Die
Hallenbeleuchtung geht zum Großteil in die erlaubte
Pause, lediglich violette Scheinwerfer erhellen die
Einzugsrampe, während violette Katzenaugen von den
Monitoren aus stechende Blicke in die Zuschauer werfen.
Natürlich nicht irgendwelche Katzenaugen, sondern
Leopardenaugen. Es ist nämlich Zeit für das erste
GFCW PPV Match der Long Island Leopardin Monica Shade.
Sven:
„Da kommt sie wieder, Pete.“
Pete:
„Da kommen sie wieder, Sven. Plural.“
Sven:
„Nein, Pete, Monica kommt, Lady Rosi wird getragen.
Dachte das wäre offensichtlich, sogar für dich. Wie
auch bei der Go Home Show vor High Noon das Offensichtliche
passiert ist: In ihrer Stammpromotion WFW mag Monica Shade
erfolgsverwöhnt und vom Glück geküsst sein,
doch dies ist GFCW und der kommende GFCW World Champion Aldo
Nero hat die Schweinehirtin mit einer Niederlage nach hause
geschickt, nachdem sie seine Faust küssen durfte. Wie
erwartet, weil Aldo Nero ALDO NERO ist.“
Pete:
„Dennoch hat Monica Shade sich wacker geschlagen und
der GFCW Galaxy bewiesen, dass sie so gut ist, wie sie
behauptet. Aiden Rotari wollte eine starke Gegnerin, um sie
als Trittleiter zurück gen Spitze zu nutzen und diese
starke Gegnerin steht ihm heute auch bevor. Nicht unmöglich,
dass in einer Wendung des Schicksals Aiden Rotari zur
Trittleiter für Monica Shade wird, zurück in
Richtung Aldo Nero für Runde 2 oder zu Ask Skógur.“
Fürwahr,
so drollig die Schweinehirtin und ihr Stoffschwein Lady Rosi
bei heller Beleuchtung auch daherkommen, wenn es ernst wird,
dann wird auch Monica Shade ernst und nach ihrer Niederlage
gegen Aldo Nero erst recht. Die rosarot bezopfte US
Amerikanerin hat kein Lächeln im Gesicht, trotz diverser
Fanplakate, die ihr und oder Lady Rosi wohlgesonnen sind. Der
positive Empfang ist teils ihnen selbst geschuldet, hat im
Zweifelsfall aber auch etwas mit ihrem Gegner zu tun, erfreut
sich Aiden Rotari doch einer wohl verdienten chronischen
Unbeliebtheit. Die Leopardin hat sich passend zu ihrem
Spitznamen wie auch schon gegen Aldo Nero in ein Leopardentop
und einen Leopardenschurz gekleidet, zusätzlich zu ihrem
üblichen Halsband im selben Muster und schlagfertigen
Handschuhen und Stiefeln in einem etwas dunkleren lila als
dem Violett ihrer Augen. Auch die unter ihrem linken Arm
eingeklemmte Lady Rosi hat ein Halstuch mit Leopardenmuster
um den Hals, ein Hauch von Partnerinnenlook. Auf
dem Weg zum Ring bettet Monica Shade ihre Strategin Lady Rosi
wie schon bei War Evening auf dem Pult der Kommentatoren auf
ein Kissen und wirft Sven & Pete erneut einen Blick zu,
den beide zur Kenntnis nehmen und rasch abnicken. Sie wissen
auch ohne diesen dezenten Hinweis was Sache ist: sollte
Monica bei ihrer Rückkehr Lady Rosi nicht genau in der
Position vorfinden, in der sie ihre Strategin zurückgelassen
hat, dann wird es ungemütlich und zwar so richtig.
Nun wo Lady
Rosi ihren Platz am Pult eingenommen hat, schreitet die Frau
mit dem massiven, rosaroten Zopf zum Ring, erklimmt den Apron
und bildet mit der rechten Hand eine Tatze. „Long
Island Leopard“ Monica Shade hat ihr Jagdrevier
erreicht, in dem sie heute sich selbst und ihrer
Stammpromotion Genüge tun will. Eine Niederlage auf
höchstem Niveau kann immer passieren und genau das ist
gegen Aldo Nero passiert, aber heute soll es wieder den
Regelfall geben: den Sieg.
So ganz
kommt die übliche, hellblaue Beleuchtung bei Rotari’s
Entrance – der einzige Schnickschnack, den er bei
seinem Einzug üblicherweise toleriert – nicht
gegen den freien Himmel an. Wird sonst eine Halle in diese
Farbe getaucht, nimmt man es hier kaum wahr. Es ist
allerdings in erster Linie verwunderlich, dass sich das
Firmament nicht augenblicklich pechschwarz färbt, oder
zumindest ein wütendes Gewitter produziert wie bei
Stranded im letzten Jahr.
Nein,
Rotari kommt – ungeschoren von kosmischem Karma –
heraus und wirkt auch nicht so, als würde er sich darum
allzu große Sorgen machen. Stattdessen ist seine
Aufmerksamkeit uneingeschränkt auf die Frau im Ring
gerichtet: Sein Ticket für den Weg, der wieder an die
Spitze führt. Rasmus Rantenen hat ihn ordentlich
aufgehalten, und so geduldig der frühere World Champion
auch sein mag, so langsam wird es Zeit, wieder um seinenTitel
anzutreten.
Ausdruckslos,
aber noch immer auf Shade fokussiert, marschiert der Wrestler
des Jahres 2024 bis zum Seilgeviert. Beliebt ist er nicht
unbedingt, aber das ist weder neu für ihn noch hat es
ihn jemals wirklich gestört. Ruhig und besonnen betritt
Rotari den Ring, bevor er Mike Gard mit einem beiläufigen
Nicken wissen lässt, dass er bereit für den Kampf
ist.
Auf dem
Papier sind sie so etwas wie Teammates, und auch wenn kein
großer Streit zwischen ihnen ausgebrochen ist, so steht
Aiden Rotari doch relativ konträr zum Großteil
seiner eigenen Truppe. Beide betrachten das hier als
Sprungbrett zu Höherem, doch nur einer wird diesen
Sprung auch machen können - der Verlierer wird wieder
von vorn beginnen müssen.
Die Glocke
läutet.
Und keiner
von beiden geht hier sowohl Vollgas. Es ist ein gewisser
Respekt für die Fähigkeiten des jeweiligen Gegners
vorhanden, sodass keiner hier glaubt, einfach den anderen
plattwalzen zu können. Das hält Shade aber nicht
davon ab, letztlich die Initiative zu ergreifen, und erstmal
vorzufühlen.
Ein
interessanter Kontrast: Monica testet mit ein paar Holds und
einem Lock-Up erst einmal ein paar Dinge aus. Sie scheint
hier den aktiven Part einzunehmen und eher auf ihre eigenen
Fähigkeiten und Stärken zu vertrauen als einen
ausgeklügelten Plan zu verfolgen, während Rotari
für’s Erste reaktiv bleibt und lediglich abwehrt
und ausweicht, was ihm recht gut gelingt.
Dinge, die
Monica feststellt: Ihr sonstiges Power-Game ist nicht
unmöglich umzusetzen, aber sie ist hier eindeutig rein
körperlich unterlegen. Rotari ist zwar kein muskulöses
Monster, aber siebzehn Zentimeter und dutzende Kilo mehr sind
wegzudiskutieren. Außerdem bleibt Aiden sehr, sehr
abwartend, und scheint erst einmal wissen zu wollen, was
genau Monica vorhat, bevor er selbst preisgibt, was seine
Strategie ist. In gewisser Weise trifft hier Intuition auf
Kalkulation, und dass Rotari vorher gescoutet hat wird
offensichtlich, als er einem European Uppercut ausweicht und
eine Lariat kommen sieht, die er aber nicht abfangen kann, da
Shade schnell genug reagiert und sofort bei den Seilen ist.
Offenbar hat er sich mit ihrem Move-Set vertraut gemacht,
über ihre wenigen Auftritte in der GFCW hinaus. Das
spricht für einen gewissen Respekt gegenüber
Monica, macht das Duell für die Schweinehirtin aber
selbstredend auch schwieriger.
Pete:
“Shade hat schon gegen Aldo Nero gezeigt, dass sie mit
den großen Jungs der GFCW mithalten kann, aber Rotari
ist ein besonders schwer zu knackendes Rätsel. Seine
letzte Niederlage, gegen Luna Rosario, war zwar gegen eine
ebenfalls kleinere Frau, aber stilistisch sind Luna und
Monica sich nicht unbedingt ähnlich, sodass man da wenig
mitnehmen kann.”
Sven:
“Ich bin sicher, das gottverdammte Stoffschwein hat
sich einen brillanten Plan überlegt.”
Die
Abtastphase endet so langsam, und scheinbar hat Monica sich
etwas überlegt, um in die Offensive zu gehen. Rotari
verweilt weiterhin in Defensiv-Haltung und scheint darauf zu
warten, dass sich eine Möglichkeit für einen Konter
offenbart, um die Kontrolle zu übernehmen, ohne seine
Karten auf den Tisch zu legen. Shade ist da etwas offener und
direkter, und beginnt um Aiden herum zu tänzeln, und
setzt ein paar vorsichtige Kicks gegen die Waden.
Die sind
ehrlicherweise nicht besonders effektiv, ist das hier doch
eigentlich nicht Shade’s Spezialgebiet – sie
bevorzugt Varianten von Chops, Uppercuts oder Lariats –
aber als körperlich unterlegene Person die Beine des
größeren Gegners anzugehen ist, nicht umsonst die
vermutlich häufigste Taktik in dieser Situation. Clever
ist, wie Monica sich ihre eigene Größe zu Nutze
macht – denn nun versucht Aiden, mit Punches und Slaps
zu attackieren, wenn Monica ihre kleinen Kicks probiert, um
sie zu stoppen und die Kontrolle zu übernehmen. Doch
Shade duckt sich geschickt und nutzt ihre Beweglichkeit aus.
Sie ist
nicht langsam, aber auch kein Speedster – im Vergleich
zu Rotari ist sie aber flinker. Aiden probiert, sich darauf
einzustellen, und geht nun mit dem Körper runter, tiefer
und versucht so zu kontern – und genau darauf hat Shade
gewartet.
Kniestoß!
Mit einem
Satz springt sie vor und knallt Rotari das Knie vor das
Gesicht. Das ist nicht unbedingt schön und beinahe etwas
unbeholfen, aber es funktioniert: Als Aiden sich vorbeugt
kassiert er und verliert für einen Moment die
Orientierung. Das erlaubt Shade, zuzuschlagen.
Backfist To
The Future!
Sie knallt
Rotari den Handrücken vor den Latz, und tatsächlich
reicht das, um Aiden nach hinten wanken zu lassen, und er
landet in den Seilen - dafür gibt es einen Pop vom
Publikum. Monica setzt ein leises Lächeln auf, bevor sie
sich zu Lady Rosi auf dem Kommentatoren-Pult dreht und den
Daumen in die Höhe streckt.
Pete:
“Clevere Taktik: Einen Plan antäuschen, um Rotari
in die Falle zu locken, und den eigentlichen Plan
durchzuziehen. Und so, wie Monica hier reagiert, hat Lady
Rosi sich diesen anscheinend ausgedacht.”
Sven
reagiert bloß, indem er den “Daumen hoch”
von Shade mit einem “Daumen runter” kontert.
Rotari folgt dem Blick von Monica, betrachtet ungerührt
das Stoffschwein, und erhebt sich dann wieder. Er wird
sicherlich nicht gegen niemanden verlieren wollen, der seine
Strategie von einem Plüschtier bekommt.
Doch
angeschlagen ist Aiden nun, und das gibt Shade die Chance,
aggressiver vorzugehen. Von hier an ist da weniger Finesse
und Brainpower involviert – die Falle wurde gestellt
und hat zugeschnappt, damit sie jetzt ihre Stärken
ausspielen kann. Sie ist intuitiv und scheint gut zu wissen,
wann Rotari zu Gegenschlägen ausholt, während sie
weiterhin probiert, seinen Kopf zu bearbeiten. Sie verlegt
sich dabei auf Kombinationen – zum Beispiel erst ein
Uppercut, dann eine Backfist, dann eine Lariat. Selbst wenn
Aiden die ersten zwei kontert, die Dritte trifft, und wirft
ihn tatsächlich zu Boden, da seine Konzentration nach
der Knie/Handrücken-Kombination etwas gebrochen zu sein
scheint.
Es ist nicht
viel, aber gegen Aiden Rotari bekommt man nur kleine
Gelegenheiten, aus denen man das Meiste machen muss –
und das tut Shade. Sehr zur Freude der Zuschauer in Bad
Segeberg ist der Moment, in dem Aiden zu Boden geht, eine Art
Turning Point. “Auf dem Rücken sind alle gleich”
groß oder so ähnlich, und deshalb kann Monica dem
unterlegenen Rotari tatsächlich zwei, drei Uppercuts ans
Kinn pfeffern, bis dieser sich mit Gewalt auf den Bauch
dreht, um einen weiteren, möglicherweise fatalen,
Treffer zu vermeiden.
Monica
zögert jedoch nicht, sondern packt direkt zu –
diesmal wird es kein Strike. Stattdessen fasst sie Rotari um
die Hüften.
Deadlift
German Suplex!
Zumindest
probiert sie das. Und es wäre selbstverständlich
extrem beeindruckend, doch sie bekommt Aiden nur wenige
Zentimeter von der Matte – entweder ist er doch
schwerer als gedacht, oder seine Gewichtsverlagerung in
Kombination mit seinem Greifen in die Seile verhindert den
Move. Shade probiert es ein weiteres Mal, ein wenig
störrisch, und das gibt Aiden die Chance, seine Ellbogen
nach hinten fliegen zu lassen.
Dem linken
kann Monica noch ausweichen, aber ein Top-Wrestler wie Rotari
sieht so etwas kommen und hat den rechten schon in Position,
um ihn Monica an den Schädel zu knallen. Es reißt,
um sie buchstäblich “off his back” zu
kriegen, und er wirbelt auf der Matte herum, wieder in eine
Position auf dem Rücken, und feuert noch einen Elbow ab
– der treibt Shade zurück, und Rotari kann sich
aufrichten.
Er wirkt ein
wenig neben sich, und Shade attackiert sogleich wieder mit
Vollgas, um Aiden gar nicht erst zurück kommen zu
lassen.
Sling Blade!
LARIAT!
Monica
springt auf Rotari zu, aber der fischt sie mit WUCHT und ohne
Gnade aus der Luft – kompromisslos, schnörkellos,
simpel, brutal. Shade kracht rückwärts auf die
Matte, und sofort setzt Aiden das Cover an.
Eins...
Zwei...
Kick-Out!
Pete:
“Clevere Idee von Shade. Die beste Waffe von Rotari ist
vielleicht gar kein bestimmter Move, sondern sein Gehirn, und
ihm mit direkten Attacken die Konzentration zu rauben ist
eine vielversprechende Taktik – wenn das denn so
gewollt ist.”
Sven:
“Es wäre natürlich dabei bloß sinnvoll,
sich nicht von Aiden auskontern zu lassen. Diese Lariat war
übel, und wenn Rotari erstmal am Drücker ist, ist
es sehr schwer, ein Comeback zu starten.”
Das droht
Shade nun ebenfalls zu erfahren, denn Rotari setzt sich
sofort wieder auf. Er dreht den Kopf einmal nach links,
einmal nach rechts, dann blickt er zu Monica, die sich
keuchend aufsetzt. Es ist Zeit, seinen großen Vorteil
auszuspielen.
Und so reißt
er sie an den Haaren hoch und schleudert sie quer durch den
Ring, rücksichtslos, mit voller Kraft, sodass sie auf
der linken Gesichtshälfte landet!
Referee Mike
Gard ermahnt Aiden sehr ernsthaft, dass eine solche Aktion –
das Ziehen an den Haaren – selbstredend nicht gestattet
ist. Doch Rotari hört ihm kaum zu: Er ist ein Meister
darin, so nah wie möglich an die Linie zur
Disqualifikation zu treten, ohne sie zu überschreiten.
Speziell nach Aurora, wo Rasmus Rantanen ihm ein Schnippchen
geschlagen hat, ist er sich dieser unsichtbaren Grenze
besonders bewusst, und wird sie nicht übertreten.
Mit so etwas
kommt er aber davon, und er ist sofort bei Shade, um
nachzusetzen. Doch die ist clever genug, sich aus dem Ring zu
rollen, um sich einen Moment zu verschaffen. Rotari steigt
sogleich hinterher, doch er überschätzt etwas, wie
schwer getroffen Monica ist, und diese kann ihm auf dem Apron
die Beine wegziehen.
Unsanft
kracht Rotari auf den Hosenboden und fällt vom Apron vor
das Kommentatorenpult, wo ihm mehr als ein Fan unschöne
Worte entgegenbringt. Monica sieht ihre Chance sogleich
gekommen, und nimmt außerhalb des Ringes Anlauf –
dann läuft sie los.
Eine
Slingblade außerhalb des Ringes würde ihr eine
Menge Oberwasser verschaffen.
Rotari merkt
nur aus dem Augenwinkel, was passiert. Er ist gefangen
zwischen Ring und Pult, sodass er kaum wirklich entkommen
kann – doch er hat eine niederträchtige Idee.
Pete:
“Nicht Lady Rosi!”
Rotari mag
das Schwein für lächerlich halten, aber dass Shade
mehr als nur einen kleinen Soft Spot für Rosi hat, das
hat er verstanden. Also weicht er gar nicht erst aus, sondern
stürzt sich stattdessen auf das Stoffschwein. Panisch
wechselt Shade die Richtung bei ihrem Anlauf, und springt in
den Weg von Rotari.
Genau das
hat Aiden gewollt.
Und er rammt
Shade, die mit voller Geschwindigkeit vor ihn springt, gegen
das Kommentatorenpult!
Mit dem
Rücken voran kracht Monica auf die Kante, und sie jault
laut auf, als der Schmerz sie mit voller Wucht trifft.
Sven:
“Selbst Schuld, ganz ehrlich.”
Pete:
“Wir müssen Lady Rosi in Sicherheit bringen.”
Sven:
“Wenn das bedeutet, dass das Schwein verschwindet, bin
ich einverstanden.”
Heldenhaft
hebt Pete das Kissen mit Rosi darauf – die unbeschadet
bleiben konnte – vom Pult, zumindest so lange hier noch
gekämpft wird. Doch Rotari beachtet es gar nicht. Er hat
das getan, weil es in diesem Moment die sinnvollste Taktik
war, nicht, weil er wirklich Interesse an dem Stoffschwein
hätte. Einen kurzen Moment lang scheint Aiden zu
überlegen, ob er die sich am Boden krümmende Monica
hier liegen lassen soll, um einen Count-Out-Sieg zu versuchen
– aber wäre das für sein Vorhaben, dem World
Title wieder näher zu kommen, wirklich hilfreich? Er
braucht einen deutlichen Sieg, und auch wenn es Rotari selbst
nur interessiert, was am Ende auf dem Papier steht, so weiß
er um die Außenwahrnehmung eines Triumphs durch
Count-Out. Er wird vermutlich einen Pinfall oder eine
Submission brauchen.
Und so packt
er Monica am Kopf und wirft sie äußerst unsanft
unter den Seilen wieder in den Squared Circle, bevor der
Referee bei “acht” ankommen kann, und steigt
hinterher. Shade beißt die Zähne zusammen, kämpft
sich wieder hoch, aber mit stumpfer Gewalt schlägt
Rotari schlicht mit der geschlossenen Faust auf ihre
Wirbelsäule ein, und sie knickt zusammen. Der Aufprall
mit dem Rücken beim Pult hat ordentlichen Schaden
angerichtet.
Sven:
“Das könnte es gewesen sein. Es würde mich
nicht wundern, wenn Rotari hier kurzen Prozess macht, nachdem
er den Spieß auf eine Weise umgedreht hat, die nur
gegen Monica Shade funktioniert. Pete, musst du das Schwein
da wieder hinsetzen?”
Pete:
“Alles wird gut, Lady Rosi. Noch hat Monica nicht
verloren.”
Sven:
“Noch.”
Tatsächlich
sieht es gerade alles andere als gut aus. Rotari zerrt Shade
erbarmungslos am Arm auf die Füße, und Monica ist
sich dessen bewusst, doch der Schmerz lässt keinen
richtigen Konter zu. Stattdessen schleudert Aiden sie mit
voller Wucht per Irish-Whip in die nächstbeste Ringecke.
Er lässt darauf keinen Move folgen, das IST der Move –
sie knallt mit voller Wucht gegen die Polster in der Ecke.
Klar, es
sind Polster, aber bei so viel Schwung aus recht kurzer
Distanz ist das trotzdem überaus schmerzhaft. Monica
kippt sofort nach vorne, zieht zischend die Luft ein und kann
nicht verhindern, dass sie auf allen vieren landet. Von dort
aus kann Rotari sie gleich packen, zieht sie zu sich heran
und lädt sie sich auf die Schultern.
BUCKLE BOMB!
Das ist kein
Move, den Rotari normalerweise auspackt, und ihm fehlen die
Größe und POWER von Marc Hill, aber auch eine
ordentliche statt einer perfekten Powerbomb geht aus einer
ordentlichen Höhe gegen eine viel leichtere Gegnerin auf
den Rücken - und zwar noch eher, wenn man sie mit dem
Rücken voran auf das oberste Ringseil wirft.
Mit einem
Schrei fällt Shade nach vorn, diese kompromisslosen
Attacken auf die neu aufgetane Schwachstelle, und wird von
Rotari aufgefangen, bevor sie auf der Matte landen kann.
Selbstredend
ist das keine Geste von Mitgefühl, sondern der Anfang
vom Ende.
Pete:
“Backdrop Driver!”
Sven:
“SLINGBLADE!”
Es ist nicht
perfekt, wirklich nicht, aber es funktioniert – Rotari
will den Sack zumachen, mit seinem Backdrop Driver gewinnen,
doch als er Shade nach oben reißt kann die sich drehen
und den Arm in die richtige Position bringen. Aiden selbst
gibt ihr den nötigen Schwung mit, den sie ohne Anlauf
braucht, und im dritten Versuch klappt der Move, wenn auch
aus ungewohnter Situation. Rotari donnert auf die Matte,
Hinterkopf voran, und wirkt schlagbar – weshalb Shade
so schnell sie kann nachsetzt, auch wenn sie selbst für
den halben Meter zwischen den beiden länger braucht als
gewöhnlich, da ihr beim Kriechen der eigene Rücken
im Weg ist.
Eins...
Zwei...
Kick-Out!
Shade wirkt
enttäuscht, aber nicht wirklich überrascht.
Stattdessen macht sie sich auf, wieder das Zepter zu
übernehmen. Mit sichtlicher Mühe und
zusammengebissenen Zähnen richtet sie sich auf und
bringt sich hinter Rotari in Position, der gerade versucht,
auf die Knie zu kommen, aber noch immer leicht neben sich zu
stehen scheint.
Und sie
packt wieder zu.
Deadlift
German Suplex!
Dieses Mal
sind keine Seile in der Nähe, an denen Rotari sich
festhalten kann. Die beeindruckende Kraftdemonstration des
Long Island Leopard kann von Aiden nicht verhindert werden.
Pete:
“Sie kriegt ihn hoch! WAHNSINN!”
Wohl aber
von ihrem eigenen Körper.
Sven:
“Und lässt ihn fallen! Sie knickt ein! Der
Rücken!”
Wütend
- mehr über sich selbst als auf ihren Gegner - schlägt
Shade auf die Matte, als sie Aiden loslassen muss,
vornübergebeugt, die Pein zu überwältigend.
Sie streicht sich einige Strähnen aus dem Gesicht, und
ob der Schweiß sich mit Tränen des Schmerzes
vermischt hat lässt sich nicht ausmachen – die
Entschlossenheit in ihrem Blick hingegen ist überdeutlich.
Als Aiden
sich aufrichtet ist sie direkt zur Stelle. Und feuert los.
Backfist To
The Future!
Ein
Top-Wrestler lernt aus seinen Fehlern, lernt von seinem
Gegner (oder seiner Gegnerin) und fällt nicht zweimal
auf die gleiche Nummer rein. So auch Aiden Rotari. Er duckt
sich darunter weg, und als der eigene Schwung dafür
sorgt, dass Monica mit dem Rücken zu Rotari endet, hat
der schon zugepackt.
Sleeper
Suplex!
Keine
Aktion, die auf den Rücken geht, aber Aiden musste
schnell und reflexartig schalten, und das hat er getan. Die
WFW-Wrestlerin segelt durch den Ring und landet ÜBERAUS
unsanft auf der eigenen Schädeldecke, rollt nach hinten
durch und wirkt vollkommen verdattert, als wüsste sie
nicht, wo vorne und hinten ist. Einzig und allein der
Instinkt treibt sie wieder auf die Füße.
LARIAT!
Monica ist
in keiner Verfassung, dem heranstürmenden Rotari
auszuweichen. Mit Wucht und Intensität mäht der
ehemalige GFCW World Champion die dekorierte Wrestlerin
nieder, wonach ihr Körper auf die Matte kracht und sich
nicht mehr regt. Erschöpft setzt Aiden das Cover an.
Eins...
Zwei...
Kick-Out!
Pete:
“Das Ding ist noch nicht durch! Diese Aktionen waren
stark, aber nachdem er vorher beinahe ausschließlich
ihren Rücken attackiert hat, gingen beide auf den Kopf.
Dafür waren sie als One-Two-Kombo nicht stark genug.”
Sven:
“Aiden hat aber einen Move, der stark genug ist, so ein
Match zu beenden, völlig egal, was vorher passiert ist,
einen echten Killer.”
Genau: Den
Backdrop Driver.
Und jetzt
ratet mal, was Rotari vorhat.
Seine Augen
huschen einmal von links nach rechts, dann fokussieren sie
sich wieder auf Shade. Das war ein knapper Kick-Out, und
vielleicht wäre es jetzt genug, noch ein wenig weiter
auf den Rücken zu gehen, wo er die Kontrolle wieder hat,
und danach eine Submission zu probieren – klingt
erfolgsversprechend. Das würde aber auch heißen,
dass Monica mehr Chancen bekommt, sich ins Match
zurückzukämpfen, und das scheint Aiden zu riskant
zu sein. Nein, er geht JETZT auf den Killshot.
Und so wird
Shade von der Matte gefischt, auf die Füße gezogen
und um die Hüften gepackt. Rotari verliert keine Zeit.
Keine Pose, keine Botschaft, keine Worte.
Er reißt
sie einfach hoch.
Backdrop
Driver!
SLEEPER
HOLD!
Pete:
“Was für ein Reflex! Sie dreht sich heraus und
landet auf seinem Rücken und... Rotari hat Shade quasi
unfreiwillig huckepack genommen!”
Sven:
“Sie hat aber nur einen Arm wirklich fest um den Hals
und drückt nicht richtig zu. Damit wird sie ihn nicht
ohnmächtig-”
Pete:
“Das ist auch gar nicht ihr Plan!”
Tatsächlich.
Sie würgt Rotari nicht, will ihn nicht in die Ohnmacht
zwingen, sondern hält sich mehr oder minder nur mit
einem Arm auf seinem Rücken. Den anderen, freien Arm,
benutzt sie, um zu attackieren.
Es ist nicht
unbedingt hübsch, aber effektiv, und schließlich
spontan aus der Situation heraus improvisiert: Sie lässt
ihren Arm immer wieder und wieder auf den Kopf von Aiden
trommeln, während der versucht, sie abzuschütteln.
Mal trifft die Faust, mal der Unterarm, mal der Ellbogen,
denn es ist schwer, gegen den zappelnden Rotari richtig zu
zielen, aber Monica landet Wirkungstreffer um
Wirkungstreffer, während Aiden sie einfach nicht von
sich runter bekommt.
Der siebte
Schlag ist ein Volltreffer: Unterarm trifft auf Schläfe,
und Rotari bricht zusammen, fällt auf die Knie, und dann
vornüber auf die Matte. Unter dem Jubel der Fans zerrt
Monica den Arm, mit dem sie sich festgehalten hat, frei, und
richtet sich so gut es geht wankend auf. Ein wilder Kampf,
doch sie hat den Feind gefällt, und auch wenn sie leicht
vornübergebeugt steht, eindeutig nicht frei von Schmerz,
kann man das Adrenalin förmlich durch ihre Adern pumpen
sehen.
Also
probiert sie es noch einmal. Sie umfasst von hinten seine
Mid-Section. Langsam stemmt sie Aiden hoch von der Matte, und
sie kann den eigenen Schmerz nicht bei sich behalten –
sie schreit. Aber es ist kein pures Leid, es sind auch
Entschlossenheit und der unbedingte Siegeswille, den sie dem
Himmel in Bad Segeberg entgegenbrüllt.
Scheiß
auf den Rücken. Scheiß auf den Schmerz. Scheiß
drauf, was funktionieren sollte und was nicht – sie
legt alles in diese eine Aktion.
DEADLIFT
GERMAN SUPLEX!
IN DIE
BRÜCKE!
Eins...
Zwei...
Dreeeee...eeeeeeein!
Kick-Out bei
2,99!
Pete:
“Um Gottes Willen! Ich dachte, das war es. SO verdammt
knapp!”
Sven:
“Hör dir die Fans an, Pete. Sie stehen hinter
Monica Shade.”
Pete:
“Kein Wunder nach so einer Aktion – und das
obwohl sie wirklich malträtiert wurde.”
Sven:
“Dennoch hat es nicht gereicht. Es war unglaublich
knapp, aber Rotari ist nicht besiegt. Das Match geht weiter!”
Tatsächlich
sieht Shade nun doch ein wenig so aus, als hätte sie
hier ein Problem – sie hat nicht die letzte Patrone
verschossen, aber ihr Rücken erlaubt ihr vielleicht
nicht, so etwas noch einmal zu probieren. Das war beinahe
“alles auf eine Karte”, denn dieser enormen
Anstrengung und diesem Gewicht kann ein angeschlagener Rücken
nicht wirklich standhalten.
Monica liegt
auf der Matte, und wirft einen Blick in Richtung Lady Rosi.
Natürlich hören und sehen wir nichts, wir wissen
nicht, was hier gesagt oder gedacht oder halluziniert wird,
aber ein kaum merkliches Nicken von Shade kann man ausmachen,
wenn man aufpasst. Sie muss sich noch einmal zusammen reißen.
Noch einmal raffen. Noch einmal zuschlagen.
Sichtlich
angestrengt kommt sie auf die Beine. Noch anstrengender ist
es, Rotari an den Haaren nach oben zu zerren – wie du
mir, so ich dir. Mike Gard meldet sich zwar zu Wort, doch
Monica scheint das kaum zu hören. Die Augen von Aiden
sind glasig und leer, als er zu Shade herübergezogen
wird. Sie leckt sich einmal über die Lippen, dann
probiert sie ihn hochzustemmen.
Noch einmal.
Noch ein letztes Mal.
Und sie
kriegt ihn auf die Schultern!
DAEDALUS
DESTINY!
Ihr
Roshambo!
Pete:
“ROTARI TRITT ZU!”
Sven:
“Sie knickt ein!”
Unglaublich,
aber wahr: Sie schafft es, ihren Gegner auf die eigenen
Schultern zu laden, in einem Kraftakt, bei dem dank des
Zitterns ihres Körpers erahnen kann, welche Überwindung
es kostet. Doch bei diesem Move hängen die Beine des
Gegners am eigenen Hinterkopf vorbei herab – mit den
Füßen in der Nähe des Rückens.
Geistesgegenwärtig
hämmert Rotari Shade die Hacken in den Rücken, und
diese ist darauf überhaupt nicht vorbereitet. Vollkommen
überrumpelt knickt sie ein, bevor sie den Daedalus
Destiny vollenden kann, und Aiden landet auf ihr. Man kann
ihr den kurzen Moment der Panik ansehen – das war ihr
Moment, vielleicht das Letzte mal, dass sie die Kraft
aufbringen kann, ihn mit ihrem kaputten Rücken
hochzuhieven.
Doch wir
sehen diese Panik nicht lange.
Denn Rotari
hat schon zugepackt.
BACKDROP
DRIVER!
Pete:
“IN DIE RINGECKE!”
Sven:
“Er wirft sie mit seinem Backdrop Driver - Rücken
voran – in die Ringecke!”
Pete:
“Um Gottes Willen!”
Sven:
“Shade ist ERLEDIGT! Sie kracht in die Ecke und fällt
und... Rotari fängt sie ab?”
Pete:
“BACKDROP DRIVER!”
Sven:
“Die normale Variante auch noch hinterher!”
Tatsächlich.
Erst eine modifizierte Variante in der Ecke, um ihren Rücken
vollends zu zerlegen, und als sie ohne Zweifel komplett
geschwächt ist setzt Rotari den gewöhnlichen
Backdrop Driver hinterher. In gewisser Weise könnte man
das als Zeichen von Respekt auffassen: Er hätte auch
nach der ersten Version sofort pinnen können, doch er
scheint zu glauben, das hätte nicht gereicht. Deshalb
hagelt es noch einen zweiten Backdrop Driver, perfekt in die
Mitte des Rings, weit weg von allen Seilen, genau auf den
Kopf.
Das dürfte
kein großer Trost für Monica Shade sein –
denn aus dem anschließenden Cover gibt es kein
Entkommen mehr.
Sieger
des Matches durch Pinfall: Aiden Rotari
Den Fans in
Bad Segeberg stinkt dieses Resultat gewaltig, und das lassen
sie Rotari verbal mehr als deutlich wissen.
Ihm ist es
gleich.
Shade hat
sich verdammt gut verkauft, und auf eine verquere Weise kommt
Rotari das sogar zu Gute, ist sein Sieg doch so deutlich
beeindruckender als vermutlich geplant. Er wirft einen kurzen
Blick auf seine gefallegene Gegnerin. Da ist zwar kein
Respekt und keine Anerkennung, aber auch keine Abneigung oder
irgendeine sonsitge Form von Antipathie. Dieses Match war ein
Vehikel, Shade war ein Werkzeug, und sie hat ihren Job
erledigt.
Fast ein
bisschen zu gut.
Aiden zieht
eine Grimasse, hält sich den Schädel und betrachtet
Mike Gard einen Moment lang, der sich um Shade kümmert.
Fragend sieht der Ringrichter zu Aiden herüber, doch der
winkt ab: Er braucht nicht unbedingt seinen Arm in die Höhe
gehalten bekommen, er will nicht zelebrieren. Er hat
gewonnen, klar, deutlich, gegen eine starke Gegnerin. Mission
erfüllt - jetzt geht es um den nächsten Schritt.
SeinenTitel.
Rotari rollt
sich aus dem Ring und stolpert, ein wenig unkoordinierter als
gewohnt, davon. Er wird mit Sicherheit trotz seines Zustandes
versuchen, den Main Event sehr genau zu verfolgen. Im Ring
zurück lässt er Monica Shade, die soeben wieder
geistige Klarheit zu erlangen scheint, während Referee
Mike Gard ihr eindringlich erklärt, was geschehen ist.
Doch ihre Augen ruhen auf Lady Rosi, die auf ihrem Kissen
ruht. Man kann von Monicas Lippen lediglich ein einzelnes
Wort ablesen, als sie in Richtung ihrer treuen Ratgeberin
spricht: “Sorry.”
„Das
Jahr des Hirsches wird heute nicht enden!“
Wir
sehen Szenen aus den Wäldern Schwedens, über die diese
Stimme gelegt wurde. Wir müssen da kein Geheimnis draus
machen, es ist Asks Stimme, denn er ist der Hirsch und das ist
sein Jahr.
Es
folgen nun Szenen von Title Night, Ende des vergangenen Jahres,
die diese Tatsache unterstreichen. Wir sehen Ask, wie er ein
weiteres und zu diesem Punkt, ein letztes Mal seine Dämonen
überkommen musste. Holly Hutcherson hat sie herausgefordert,
Lionel Jannek hat sie herausgefordert und zu guter Letzt hat auch
Aiden Rotari das getan. Doch Title Night 2024 war der Tag, an dem
sich Asks jahrelang Selbstfindung ausgezahlt hat. Er hat Aiden
besiegt, den Titel gewonnen und damit besagtes Jahr eingeleitet.
Die
Bilder fließen direkt wieder in Landschaftsaufnahmen von
Schweden, bis wir schließlich Ask sehen, der vor einer
schwarzen Wand steht. Aber der Hintergrund ist ohnehin nicht
wirklich wichtig, da vor allem Ask im Mittelpunkt des Bildes
steht. Er und der GFCW World Championship, den er auf seinen
Schultern trägt.
Ask
Skógur: „Und was war das bisher schon für ein
gewaltiges Jahr. Es begann mit dem Sieg über Aiden Rotari
und darauf folgte eine erbitterte Schlacht gegen Luna Rosario…
die wir nie zu Ende führen konnten.“
Nun
folgen Bilder von Brainwashed, als Ask seinen Titel gegen Luna
Rosario aufs Spiel setzen musste. Die hatte sich ihre Chance in
einem Match gegen Aiden Rotari verdient, also demselben Mann, den
auch Ask besiegt hat. Und wie ging das zu Ende?
Ask
Skógur: „Und Schuld daran ist derjenige, der heute
mein Gegner sein wird.“
Ask
spricht über die Ausschnitte, die im Video gezeigt werden
und jetzt Aldo Nero zeigen, der in das besagte Match eingegriffen
und es damit zum Unentschieden gebracht hat.
Ask
Skógur: „Aldo Nero.“
Nun
sehen wir Ausschnitte, in denen Aldos Dominanz eindrucksvoll zur
Schau gestellt wird, Aktionen gegen verschiedenste GFCW-Wrestler,
die Aldo in der Vergangenheit besiegt hat.
Ask
Skógur: „Seitdem begleitet mich Aldo Nero, ob im
Triple Threat Match gegen Luna…“
Szenen
aus dem Match von Aurora werden eingespielt, in denen sich mit
Leitern durch einen brennenden Ring geschlagen wurde.
Ask
Skógur: „… oder direkt gegen mich.“
Wir
sehen nun aneinander geschnitten die zahlreichen Staredowns, die
sich Aldo und Ask in den vergangenen Wochen und Monaten geliefert
haben.
Ask
Skógur: „Wenn es im Jahr des Hirsches einen Feind
wie keinen anderen gibt, dann ist es Aldo Nero. Und doch, das
eigentliche Problem ist… James Corleone.“
Bisher
wurden die Szenen im Video vielmehr dynamisch und stilvoll
aneinandergereiht, passend zu dem, was Ask gesagt hat, bei
Corleone scheint es nun einen kleinen Break zu geben. Er bleibt
länger im Fokus, hier wird das Bild ruhiger. Wir sehen das
Gesicht des Mannes, der die GFCW in den vergangenen Jahren
bestimmt hat wie kaum jemand anders.
Als
Teufel wurde er in den vergangenen Wochen bezeichnet, als
Königsmacher hat er bereits mehrfach Wrestlern zum
GFCW-Titel verholfen – ob nun The End oder Aiden Rotari –
heute sollen diese beiden Extreme einmal mehr zu einem Umbruch in
der GFCW sorgen.
Zu
einem Jahreswechsel, der einer Person gar nicht gefällt.
Ask
Skógur: „Ich hab es so oft gesagt, ich kann es
selbst kaum noch hören. Worte bringen uns hier nicht weiter,
jetzt zählen nur noch die Taten. Ich habe das Jahr begonnen
und geschworen, dass ich jedem Wrestler im Ring begegne, der sich
als würdig erweist und sich ein Titelmatch verdient. Und so
ungern ich es auch sage, aber es gibt wohl aktuell keinen
würdigeren Herausforderer als Aldo Nero.
Deshalb
bin ich bereit für diese finale Schlacht, um ihn endgültig
zu besiegen und seine Eroberung niederzuschlagen. Es tut mir leid
für Aldo, dass er mit der Bürde eines solchen Vaters
belastet ist, aber das wird ihn auch nicht davor behüten,
was ich heute mit ihm anstellen werde.“
Wir
sehen nun wieder wie hin- und her geschnitten wird, zwischen Ask
der spricht und den Bildern „seines“ Waldes. Die
Naturverbundenheit, der Ort, der ihm Kraft gibt, seine Heimat und
Herkunft – all das hat ihn bis hierhergebracht und auch,
wenn er vor zwei Wochen zu zweifeln begann, wird er daran
glauben, dass es ihn noch viel weiterbringen wird.
Und
erstmal…bringt es ihn zum Sieg über Aldo Nero.
Ask
Skógur: „Ich werde dich besiegen, Aldo und ich werde
dich besiegen ‚Mister Corleone‘ und dann bin ich euch
ein für alle Mal los. Ihr wart die härteste Jahreszeit
im Jahr des Hirsches, aber diese ist nun vorbei. Und meine
Regentschaft geht weiter.“
Ein
ernster Blick von Ask in die Kamera, ein bestimmtes und
energisches Schnaufen. Seine Mission ist klar, sein Ziel gewiss
und der Glaube an sich selbst ist stark.
„Das
Jahr des Hirsches wird heute nicht enden!“
Die Scandinatives treten durch den Vorhang.
Ist es für sie das Ende ihrer GFCW-Karriere oder der Beginn
von etwas Großem?
Halvor
Howard und Bjørn Johansen haben hoch gepokert, als sie
dieser Loser Leaves League-Match angeregt haben. In dem Moment,
in dem sie Caracal Matthews in den Rücken fielen, war die
Chance verbaut, auf normalem Wege in der Liga zu bleiben. Nun
bleibt nur noch der Weg über den Kampf – sie müssen
den Vertrag aus den Händen Matthews‘ entreißen.
Trotz der
enormen Aufgabe machen die Beiden nicht den Eindruck, als wären
sie von der Herausforderung überfordert. Das Duo tritt aus
dem Hintergrund ins Bild und klatscht miteinander ab. Beide
Wrestler haben ein vorfreudiges Lächeln im Gesicht. Mit
gegenseitigen Schulterklatschern putschen sie sich auf, dann
marschieren sie am Saloon vorbei Richtung Ring.
Das Duo
trägt ein Outfit in den Nationalfarben Norwegens. Bedeutet
konkret: Lange rote Tights mit blauen und weißen
Applikationen, auf dem Gesäß ist jeweils die
Nationalflagge nebst den Initialen des Athleten aufgedruckt. Die
Oberkörper sind frei und machen den körperlichen
Unterschied der beiden Wrestler mehr als deutlich: Halvor Howard
ist klein, unter 175cm, aber massiv gebaut, mit einem festen,
aber vorstehenden Bauch. Auf seinen breiten Schultern liegen
blonde Haare, das rundliche Gesicht wird von einem Bart im
Captain Jack Sparrow-Stil geziert. Johansen hingegen ist eine
unauffälligere Erscheinung, passend zu seinem ruhigen
Auftritt abseits des Rings. Er ist groß, um die 190cm, aber
eine Spur schlaksig. Sein Gesicht ist rasiert, die dunklen Haare
sind akkurat kurz geschnitten.
Als sie am
Ring angekommen sind, sliden die Norwegen synchron auf die Matte,
springen auf und klatschen miteinander ab. Sie reden einander in
ihrer Heimatsprache gut zu.
Jetzt haben sie die Chance, sich in dieser Liga festzubeißen.
Oder in Vergessenheit zu geraten.
Die Kamera
schwenkt um, als ein rockiges Instrumental den ersten der zwei
Gegner der Scandinatives ankündigt. Tommy Qurashi ist zu
sehen, wie er gerade ins Bild tritt und kampfeslustig die Arme in
die Luft reckt. Seine Miene ist ernst, vielleicht eine Spur
angespannt. Er lässt sich nicht von der fantastischen
Kulisse im Amphitheater ablenken, sondern marschiert zielstrebig
den Weg zum Kampfgeviert.
Die
Reaktionen, mit denen Qurashi empfangen wird, sind zwar in der
Tendenz positiv, aber eher leise. Wirklich Eindruck hat der
Kanadier bislang nicht hinterlassen – weder sportlich noch
charakterlich. Er scheint, so zumindest der bisherige Eindruck,
nur einer von vielen in der glanzvollen Welt des Wrestlings zu
sein. Und für die Verhältnisse im Wrestling
erschreckend normal – keine gute Zutat, um sich
unverzichtbar zu machen. Doch darauf kommt es heute auch (noch)
nicht an. Zunächst einmal muss er überhaupt die
Rahmenbedingungen schaffen, um Teil der Liga bleiben zu dürfen.
Dazu muss ein Sieg her.
Pete:
„Wir haben in den Aufzeichnungen gesehen, dass Qurashis
Gespräch mit Matthews am Flughafen wenig harmonisch verlief.
Könnte das diesen Kampf beeinflussen?“
Sven:
„Ich denke nicht, Pete. Beide Athleten wissen, was auf dem
Spiel steht.“
Während
Tommy Qurashi zum Ring marschiert, liegt sein Blick bereits auf
den Gegnern. Mit den Scandinatives hatte er in der Vergangenheit
zwar schon den ein oder anderen Zwist, aber eben auch keine
körperliche Auseinandersetzung. Trotzdem ist jetzt keine
Spur Sympathie im Blickduell auszumachen, welches sich Qurashi
mit Howard und Johansen liefert. Im Gegenteil: Sie haben
miteinander einfach harmoniert. Und heute können sie endlich
die Maske fallen lassen und zeigen, was sie vom jeweils anderen
halten. Nämlich nicht viel. Für Qurashi sind die
Scandinatives nur zwei Hindernisse, die es aus dem Weg zu räumen
gilt.
Tommy
springt von außen auf den Apron und hält inne, um auf
seinen Partner zu warten. Er will nicht alleine in den Ring, will
kein unnötiges Risiko eingehen. Und so verharrt er an Ort
und Stelle, bis seine Musik vertönt und die Kamera abermals
Richtung Vorhang schwenkt.
Looser
leaves League-Match:
Scandinatives
(Halvor Howard & Bjorn Johansen) vs. Tommy Qurashi &
Caracal Matthews)
Referee: Thorsten
Baumgärtner
Der Gong wird geschlagen, es
stehen sich zu Kampfbeginn Halvor Howard und Caracal Matthews
gegenüber.
Der Norweger mustert den Royal
Rookie mit stoischer Kälte, während der Kanadier
ein lockeres Grinsen aufsetzt – das Publikum liegt
natürlich auf seiner Seite. Es hat seinem Zuspruch nicht
geschadet, dass er die Liga monatelang für den Tanz
vernachlässigt hat. Zumindest nicht gegen diesen Gegner.
Ein erster Lock-Up. Howard
reagiert klüger, zieht Matthews sofort in einen
Waistlock, bringt ihn auf die Matte und rollt sich flüssig
in einen kontrollierten Side Headlock. Technik mit Präzision.
Doch Matthews kontert clever – er stützt sich an
den Ropes ab, kann sich durch den Schwung freischütteln.
Caracal schlägt ein Rad, landet auf den Füßen.
Howard dreht sich irritiert nach seinem Gegner um, da kommt
ein donnernder Dropkick mitten ins Gesicht.
Pete:
„Caracal ist BACK. Er hat nichts von seiner Athletik
eingebüßt.“
Das Amphitheater geht mit.
Matthews nutzt den Moment, federt in die Seile, springt ab.
Running Dropkick gegen die Brust von Halvor.
Howard rollt rückwärts
und rappelt sich wieder auf, er ist in den ersten
Matchsekunden mit der Schnelligkeit des Gegners ein Stück
weit überfordert. Sein Blick geht zu Caracal, er
versucht in dessen Miene die nächste Aktion zu lesen. Da
klatscht dieser Tommy Qurashi ein. Ein schneller Wechsel.
Keine schlechte Idee, um frisch zu bleiben. Der ehemalige
GTCWler stürmt in den Ring und räumt den ihn
entgegenkommenden Halvor mit einem brutalen Shoulder Block
ab.
Pete:
„Howard ist massiv gebaut, aber Qurashi auch –
und fast 20 Zentimeter größer. Tommy schickt
seinen Gegner auf die Matte.“
Fruststart für die
Norweger. Halvor, ohnehin für Emotionalität
bekannt, klatscht frustriert auf die Matte, als er sich zum
wiederholten Male aufrappeln muss. Er trollt sich in seine
Ecke und Bjørn Johansen klatscht sich ein.
Der zweite Norweger kommt ins
Squared Circle. Er umkreist Qurashi, behält sicheren
Abstand bei. Dann sucht er nach einem passenden
Angriffsfenster und kommt mit wuchtigen Low Kicks, immer
wieder gegen Qurashis Oberschenkel. Doch Tommy bleibt stehen,
packt Bjørns Bein. Nutzt die gefangene Gliedmaße,
um Johansen Schwung mitzugeben. Whip in die Seile –
doch Johansen kontert! Ein Spinning Heel Kick aus dem Lauf
wirft Qurashi aus dem Konzept. Der Kanadier wird am Hals
getroffen und durch den Schwung umgerissen. Die erste
gelungene Aktion für das norwegische Team.
Beide Männer stehen
gleichzeitig auf. Es sieht aus, als wollten sie jeweils
darauf warten, dass der andere den Schritt zum Angriff macht.
Doch dazu kommt es nicht: Dieser Kampf ist zu wichtig, um auf
Risiko zu gehen. Und so ist es ein langsames Abtasten, ein
einander Umkreisen – ohne dass sich eine Chance bietet,
die man für einen offensiven Move nutzen kann.
Qurashi geht zum Wechsel –
Matthews ist wieder da. Vielleicht ist Schnelligkeit das, was
man braucht, um wieder ein Loch in die Defensive Johansens zu
reißen. Der Streamer federt vom Apron auf das oberste
Seil und steht dadurch in der Luft. Johansen sieht ihn zwar
kommen, doch kann den Schwung des einspringenden Matthews
nicht stoppen.
Ein Springboard Crossbody
trifft.
Matthews bleibt zum Cover auf
Bjørn.
Eins…
– aber da
ist schnell wieder Schluss.
Sven: „Noch ist keine
Zeit für den Siegestanz.“
Pete:
„War auch sehr optimistisch gedacht von Matthews. Oder
eine Provokation an Johansen?“
Auf dem Apron macht nun Howard
auf sich aufmerksam. Der Mann aus Oslo drückt die Seile
nach unten, um sich vorzubeugen. Er grölt etwas in
Richtung Matthews. Was genau ist für den
Standardzuschauer nicht ermitteln, da Howards Vortrag in
dessen Heimatsprache kommt. Aber es ist sicher kein
Kompliment. Und deswegen geht Matthews darauf ein. Er reckt
drohend einen Finger in Richtung Halvor.
Während der Referee Howard
zurückhält, bleibt Howard auf dem Apron stehen und
provoziert. Bjørn nutzt die Ablenkung, packt sich
Caracal, dreht ihn einmal schnell herum –Suplex auf die
Matte! Draußen stöhnt Qurashi auf und boxt
frustriert gegen das Ringpolster. Das war eine Ablenkung wie
aus dem Lehrbuch und sein Tag-Team-Partner ist allen Ernstes
drauf reingefallen. Kann sich Matthews nicht einfach mehr
konzentrieren?
Wechsel auf der
Scandinatives-Seite. Halvor kommt zu Johansen in den Ring,
gemeinsam zeigen sie einen Russian Legsweep. Der doppelte
Aufprall drückt Matthews auf den Boden, und Halvor setzt
sofort nach – Knee Drop direkt auf die Brust. Ohne zu
zögern, zieht er Matthews hoch.
Butterfly Suplex!
Das Cover folgt!
Eins,
Zwei,
Kickout.
Matthews zieht die Schulter
hoch. Bleibt im Match – und in der Liga. Aber draußen
beginnt Qurashi, sich Sorgen zu machen. Der Kanadier rauft
sich die Haare. Man sieht ihm an, dass er sich wünscht,
endlich wieder eingewechselt zu werden. Doch derzeit ist
Matthews nicht in der Position, das zu tun.
Wieder der Wechsel auf
Scandinatives-Seite, diesmal zurück zu Johansen. Er
zieht Caracal an den Haaren in die Vertikale, drückt ihn
in die Ringecke. Ein harter European Uppercut lässt den
Kanadier zusammensacken.
Pete:
„Die Machtverhältnisse sind in diesen Kampfminuten
überraschend eindeutig verteilt. Und es ist ausgerechnet
der GFCW-Stammwrestler, Caracal Matthews, der hier am meisten
einstecken muss.“
Johansen holt Anlauf, will die
Corner Clothesline – doch Matthews springt auf das
zweite Seil, dreht sich in der Luft…
…Moonsault
Reverse DDT.
Der Großteil der
Zuschauer im Amphitheater steht begeistert auf und jubelt.
Die Aktion war nicht nur athletisch anzusehen, sondern auch
ein Konter aus dem Nichts. Wegen Moves wie dieser hat Caracal
sich in das Herz der Menge gekämpft. Caracal nutzt die
Luft, die er sich erarbeitet hat und kriecht in die Ecke,
bäumt sich auf – es gelingt der Hot Tag zu
Qurashi!
Pete:
„Die Karten werden neu gemischt.“
Mit langen Schritten donnert
der Kanadier auf Bjørn Johansen zu, der gerade
aufstehen will – Lariat! Der Norweger wird umgemäht,
dreht sich in der Luft einmal um die eigene Hälfte und
schlägt hart auf.
Ohne auch nur einen Atemzug zu
verschwenden, wendet sich Qurashi ab. Halvor Howard hat
gerade das zweite Seil berührt, will sich vom Apron aus
in den Ring schleichen. Aber der aufgepeitschte Kanadier
scheint Augen im Hinterkopf zu haben. Denn er rennt plötzlich
auf Halvor zu, dreht sich im Lauf und erwischt Howard, bevor
dieser Schaden anrichten kann.
Back Elbow von
Tommy!
Wie von einer Hammerschaufel
getroffen, fliegt Halvor rückwärts vom Apron und
knallt auf den Hallenboden. Das Publikum ist nun auch für
Tommy heiß. Als der Kanadier die Arme in die Luft reißt
und dazu auffordert, ihn zu unterstützen, wird es laut.
Die Fans klatschen.
Qurashi dreht sich wieder zum
Ringinneren. Johansen krabbelt gerade auf die Knie, will sich
auf der anderen Seite des Ringes an den Seilen hochziehen.
Aber Tommy ist schon da. Ein harter Tritt gegen die Rippen.
Dann noch einer – und ein dritter. Bjørn hebt
die Arme zum Schutz, doch Qurashi packt ihn, zieht ihn auf
die Beine und whippt ihn mit Schwung in die Seile. Johansen
federt zurück – und läuft direkt in einen…
…Spinebuster!
Die Matte bebt. Qurashi bleibt
über Johansen knien, ballt die Faust. Keine Show, kein
Posen; nur ein Ausdruck von Wucht und Entschlossenheit. Er
steht auf, zieht Bjørn gleich wieder hoch, greift zu –
Snap Suplex! Und sofort geht es weiter. Qurashi
bleibt am Drücker, nimmt erneut Anlauf, federt in die
Seile, springt hoch und landet mit seinem ganzen Gewicht
mitten auf der Brust von Johansen.
Matthews klatscht draußen
begeistert aufs Polster, feuert seinen Partner an. Und Tommy
weiß genau, was jetzt zu tun ist. Er sieht Johansen
taumelnd aufstehen, packt ihn sich. Nimmt ihn in den Ansatz
zu einem Double Underhook. Dann hebt er Johansen aus dieser
Position aus.
Piledriver!
Johansens Kopf kracht auf die
Matte. Qurashi dreht ihn sofort zum Cover, hakt tief ein –
Eins…
Zwei…
Pete: „DA
IST HOWARD!“
Springboard
Elbow von Howard!
Halvor Howard fliegt aus dem
Nichts ins Bild und trifft Qurashi mit voller Wucht am
Hinterkopf. Das Cover ist damit Geschichte – und nun
ist auch Caracal Matthews zurück.
Der Streamer ist empört
über den Eingriff und stürmt in den Ring, rennt auf
Howard zu, springt ab. Trifft Howard ohne klar benennbare
Aktion, aber zumindest mit vollem Gewicht. Beide taumeln,
schlagen aufeinander ein. Jetzt wird es chaotisch.
Baumgärtner versucht, die beiden illegalen Männer
aus dem Ring zu bekommen. Und hat Glück: In ihrem Brawl
rollen sich die Zwei unter den Seilen nach draußen.
Draußen brüllen sich
Matthews und Howard an, dann folgen schnelle Schläge –
die beiden liefern sich nun außerhalb des Squared
Circles eine wilde Prügelei, die auch gut in einen
Saloon passen würde. Drinnen bleibt Tommy Qurashi
zurück, gekrümmt und vom Elbow sichtbar
angeschlagen. Nicht nur, dass er Pin verhindert wurde –
nein, es hat auch die Kraftverhältnisse verändert.
Qurashis Offensivephase wurde jäh beendet.
Pete:
„Caracal und Tommy dürfen nun nicht den Kopf
verlieren. Sie waren bis hierhin auf einem guten Weg. Bis zu
Howards Eingriff.“
Bjørn Johansen ist
zuerst wieder oben, sieht Tommy und zieht ihn auf die Beine.
Er hebt Qurashi hoch. Es sieht nach dem Ansatz zu einer
Powerbomb aus. Aber irritierenderweise wirft er seinen Gegner
nicht auf die Matte…sondern läuft mit ihm über
die Matte.
Pete:
„Hä? Was hat Johansen hier vor?“
Dann kommt doch die Powerbomb –
aber nicht im Ring. Johansen wirft Qurashi mit voller Wucht
in die Ringecke, direkt gegen das Polster.
Tommy rutscht in sich zusammen,
bleibt regungslos im Sitzen. Johansen atmet schwer, schleppt
sich zur Ecke. Und dort kommt in diesem Augenblick wieder
Halvor auf den Apron. Der Norweger hat den Brawl draußen
mit Matthews für sich entschieden.
Tag zu Howard. Der kleinere der
beiden Norweger springt direkt aufs Top Rope.
Top
Rope Legdrop!
Pete:
„Ich fasse es nicht! Howards Eingriff zuvor hat den
Kampf komplett verändert. Jetzt stehen die Scandinatives
hier kurz vor dem Sieg. Adios Tommy, Adios Caracal?“
Er trifft voll. Qurashis Brust
wölbt sich vom Aufprall auf, sein Körper zuckt.
Howard dreht ihn um, legt sich auf ihn, hakt das Bein ein.
Eins…
Zwei…
ZWEIEINHALB…
…
….
Qurashi
kommt raus!
Das Amphitheater reißt
die Arme hoch. Howard blickt ungläubig zum Referee,
schlägt einmal wütend auf die Matte. Dann macht er
ein Zeichen zu Johansen – ein Signal, dass sie das
Tempo nun ganz anziehen wollen.
Während Qurashi schwer
atmend am Boden liegt, sortiert sich draußen auch
Matthews und wieder langsam zurück in seine Ecke.
Doch die Norweger riechen Blut.
Howard hält Qurashi am Boden, dann zieht er ihn zwecks
Isolierung in die eigene Ringecke. Dort schlägt Halvor
auf seinen Gegner ein. Sofort zieht Johansen nach. Gemeinsam
versuchen sie, den ehemaligen GTCWler von einer Wechselchance
fernzuhalten. Sie pressen ihn in ihre Ecke, schirmen ihn ab,
wechseln sich schnell ab, halten ihn am Boden, mit Tritten,
Griffen, Suplessen – alles mit dem Ziel, ihn zu
isolieren, zu zermürben.
Doch Qurashi bäumt sich
immer wieder auf.
Er drückt sich vom Boden
ab. Schnell hoch. Er trifft Johansen mit einem harten
Ellbogenschlag. Noch einen. Johansen kippt nach hinten und
landet auf der Matte, direkt neben Qurashi. Der sieht seine
Chance kommen. Tommy robbt zur Seite, fast bis in die eigene
Ecke – doch Howard kommt rein und zieht ihn wieder
zurück! Das Publikum pfeift, buht, stampft. Aber dann:
Howard will Tommy in einen Headlock nehmen, doch der Kanadier
reagiert schneller. Qurashi schlägt Howard einen Arm aus
dem Weg, rollt sich zur Seite – und streckt die Hand!
TAG!
Pete:
„Matthews ist drin!“
Der Streamer springt über
das Seil, krachender Dropkick gegen Howard! Der Norweger
kippt um. Matthews dreht sich – Spinkick auf Johansen,
der gerade durch das mittlere Seil klettern will. Der Royal
Rookie ist absolut on fire. Howard kommt wieder auf die
Beine, taumelt…
…Flying Forearm von
Matthews!
Matthews will nachsetzen –
doch Johansen greift von der Seite ein. Ein brutaler Schlag
gegen den Rücken, Matthews sackt in die Knie. Ist seine
Offensive erst einmal beendet? Wieder einmal durch einen
cleveren, aber nicht legalen Eingriff der Norwegen?
Howard und Johansen stecken die
Köpfe zusammen und sprechen sich ab. Dann laufen sie
gemeinsam los. Es sieht nach einer Double Clothesline aus.
Doch Matthews federt aus den Seilen, duckt sich unter der
Aktion hindurch, springt ab – Headscissors gegen
Howard!
Der Norweger wird durch den
Schwung nach vorne geschleudert – direkt in Richtung
Qurashis Ecke. Matthews kommt hinterher.
TAG zurück zu
Tommy!
Pete:
„Caracals Phase im Match war kurz, aber effektiv. Er
hat Qurashi den Moment zum Verschnaufen geben, den dieser
gebraucht hat. Kann Tommy jetzt den Sack zumachen?“
Sven: „Oder war es ein
TAKTISCHER FEHLER, wieder den Mann einzuwechseln, der zuletzt
einstecken musste. Kommentiere nicht so einseitig,
Dummerchen.“
Qurashi stürmt rein und
hebt Howard auf.
Samoan
Drop!
Howard liegt regungslos auf der
Matte. Die Halle steht. Doch da – Johansen greift
(erwartungsgemäß) wieder ein. Er kommt vom Apron
in den Ring als Qurashi gerade mit dem legalen Gegner
beschäftigt ist. Tritt gegen Qurashis Magen. Der
Kanadier sackt zusammen –
Johansen nimmt Anlauf, will die
Lariat – aber Matthews ist wieder da!
Der Royal Rookie fliegt vom
Apron ins Geviert. Im allerletzten Augenblick schiebt er
Tommy zur Seite – und Bjørn läuft voll in
die Leere. Momentum verpasst. Matthews springt hoch und
erwischt Johansen, der aus den Seilen zurückfedert, mit
einem Dropkick. Der Norweger fliegt über das Top Rope
nach draußen!
Tommy packt sich Howard –
GERMAN SUPLEX! Tag zu Matthews.
Matthews bleibt
trotz des Tags auf dem Apron. Und wartet.
Howard steht auf….
…SPRINGBOARD
FAME ASSER!
Pete:
„Perfekt getroffen!“
Der Streamer rollt sich auf
Howard, hakt das Bein tief ein.
EINS…
…
ZWEI…
…
….
Bjørn Johansen rutscht
gerade wieder in den Ring, will eingreifen – aber
Qurashi springt dazwischen, blockt ihn mit einem Spear ab.
…..
DREI!
Der Sieg geht an Matthews und
Qurashi. Die GFCW-Karriere der Scandinatives ist (vorerst)
beendet. Die Faces liegen erschöpft aber jubelnd in der
Mitte des Rings – während sich die Norweger außen
fassungslos sammeln.
Sieger des Matches durch
Pinfall: Caracal Matthews und Tommy Qurashi!
Caracal Matthews
und Tommy Qurashi bleiben in der Liga.
Das Duo, das
sein erstes gemeinsames Match bestritten hat, hat alles aufs
Spiel gesetzt und am Ende gewonnen. Der Beginn einer großen
Partnerschaft?
Zunächst
einmal rappeln sich die beiden Kanadier unter dem Jubel des
Amphitheaters wieder auf. Jeder fällt erschöpft, aber
unendlich glücklich, auf einer anderen Seite in die Seile.
Sie reißen die Arme in die Luft und schreien ihre
Erleichterung heraus.
„YES!“
„YES!“
„YES!“
Das Publikum ist
mit dem Ergebnis zufrieden. Nachdem ausgiebig gefeiert wurde,
drehen sich die Athleten um…und blicken sich erstmals seit
dem gemeinsamen Sieg in die Augen.
Qurashi streckt
Matthews die Hand entgegen. Eine Geste des Respekts.
Und was macht
Caracal? Dem Kanadier fleucht ein Grinsen auf die Lippen. Er
ignoriert – zu Tommys eindeutiger Irritation – das
Angebot eines Handshakes und tritt an den Ringrand. Dort beugt er
sich zu Laura und verlangt von der Ansagerin ein Mikrofon. Als
sie der Bitte folgt und ihm den Schallverstärker reicht,
deutet Matthews auf einen weiteren Gegenstand, der dort bei Pete
und Sven deponiert ist.
Pete:
„Ein Umschlag. Ist es das, was ich denke, Sven?“
Mit dem Mikrofon
und dem Umschlag kommt Matthews auf Qurashi zu, der mittlerweile
seine Hand schon wieder eingezogen hat und nachdenklich auf
Caracal blickt. Er weiß nicht, worauf das hier hinausläuft
– und es wäre ihm lieber, wenn sie sich einfach
neutral Respekt aussprechen und dann backstage feiern. Auf
Überraschungen ist es nicht eingestellt.
Doch Matthews
hält das Mikrofon an die Lippen. Er grinst.
Caracal
Matthews: „Der Kampf war die Pflicht, nun kommt die Kür.
Jetzt wird GETANZT.“
Der Royal Rookie
vollführt auf den Fußspitzen eine gekonnte Drehung.
Caracal
Matthews: „Spielt die Musik!“
Einen Moment
Stille im Amphitheater. Dann tut die Regie wie ihr geheißen.
Ein schneller, treibender Beat schallt aus den Boxen. Ein
Dance-Track. Im Takt der Musik wippt Matthews mit dem Körper.
Er klatscht in die Hände und fordert die Zuschauer auf, ihm
zu folgen.
Dann reicht er
den Umschlag mit der Choreographie an Qurashi weiter. Es sind
dieselben Bilder, die dieser schon am Flughafen gesehen hat.
Zusätzlich
zur Musik setzen Scheinwerfer ein. Sie zaubern ein hektisches
Lichterfest ins Amphitheater, in dessen Mitte der Ring ist. Und
wiederum in dessen Mitte wirbelt Matthews umher. Wo auch immer
Caracal die Energie nach einem anstrengenden Match hernimmt: Er
tanzt sich die Seele aus dem Leib.
Zwischendurch
hat der Royal Rookie noch Zeit, die Zuschauer aufzufordern, mit
ihm zu tanzen. Ein guter Teil des Publikums folgt der
Aufforderung. In allen Sitzreihen wird der Body geshaked und
gewippt. Anderen, die von der Kamera eingefangen werden, ist
hingegen anzusehen, dass sie irritiert sind. Sie wollen das
Wrestling genießen und waren mit dem Match zufrieden –
ihnen ist nicht danach zumute, dass nun alles aufgrund einer
viralen Choreographie in Vergessenheit gerät.
Aber für
Caracal Matthews ist die Sache klar:
„DIE
FANS LIEBEN ES, WENN GETANT WIRD!
WRESTLING
BRAUCHT DAS TANZEN!
JEDER
MUSS TANZEN!“
…
…
…
…
Aber
Tommy Qurashi möchte nicht tanzen.
Er lächelt
Matthews verlegen an. Dann schiebt er die Bilder zurück in
den Umschlag. Und reicht sie an Caracal Matthews zurück.
Caracool Royale
steht da, als habe man eine Waffe auf ihn gerichtet. Ihm
entgleisen die Gesichtszüge.
Tommy
Qurashi: „Tanzen ist einfach nicht mein Ding, weißt
du? Jeder Mensch ist…anders.“
Caracal
Matthews: „Aber Tommy…“
Matthews Stimme
nimmt einen wehleidigen Klang an. Er legt den Kopf schief und
blickt Qurashi eindringlich an.
Im Hintergrund
verstummt die Musik.
Caracal
Matthews: „…wieso hasst du die Fans so sehr?“
Tommy
Qurashi: „Ich hasse sie nicht.“
Caracal
Matthews: „Aber du TANZT nicht!“
Qurashi stutzt.
Vielleicht wird ihn in diesem Augenblick klar: Seine Ablehnung zu
erklären wird schwerer als gedacht. Ist es, weil Matthews
nach dem Match so aufgeputscht ist? Oder…hat „Subscribe
to my Dances!“ Caracal wirklich verändert? Ist aus
seiner Liebe für das Tanzen eine Obsession geworden?
Tommy
Qurashi: „Weil ich kein Tänzer bin. Sondern Wrestler.
Einfach ein ganz normaler Wrestler.“
Als Antwort
kommt aus Caracals Kehle ein Geräusch irgendwo zwischen
Krächzen und Würgen. Die Farbe weicht aus seinem
Gesicht.
Seine Augen
weiten sich und bohren sich mit unangenehmer Intensität in
Qurashi. Caracal streckt eine Hand aus, als wolle er nach Tommy
tasten – als müsse er spüren, dass Tommy real ist
und nicht nur eine böse Illusion.
Caracal
Matthews: „Einfach nur ein Wrestler? Weißt du denn
nicht, wie langweilig Wrestling ist? Wir haben 2025. Wer nicht
TANZT, Tommy…“
Er blickt zu
Boden und schüttelt mit dem Kopf.
Caracal
Matthews: „…ist ein schlechter
Mensch.“
Ein Patt?
Qurashi und Matthews stehen da. Beide haben scheinbar nichts mehr
zu sagen. Während in Qurashis Körperhaltung die
Unsicherheit zu spüren ist, und wie unangenehm diese
Situation für ihn ist, so hebt sich Matthews‘ Brust
unter schweren Atemzügen. Sie werden schneller und
schneller. Aber auch unregelmäßiger.
…
…
…
Matthews
schlägt Qurashi mit dem Mikrofon nieder.
Im
Amphitheater ist es nun ganz still.
Blut sickert aus
einer Wunde Tommys Qurashis, wo ihn das Mikrofon getroffen hat.
Stöhnend, die Hände vor dem Gesicht, rollt er sich auf
der Matte umher.
Matthews steht
über ihm und blickt auf sein Werk. Er wirft das Mikrofon zu
Boden. Seine Hände sind Fäusten geballt.
Als die Kamera
an das verzerrte Gesicht von Matthews‘ heranzoomt, kann man
einen Satz von seinen Lippen ablesen.
Caracal
Matthews: „Tanzen. Du musst TANZEN, Tommy.“
Während die
Zuschauer noch in Schockstarre sind, geht ein Ruck durch den
Körper Caracools. Der Kanadier springt auf Qurashi zu, setzt
sich auf dessen Brust.
Und beginnt, mit
einer Faust auf die Stirn seines Partners einzuschlagen.
Caracal
Matthews: „Nur wer TANZT, liebt das Wrestling!“
Weitere
Faustschläge prasseln in das Gesicht Tommys und vergrößern
die Wunde auf dessen Stirn. Nachdem Qurashi bei den ersten
Schlägen noch versucht, die Hände schützend
hochzunehmen, sackt seine Defensive Punch für Punch ab, als
er immer mehr in die Traumwelt der Bewusstlosigkeit übertritt.
Sein Kopf dreht sich zur Seite, die Augen werden trübe.
Zwei weitere
Schläge.
Pete:
„Was zur Hölle passiert hier?“
„BUUUUUH!“
Als das Publikum
den ersten Schock über den plötzlichen Angriff
überwunden hat, kommen die ersten, noch immer von
Ungläubigkeit geprägten, Unmutsbekundungen für
Caracal Matthews – die dieser aber nicht wahrnimmt. Denn
nachdem er das Gesicht Qurashis mit Blut verschmiert hat, springt
er auf. Er kommt direkt über Qurashi zum Stehen.
Und
beginnt zu tanzen.
Caracal
Matthews: „DAS ist Wrestling, Tommy.“
Der Kanadier
stellt eine Fußspitze auf Tommys Brust ab und versucht sich
an einer Drehung, bei der er in Qurashis Blut abrutscht und
hinfällt. Doch es hält ihn nicht auf. Er schwingt die
Hände über dem Kopf und wiegt die Hüften.
Im Hintergrund
kommen Sanitäter.
Sie sliden in
den Ring.
…
…
…
Matthews
schnappt sich den erstbesten Mediziner.
Und
versucht, mit ihm zu DANCEN.
Im
Stile eines Walzers schwingt er den Ringarzt hin und her.
Drei Mann sind
nötig, um den überforderten Arzt freizubekommen, damit
sich endlich um Qurashis gekümmert werden kann. Matthews
verfolgt das Treiben mit ernsthafter Empörung. Wieso schaut
man ihm denn nicht stattdessen beim TANZEN zu?
Kopfschüttelnd
steht Caracool Royale da, als Tommy Qurashi eine Nackenkrause
angelegt wird und man ihn auf eine transportable Bahre
verschifft.
„TOM-MY!“
„TOM-MY!“
„TOM-MY!“
Aufmunternde
Rufe für Qurashi als dieser aus dem Ring Richtung
Backstagebereich verfrachtet wird. Was für ein schrecklicher
erster Arbeitstag als Vollzeit-Main-Roster-Wrestler. Es endet für
ihn in der Krankenstation.
Caracal Matthews
bleibt zu Buhrufen im Ring zurück und versteht die Welt
nicht mehr. Er blickt ins Publikum und schreibt immer wieder:
„Jeder LIEBT Tanzen!“
Dann rollt sich
Matthews aus dem Ring, als würde ihm auf einmal eine
Eingebung kommen. Er nimmt die Verfolgung von Qurashis
Krankentransport auf. Als er bei den Medizinern angekommen ist,
schubst er sie einfach zur Seite. Dann schnappt er sich Tommy.
Aber nicht, um ihm weiter zuzusetzen, sondern um neben ihm auf
die Liege zu steigen.
Matthews richtet
sich auf der Bahre auf, findet schnell die Balance…
…und
beginnt oben auf dem medizinischen Equipment über Tommys
Körper zu tanzen.
Dem
medizinischen Personal bleibt nichts übrig, außer den
unfreiwilligen Gast mitzunehmen, wenn sie keinen Brawl riskieren
wollen.
Die Bilder des
dancenden Matthews, der über den beinahe bewusstlosen
Qurashi auf einer Bahre backstage geschoben wird, sind die
letzten Eindrücke dieses Segments. Dann wird zur nächsten
Szene geschaltet.
Auf
einem schwarzen Bildschirm taucht mit einem Mal ein blinkender
Cursor auf. Als wenn wir verfolgen würden, wie jemand auf
einer Tastatur Wörter auf den Monitor schreibt, setzen sich
hier Buchstaben Wörter zusammen. Und diese Wörter zu
ganzen Sätzen. Eine uns bekannte Stimme liest den Text, dem
wir bei der Entstehung zuschauen können, laut vor.
???:
#JasonCrutch ist nur eine Heulsuse!
Der
Bildschirm wird wieder schwarz, und wir sehen lediglich den
blinkenden Cursor. Und wie zuvor bilden sich jetzt Buchstaben zu
Wörtern. Und erneut liest die Stimme vor:
???:
#JasonCrutch = Crybaby!
???:
Er konnte den Titel zweimal nicht gewinnen. Wie viele Chancen
bekommt er noch?
???:
Gebt endlich jemand anderem eine Chance!
???:
Die hundertste Auflage Jason Crutch vs Darragh Switzenberg. Gähn.
???:
Aus welchem Grund hat Jason Crutch diese Chance verdient?!
Dann
wird der Bildschirm schwarz. Und bleibt schwarz. Allerdings
bemerken wir nun, dass die Kamera wohl zu schwenken scheint. Wie
aber auch immer sei, langsam kommt Jason Crutch im Halbprofil ins
Bild. Die schwarz verspiegelte Sonnenbrille fehlt. Er spricht an
der Kamera vorbei zu einer Person, die wohl dahinter steht. Sein
Blick wirkt fokussiert. Unvermittelt lächelt er zynisch. Und
seine linke Hand wird von unten ins Bild gestreckt. Zu sehen ist
der Battlemania-Ring.
Jason
Crutch: „DAS ist der Grund, wieso ich diese Chance verdient
habe.“
Er
dreht die Hand, den Ring zu sich, blickt ihn nochmal eindringlich
an. Dann verschwindet die Hand aus dem Bild, und Crutchs Blick
richtet sich wieder an die Person hinter der Kamera.
Jason
Crutch: „Es ist doch ganz einfach und wenn man darüber
nachdenkt, gar nicht schwierig zu verstehen: mit dem Sieg bei
Battlemania 2025 habe ich mir eine Chance auf den
Intercontinental-Championtitel in Form eines Titelmatches
verdient. Doch diese Chance wurde mir zweimal verwehrt. Das,
wofür dieser Ring steht, das, was damit verbunden ist, wurde
in dem Moment ad acta gelegt, als Darragh Switzenbergs Handlanger
in beide Matches eingegriffen habe. Beide Male, bei Brainwashed
und bei Aurora, wurde unter simpelsten Umständen diese
Chance zunichtegemacht. Und zwar in einer Form, die im Grunde
beide Matches völlig inexistent macht. So wurde es mir im
Übrigen auch von Dynamite bestätigt. Es waren keine
Unfälle, keine Zufälle – es war schlicht und
ergreifend Betrug.“
Seine
Augen senken sich, sein Blick fällt nach unten. Sehr wohl
erneut auf den Ring an seiner Hand. Dann hebt er sich wieder.
Jason
Crutch: „Als Aurora zuende gegangen war, war mir trotz
allem bewusst, dass, egal, wie unfair all diese Umstände
waren, ich kaum Ansprüche auf ein weiteres Match habe. Ich
kenne die Regeln des Business. Letzten Endes ist es aber auch so,
dass mich Darragh Switzenberg nie klar besiegt hat. Zumindest
nicht unter den Bedingungen, wie ich es unter sportlichem
Wettkampf verstehe.“
Er
beißt sich auf die Lippe, schüttelt leicht den Kopf,
als sei er auf der Suche nach den richtigen Worten.
Jason
Crutch: „Jeder kennt mein Ego. Verdammte Scheiße, ich
habe eines der größten Egos des Business. Und mein
überdimensionales Ego kann es schmerzlich verwinden, dass
mich Darragh nie fair besiegt hat. Dass mir diese faire Chance
zweimal verwehrt wurde. Und, bei Gott, jeder weiß, wie
schwer mein überdimensionales Ego es verkraften konnte, dass
ich den Weg, den EINZIGEN Weg, gehen musste, mit der ich noch
eine weitere, letzte Chance auf den
Intercontinental-Championtitel bekommen würde. Ich musste
mich erniedrigen und Darragh Switzenberg darum BITTEN. Und die
Welt hat gesehen, wie schwer mir das gefallen ist. Doch das hat
wohl klar gemacht, wie sehr ich dieses Match brauche. Wie sehr
ich den Intercontinental-Championtitel brauche.“
Er
wiederholt einen der Sätze, die er zu Beginn des Segments
schon vorgelesen hat. Nun wird klar, dass er wohl scheinbar ein
Tablet in der anderen Hand hält, von dem er die Sätze
abgelesen hat. Man erkennt es an seiner Mimik, wie er nach unten
sieht und dabei ein leichtes Schmunzeln seine Lippen umspielt.
Und noch einmal einen der Sätze von zuvor wiederholt:
Jason
Crutch: „#JasonCrutch ist eine Heulsuse!“
Er
lässt das nochmal so stehen. Dann blickt er wieder den Mann
hinter der Kamera an.
Jason
Crutch: „Hehe, ihr wolltet mich damit wirklich
konfrontieren, was? Also here we go:
Ich
bin nicht dumm. Ich bin nicht taub und nicht blind. Ich habe
gesehen, was im Internet geschrieben wird. Ich sehe die Blicke
mancher hungriger Jungs und Mädels im Backstage. Ich sehe,
wie mich einige von ihnen missgünstig ansehen. Doch sie alle
frage ich: wieso seid ihr nicht nach vorne getreten? Wieso seid
ihr nicht auf das Podest gestiegen und habt gerufen:
‚Moment
mal, hier bin ich!‘
‚Moment
mal, wo ist meine Chance?‘
‚Moment
mal, wieso wieder Crutch, wieso nicht ich?‘“
Und
das unterstreicht er noch einmal, indem er einige kurze
Augenblicke schweigt. Dann setzt er völlig ruhig fort und
lächelt:
Jason
Crutch: „Vielleicht wolltet ihr es einfach nicht genug.“
Wieder
einige Momente Pause. Im Anschluss setzt er wieder fort, diesmal
bestimmt. Energisch.
Jason
Crutch: „Aber ich…ich will es! Ich BRAUCHE es! Ich
trete nach vorne und rufe: ‚Hier bin ich!‘ Ich bin
derjenige, der auf das verdammte Podest klettert und ruft: ‚Das
ist meine Zeit, verdammt! Ich bin es, der es verdient hat! Ich
bin derjenige, der sich diese Chance erarbeitet und eine faire
Chance verdient hat!‘
Der
GFCW-Intercontinental-Championtitel ist der zweithöchste
Preis im professionellen Wrestling. Und es gibt unfertiges
Business für mich. Darragh wollte Anfang des Jahres meine
Karriere endgültig beenden. Und nun bin ich hier, um seine
Regentschaft zu beenden. Ich WEISS, dass er sich im Grunde seines
Herzens fragt, ob er mich nicht doch wirklich besiegen kann.
Fair. Ohne Alonso. Ohne Fleestedt. Und nun steht dort dieser
Käfig.“
Er
lächelt.
Jason
Crutch: „Nur Pinfall, nur Submission, Darragh. Die Flucht
aus dem Ring durch die Käfigtür oder Drüberklettern
bringt keinen Erfolg. Es soll nicht um die Flucht gehen. Es soll
darum gehen, sich zu stellen. Alles andere aus dem Ring zu
halten.“
Das
war neu!
Jason
Crutch: „Darragh Switzenberg. Jason Crutch. Dieser Käfig.
Und eine gewaltige Menge an Bedingungen. Ihr kennt die Liste an
Forderungen, die Darragh im Vertrag haben wollte. Und ich werde
sie alle erfüllen. Nur: es wird es gar nicht erst dazu
kommen, Darragh! Heute Abend werde ich siegen. Ich werde dich
klar besiegen. Ich werde Intercontinental-Champion werden. Und
dann ist es vorbei zwischen dir und mir. Kein Rematch. Darragh
Switzenberg vs Jason Crutch III. Der finale Vorhang.“
Er
blickt noch einmal hinab auf seinen Ring. Dann lächelt er
wieder für einen Augenblick, ehe das Lächeln für
den Rest des Segments endgültig verschwindet. Er blickt
wieder den Mann hinter der Kamera an. Und ein Funkeln ist in
seinen Augen zu sehen.
Jason
Crutch: „Und wenn alles vorüber ist, wird niemand mehr
danach fragen, wie oft du mich betrogen hast oder wie viele
Chancen Jason Crutch noch benötigt. Denn ich werde der
Intercontinental-Champion sein. Und dir wird bewusst werden,
Darragh, dass du mich niemals fair schlagen kannst. Denn, vertrau
mir: ich BIN besser als du!“
Und
mit diesen Worten schwenkt die Kamera wieder langsam nach links
zurück, bis das Bild wieder vollends schwarz ist und wir
ausblenden.
Die Umkleidekabine liegt in fahles, künstliches Licht
getaucht. Das Flackern der Neonröhren an der Decke spiegelt
sich matt auf dem dunklen Boden, der leicht nach Gummi und altem
Schweiß riecht. Eine dumpfe Stille liegt in der Luft –
als würde sie nur darauf warten, von etwas durchbrochen zu
werden.
Jay
Tavensitzt
auf der Bank, nur ein Handtuch locker um die Hüften
geschlungen. Tropfen rinnen noch von seiner Haut, frisch aus der
Dusche. Sein Blick ist leer, fokussiert auf einen Punkt an der
Wand, während in ihm Gedanken brodeln, die schwer wie Blei
wirken.
Die Tür öffnet sich mit einem leisen Knarren.
Aya,
in ziviler Kleidung, betritt die Kabine. In der einen Hand hält
er seine Sporttasche, die er achtlos in eine Ecke wirft, bevor er
die Tür hinter sich schließt. Ohne zu zögern,
steuert er auf Jay zu – kein Lächeln, kein Zögern
– nur dieser ernste, dunkle Blick.
Aya:
„Jay,
bevor du was sagst, lass mich reden. Ich weiß, was in den
letzten Tagen und Wochen alles passiert ist. Ich weiß, dass
du das Gefühl hast, mir nicht trauen zu können. Und ja…
ich hab in letzter Zeit auch nicht viel dafür getan, dass du
es überhaupt kannst.“
Er bleibt vor ihm stehen, die Schultern angespannt. Als Jay den
Mund öffnet, hebt Aya sofort die Hand – wie ein
stummes Stoppzeichen.
Aya:
„Du
hast alles gegeben, um mit mir ein Team zu bilden. Obwohl ich…
anfangs dagegen war. Du hattest ’ne Vision, einen Traum –
und ich war Teil davon. Aber ich hab’s nicht gesehen. Hab’s
nicht anerkannt. Stattdessen hab ich’s den verdammten Hasen
leicht gemacht, Zweifel in dir zu säen. Zweifel, die ich
nicht ausräumen konnte… oder vielleicht auch nicht
wollte.“
Sein Blick schweift kurz zur Seite, als würde ihn etwas
belasten, das er nicht aussprechen kann. Wieder holt er tief
Luft, ehe er weiterspricht. Jay will erneut ansetzen – doch
Aya unterbricht ihn erneut.
Aya:
„Gestern
hab ich mit meinem alten Freund gesprochen. Und da ist mir klar
geworden: Ich häng immer noch zu sehr an dem, was war. Statt
mit dir nach vorn zu schauen. Heute Abend… haben wir die
Chance, Tag Team Champions zu werden. Und glaub mir, Jay –
ich werd alles in meiner Macht Stehende tun, um das zu
erreichen.“
Es folgt ein Moment der Stille. Aya wartet. Jay sieht ihn an.
Dieses Mal lässt der Wuppertaler ihn sprechen.
Jay
Taven: „Das
freut mich zu hören, Aya. Und ich bin mir sicher, wir holen
uns heute Abend die Titel von den Hasen. Ich vertraue dir. Ich
glaube dir auch. Aber… es gibt da eineSache,
die ich wissen will.“
Seine Stimme wird schärfer, eindringlicher – seine
Augen funkeln.
Jay
Taven: „Was
zum Teufel ist das für ein Vertrag, den du mit Dynamite
gemacht hast? Was steht wirklichdrin
– und warum sagst du’s mir nicht?“
Der Blick des Wuppertalers wandert langsam zur Decke. Für
einen Moment sagt er nichts – die Luft scheint dicker zu
werden, als würden die Schatten an den Wänden sich
näher heranschleichen. Er legt die Hände in die Hüften,
dann gleitet eine davon an seinen Bart, den er nachdenklich
streicht.
Aya:
„Du
hast vollkommen recht, Jay. Ein Team sollte keine Geheimnisse
haben. Und du verdienst es, zu wissen, was in dem Vertrag steht.“
Er macht eine Pause. Eine Pause die fast zu lang ist.
Aya:
„Da
steht… dass ich das Match zwischen Leviathan und den Hasen
als Gast-Ringrichter leiten durfte. Und… dass wir ein
Titelmatch bekommen würden gegen jene
die dannChampion
sind.“
Aya vermeidet Jays Blick. Man sieht es ihm an: das war noch nicht
alles. Seine Worte klingen zu glatt, zu vorbereitet. Und Jay
merkt es sofort. Sein Blick wird schmaler, durchdringender.
Jay
Taven: „Also...
was steht da nochdrin?“
Aya:
„Ja,
ich sag’s dir doch... Lass mich ausreden.“
Er wirkt fahrig, dreht sich plötzlich um, blickt sich
suchend in der Umkleide um – als hätte er den Faden
verloren. Oder als wolle er ablenken.
Aya:
„Oh
verdammt… Ich hab meine Tasche im Hotel vergessen. Ich…
ich geh sie eben holen, Jay. Bin gleich wieder da.“
Und ohne eine weitere Erklärung dreht Aya sich zur Tür,
öffnet sie – und verschwindet. Sein Ton war flüchtig,
seine Haltung unruhig. Was eben noch wie ein offenes Gespräch
wirkte, endet in einem abrupten Abbruch.
Jay bleibt zurück. Allein.
Der Amerikaner blinzelt. Dann wandert sein Blick zur Ecke…
dorthin, wo Aya vorhin als er reingekommen ist seine Sporttasche
hingeworfen hat. Sie liegt da. Unberührt.
Jakob Fleestedt
kommt, um Rasmus Rantanen zu bestrafen.
Das ist sein
klar umrissener Auftrag, den er heute zu erfüllen hat.
Rantanen hat es gewagt, das Angebot auszuschlagen, dem
Switziverse beizutreten. Und noch dazu tat er es in der
schlimmstmöglichen Form: Indem er das Switziverse
attackierte, um Jason Crutch einen Prestige-Sieg in einem
Gauntlet-Match zu ermöglichen.
Der Situation
angemessen, mit ernstem Gesicht und ohne großen Auftritt,
marschiert Jakob Fleestedt über die Veranstaltungsfläche
Richtung Ring. Dem Saloon, in dem später am Abend sein
Partner Zac Alonso um den Sieg in der Battle Royal kämpfen
wird, wirft er keinen Blick zu, er ist voll und ganz auf das Hier
und Jetzt konzentriert. Auf das One on One gegen Rasmus.
Fleestedt trägt
ein rotes Outfit, passend zu den Hausfarben des Switziverse. Sein
Attire besteht auf roten Stiefeln, schwarzen Kneepads und roten
Trunks, auf den Hinterseite das Logo seines Stable aufgedruckt
ist. Auf den Kneepads wiederum sind seine Initialen JF
angebracht. Der Oberkörper ist bis auf getapte Hände
und schwarze Ellbogen-Pads frei. Fleestedt springt von außen
auf den Apron und nimmt sich einen kurzen Augenblick Zeit, um ins
Publikum zu schauen. Ihm schallen erwartungsgemäß
Buhrufe entgegen, die Sympathien sind auch schon vor Rantanens
Auftritt klar verteilt. Entsprechend genervt schüttelt Jakob
mit dem Kopf, wendet sich von den Fans ab und tritt zwischen die
Seile auf die Matte. Dort lässt er den Kopf im Nacken
kreisen und dehnt sich an den Seilen, während er auf den
Kontrahenten wartet.
„RAS-MUS!“
„RAS-MUS!“
„RAS-MUS!“
Mit einem
breiten Grinsen auf den Lippen tritt Rasmus Rantanen ins Bild.
Der Kieler breitet die Arme aus und empfängt die Fans
mindestens so sehr, wie sie ihn.
Ganz am Anfang
des Entrance-Bereichs, noch hinter dem Saloon, bleibt er stehen
und genießt den Augenblick. Ein netter Mensch ist dieser
Rasmus Rantanen noch immer nicht, das steht außer
Diskussion. Aber nach den Ereignissen der letzten Monate ist das
Publikum dennoch auf seiner Seite – wer sich erst mit Aiden
Rotari und dann mit dem Switziverse anlegt, kann kein so
schlechter Kerl sein. Frei nach dem Motto: Der Feind meines
Feindes ist mein Freund.
Zu den Klängen
von Natalie Bergmans glockenheller Stimme marschiert Rantanen
Richtung Ring. Es ist ein Duell zwischen zwei Männern, die
einst dem Förderkader angehörten – wenn auch in
verschiedenen Generationen. Fleestedt war einer der O.G.s und
verließ das Konzept bei Title Night 2024, wo er von
Switzenberg vor der Entlassung gerettet wurde. Rantanen stieß
2025 hinzu.
Das Outfit des
Kielers ist so auffällig wie unpassend für die staubige
Umgebung: Er trägt schneeweiße Stiefel und ebenso
schneeweiße Tights, die einen starken Kontrast zu seiner
gebräunten Haut und den dunklen Haaren bilden. Auf dem
Oberschenkel ist ein silbernes Kreuz eingestickt, das
aufleuchtet, wann immer die Spotlights es treffen.
Natürlich
hängt um den Hals Rantanens auch wieder die wohlbekannte
Kette, das Symbol seiner Verbindung mit den höheren Mächten.
In Gedanken verloren greift er nach der Kette, streicht über
das Kreuz. Als er kurz vor dem Ring angekommen ist, nimmt er das
Schmuckstück ab und drückt dem Kreuz einen Kuss auf die
Lippen. Dann slidet er ins Squared Circle, reicht die Kette an
Mike Kontrak weiter und will auf eines der Top Ropes steigen, um
für die Zuschauer zu posieren. Doch in diesem Moment tritt
bereits Fleestedt vor, begierig auf den Kampf. Er kann kaum vom
Ringrichter zurückgehalten werden. So bleibt Rasmus nichts
übrig, außer auf das Posing zu verzichten und sich
bereit zu machen.
Singles
Match:
Jakob
Fleestedt vs. Rasmus Rantanen
Referee: Mike Kontrak
Der Kieler und der Riesaer
gehen sofort in den Lock-Up. Körperlich kann Jakob mit
11cm mehr aufwarten, aber kräftemäßig geben
sich die Beiden nicht viel. Es ist ein Kräftemessen auf
Augenhöhe, zumindest dem Anschein nach. Sie schieben
sich durch den Ring, mal hat Rantanen die Oberhand, mal
Jakob.
Doch dann geht der Switzisstant
einen Schritt weiter, dreht sich flink zur Seite und zieht
Rasmus in einen festen Neck Hold.
Der Halb-Finne knirscht mit den
Zähnen, versucht, in die Seile zu greifen. Doch
Fleestedt hat trotz seiner geringen Erfahrungen in dieser
Situation die passende Übersicht, verhindert mehrmals
den Rope Break, indem er seinen Gegner zurückzieht.
Rasmus wird frustrierter, risikofreudiger - und entscheidet
sich dann für den direkten Weg. Mit einem Ruck hebt er
Fleestedt an und knallt ihn mit einem improvisierten Back
Suplex auf den Rücken. Das Publikum feiert, der erste
Achtungserfolg der Begegnung geht tatsächlich an
Rantanen.
Pete:
„Damit dürfte das Abtasten vorbei sein.“
Jakob flucht und hält sich
den Nacken. Die Überraschung steht ihm ins Gesicht
geschrieben, ebenso der Frust. Er springt auf, stürmt
blindlings auf Rasmus zu – und läuft direkt in
einen Dropkick.
Pete:
„Volltreffer.“
Der Youngster taumelt rückwärts
und stürzt dann auf die Matte. Nachdem es im Lock-Up
noch aussah, als würde er hier gut mithalten, ist er
schnell ins Hintertreffen geraten. Diese Einsicht scheint
Fleestedt dazu zu bewegen, dass es Zeit für einen Reset
ist. Unter Buhrufen rollt er sich draußen, wo er sich
direkt an die Lippe fasst. Ein kleiner Cut hat sich durch den
Dropkick geöffnet. Er verzieht das Gesicht, schmeckt
Blut. Als er in den Ring schaut und drinnen das Grinsen
Rantanens sieht, welches natürlich frei von Mitleid ist,
nimmt die Wut Fleestedts zu.
Rantanen fordert seinen Gegner
auf, wieder ins Squared Circle zu kommen. Doch Fleestedt
winkt ab, er lässt sich von Rantanen nicht zu sagen, was
er zu tun hat. Das hier geht nach seinem Tempo. Das Publikum
buht. Besonders ein Mann in der ersten Reihe hat es dabei
wohl übertrieben, denn Fleestedt dreht sich zum
„Störfaktor“ um und liefert sich ein
hitziges Wortduell mit dem Zuschauer.
Und genau da ist Rantanen.
Er sprintet durch die Seile,
greift Fleestedt von hinten in den Nacken – doch Jakob
reagiert schneller als gedacht. Ein wilder Ellbogenschlag
trifft den Halb-Finnen genau an der Schläfe. Rasmus
wankt. Und plötzlich hebt Jakob ihn an.
POP-UP POWERSLAM
außerhalb des Rings.
Fleestedt feiert sich für
die Aktion und wirft die Arme in die Luft, während
Rantanen auf dem Rücken liegen bleibt und nach Luft
ringt. Laute Buhrufe gehen durch die Reihen als Fleestedt den
„Machtwechsel“ mit einer provokanten Geste in
Richtung des Zuschauers zelebriert, mit dem er sich zuvor
gestritten hat.
Pete:
„Gut gemacht von Jakob, kann man nichts sagen. Aber
kann er das auch IM Ring fortsetzen. Erst einmal muss er
Rasmus zurück auf die Matte bringen.“
Der Riesaer lässt sich
einen Moment Zeit, wischt sich das Blut von der Lippe. Dann
greift er sich Rantanen an den Haaren, schiebt ihn unter dem
untersten Seil zurück in den Ring. Er folgt direkt
hinterher, zieht den angeschlagenen Rantanen hoch, nimmt
hinter ihm Aufstellung und zeigt einen kontrollierten Reverse
DDT. Der Einschlag ist satt. Sofort geht Fleestedt ins Cover.
Eins…
Zwei…
Kickout!
Rasmus zuckt die Schulter hoch.
Fleestedt kniet neben ihm. Bei aller Arroganz: So wirklich
hat selbst Jakob nicht damit gerechnet, dass dies schon zum
Sieg reicht. Auch er weiß, welches Durchhaltevermögen
sein Gegner hat. Das hat sich nicht zuletzt in den beiden
Kämpfen gegen den hoch überlegenden Aiden Rotari
gezeigt.
Pete:
„Der Kampf hat gerade erst begonnen – aber beide
haben schon Spuren davongetragen.“
Fleestedt hat kein Interesse,
Rantanen nach dem gescheiterten Cover auf die Beine kommen zu
lassen. Er setzt sich neben Rasmus, zieht dessen Kopf mit
beiden Armen zur Seite – Neck Wrench. Der Griff sitzt
tief, schmerzhaft. Der Riesaer grinst, während er
genüsslich mehr und mehr Überdehnung für den
Nacken des Halb-Finnen auspackt. Rantanen sind die Schmerzen
anzusehen, die Lippen sind zusammengekniffen, die Augen
suchen nach einem Ausweg. Aus seinem Mund kommt ein lauter
verwendendes Keuchen.
„RAS-MUS!“
„RAS-MUS!“
„RAS-MUS!“
Das Publikum wird laut. Aus
Rasmus wird bald "Ra-Ra! Ra-Ra!" – und Rasmus
beginnt zu zittern. Zu leben. Mit zusammengebissenen Zähnen
kämpft sich der Kieler hoch. Zentimeter für
Zentimeter. Dann ein Knie in Jakobs Magen! Fleestedt stöhnt
und verliert für den Bruchteil einer Sekunde die
Kontrolle. Der Griff reißt auf – und Fleestedt
taumelt mit schmerzverzerrtem Gesicht rückwärts in
die Ecke.
Rantanen nimmt Maß.
Sprintet los. Jetzt, wo er die Freiheit wieder hat, will er
sofort nachsetzen.
Doch Jakob streckt das Bein aus
– und Rantanen rennt geradewegs in die Sohle. Der
Aufprall stoppt den Kieler abrupt, er stolpert nach hinten
und fällt in der Ringmitte auf die Knie, um den Schmerz
abzuschütteln. Fleestedt schüttelt kurz den Kopf,
klettert auf das zweite Seil, richtet sich auf – er
will einen Flying Bulldog zeigen! Doch Rantanen duckt sich im
letzten Moment ab. Jakob fliegt ins Leere und kracht unsanft
auf die Matte.
Pete:
„Gute Übersicht von Rasmus!“
Rantanen nutzt das Momentum,
reißt Jakob hoch – Snap Suplex! Der Aufprall
lässt den Ring beben. Rasmus springt in die Seile, lässt
sich mit dem Ellbogen auf Jakob fallen. Und bleibt einfach
liegen.
Eins…
Kickout.
Ein Kickout, der ganz und gar
nicht überraschend kommt. Rantanen weiß, dass es
für Jakob mehr brauchen als zwei gute Aktionen in Folge.
Aber mit seinem Konter hat er eine Duftmarke gesetzt, noch
einmal klar gedacht, dass in jeder Phase mit ihm zu rechnen
ist. Er lässt Jakob aufstehen, tritt ihm direkt in den
Magen. Dann rennt er in die Seile, nimmt Tempo auf.
Pete:
„Sieht mir nach einem Shining Wizard aus.“
Doch Fleestedt taucht weg.
Rasmus tritt ins Leere. Er kann den Lauf nicht ganz stoppen
und federt unfreiwillig auf der gegenüberliegenden Seite
in die Seile. Beim Rücklauf wird er von Jakob und dessen
ausgestreckten eingefangen – Sleeperhold!
Die Arme des Switzisstants
liegen wie eine eiserne Schlinge um Rasmus’ Hals. Keine
Lücke, kein Spielraum. Nur Druck. Jakob Fleestedt presst
seinen Oberkörper gegen den Rücken des Halb-Finnen.
Rasmus’ Augen weiten sich. Der Sauerstoff wird knapp,
das Gesicht rot. Seine Arme rudern wild, schlagen ins Leere,
greifen instinktiv nach Halt – aber da ist nichts. Nur
Jakobs erbarmungsloser Griff. Das Publikum wird lauter,
brüllt ihm Mut zu, doch die Welt des Kielers beginnt
sich bereits leicht zu drehen. Er sackt in den Beinen ein und
kniet, hinter ihm der erbarmungslose Foltermeister namens
Jakob Fleestedt.
Die Seile.
Er sieht sie, ganz nah. Nur
Zentimeter entfernt. Ein Lichtstreifen der Hoffnung am Rand
des Sichtfeldes. Rasmus stemmt sich auf ein Knie, schwankt –
Jakob bleibt dran, klebt an ihm. Der Kieler stolpert
seitlich, sackt wieder auf beide Knie. Doch eines ist in ihm
so lebendig wie eh und je: Sein Wille zum Weitermachen. Er
sammelt alles, was noch in ihm ist. Alles für ein
letztes Aufbäumen.
Er stemmt den rechten Fuß
auf den Boden, wankt zurück in die Ecke – setzt
den linken Fuß auf das unterste Ringpolster. Und dann,
mit einem einzigen, verzweifelten Aufschrei, stößt
sich Rasmus mit der gesamten verbliebenen Kraft nach hinten
ab. Der Körper des Kielers schnellt nach hinten –drückt
Jakob mit.
„YEEEES!“
Beide fallen und krachen
gemeinsam auf die Matte. Rasmus landet hart, aber genau da,
wo er hinwollte –auf Fleestedt. Zwar ist die Aktion
immer noch nicht gelöst, doch Rasmus hat die Situation
zu seinem Vorteil gewandelt. Zu einem Pin-Versuch. Mike
Kontrak zählt.
Eins…
Zwei…
Jakob muss den Sleeperhold
lösen und Rasmus von sich stoßen, um im Match zu
bleiben. Er flucht. Beide raffen sich auf, taumeln, rennen
gleichzeitig los. Es ist ein vermeintlich unkontrolliertes
Anstürmen zweie Youngsters ohne viel taktische
Erfahrung. Aber wer Rasmus kennt, weiß, dass ihm ganz
spontan manchmal eine ziemlich schlaue Idee kommt. So auch
jetzt: Rantanen stellt den anlaufenden Jakob einfach ein
Bein. Fleestedt stolpert, fällt unsanft in die Ecke.
Schlägt mit der Stirn auf ein Ringpolster und bleibt
benommen stehen.
Rasmus zögert keine
Sekunde – packt ihn von hinten.
Pete:
„German Suplex! In die Brücke!“
Eins…
Zwei…
Kickout!
Rantanen stemmt sich auf die
Beine und greift nach Jakobs Arm, um direkt weiterzumachen.
Um den Gegner hochzubekommen – doch Fleestedt rammt ihm
im nächsten Moment die Stirn tief in die Magengrube. Ein
plötzlicher Schlag, roh und wirksam. Der Kieler keucht,
beugt sich vornüber. Und wird direkt von einem Kneeling
Uppercut getroffen.
Die Faust Jakobs kracht unter
Rasmus’ Kinn, schleudert dessen Kopf nach hinten. Ehe
der Halb-Finne sich überhaupt sortieren kann, hebt ihn
Jakob bereits aus – Pop-Up Powerslam! Der Einschlag
lässt die Ringseile beben.
Rantanen liegt, nach Luft
ringend. Doch der Riesaer denkt nicht daran, ihm auch nur
eine Sekunde Ruhe zu gönnen. Mit einem wuchtigen Anlauf
kommt er angerannt und tritt Rasmus mit einem Running
Dropkick aus dem Ring – oder besser gesagt: auf den
Apron. Rasmus bleibt halb draußen liegen, ein Bein im
Seil verfangen.
Jakob geht direkt hinterher,
packt den Deutsch-Finnen an der Schulter und zieht ihn so
zwischen den Seilen vom Apron zurück, dass dessen Kopf
zwischen dem mittleren und oberen Seil hängt.
Rope-assisted
DDT!
Rasmus kracht mit dem Gesicht
voraus auf die Matte.
Pete:
„Das könnte die Entscheidung sein!“
Cover,
Eins…
Zwei…
…
…
NEIN.
Kickout – im allerletzten
Moment! Fleestedt fährt sich mit der Hand durchs Haar,
schnauft gereizt. Er packt Rantanen nun noch aggressiver,
zerrt ihn an den Haaren nach oben und schleudert ihn mit
voller Kraft in die Seile. Von dort federt Rantanen zurück.
Jakob geht tief runter zu einem Back Body Drop – aber
zu früh.
Das Knie Rantanens trifft ihn
voll ins Gesicht.
Jakob taumelt, hält sich
die Nase. Die Orientierung ist weg – und Rasmus nutzt
den Moment. Er geht in Fleestedts Rücken und nimmt einen
kurzen Anlauf. Kneeclip von hinten! Der Switzisstant sackt
auf die Knie.
Und der Superkick
folgt sofort.
Der Knall hallt durch das
Amphitheater, Fleestedt klappt nach hinten weg. Rantanen
fällt auf ihn, hakt das Bein ein.
Eins…
Zwei…
Kickout!
Aber der Riesaer liegt. Der
Kieler ist obenauf. Und Bad Segeberg ist da. Rasmus steht in
der Ringmitte, der Schweiß glänzt auf seiner
Stirn, das Publikum klatscht für ihn. Er blickt zu
Jakob, der sich langsam aufrichtet, die Beine noch wacklig,
der Blick verschwommen. Rantanen stampft auf. Ein Zeichen.
Der nächste Superkick soll es richten.
Er wartet, zielt – doch
Fleestedt reagiert.
Im letzten Moment fängt
der Riesaer Rantanens Bein ab, drückt es gegen seinen
Oberkörper, blockiert die Bewegung. Rasmus hebt das
zweite Bein – will einen Enzuigiri zeigen – doch
Jakob duckt sich weg. Rantanen segelt ins Leere, dreht sich
unkontrolliert und kracht auf die Matte.
Und Jakob springt aus dem Stand
in die Luft. Beide Füße voran, landet er mit einem
Double Foot Stomp mitten in Rasmus’ Nacken. Ein
hässliches Geräusch hallt durch die Arena,
begleitet von einem kollektiven Raunen.
Fleestedt bleibt auf seinem
Gegner sitzen – und zieht Rantanen in einen Camel
Clutch.
Der Kieler windet sich, seine
Arme rudern durch die Luft, während sein Kopf nach
hinten gedrückt wird, der Rücken wie ein Bogen
gespannt. Fleestedt beißt die Zähne zusammen,
schreit „GIB AUF!“ – doch Rasmus denkt
nicht daran.
Pete:
„Das ist jetzt die Form von Bestrafung, die sich das
Switziverse für Rasmus‘ Verrat vorgestellt hat.“
Sven:
„Und auch der Move, mit dem sich Jakob den Sieg holen
wird, wenn sich Rasmus nicht schnell etwas einfallen lässt.“
„RAS-MUS!“
„RAS-MUS!“
„RAS-MUS!“
Die Fans werden lauter. Sie
wollen Rasmus aus dem Camel Clutch brüllen.
„Ra-Ra!
Ra-Ra!“
Der Halb-Finne bäumt sich
auf. Zentimeter für Zentimeter stemmt er sich nach oben
– mit Jakob auf dem Rücken.
Er steht! Er tappt los –
direkt in die Seile, will ihn abschütteln. Seine
Strategie: Jakob an den Ringpfosten rammen, damit dieser den
Griff lösen muss. Aber Fleestedt denkt mit. Er springt
von Rasmus‘ Rücken auf das Top Rope, als wäre
es geplant gewesen – ein flüssiger Übergang –
und lässt dann den Camel Clutch los. Rasmus Rantanen ist
frei, aber sieht sich plötzlich einer neuen Gefahr
gegenüber. Denn just als er sich über die Befreiung
aus der Submission freut, sieht er Jakob Fleestedt vom Top
Rope heranfliegen.
Missile
Dropkick!
Doch Rantanen taucht ab.
Jakob rauscht durch die Luft
und knallt brutal auf die Matte. Keine Landung, kein Schutz.
Nur der harte Boden des Rings. Aus Instinkt kommt er trotzdem
sofort wieder hoch. Und ist für einen Moment völlig
schutzlos.
Der
Superkick trifft diesmal.
Jakobs Augen verdrehen sich,
der Kopf klappt nach hinten. Jetzt kann Rasmus Rantanen mit
dem Gegner machen, was er will. Und er entscheidet sich
dafür, den Kampf zu beenden.
Crucifix
Bomb.
Eins.
Zwei.
Drei.
Der Riesaer bleibt liegen.
Sieger des Matches durch
Pinfall: Rasmus Rantanen!
Lorenz:
"Eine wunderbare Situation. Alle Anderen sperren sich
freiwillig im Saloon ein und wir sind allein. Aber müssen
wir... hier sein?"
Der
Marketing-Experte rümpft die Nase und zupft sein
kurzärmliches billiardgrünes Hemd von Prada zurecht.
Dieses Hemd aus technischer Baumwolle mit Boxy-Silhouette
interpretiert Workwear-Details in einer stilvollen Ästhetik
neu. Das kurzärmlige Modell mit Reißverschluss ist mit
einem kontrastfarbenen Print-Logo aus dem Archiv verziert.
Lorenz:
"Pferde sind wirklich nicht meine Favoriten."
Wir
befinden uns anscheinend nicht weit weg von der Location der
Show, denn eine Einblendung verrät uns, dass der "Aktivstall
Groß Rönnau" - sonst verantwortlich für das
Training der Pferde während der Karl May Festspiele - der
aktuelle Ort des Geschehens ist.
Lorenz:
"Sie bekommen auf Social Media deutlich weniger
Aufmerksamkeit als kleinere, pflegeleichtere und vor allem
günstigere Tiere. Sie sind kein gutes Investment."
Selbstredend
ist das die einzige Metrik, mit der Lorenz solche Dinge
beurteilt. Er wirkt jedoch nicht unbedingt genervt, sondern eher
neugierig, als er den Kopf zur Seite dreht.
Lorenz:
"Also wie verwandelst du Pferdeäpfel in Cox Orange?"
Die
Mundwinkel der links von Lorenz verorteten, schwarzmähnige
Frau aus Tokio zeigen nach oben. Glatt so als ob sie Lorenz in
diesem Moment als für sich gewonnen in einer internen
Checkliste verbucht hätte. Was tatsächlich gar nicht so
verkehrt ist. Bereits als „The Aion“ Miria Saionji
dem Casting „Perlen für die Säue“
beigetreten war (ohne je dazu eingeladen worden zu sein), hatte
sie die richtigen Worte gefunden, um Lorenz Interesse zu wecken
und dass sie dabei Monica Shades Pläne etwas durcheinander
gebracht hatte, war ein zusätzliches Plus gewesen.
Miria
Saionji: „Die Verwandlung von Nichts in Etwas erfolgt in
einigen, wenigen Schritten. Dass es heute Pferde sind, ist dabei
reiner Zufall. Es hätte alles sein können, Hauptsache
es eignet sich für einzigartige Schnappschüsse, dem
einzigartigen Setting dieses einzigartigen PPVs sei Dank. Unikate
verkaufen sich beim richtigen Klientel schließlich
besonders gut.“
Die
Frau mit der innenseitigen Blondierung ihres reichhaltigen
Schwarz ist heute mal nicht im ausschnittreichen Kleid unterwegs,
sondern hat sich dem Anlass entsprechend gekleidet: Cowgirlhut,
Weste, Hose und Stiefel und alles definitiv nicht für ein
paar Euro aus dem Faschingsladen, sondern eindeutig Markenware,
die noch nie von jemand anderem getragen wurde. Mirias Blick
wandert ungeduldig suchend umher und findet neben dem Stall einen
jungen Mitarbeiter Anfang Zwanzig von stämmiger Statur und
mit wuscheligem, roten Haar, an den sie sofort herantritt und mit
ihrer gleichermaßen kalten wie wohlklingenden Stimme
anspricht.
Miria
Saionji: „Einen recht schönen guten Tag. Ihr…
duverrichtest
hier großartige Arbeit, wirklich wunderbar anzusehen, wie
du keine Mühen scheust, dass es den Tieren hier gutgeht, auf
dass sie ihre beste Leistung zeigen können, ganz so wie du
hier Bestleistung zeigst.“
Der
junge Kerl erschrickt leicht, war er doch so in seine Arbeit
vertieft – die wortwörtliche Beseitigung von
Pferdeäpfeln – dass er Miria und Lorenz gar nicht
bemerkt hatte. Und nun war ihm diese unfassbar schöne Frau
so nah, sah ihm so tief in die Augen und machte ihm Komplimente.
Miria
Saionji: „Sag, wärst du wohl so gut mir eines eurer
Pferde aus dem Stall zu holen und hier neben dieses Showplakat zu
manövrieren? Ich möchte ja nicht die intime
Privatsphäre der hehren Rosse stören, daher bleibe ich
lieber hier draußen...“
Der
Mitarbeiter grinst bis über beide Ohren, nickt eifrig und
verschwindet rasch ins Innere der Pferdeunterkunft, mit hochroter
Birne.
Miria
Saionji: „Hah. Endlich mal wieder die gewohnte Reaktion.“
Man
kommt nicht umher zu vermuten, dass es mächtig an Mirias Ego
gekratzt hat, dass sie nicht dazu in der Lage war, Aiden Rotari
zu bezirzen. Zwar konnte sie sein Interesse letztlich dennoch
wecken, aber nicht wegen ihrer weiblichen Reize. Wenige
Augenblicke mit ungeduldigem Fußwippen später ist das
Pferd da wo es sein soll und der Mitarbeiter steht freudig
strahlend daneben. Miria lächelt ihm aufreizend zu und
faltet die Hände lieblich vor der Brust.
Miria
Saionji: „Wunderbar. Wie schön, dass du dir für
mein Anliegen die Zeit genommen habt. Bitte lass dich von mir
nicht weiter bei der Arbeit stören, ich brauche das liebe
Pferdchen nur für ein paar Momente. Ich kann selber
aufsitzen, keine Sorge.“
Miria
zwinkert dem Mitarbeiter extra süß zu und der geht von
dannen, sich wie geküsst fühlend, obgleich Miria ihm
technisch gesehen nie wirklich allzu nah gekommen ist, auch wenn
es sich für ihn so angefühlt haben mag. Und während
der Mitarbeiter beim Weggehen noch sehnsüchtige Blicke gen
Miria wirft, hat diese längst vergessen, dass es ihn gibt.
Vielmehr mustert sie das Pferd, den Winkel zum Showplakat und
holt von irgendwo her ein Smartphone hervor, das sie Lorenz
prompt in die Hände drückt.
Miria
Saionji: „Ich nehme an ihr wisst, wie man damit Bilder
macht. Wir machen genau drei davon. Eins wie ich neben diesem
stinkenden Gaul stehe und zwei wie ich in verschiedener
Sitzhaltung obenauf sitze. Ein Mal typischer Ritt, ein Mal
seitlich mit überschlagener Beinpartie. Alles klar soweit?
Ich nehme an, warum wir lediglich drei Fotos zur Generierung von
NFTs machen bedarf keiner weiteren Erklärung oder wollt ihr
meine Begründung hören, werter Herr Lorenz?“
Lorenz:
"Die Lerbitz Performance Group hat selbstverständlich
seinerzeit mit NFTs einen schönen Profit gemacht. Wobei wir
eher Affen als Pferde im Repertoire hatten."
Natürlichist
die LPG damals auf diesen Zug aufgesprungen. Wo sich leicht Geld
machen lässt, ist man am Start. Und so wenig angetan Lorenz
vom Konzept der Hufe tragenden Kreaturen zu sein scheint, so
fasziniert ist er von Miria und ihrem Gebaren.
Lorenz:
"Wir sind allerdings schon länger aus der Sache raus.
Momentan arbeiten wir mit PIGCOIN. Ich dachte, NFTs wären
eine nicht länger profitable Sparte auf einem lohnenswerten
Level - doch es scheint, als könnte ich mich geirrt haben."
Man
kann beinahe sehen, wie es in seinem Kopf arbeitet. Die Frage ist
nur, wie viele Dollar-Zeichen gerade vor seinem inneren Auge
rotieren.
Lorenz:
"Es muss allerdings bedeuten, dass du eine herausragende
Kundenbindung hast. Etwas, wonach jede profitorientierte Entität
lechzt. Uns eingeschlossen."
Interessiert
schlendert Lorenz mit dem Smartphone in der Hand in Position,
hebt es an und hat Miria nun auf mehr als nur eine Art im Visier.
Lorenz:
"Eine solche Expertise in den eigenen Reihen zu haben wäre
unter Garantiere eine enorme Bereicherung."
Mirias
Mundwinkel zeigen nach oben. Zur Abwechslung nicht aufgesetzt. Es
gibt nicht viele Menschen denen Lobpreis und Anerkennung egal
sind und Miria ist sicherlich keine Ausnahme der Regel, ganz im
Gegenteil.
Miria
Saionji: „Wie ich bereits bei unserer ersten Begegnung in
Oslo gesagt habe, verfüge ich über ein treues Klientel
an Patrons, das sehr willig ist, sich mir zuliebe von ein
bisschen Geld zu trennen. Der Profitrahmen von NFTs mag nicht
groß genug sein, um die Erwartungen eines großen
Unternehmens zu befriedigen, doch für mich, um über die
Runden zu kommen, ist es eine lohnende Sparte meines
Gesamtangebots. Ein Profit ist ein Profit und ein paar Fotos zur
Grundlage sind schnell gemacht und nicht viel Aufwand. So gesehen
sind NFTs von ihrem Ertrag höchst profitabel – zumal
sie mich zum Inhalt haben und daher etwas sehr persönliches
sind. Und je persönlicher, desto wertvoller für meine
treuen Anhänger.“
Offenbar
hat Miria wenig Hemmungen ihre Geschäftspraktiken
darzulegen. In diesen Worten ist die Erklärung dann auch
mitgeliefert, warum es nur drei Bilder sein sollen – werden
es zu viele, sind sie nicht mehr persönlich genug. Künstlich
Engpässe zu schaffen ist nicht nur in der Erdölindustrie
ein Mittel zur Gewinnmaximierung.
Miria
Saionji: „Ich nehme an ein so vielseitig bewanderter Mann
wie sie wird wissen, dass etwa meine Perlenkette und meine
Garderobe genauso kostspielig sind, wie sie aussehen. Ich nehme
auch an, ihr erahnt, dass ich selbst keinen einzigen Yen
investiert habe, um in den Besitz derselben zu kommen. Alles was
es stattdessen brauchte, war der Dreh eines kleinen
Unboxing-Videos mit Anprobe, nur für den Absender.“
Man
kommt nicht umher in ihrer wohlklingenden, kalten Stimme bei der
Verkündung dieser Worte ein gutes Maß an
Geringschätzung zu hören. Nicht ganz so übel als
wenn Marc Hill über vergangene Meistertitel von Werder
Bremen sprechen müsste, aber es geht doch in die Richtung.
Miria
Saionji: „Und doch verrate ich ihnen wohl nichts Neues,
wenn ich sage, dass man nie genug Geld haben kann und je größer
die Kundschaft, desto besser. Sicherlich, viele mögen einen
kleinen, intimen Rahmen und die Vorstellung einer von Wenigen zu
sein, die den Schatz namens „Miss Eternity“ kennen...
aber viele andere würden es nur zu gerne sehen, dass die
Zahl meiner Anhänger steigt, auf dass sie sich in ihrem
Fansein bestätigt sehen können, dass sie nicht länger
Teil einer Nische sind und sich als die „OGs“ einer
großen, globalen Fanbase ansehen können. Je mehr
neidische Blicke, vor denen sie mit ihren NFTs oder Collectibles
prahlen können, desto besser. Und
genau deshalb bin ich in diesem Geschäft und nun hier bei
ihnen – auf dass ich von einer Nische zur Weltmarke werde.
Und so viel Geld wie möglich für so wenig Einsatz wie
möglich in meine Geldbörse gespült wird. Solange
wir beide dieses Ziel haben, umsetzen und gemeinsam davon
profitieren, solange werden wir uns bestens verstehen.“
Und
da ist es wieder: Mirias extra herziges Zwinkern mit betörendem
Lächeln.
Und
- man möchte beinahe sagen "endlich" - springt
jemand darauf an, wie gewünscht. Es mag ein bisschen mehr
gebraucht haben als üblich für Miria, um Lorenz um den
Finger zu wickeln, aber nun, wo sie die gleiche Sprache sprechen,
scheint er von "interessiert" zu "begeistert"
zu wechseln. Es fehlt eigentlich nur noch, dass er den "Yen
zu Euro"-Kurs-Rechner auspackt und gierig nach Zahlen fragt.
Lorenz:
"Wir werden uns besser verstehen als alle anderen, denke
ich."