nero-Bezwinger 2026‘?“

Pete: „Achso, haha. Ja, so heißt dann wohl die Marke des Shirts. Zieh es doch mal an.“

Sohn: „Nein.“


Bockig lässt der junge Mann das Shirt auf den Tisch gleiten. Er verschränkt die Arme vor der Brust und starrt seinen Vater mit schräggelegtem Kopf und kleinen Augen.


Sohn: „Was willst du WIRKLICH von mir, Pete?“

Pete: „Dir ein Vater sein.“

Sohn: „Sei ehrlich. Sei doch einfach ehrlich, verdammt noch einmal!“


Der Blonde springt auf. Die anderen Gäste des Restaurants drehen sich um. Manche schnalzen empört mit der Zunge angesichts des plötzlichen Lärms. Einer der Kellner kommt gerade mit dem Champagner. Stellt ihn peinlich berührt in der Streitszene ab.


Sohn: „Bin ich nur ein Werkzeug für dich?“

Pete: „Du bist mein Fleisch und Blut. Wie kommst du denn darauf, ich würde dich als Werkzeug sehen? Als Werkzeug für was denn? Bitte setz‘ dich wieder.“

Sohn: „Ich bleibe lieber stehen!“


Er schlägt so mit der Hand auf den Tisch, dass die Dekorationen wackeln und die Tischdecke verrutscht. Wieder verärgertes Zungeschnalzen von den anderen Tischen. Einer der Kellner tritt heran.


Kellner: „Bitte mäßigen Sie sich, mein Herr. Sie sind…sehr laut geworden.“

Sohn: „Einen Scheiß werde ich. Ich bin so laut, wie ich es für richtig halte.“


Sein Blick ist stechend. Der Kellner zieht den sprichwörtlichen Schwanz ein, rümpft die Nase und dreht ab. Eine vornehme Dame vom Nebentisch zischt in Richtung Petes: „Einen schlechterzogenen Sohn haben Sie da. Schämen sollten Sie sich“. Pete läuft rot an.


Sohn: „Denkst du, ich bin debil, Vater? Denkst du, ich habe keine Augen im Kopf?“

Pete: „Du hast meine Augen, Sohn.“

Sohn: „Ich habe doch im Fernsehen gesehen, dass du dich von diesem Sven in eine Wette hast reinquatschen lassen. Du brauchst mich, um den endlosen Streit mit deinem Kollegen zu gewinnen und einmal anlässlich eures 25-jährigen Jubiläums nicht wie der allerletzten Spacken auszusehen. Du hast gewettet, du könntest mich zu einem Wrestler machen, der bis zur Jubiläumsshow im Frühjahr 2026 Aldo Nero besiegt.“


Er schiebt seinen Stuhl zur Seite und tritt näher an Pete heran. Tippt ihm mit dem Finger auf die Brust.


Sohn: „Ohne mich als dein Werkzeug für diese Wette hast du schon ein halbes Jahr vor dem Jubiläum verloren, ehe die Wette überhaupt begann. Darum hast du doch diese ganze Chose aufgezogen. Dein Brief von letzter Woche. Diese plötzliche Liebe. Sag‘ das doch einfach ehrlich.“


Pete sitzt da. In sich gekehrt. Der Blick geht Richtung Tischplatte. Zitternde Hände, flatternde Nasenflügel. Er fährt sich mit der Zunge die Lippen entlang, seine Augen sind wässrig.


Geschlagen sackt er in sich zusammen.


Pete: „Du hast Recht. Ich wollte aus dir einen Wrestler machen.“


Er versucht, nach der Hand seines Sohnes zu greifen. Doch dieser zieht zurück.


Pete: „Um diese verdammte Wette zu gewinnen, ja. Damit ich einmal das bessere Ende für mich habe, auch das stimmt. Aber nicht nur…“

Sohn: „Sondern?“

Pete: „Weil ich dich wirklich kennenlernen möchte. Weil du mein Sohn bist. Ich…ich will Zeit mit dir verbringen. Vater-Sohn-Aktivitäten. Ich weiß nicht, wie man ein Vater sein kann. Wrestling ist alles, was ich kenne. Ich bin in dieser Welt gefangen. Aber ich will wissen, wer du bist, mein Junge.“

Sohn: „…“

Pete: „Ich kann verstehen, wenn du ablehnst. Wrestler ist schließlich ein sehr spezieller Beruf. Es ist ein Umfeld von Gewalt und…“

Sohn: „Ich akzeptiere.“


Nun ist es an Pete, vom Tisch aufzuspringen. Vor Überraschung. Mit so wenig Widerstand hat er nicht gerechnet.


Pete: „WAS?“

Sohn: „Was meinst du, warum ich dich kontaktiert habe, Vater? Ja, ich hätte gern einen Dad in meiner Kindheit und Jugend gehabt. Vielleicht wäre mein Leben dann einfacher gewesen. Glücklicher. Aber das ist Vergangenheit. Ich bin jetzt in meinen Zwanzigern. Ich hänge nicht sentimental an meiner Vergangenheit. Noch mehr als einen Vater brauche ich eine Zukunft. Einen Job, bei dem ich mehr erreichen kann als in noch vierzig weiteren Jahren am Fließband, bis ich irgendwann tot umfalle.“


Er hält seine Hände vor Petes Gesicht. Die Finger sind dick, krumm und schwielig. Die Fingernägel kurz und hart. Zeichen harter körperlicher Arbeit.


Sohn: „Als ich erfahren habe, wer mein Vater ist…ich habe dich gegoogelt und gesehen, dass mein Erzeuger sogar einen Wikipedia-Artikel hat. Da habe ich begriffen, dass dies meine Fahrkarte in ein besseres Leben sein kann. Und jetzt schau dich: Du kriechst vor mir und willst mir genau das bieten, was ich mir erhofft habe. Da hat sich mein kleines Risiko offenbar gelohnt.“


Er geht auf seinen Vater zu und klopft ihm auf die Schulter.


Sohn: „Ich würde sagen, wir haben einen Deal, Pete.“

Pete: „Bitte sag Papa.“

Sohn: „Ich kann dir versprechen, meine Chance zu nutzen. Ich bin ein harter Junge. Was ich dir nicht versprechen kann: Dich als den Vater zu sehen, den ich nie hatte. Vielleicht werde ich das eines Tages, vielleicht auch nie. Liebe kann man nicht erzwingen. Aber…“


Für einen Augenblick huscht eine Spur Verletzlichkeit über sein ansonsten verhärmtes Gesicht.


Sohn: „…ich werd’s versuchen.“

Pete: „Mehr kann ich nicht verlangen.“

Sohn: „Kannst du nicht, nein.“

Pete: „Ich werde alles in die Wege leiten, Sohn. Gib‘ mir zwei Wochen, dann sind die Vorbereitungen abgeschlossen. Das Training organisiert, der Vertrag aufgesetzt. Hey, warst du schon mal in München? Dort findet dann War Evening statt. Du könntest mich besuchen kommen. So ein richtiger Vater-Sohn-Tag auf der Arbeit. Wäre das nicht was?“


Stummes Nicken beim jungen Mann. Er hat, was er will. Aber die harten Lehrjahre seines Lebens haben ihm das Lächeln gestohlen. Er zeigt keine Freude – falls er denn welche verspürt.


Pete legt eine Hand auf das mitgebrachte Shirt. „I LOVE MY DAD – A LOTL“.


Pete: „Willst du es nicht wenigstens einmal anprobieren?“


Aber der junge Mann dreht sich um und geht wortlos. Pete will ihm hinterher, doch gegen den jungen, dynamischen Antritt seines Kindes kommt er nicht an. Die Tür nach draußen schwingt bereits zu als Pete gerade einige Schritte gemacht hat.


Pete: „Ich weiß noch nicht einmal deinen Namen…mein Sohn.“



Sven: „Bah, Pete, es ist wirklich widerwärtig zu sehen, wie du dich bei deinem Sohn anbiederst, den du jahrzehntelang ignoriert hast.“

Pete: „Ich wusste nichts von ihm, Sven. Ich habe ihn nicht bewusst ignoriert.“

Sven: „Jajaja, von Verhütung weißt du wohl auch nichts. Da, muss ich sagen, ist deine Mutter wirklich auf Zack. Sie wusste immer zu verhindern, dass eine Armee kleiner Svens auf die Welt kommt. Sie hat sich sogar extra wegen mir eine Spirale einsetzen lassen, hast du das gewusst?“

Pete: „Ich weiß nur eines, Sven: Aldo Nero…“

Sven: „…ist der GRÖßTE!“

Pete: „Wird gegen meinen Sohn verlieren.“

Sven: „Du weißt ja nicht einmal seinen Namen.“

Pete: „Und DU weißt nicht, ob Aldo Nero überhaupt für dich antreten wird. Oder hast du ihn je gefragt? Ich glaube nämlich ganz fest daran, dass er dich nicht so liebt wie du ihn. Ich glaube sogar, du bist ihm ziemlich egal.“

Sven: „LÜGE.“



Die Kabbelei der Kommentatoren wird unterbrochen, ehe Sven oder Pete Beweise für ihre Thesen vorbringen müssen. Und zwar von einem Wutschrei. Er kommt von hinter dem Vorhang und ist auch ohne Mikrofon laut genug, dass man es mit der Angst zu tun bekommt.


Solch ein gutturales Geräusch kann nur ein Mann hervorbringen, der vom Schicksal gepeitscht wurde. Jemand, der alles verloren hat, was ihm wichtig ist.


Zac Alonso: „WO IST ER? Wer hat ihn mir genommen?“


Der Switzidogisstant stolpert auf die Rampe. Die Augen gerötet, die Stimme vom Brüllen heiser. Wie nach einer durchzechten Nacht.


Zac Alonso: „Gebt – ihn – zurück!“


Er stürmt in Eile voran, bis in den Ring. Stapft auf der Matte hin und her. Sein Blick geht zu allen Seiten. Jeder Zuschauer der Frontreihe wird unter die Lupe genommen, als könne man inmitten der Fans den entscheidenden Hinweis in diesem Kriminalfall erhalten.


Nichts. Alonso, mit der Körperhaltung eines Verzweifelten, wirft sich auf die Ringseile. Er braucht Halt. Der Switzidogisstant versucht, sich zur Vernunft zu zwingen. Zur Ruhe. Durchatmen. Die Augen schließen.


Er schafft es, so weit herunterzufahren, dass er von Laura ein Mikrofon entgegennehmen und es in seiner zitternden Hand halten kann.


Zac Alonso: „Meine Geduld ist erschöpft. Und, um ehrlich zu sein, auch mein Glaube an die Menschheit. JEDER hier hat gesehen, dass das Switziverse es nicht auf sich sitzen lässt, wenn man unser liebenswertes Maskottchen klaut. An Samantha Grant wurde ein Exempel statuiert. Hat sie auch verdient. Blöde Zibbe. Und doch…hat es irgendwer noch einmal gewagt. Der SWITZIDOG wurde am helllichten Tag entführt.“


Dies auszusprechen, versetzt seinem Herz einen Stich. Alonso stöhnt wehleidig und sinkt auf die Seile zurück. Er muss seinen Oberkörper abstützen.


Zac Alonso: „Aber diesmal ist es noch schlimmer. Diesmal weiß ich nicht einmal, wer der Dieb ist. Ich kann keine Rettungsaktion einleiten. Es gibt kein Bekennerschreiben, kein Video, keine Lösegeldförderung. Das kann nur eines bedeuten: Das diebische Element möchte unerkannt bleiben. Um den Switzidog zu behalten.“


Er wendet sich der Kamera zu. Sein Gesicht eine Maske des Hasses.


Zac Alonso: „Schämt ihr euch nicht? Tiere haben eine Seele! Tiere haben Bindungen. Zu mir. Ich verstehe, dass jeder den Switzidog besitzen will, denn sein geiles Fell zu streicheln ist wie mit 72 Jungfrauen im Paradies zu verkehren, überirdisch schön. Aber er gehört euch nicht. Er gehört MIR.“


Inmitten seiner Wut hat Alonso ein Detail vergessen. Als es ihm einfällt, räuspert er sich. Zeit für eine Korrektur.


Zac Alonso: „Ich meine: Er gehört Darragh Switzenberg. Und wer auch immer für diese Entführung verantwortlich ist…ich hoffe, du hast jetzt eingeschaltet. Denn lass‘ mich dir eines sagen: Die Strafe für dieses Vergehen wird unermesslich sein. Wir werden den Switzidog zurückbekommen und dich vernichten. Wer und wo auch immer du bist.“


Eine klare Ansage. Sieht auch Alonso so, der die Sätze einige Sekunden in der Halle stehen lässt. Dann geht er auf die andere Seite des Ringes, fährt mit seinem Blick die Fanreihen ab.


Zac Alonso: „Jeder macht mal Fehler. Ich bin grundsätzlich bereit zu verzeihen. Deswegen schlage ich einen Deal vor, Dieb. Wenn du JETZT rauskommst und den Switzidog wiederbringst…dann werde ich dich nur ein ganz kleines bisschen kaputtschlagen als Strafe. Aber wenn du zu lange wartest und ich dich suchen muss – dann wird aus dem kleinen bisschen ein großes bisschen.“


Er stampft mit dem Fuß auf. Die Matte zittert unter der Wucht.


Zac Alonso: „Also dann. Ich warte. Ich WARTE. Ich warte bis du rauskommst, Langfinger. Vorher werde ich diesen Ring nicht verlassen. Diese Show wird nicht voranschreiten, ehe der Hund zurückgebracht wird. Das verspreche ich“




Pete: „Das kann dauern, Sven.“

Sven: „Wir haben Zeit, Pete. Besser die Sendezeit mir sinnlosem Warten zu verplempern als mit Segmenten von dir und deinem unansehnlichen Balg.“




Es tut sich etwas. Eine Bewegung hinter dem Vorhang. Dann eine Stimme. Dominant und voller Ärger.


Darragh Switzenberg: „Was machst du hier für einen Aufstand, Zac?“


Switzenberg schlägt den Vorhang zur Seite. Der zweifachte Intercontinental-Champion schreitet in die Halle und wird – erwartungsgemäß – von Buhrufen empfangen, die er ebenso erwartungsgemäß an sich abprallen lässt. Ihm folgt Jakob Fleestedt mit mehreren Schritten Abstand.


Alonso braucht im Ring einen Moment, um sich zu sammeln. Er hat mit vielem gerechnet: Aber nicht damit, einen Anranzer von seinem Chef zu erhalten.


Zac Alonso: „Aufstand? Ich…ich versuche, unseren Hund wiederzubekommen.“

Darragh Switzenberg: „MEINEN Hund, Zac. Meinen Hund. Ist dir das klar?“

Zac Alonso: „Dein Hund…natürlich.“


Er blickt traurig zu Boden. Wischt sich mit der Hand durch das Gesicht. Switzenberg blickt ihn noch immer feindselig an. Dann deutet er zurück durch den Vorhang.


Darragh Switzenberg: „Der Switzidog ist nicht verschwunden.“

Zac Alonso: „WAS? Aber wo ist er?“

Darragh Switzenberg: „Backstage.“


Der Switzidogisstant fällt aus allen Wolken. Es hat fast den Eindruck, ihm würden die Knie weich werden. Sein Gesichtsausdruck ist ein einziges Fragezeichen.


Zac Alonso: „Aber…er…war nicht in meiner Kabine.“

Darragh Switzenberg: „Ich habe angewiesen, ihn woanders hinzubringen.“


Jetzt versteht Alonso gar nichts mehr. Und die Zuschauer ebenso wenig. Also tut Zac das, was ihm übrig bleibt: Darauf zu warten, dass Darragh Switzenberg von sich aus fortfährt und eine Erklärung liefert.


Darragh Switzenberg: „Ich bin Darragh Switzenberg. Ich kann tun, was ich will. Ich habe entschieden, deine Zuständigkeiten etwas zu verändern.“

Zac Alonso: „Aber…w-was heißt das?“


Wir kommen dem Kern der Sache näher. Aber noch spannt Switzenberg seinen Untergebenen ebenso wie das Publikum auf die Folter. Er läuft, das Mikrofon in der Hand, auf der Rampe hin und her, nach links und nach rechts. Ein herablassendes Lächeln umspielt seine Lippen. Im Hintergrund verfolgt Jakob Fleestedt jede der Bewegungen seines Chefs mit einem Grinsen. Er wirkt zufrieden.


Darragh Switzenberg: „Bei Carnival of Combat hast du wieder einmal versagt, Zac.“

Zac Alonso: „Ich…“

Darragh Switzenberg: „Setz‘ erst gar nicht zu einer Widerrede an. DU wurdest gepinnt. Wegen DIR haben wir verloren. Ende der Diskussion. Dabei habe ich dich gewarnt, Zac. Ich habe gemahnt, deine Pflichten ernst zu nehmen. Du bist wegen mir in dieser Liga und du tust genau das, was ich dir sage.“


Für Switzenberg geht es weiter Richtung Ring. Er setzt einen Fuß auf die Ringtreppe, aber steigt nicht weiter empor, ehe er sein Mikrofon erneut hebt.


Darragh Switzenberg: „Ich habe das Gefühl, dieser Hund ist dir zu Kopf gestiegen. Es ist deine Aufgabe, dich um ihn zu kümmern.“

Zac Alonso: „Aber…das tue ich doch.“

Darragh Switzenberg: „Kümmern bedeutet nicht, ihn zum Mittelpunkt deiner Identität zu machen und an ihm so sehr zu klammern, dass deine sonstigen Pflichten hinter über fallen. Du sollst ihn nicht wie ein Familienmitglied behandeln. Es ist am Ende nur…“


Er steigt die Stufen herauf und bleibt auf dem Apron stehen. Jakob Fleestedt reagiert schnell: Kommt hinterher und drückt die Seile herunter, damit Switzenberg leichter einsteigen kann. Der ehemalige IC-Champion wuchtet seinen massiven Körper ins Squared Circle und baut sich in voller Größe vor Alonso auf.


Darragh Switzenberg: „…ein verdammtes Tier.“

Zac Alonso: „Nein, er ist…“

Darragh Switzenberg: „Halt deinen Mund.“


Alonso weicht vor der Schärfe in Switzenbergs Stimme zurück. Aber offenbar nicht genug. Darragh stößt ihm vor die Brust. So hart, dass Alonso beinahe das Gleichgewicht verliert und zu Boden fällt. Er kann sich gerade noch halten.


Darragh Switzenberg: „Der Kontakt mit dem Hund lenkt dich davon ab, ein nützlicher Idiot für mich zu sein. Und das ist, wofür ich dich bezahle. Deshalb werden sich ab sofort andere Bedienstete um dieses Tier kümmern. Deine Aufgabe werde ich neu definieren…“


Der Anführer der Switziverse tritt einen Schritt zur Seite, damit Jakob Fleestedt vortreten und sich neben ihn stellen kann.


Darragh Switzenberg: „Ich schaffe eine klare Hierarchie. Switzenberg. Fleestedt. Alonso. In dieser Reihenfolge. Du arbeitest Jakob zu. Und Jakob mir.“

Zac Alonso: „Du…degradierst mich?“

Darragh Switzenberg: „Es ist noch gnädig von mir, Zac. Wegen dir haben wir bei Carnival of Combat verloren. Du hast dem Switziverse mehr geschadet als genützt. Du hast am Ruf dieser dominanten Gruppe genagt. Du hast…“

Zac Alonso: „Ich bin der König der Saloons.“

Darragh Switzenberg: „Du bist ein Nichts. Wenn ich es befehle, wischt du mir mit deinem Hut die Kabine sauber. Du bist die Nummer Drei.“


Noch einmal schubst Darragh seinen Untergebenen weg. Alonso stolpert in die Seile und muss sich festhalten.


Darragh Switzenberg: „Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt, Nummer Drei? Hast du verstanden, was deine Rolle ist?“


Alonso blickt zu Boden. Er bibbert. Etwas verlässt seinen Mund, aber es ist kaum verständlich.


Darragh Switzenberg: „Lauter!“

Zac Alonso: „Bitte nimm‘ mir nicht den Hund…“

Darragh Switzenberg: „HAST DU DEINE ROLLE VERSTANDEN? Ja…oder Nein?“


Ein weiterer Schubser. Wieder geht Alonso in die Seile. Hängt dort wie ein Boxer nach dem Knockout-Schlag. Nur dass der Punch, der ihm die Kraft geraubt hat, kein physischer war – sondern ein Angriff auf sein persönliches Glück. Sein bellendes, schokoladenbraunes Glück.


Zac Alonso: „J-ja.“

Darragh Switzenberg: „Geht doch, Nummer Drei. Dann verpiss‘ dich jetzt aus meinem Ring.“


Er deutet Richtung Vorhang. Alonso trottet los.


Darragh Switzenberg: „Fang wieder an, ein nützlicher Idiot zu sein. Du hast viel wiedergutzumachen.“



Wir sehen ein Football-Feld. Kleinkinder zwischen acht bis zehn Jahren trainieren hier. Flashige Musik aus den 80er Jahren unterstreicht das ganze Bild.


Dann sehen wir einen der kleinen Racker, der gegen die Offense der Gegner keine Chance hat. Die Offense rennt gegen ihn an – und drückt ihn zu Boden.


Ein weiterer Versuch der Offense. Die rennt an – und der kleine Racker wird wieder zur Seite gestoßen, die Offense bricht durch.


Beim nächsten Snap dasselbe Bild: Die Offense rennt an – der kleine Racker stemmt sich dagegen an. Aber wieder vergeblich: Er wird wie eine Feder zur Seite gewischt, die Offense bricht durch und erzielt einen Touchdown.


Während die Offense den Touchdown feiert, geht der kleine Racker auf die Auswechselbank, nimmt seinen Helm ab und pfeffert ihn zu Boden. Dann setzt er sich enttäuscht auf die Bank, beugt sich nach vorne, legt die Ellenbogen auf die Knie und stützt mit seinen Händen den Kopf.


Plötzlich zoomt die Kamera heraus. Und neben dem kleinen Jungen sehen wir plötzlich Jason Crutch sitzen. Der Oberpollinger trägt Blue Jeans und ein schwarzes T-Shirt mit roten „US AGAINST THE WORLD“-Lettern. Die schwarz-verspiegelte Sonnenbrille auf der Nase, eine Tüte „JASON CRUTCHs CRUTCHIPSin der Hand guckt er starr nach vorne. Er stopft sich gerade einige der Chips in den Mund und blickt knuspernd stur gerade aus. So sitzen sie da. Jason Crutch, chips-kauend. Neben ihm der kleine enttäuschte Junge.


Dann dreht sich Crutchs Kopf wortlos zu dem kleinen Jungen hinüber. Der Junge sieht auch ihn an. Stumm hält Crutch dem Jungen die Chipstüte hin. Der Junge guckt ihn zunächst entgeistert an. Aber Crutch bedeutet ihm mit einer Mimik, dass er ruhig zugreifen solle. Der Junge greift einmal in die Tüte, stopft sich Chips in den Mund. Ruckartig kehrt Zuversicht und Euphorie in sein Gesicht zurück. Noch einmal fasst er in die Tüte, stopft sich noch eine Handvoll JASON CRUTCHs CRUTCHIPS in den Mund.


Man hört den Schiri pfeifen. Schnitt


Der Junge steht wieder auf dem Feld. Die Offense der Gegner hat wieder den Ball. Wie zuvor wird der kleine Racker angerannt. Doch nun gelingt es ihm: Unterstrichen von einem lauten Knall (der vom Off eingespielt wird) wird der Gegner zu Boden gerissen.


Beim nächsten Versuch prallt der Racker wieder auf seinen Gegner – und kann ihn, erneut unterstrichen von einem gewaltigen Knall aus dem Off – zu Boden ringen.


Beim dritten Versuch geschieht sogar das schier unmögliche: Der kleine Racker geht auf den ballführenden Spieler los (anhand der Nr. ist es der Quarterback, der selbst einen Run versucht), macht seine Brust breit, schlägt den Quarterback zu Boden, schnappt sich sogar selbst den Ball, rennt die restlichen zehn Meter und erzielt selbst einen Touchdown!


Der Schiri pfeift.


Schnitt.


Man sieht, wie seine Teamkameraden den kleinen Racker feiern und hochleben lassen. Freude pur.


Schnitt.


Wir sehen Jason Crutch auf der Reservebank sitzen, die Tüte JASON CRUTCHs CRUTCHIPS in der Hand, in der anderen einige der Chips. Er blickt weiter ungerührt starr nach vorne und kaut JASON CRUTCHS CRUTCHIPS.


Sprecher aus dem Off, völlig euphorisch: „JASON CRUTCHs CRUTCHIPSfür den Extra-IMPACT“




CUT




Pete: “Wou…was is nu los?”

Sven: “Der Boss kommt! Jesus Christ, Doc, ich war’s nicht!“

Pete: „Liebe GFCW-Galaxy, Claude ‚Dynamite‘ Booker gibt sich die Ehre! Der Besitzer der GFCW ist hier in Bamberg!“


Tatsächlich erscheint Booker auf der Entrance Rampe, ein kleines Feuerwerk wird abgebrannt und unser aller Herr und Meister schreitet zum Ring, begleitet von Gesten der Fans, die andeuten, sie würden sich vor Claude Booker verneigen. Der Chef der GFCW entert das Geviert, wo bereits die bezaubernde Laura steht.


Laura: „Liebe GFCW-Galaxy, bitte begrüsst gemeinsam mit mir den Besitzer der GFCW: CLAUDE ‚DYNAMITE‘ BOOKER!“


Dieser ist sichtlich gerührt, legt die Hand aufs Herz und deutet eine Verbeugung an. Mit einem charmanten Lächeln und einem Kopfnicken in Richtung Laura bedankt er sich und nimmt das Mic entgegen. Als seine Theme verklingt, führt er das Sprechgerät zum Mund.


Dynamite: „Liebe GFCW-Galaxy, hallo Bamberg! Auch ich möchte euch zu dieser späten Stunde noch begrüßen und mich für den herzlichen Empfang bedanken! Hier und heute bei WAR EVENING!“


Die Fans feiern sich, sie feiern Booker, sie feiern die GFCW, sie feiern einfach jeden Shice. In erster Linie wollen aber alle wissen, was der Boss hier will.


Dynamite: „Leute, wir befinden uns mitten auf der Road to Title Night 2025. Und ihr werdet sehen, die Zeit dorthin vergeht schneller als gedacht. Wir haben lediglich drei Shows. Ja, DREI Shows nach dieser. Und natürlich suchen wir auch händeringend den nächsten No 1 Contender auf den Intercontinental-Championtitel. Oh ja. Ja.“


Die Fans grölen nochmal frenetisch. Immerhin verbinden sie mit diesem Titel auch seinen derzeitigen Träger, Jason Crutch, und dieser Gedanke löst sogleich laute


JA-SON! JA-SON! JA-SON!


-Rufe aus.


Dynamite: „Richtig. Richtig. Nun, ihr wisst, ich, nein, WIR, die GFCW-Obrigkeiten, sind stets bemüht, euch die abwechslungsreichsten und möglichst spannendsten Matches zu servieren, die möglich sind. Das mag uns nicht immer gelingen. Das mag uns nicht immer möglich sein. Oder oftmals ergeben sie auch keinen Sinn…“


Sven: „Oh ja…“


Dynamite: „Aber wir tun es trotzdem. Weil wir es können.“


Gelächter. Bei Dynamite. Bei Pete. Und bei den Fans.


Dynamite: „.Wir waren auf der Suche nach einer Idee, wie wir den No 1 Contender auf den IC-Title ermitteln. Und wie können wir das auf abwechslungsreiche Art und Weise tun, um euch, den Fans, auch Spannung und Spektakel zu garantieren. Und so haben wir beschlossen, alle Ideen etwas zu verbinden. Wirf alles in einen Topf, rühr einmal kräftig um. Und was kam heraus?“


Er wirft einen gespielt fragenden Blick ins Publikum. Beantwortet die Frage aber sogleich selbst.


Dynamite: „Da wir aus Carnival of Combat gerade mit zwei absolut großartigen Multimen-Matches herausgekommen sind, hatte ich - aber bereits schon vor der Großveranstaltung - die Idee, eine Tradition wieder aufleben zu lassen. Daher wird es bei War Evening am 14.11.2025 zu einem neuerlichen


Jason Crutch Invitational


kommen! Oh ja, in diesem Jahr wird es ein Five-on-five-Elimination Tag-Team-Match geben. Der Preis? Ein No 1 Contender Match um den Intercontinental-Championtitel bei Title Night!“


Und die Fans lieben den Gedanken. Sie feiern ihn. Scheinbar sind sie von den Multimen-Matches von Carnival of Combat noch nicht gesättigt.


Dynamite: „Wie wird der Sieger ermittelt? Das Titelmatch erhalten natürlich nur die Überlebenden des Siegerteams. Überleben in einem Team 2 Leute, wird es bei Title Night zu einem Triple Threat Match kommen. Überleben 3 Leute, gibt es ein Fatal Four Way. Und so weiter.“


Pete: „Klingt logisch, plausibel und wenig kompliziert.“


Dynamite: „Um die Aussichten und die Teamkonstellationen möglichst fair zu gestalten, sind wir unser Roster durchgegangen und haben ein Losverfahren ausgetüftelt. Und was soll ich sagen, liebe GFCW-Galaxy? Hier ist die Antwort!“


Mit einer ausladenden Geste bedeutet Dynamite auf die Seite der Kommentatoren. Und als wäre es uns zuvor nicht aufgefallen, steht dort eine kleine Lostrommel, wie man sie aus den Lotto-Auswertungen kennt. Ein findiger Techniker aus dem Staff hebt das Ding in den Ring.


Dynamite: „In dieser Lostrommel befinden sich SIEBEN Kugeln mit Namen darin.“


Sven: „Sieben?“

Pete: „Wieso sieben?“


Dynamite: „‘Wieso sieben‘, fragt ihr? Dazu gleich mehr. Zunächst aber möchte ich unsere Losfee begrüßen. Der Mann, der dereinst vor vielen Jahren das Jason Crutch Invitational eingeführt hat zu einer Zeit, in der es in der GFCW laaange Zeit keine Multimen-Elimination-Matches mehr gegeben hat. Begrüßt also mit mir den amtierenden Intercontinental-Champion JASON CRUTCH!“


Clement Marfo and the frontline mit US AGAINST THE WORLD ballert aus den Boxen, und mit einem breiten Grinsen tritt der Oberpollinger auf die Stage. Gekleidet in Zivil, sprich mit Jeans und einem orangefarbenen T-Shirt, den Titel in einem blutigen Match bei Carnival of Combat verteidigt, kann er stolz und froh sein. Während sein Feuerwerk abbrennt, schreitet der Champion die Rampe hinab, klatscht mit den Fans in der Frontrow ab und lässt sich feiern. Sogleich entert er das Geviert, klatscht mit Dynamite ab, erklimmt nacheinander alle vier Turnbuckle und kommt dann in der Ringmitte hinter der Lostrommel zum Stehen. Er rückt den Gürtel um die Hüften zurecht und schnappt sich ebenso ein Mikrofon.


Jason Crutch: „Hallo, Crutch-o-Maniacs! Hallo, Bamberg!”


Cheap-Pops, er liebt es einfach. Er grinst.


Jason Crutch: „Zunächst einmal: danke für den warmen Empfang. Und danke dir, Cheffe, dass du dich an das ‚JCI‘ erinnert hast. Denn ich hätte es fast vergessen. Als du mich neulich angerufen hast, ob wir das ‚JCI‘ wiederbeleben wollen, habe ich sofort zugestimmt. Mir gefällt die Regelung, darin den No 1 Contenderspot auszukämpfen. Und natürlich werde ich mich dafür als Werbefigur zur Verfügung stellen und mit Spannung die Teilnehmer erwarten und auslosen.“


Der Boss schüttelt aber lächelnd den Kopf und hebt den Finger.


Dynamite: „Jason. Das ist aber nicht alles. Nicht nur wirst du heute unsere Losfee sein. Nein. Als damaliger Begründer des ‚Jason Crutch Invitational‘ wirst du auch DARAN TEILNEHMEN!“


Sven: „Was? Wie kann er als Champion in einem No 1 Contender-Match teilnehmen?“


Dynamite: „Ihr fragt jetzt sicherlich: ‚Wie kann er als Champion in einem No 1 Contender-Match teilnehmen?‘ Zu Recht! Als Allvater des ‚JCI‘ wollen wir dich diesmal nicht außen vor lassen, warst du doch schon beim letzten Mal lediglich Gastringrichter. Diesmal wirst du wieder aktiv daran teilnehmen. Und sollte es dir tatsächlich einmal mehr gelingen, der SOLE SURVIVOR des ‚JCI‘ zu sein, so wirst du dir selbst jemanden aus dem eigenen Team auswählen dürfen, gegen den du den Titel bei Title Night verteidigen darfst. Wie klingt das?“


Crutch lächelt gerührt. An seiner Reaktion erkennt man, dass er davon wirklich nichts gewusst hat. Er blickt ins Rund.


Jason Crutch: „Hell yeah, Cheffe! Natürlich brenne ich wie Zunder, an meinem eigenen ‚Invitational‘ teilzunehmen! Und wie immer es auch ausgehen mag: ich werde den Titel bei Title Night verteidigen, komme, was wolle!“


Dynamite: „Nun aber, wollen wir die Teilnehmer auslosen. Wir wechseln immer ab, beginnend mit deinem gegnerischen Team. Jason, walte deines Amtes.“







Der Oberpollinger dreht die Lostrommel, die Kugeln darin purzeln herum. Er hält an, zieht einen Ball und überreicht ihn Booker.


Dynamite: „Dein Gegner wird sein:


El Metztli!“


Ein Raunen geht durchs Rund. Dass sich der Hase darin befinden würde, damit haben die wenigsten gerechnet.


Dynamite: „Nun, Jason, ziehst du deinen ersten Tag-Team-Partner!“


Crutch dreht und dreht und dreht, und reicht das Bällchen an seinen Vorgesetzten weiter.


Dynamite: „Dein erster Partner wird sein:


Tsuki Nosagi!“


Pete: „Was? Die Hasen stehen in zwei unterschiedlichen Teams? Das dürfte für Spannung sorgen!“

Sven: „Zumal ich mir die Kombination Jason Crutch und Tsuki Nosagi in einem Team nicht vorstellen kann.“


Und ebensowenig wohl der Titelträger. Denn Jason Crutch muss, kaum merklich, aber dennoch, die Nase rümpfen. Ein weiterer suspekter Charakter nach Drake Vaughn, mit dem er es hier zu tun bekommt. Crutch überreicht im Anschluss den nächsten Ball an seinen Arbeitgeber.


Dynamite: „An der Seite von El Metztli wird stehen:


Skaði Fenrir!“


Euphorische Reaktion im Publikum!


Pete: „Holla-die-Waldfee! Die Wölfin wird im No 1 Contender Match stehen! Sie durfte neulich erst gegen Jason Crutch um den Intercontinental-Champion-Titel antreten und hat sich sehr, sehr toll angestellt! Eine absolut hungrige Herausforderin!“

Sven: „Wer hat sich nicht toll gegen Crutch angestellt?“


Passend, dass die Wölfin bei Carnival of Combat schon BESTE Voraussetzungen für das ‚JCI‘ geschaffen hat. Immerhin hat sie beim PPV überlebt und ist mit Milly Vermillion übrig geblieben. Crutch darf sich verdammt warm anziehen! Für die Show am 14.11. und für Title Night! Skaði Fenrir ist nicht erst seit Carnival of Combat das wohl heißeste Eisen im Rennen um den Intercontinental-Champion-Titel.


Dynamite: „Der nächste Teilnehmer an deiner Seite, Jason, ist:


Tommy Qurashi!“


Mit dem Jungspund gibt es bereits Berührungspunkte, immerhin hatte Crutch gegen ihn bereits den Intercontinental-Championtitel verteidigt. Und immerhin war es enger als alle Experten damals vermutet hätten. Mit Qurashi als Tag-Team-Partner scheint JC zufrieden zu sein, denn er nickt respektsbekundend, während er bereits den nächsten Ball herausholt, um den Tag-Team-Partner von Skaði und El Metztli zu ermitteln:


Dynamite:


Caracal Matthews!“


Es darf getanzt werden! Die Angelegenheit zwischen Caracal Matthews und Tommy Qurashi wird wohl so schnell nicht beendet sein, vielmehr geht sie in die nächste Runde, wenn sich beide Rivalen in gegnerischen Teams gegenüberstehen! Könnte es besser laufen?


Pete: „Was für ein Losglück!“

Sven: „Was für ein Lospech! Caracal darf sich erneut mit Qurashi beschäftigen! Er wird die Bazille nicht los!“


Jason Crutch dreht ein weiteres Mal die Lostrommel. Der Oberpollinger holt den Ball heraus und überreicht ihn einmal mehr an Claude Booker. Dieser öffnet ihn und hält den Namen in die Kamera, wie er es zuvor auch immer getan hat. Der Name, der auf die Leinwand übertragen wird, besagt lediglich:


GFCW-LEGENDE


Natürlich stehen nun bei allen Anwesenden, Fans, Sven, Pete, ja sogar Jason Crutch, Fragezeichen in den Gesichtern geschrieben. Nur Dynamite grinst.


Dynamite: „Liebe GFCW-Galaxy, lieber Jason. Hier ist die Überraschung: scheinbar in deinem Team, Jason, steht eine GFCW-Legende. Es ist mir, es ist uns tatsächlich gelungen, für das ‚JCI‘ am 14.11. einen ehemaligen GFCW-Intercontinental-Champion zu gewinnen! Du, die Fans, wir alle dürfen gespannt sein, wer es ist. Aber…das verraten wir erst in der nächsten Show!“


Buhrufe werden laut, während Dynamite sich diebisch einen abgrinst. Auch Crutch scheint nicht einverstanden zu sein. Und was noch verwundert: in der Lostrommel befindet sich nun nur noch ein einziger Ball. Der Oberpollinger tut seine letzte Amtshandlung und gibt die Kugel an den Boss der GFCW weiter. Er öffnet sie und hält sie in die Kamera – und ein lautes Raunen geht durch das Rund. Und Jason Crutch verschlägt eine Hand vor dem Mund und seine Augen weiten sich etwas. Er wirkt völlig überrascht und entgeistert, als Dynamite den Namen vorliest.


Dynamite:


Robert Breads!“


Was. Für. Eine. Traumpaarung! Einmal mehr, nach vielen Jahren, stehen sich Jason Crutch und Robert Breads gegenüber. Beide sind ehemalige Gewinner des „Jason Crutch Invitational“. Und Robert Breads war es dereinst, der Crutchs ersten Titlerun jäh beendet hat, eine Schande, die der Begründer der Crutch-o-Mania bis heute verfolgt. Während JC es kaum fassen mag, sind die restlichen Anwesenden höchst erfreut, dass eine Legende wie Robert Breads ebenfalls ins Rennen um den IC-Titel einsteigt. Zumal gerade die Tatsache, dass auch Skaði Fenrir in seinem Team ist, durchaus für Spannungen sorgen dürfte…? Kann die LPG mit einem einzigen Match den großen Wurf landen? Sticht einer der Hasen out-of-nowhere in IC-Titel-Regionen vor? Wird die GFCW-Legende, wer immer es auch sein mag, bei ihrem Comeback-Match für Furore sorgen?


Die Konstellationen stehen also wie folgt – und genauso wird es auch – natürlich aber mit den Konterfeien der Teilnehmer – auf der Videoleinwand präsentiert.


Jason Crutch Invitational” um ein Intercontinental-Championtitelmatch bei Title Night


Jason Crutch

Tsuki Nosagi

Tommy Qurashi

GFCW-Legende

???


Vs


El Metztli

Skaði Fenrir

Caracal Matthews

Robert Breads

???


Dynamite: „Was also ist mit den restlichen beiden Plätzen? Was ist mit den Fragezeichen? Hier kommt ihr ins Spiel. Jason, den letzten Platz in deinem Team kannst du bestimmen. Organisier dir eine Person, der du genug vertraust, um diesen sehr wichtigen Sieg am 14.11. zu holen. Und dasselbe gilt für das andere Team. Auch ihnen steht es frei, ihren fünften Mann oder Frau selbst zu wählen. Liebe GFCW-Galaxy…“


Mit einer ausladenden Geste verweist Claude Booker auf die Fans, nickt zufrieden zu Crutch hinüber, der sich von dem Namen „Robert Breads“ wohl immer noch nicht erholt hat.


Dynamite: „Die Bedingungen für das ‚Jason Crutch Invitational‘ sind festgelegt. In zwei Wochen werden wir den Namen der GFCW-Legende präsentieren. Und bereits in vier Wochen, bei War Evening, werden wir den oder die nächsten No 1 Contender auf den Intercontinental-Championtitel auskämpfen! Ich danke euch für eure Aufmerksamkeit!“


Claude Booker schüttelt Crutch die Hand, winkt ins Publikum. Und während seine Theme ein weiteres Mal erklingt, verlässt der Boss der GFCW den Ring und wir gehen in die Werbung.



Schauplatz: Ein Schlafzimmer.


In zivilisierten und unversauten Bildern sehen wir, wie in schummrigem Licht unter der Bettdecke ein Mann „sein bestes gibt“. Begleitet wird das Ganze von einer unfassbar romantischen Melodie, das glaubt man gar nicht. In Großaufnahme sehen wir das verschwitzte und angestrengte Gesicht des Mannes, der wirklich aaalles gibt... In Großaufnahme sehen wir das Gesicht der Frau, die keinesfalls erfreut aussieht...


Schnitt.


Wieder das Schlafzimmer. Diesmal eine andere Position. Dann in Großaufnahme das Gesicht des Mannes. Er ist verschwitzt, läuft rot an, gibt sich alle Mühe...In Großaufnahme sehen wir dann wieder das Gesicht der Frau, die ziemlich genervt ist, weil ihr Kopf während der „Anstrengungen“ ihres Mannes so nach vorne und zurück, vorne und zurück gebeutelt wird, dass sie gar nicht ordentlich die neueste Ausgabe des GFCW-Magazines lesen kann, das vor ihr liegt...


Schnitt.


Ein neuerlicher Blick in das Schlafzimmer des Paares. Eine weitere Position. Der Mann gibt unter der Bettdecke erneut sein „bestes“. Sein Gesicht in Großaufnahme zeigt, dass er macht und tut und macht und tut...doch die Großaufnahme der Frau zeigt uns, dass sie nicht sehr befriedigt zu sein scheint, schließlich hat sie Zeit zum Nägelfeilen nebenher...


Schnitt.


Der Mann sitzt in der Küche auf einem Stuhl, die Ellenbogen auf den Knien, die Hände stützen den Kopf, in dessen Gesicht nichts anderes als Enttäuschung zu sehen ist, während aus dem Schlafzimmerfernseher die „GZSZ“-Melodie zu hören ist. Dann zoomt die Kamera heraus. An dem Küchentisch sitzt neben dem Mann auf einem weiteren Stuhl Jason Crutch in Blue-Jeans. Er trägt ein schwarzes T-Shirt mit den roten „US AGAINST THE WORLD“-Lettern. Die schwarz verspiegelte Sonnenbrille auf der Nase und eine Tüte JASON CRUTCHs CRUTCHIPS in der Hand knuspert der Oberpollinger seine Lieblings-Chips-Marke und stopft sich Hand für Hand in den Mund. Er blickt stur nach vorne.


Dann wandert sein Blick langsam zu dem enttäuschten Mann neben sich, der den Blick erwidert, aber so unfassbar traurig, dass es seinesgleichen sucht. Mit einer Mimik bedeutet Crutch dem Mann, er solle doch auch in die Tüte greifen. Der versteht zunächst nicht, doch letztlich nimmer auch er sich eine Handvoll JASON CRUTCHs CRUTCHIPS aus der Tüte und stopft sie sich in den Mund. Plötzlich ist Euphorie und volle Zuversicht in seinem Gesicht abzulesen. Ein weiterer Griff in die Tüte, die Hand wird zum Mund geführt. Mmmmh...JASON CRUTCHs CRUTCHIPS!


Schnitt.


Der Mann unter der Bettdecke, gibt alles. Seine Frau stöhnt und stöhnt, ruft nach Gott. In Großaufnahme sein Gesicht. Verschwitzt, euphorisch, erfreut. In Großaufnahme ihr Gesicht. Weit aufgerissene Augen, verschwitzt, lachend, lächelnd...


Schnitt.


Noch einmal, andere Position. Die Frau stöhnt und stöhnt, lässt ihrer Lust lauthals freien Lauf. In Großaufnahme sein Gesicht. Er lacht, lächelt, ist voller Freude. In Großaufnahme ihr Gesicht. Weit aufgerissene Augen. Sie kann es nicht fassen, wieder ruft sie nach Gott. Bettelt letztlich sogar um Gnade.


Schnitt.


Der Mann sitzt zufrieden lächelnd aufrecht im Bett, die Arme im Nacken verschränkt, blickt in den Schlafzimmerfernseher, sieht die neueste Ausgabe von War Evening. Die Frau liegt daneben, völlig außer Puste, eine Zigarette in der Hand. Sie wirkt zufrieden und befreit.


Neben dem Bett sitzt Jason Crutch auf einem Stuhl. Die Tüte JASON CRUTCHs CRUTCHIPS in der Hand blickt er starr nach vorne auf den Fernseher, guckt auch War Evening. Er nickt dem Mann stumm zu, der ihn mit einem Nicken bestätigt. Dann greifen beide in die Tüte JASON CRUTCHs CRUTCHIPS.


Stimme aus dem Off, völlig euphorisch: „JASON CRUTCHs CRUTCHIPSfür den Extra-IMPACT!“




CUT



Wir schalten in den Backstage-Bereich und sehen dort Jason Crutch. Der Oberpollinger wirkt angespannt, lehnt sich dann an die Wand. Noch scheint er nicht realisiert zu haben, dass sich die Kamera nähert. Tatsächlich ist es so, dass die Wrestler in der Regel die Kameras gar nicht mehr registrieren. Schließlich gehört das seit jeher zum Geschäft.


Jason Crutch: „Der fünfte Mann also…meine Wahl….“


Zunächst zögert er. Dann holt der Intercontinental-Champion sein Smartphone aus der Hosentasche. Er scrollt durch die Kontakte. Grübelt. Überlegt. Bei einem Kontakt hält er inne, hebt den Blick, starrt einen Moment vor sich hin. Murmelt zu sich selbst, aber deutlich hörbar.


Jason Crutch: „Soll ich es wagen…? Das wäre DIE Gelegenheit…! Aber: Ein Risiko…?“


Er überlegt. Überlegt etwas länger. Dann nickt er, als wenn er sich selbst bestätigen würde. Er drückt auf den grünen Hörer und legt das Smartphone ans Ohr. Es dauert. Dauert etwas länger. Und noch etwas länger. Dann:


Jason Crutch: „Hallo. Wie geht’s? … … Jason … … Jason Crutch! … Ja. Lange her … … ich muss mit dir reden…“



FADE OUT…