Security:
"Nein, ich habe ihn immer noch nicht gesehen."
Der
Mann, ein stämmiger Sicherheitsbeamter von gut fünfzig
Jahren und mit schütterem Haar, schwitzt in seinem schwarzen
Poloshirt. Schweiß rinnt ihm von der Stirn. Trotzdem
schafft er es, sich für seinen Gesprächspartner einen
mitleidigen Blick abzuringen. Väterlich tröstend. Nach
dem Motto: Du kannst noch so oft fragen, wie du willst - an der
Situation hat sich nichts geändert.
Viggo:
"Aber er muss doch kommen!"
Benannter
Gesprächspartner ist Viggo, der zuletzt ein weiteres Mal in
Verruf geratene Ex-Herausforderer von Ask Skógur. Der
Londoner rauft sich die Haare und hat ein stummes, verzweifeltes
"Fuck" auf den Lippen. Er blick am Sicherheitsmann
vorbei auf den Parkplatz. Wo bis vor einer guten halbe Stunde im
Minutentakt Wagen vorfuhren bis die Parkfläche gut gefüllt
war, ist nun seit längerem nur Stillstand und Stille. Nichts
bewegt sich mehr: Wer hier gebraucht wird, ist bereits
angekommen.
Viggo:
"Und du hast ihn wirklich nicht aus Versehen übersehen?
Du hättest es mitbekommen, wenn er hier durch wäre?"
Das
mitleidige im Blick des Sicherheitsmannes bekommt Risse, Nuancen
von Genervtheit treten zu Tage: Was soll diese Frage denn? Ist
das etwa ein stiller Vorwurf, er würde seinen Job nicht
richtig machen?
Security:
"Ganz sicher. Ich hab hier schon alles im Griff...oder im
Blick, um es besser zu sagen."
Der
Mann streift sich etwas Imaginäres von der Schulter, als
habe sich dort der Vorwurf manifestiert, er habe etwas übersehen.
Oder besser: Ihn übersehen.
Viggo:
"Verdammt! Aber Ask ist auch nicht in seiner Kabine. Aber er
MUSS doch hier sein."
Security:
"Steht er denn überhaupt auf der Card. Vielleicht ist
er einfach zu Hause?"
Viggo:
"Ich muss mit ihm reden!"
Der
Angesprochene blickt zu Boden und schüttelt unmerklich den
Kopf. Ein leises Seufzen entfährt ihm.
Security:
"Naja, das ist kein Argument, nur ein frommer Wunsch, mein
Junge. Ich glaube, du kannst ihn auch nicht herbeschwören,
wenn du hier auf der Lauer liegst. Wir machen es einfach so:
Setz' dich ins Catering, trink einen Café und wenn Ask
hier auftaucht, sagt dir ein Kollege Bescheid."
Als
Antwort auf diesen versöhnlichen Vorschlag gibt es von Viggo
nur noch ein abwesenden Nicken, denn er dreht sich bereits weg
und ist auf dem Sprung, um an einer anderen Stelle nach dem Mann
zu suchen, mit dem er sprechen will. Sprechen MUSS. Mit Ask
Skógur - so viele Dinge sind unausgesprochen geblieben.
Ask muss ihm einfach zuhören. Oder?
War
Evening, Donau-Arena (Regensburg), 28.06.2024
In
Kooperation mit
Freitag!
Regensburg! WAR EVENING! Zwei Wochen lang gab es keinen neuen
GFCW-Content mehr für die GFCW-Galaxy. Das ändert sich
heute, hier, in der Donau-Arena!
Die
Kameras fangen massenweise jubelnde GFCW-Fans ein, die den
heutigen Abend gar nicht erwarten können. Plakate für
oder gegen die verschiedenen Wrestler der Liga werden in die Luft
gestreckt und der Spaß, den das Publikum bereits jetzt
schon zu haben scheint, ist unverkennbar. Regensburg freut sich
auf War Evening, also sollten wir damit auch schnellstmöglich
beginnen!
Pete:
„Herzlichen Willkommen, liebe GFCW-Galaxy, zu War Evening.
Die vorletzte Show vor Stranded wird heute in Regensburg
stattfinden. Mal schauen an welchen Fronten sich die Lage weiter
zuspitzt oder wo sich die Lage etwas abkühlt. Spätestens
bei Stranded werden einige einen kühlen Kopf bewahren
müssen!“
Sven:
„4 Wochen noch Pete…vier.“
Pete:
„Zählen kannst du ja…wahnsinn!“
Singles
Match: Steve
Steel vs Titan Referee:
Thorsten Baumgärtner
Pete:
„Ich bin sehr gespannt auf das Duell. Dieses mal nicht mit
ihren Partnern sondern in einem Singles Match. Da Titan genauso
wie Tha Bomb eher der Tag Team Spezialist ist gehe ich davon aus
das Steel das hier machen wird.!“
Sven:
„Das werden wir noch sehen Pete. Titan ist schon um einiges
erfahrener als Steve. Und schwach ist er nicht. Da wird sich der
Protz noch umschauen.!“
Pete:
„Es wird auf jeden Fall ein Zeichen für die kommenden
Wochen in der vierer Fehde zwischen den beiden Teams sein.“
Singles
Match: Renegade
vs ??? Referee:
Karo Herzog
Sven:
„Das was Renegade in den letzten Wochen widerfahren ist
gipfelt nun in einem aufeinander Treffen mit den drei
Fragezeichen. Ich hab keine Ahnung was das soll oder wer
dahinterstecken könnte.“
Pete:
„Für Renegade ist es wieder mal ein Kampf gegen den
großen Unbekannten. Doch nachdem er in der letzten Show von
dem gelben etwas ziemlich rüde attackiert und entführt
wurde sehe ich da eher schwarz für das Energiebündel.“
Sven:
„Mir hats gefallen. Auch wenn der Typ durchgeknallt ist
gefällt mir seine rohe Herangehensweise. Die Gründe
dahinter?! Ist mir egal..“
Singles
Match: Morbeus
vs. Tha Bomb
Referee:
Mike Kontrak
Pete:
„Der Main Event des Abends. Eine Fehde die schon über
Jahre immer wieder aufkeimt und scheinbar kein Ende finden will.
Dieser Kampf könnte auch gut in jedem PPV ein Main Event
sein.“
Sven:
„Und das nur weil Tha Bomb diese große Nummer in der
GFCW ist. Morbeus hat Glück das die beiden wiedergekommen
sind und er ein Ziel hat.“
Pete:
„Auch hier sehe ich mal eine Entspannung in der Tag Team
Fehde zwischen T’n’B und Steel und Morbeus. Mal ein
einfaches Kräftemessen wo ich die Vorteil bei Morbeus sehe.“
Sven:
„Das siehst aber auch nur du so Pete.“
Pete:
„Ihr seht, liebe Zuschauer, wie immer haben wir eine prall
gefüllte Show. Wir wünschen viel Spaß!“
Mac
Müll: "Was machst du hier?"
Wenn
man einen Satz wie diesen ausspricht, ist es leicht, im Tonfall
einen stillen Vorwurf mitschwingen zu lassen; die Feststellung,
dass der Angesprochene hier nicht hingehört. Mac Müll
jedoch, geschult durch zwanzig Jahre unterwürfige
Interviewarbeit in der GFCW, trällert den Satz so
naiv-interessiert heraus wie eh und je. Und interessant wird's,
als die Kamera herumschwingt und deutlich wird, wer der
Angesprochene ist. Denn bei seinem Anblick stellen sich auch die
Zuschauer eben jene Frage: Was macht DER hier? Was macht Timo
Schiller hier?
Timo
Schiller: "Tja, das weiß ich auch noch nicht genau."
Rückblick:
Es ist erst wenige Wochen her, da war Timo Schiller im Schatten
der heraneilenden England-PPVs "Heir To The Throne"
kurzzeitig zu German Fantasy Championship Wrestling
zurückgekehrt. Da wurde ihm, dem Original des Performance
Centers, die Chance gegeben, sich wieder einen festen Platz im
Roster zu verdienen. So weit, so gut. Nur: Timo Schiller konnte
diese Chance nicht nutzen. Er bestritt zwei Kämpfe, er
verlor sie beide. Warum also, und das ist eine berechtigte Frage,
ist Timo Schiller hier?
Mac
Müll: "Bitte?"
Schiller
verzieht sein Gesicht zu einem schiefen Lächeln. Er verleiht
seiner Aussage, selbst nicht genau zu wissen, warum er hier ist,
authentisch Ausdruck. Doch mehr noch als er selbst ist Mac Müll
verwirrt, der zwar das Mikrofon vor sein Gesicht hält,
jedoch einen Moment braucht, um die passenden Worte zu sammeln.
Mac
Müll: "Wie kann ich das verstehen? Du weißt
nicht, warum du hier bist. Aber das ist doch kaum Zufall, wenn du
hier auftauchst."
Timo
Schiller: "Nein, Zufall ist es nicht."
Er
beginnt, nachdem er in das Mikrofon gesprochen hat, in der Tasche
seiner Trainingsjacke zu kramen. Unter den interessierten Augen
Mülls zieht er hervor, wonach er gesucht hat. Ein Umschlag,
darin zwei Dokumente: Das Eine scheint ein Zugticket zu sein,
personalisiert auf den Namen Timo Schiller. Das Andere hingegen
ist ein Brief. Schiller faltet das Papier auf und streicht es
glatt, dann reicht er es an Müll weiter. Der Interviewer
zieht die Augenbrauen hoch und beginnt zu lesen.
Mac
Müll: "Und ein Absender steht nicht drauf?"
Kopfschütteln
bei Schiller. Und dann, als würde ihm plötzlich
einfallen, dass nur Mac, jedoch nicht die Zuschauer mitlesen
konnten, dreht er sich zur Kamera um und räuspert sich. Er
faltet den Brief wieder zusammen und hebt das Dokument dann
gefaltet ins Bild.
Timo
Schiller: "Darin steht nur die Adresse der heutigen Show.
Das Datum. Und dass ich vorbeikommen soll. Man würde für
alles bezahlen und das Ticket hier beweist es wohl..."
Er
deutet auf das zweite Dokument, das Zugticket.
Timo
Schiller: "Und dann noch ein einziger Satz: Ich werde
gebraucht, um eine Rolle zu spielen. Und ganz ehrlich: Keine
Ahnung, was damit gemeint ist. Welche Rolle ich spielen soll -
oder für wen."
Mac
Müll: "Trotzdem bist du hier."
Timo
Schiller: "Ja. Und weißt du, warum?"
Mac
fällt seinem Interviewpartner nicht ins Wort, sondern teilt
ihm nur kopfschüttelnd mit, dass er die Antwort nicht kennt
- er will, dass Timo selbst spricht. Die Antwort auf die eigens
gestellte Frage gibt.
Timo
Schiller: "Es ist mir egal, welche Rolle ich hier spielen
soll. Vielleicht will mich jemand ausnutzen. Vielleicht soll ich
ein Match bestreiten. Vielleicht will mich auch nur jemand
verarschen und ich verbringe den ganzen Abend am Catering. Aber
es...ist mir egal. Denn nur eine Sache zählt: Ich bin für
einen weiteren Tag Teil der GFCW. Ich werde vielleicht eine
Chance bekommen, mich zu beweisen. Und das ist alles, was ich
will. Ich weiß, dass meine letzten Auftritte nicht gut
genug waren. Die Niederlage gegen Viggo, dann die gegen
Beksultan. Meine Chancen auf eine Rückkehr sind klein. Aber
solange sie vorhanden sind, und wenn es auch nur ein kleiner
Fitzel ist, nach dem ich greifen kann...dann greife ich danach."
Er
stampft auf den Boden.
Timo
Schiller: "Das hier ist, wo ich sein will. Hier gehöre
ich hin! Und wer auch immer mich für eine Rolle haben will,
egal was damit gemeint ist, kann sich sicher sein..."
Der
Dortmunder blickt entschlossen in die Kamera, wirkt bis in die
Haarspitzen motiviert.
Timo
Schiller: "Ich spiele sie so gut ich kann. Und ich gebe
niemals auf, um hierher zurückzukommen."
Ein
dunkler Raum.
Ein
dunkler Raum mit gelbem gedimmtem Licht.
Ein
dunkler Raum mit gelbem gedimmtem Licht und einer Person die
reglos auf einem Stuhl sitzt.
„Bist
du wach?“
Stille.
„Bist
du wach wurdest du gefragt.“
Ein
leises Stöhnen.
„AUFWACHEN!!“
Ein
lautes Stöhnen. Gefolgt von unverständlichem panischem
Gebrabbel.
„Du
weißt was dir vorgeworfen wird?“
Erneut
unverständliche Laute.
„Anscheinend
weißt du immer noch nicht was du unseren Herrn angetan
hast. Aber nun gut. Die Güte unseres Königs ist heute
schier grenzenlos. Deswegen wirst du in seinem Antlitz nochmal
gelesen bekommen was der Grund ist wieso du bestraft wurdest und
was dir noch blühen wird.“
Die
Person auf dem Stuhl mit dem Knebel im Mund ist niemand anderes
als Renegade. Das Blut an seinem Hinterkopf verkrustet. Die
Kleidung immer noch verschmiert und dreckig. Er wirkt müde
und mitgenommen. Vor ihm steht der Herold des mysteriösen
Unbekannten. Wie immer nur mit einem gelben Leinentuch bekleidet.
Auch er wirkt hager und krank. Er zieht eine Schriftrolle aus der
Tasche.
„Dir…Renegade…wird
folgende Tat…nein…folgende Untat zum Vorwurf
gemacht. Du hast ohne Vorwarnung das Leben deines Königs
zerstört. Es war der Tag welcher ihn erneut in ein tiefes
Tal der Trauer und des Unverständnisses herabsinken lies.
Tage, Monate und Jahre fristete der König daraufhin ein
Leben in Trance. Ein Leben in vollkommener Isolation. Er Schritt
herüber in die Welt des Wahnsinns aus der er gerade erst
gekommen war. Erst durch intensive Betreuung konnte dem König
in Gelb geholfen werden die Pein die du ihn angetan hast zu
verstehen. Er hat verstanden. Doch hat er für
dich…Renegade…leider nicht akzeptiert. Das was du
ihm genommen hast war größer als das Verständnis
deines Handels. Und deswegen wirst du seinen Zorn spüren.
Seinen Wahnsinn spüren. Mit seiner Strafe wirst du leben
müssen. Die vergangenen Wochen waren ein Vorgeschmack dessen
was dir am Ende seines Handels wiederfahren wird…nämlich
die totale Vernichtung deines Namens…deiner Existenz. Sein
Wort wurde im Rat der 7 diskutiert. Der Rat hat sein Urteil
zugestimmt. Das Urteil wird am 12.07 verkündet und zwei
Wochen später am 28.07 vollstreckt.“
Die
Augen von Renegade zucken vor Verwirrung. Man sieht das er
absolut keine Ahnung hat was ihm da gerade vorgeworfen wurde. Er
versucht sich verständlich zu machen doch der Knebel im Mund
hindert ihn daran. Der Herold rollt seine Schriftrolle wieder
zusammen und steckt sie in sein Leinentuch. Er schleicht um
Renegade herum und zückt ein Messer. Renegade schaut
hektisch rechts und links über die Schulter. Bis er merkt
das der Herold ihm die Handfesseln durchschnitten hat.
Der
Herold: „Bis zu dem Zeitpunkt deiner Verurteilung bis du
frei...doch gib acht…der gelbe König ist nah.“
Ein
hohes Lachen ertönt. Renegade fährt herum und er blickt
in die glatte ausdrucklose Maske des gelben Königs. Das
Licht flackert und als es wieder angeht, ist der Herold und der
gelbe König verschwunden. Renegade sitzt in dem leeren Raum
und schaut auf die gelben Zahlen die an die Wand gesprüht
sind.
04071997
Wir
befinden uns im Backstagebereich. Vor der Interview-Wand der GFCW
sehen wir Tammy, die minimal aufgeregt auf ihren Gast wartet. Es
scheint sich nicht um „irgendjemanden“ zu handeln,
sondern um ein recht hohes Tier und relativ schnell sehen wir
auch, wer genau es ist.
Der
aktuelle GFCW World Champion The End tritt ins Bild und stellt
sich neben Tammy. Er trägt seine Lederjacke, darunter ein
Shirt und natürlich hat er auch seinen GFCW World
Title-Gürtel auf der Schulter. End schaut quasi über
die Kamera aus dem Bild hinaus, während Tammy ihn bereits
zunickend begrüßt. Doch das ist nicht alles…
… nach
einigen Sekunden tritt tatsächlich auch James Corleone
hinzu. Er und End haben in den vergangenen Wochen und Monaten
einige Probleme miteinander gehabt. In der letzten Show
beispielsweise sind die Beiden nicht einmal zusammen aufgetreten.
Heute hingegen scheint man weniger von den kleinen
Unstimmigkeiten zu spüren als in den vergangenen Wochen.
Corleone
tritt nun hinter The End hervor und wendet sich direkt an Tammy.
James
Corleone: „Vielen Dank, Miss Tammy. Sie machen einen
ausgezeichneten Job, daran kann niemand etwas aussetzen.
Dementsprechend haben sie sich eine Pause verdient. Ich übernehme
dann jetzt.“
Das
mag wie ein Lob klingen, letztendlich ist es aber nichts weiter
als eine nette und corleonsche Art zu sagen: ‚Verpiss dich‘
… was
Tammy schließlich auch etwas zögerlich und irritiert
tut. Corleone übernimmt ihr Mikro und stellt sich nun an
ihre Stelle, während The End leicht hinter ihm steht.
James
Corleone: „Meine Damen und Herren, begrüßen sie
mit mir gemeinsam recht herzlich den besten World Champion der
Geschichte, den dominantesten Wrestler, den die GFCW jemals
gesehen hat. Seit mehr als einem Jahr konnte niemand diesen Mann
entweder pinnen oder zur Aufgabe zwingen und das bei Matches
gegen Luna Rosario, Zane Levy, Drake Nova Vaughn, Zereo Killer,
Robert Breads und vielen weiteren… begrüßen sie
mit mir… The End.“
Man
könnte meinen, dass diese Ansage, anders als sonst, etwas
davon hat, dass sich Corleone bei End „einschleimen“
will, vielmehr ist es wohl eher ein leicht zynische Parodie auf
die tatsächlichen Interviewer der GFCW, deren Rolle Corleone
nun übernimmt und aus derer er seinen Schützling
gebührend ankündigen kann. End tankt diese
Lobpreisungen reaktionslos weg, wenn diese natürlich dennoch
runter gehen wie Öl.
James
Corleone: „Es war nicht einfach in letzter Zeit. Die
Einheit von meiner Wenigkeit und von The End ist der Antrieb, der
ihn dabei unterstützt hat, dort hinzukommen, wo er jetzt
ist. Sie ist der Schild, der ihn schützt. Ich wage mir nicht
zu behaupten, dass The End diesen nötig hätte, um zu
bestehen, zu gewinnen und zu regieren. Aber warum ihn aufgeben
und seinen Feinden auch nur das Potenzial einer minimalen Chance
gegen ihn erlauben?
Unsere
Einheit hat uns weit gebracht. Und sie hat uns…
gegenseitig… gestärkt. In den dunkelsten Stunden,
sowie in den besten Momenten. Man kann sich auf niemanden
verlassen, außer aufeinander.“
Besonders
spannend sind bei Corleones Ansprache, die – soweit man das
beurteilen kann – ernst gesprochen und wahrhaftig gemeint
sind, Ends Reaktionen darauf. Größtenteils schaut er
nach wie vor quasi aus dem Bild, mitunter wandert sein Blick aber
auf Corleone. Das Spektrum dessen, wie dieser Blick interpretiert
werden kann, rangiert dabei zwischen ‚Ich vertrau dir
nicht‘ und ‚Pass auf was du sagst und wähle
deine Worte weise‘ bis hin zu einer dankbaren Bestätigung,
die vermuten lässt, dass viele Gespräche in den letzten
beiden Wochen erfolgt sind, durch die sich das Bündnis der
beiden wieder zum Besseren gewandt hat.
Außerdem
dürfte Corleones Gespräch mit Mike Müller End auch
etwas positiver gestimmt haben, da Corleone dort mit alter,
gerissener Stärke und intriganten Verbissenheit überzeugen
konnte.
James
Corleone: „Allerdings kann diese Einheit auch eine Schwäche
sein. Die einzige Schwäche, die The End besitzt. Unsere
Feinde nutzen sie aus, um Zwietracht zu säen. Sie wollen
diese Einheit von innen heraus zerstören. Das wollte bereits
Robert Breads und nun will das auch Aiden Rotari. Und man kann es
ihnen nicht verübeln, denn obgleich sie mit diesem Umstand
anders umgehen und sich diesen unterschiedlich eingestehen,
wissen es doch beide: anders haben sie keinerlei Chance gegen The
End.
Es
ist ein guter Versuch, das muss man neidlos anerkennen. Aiden
Rotari ist ein sehr gefährlicher und intelligenter Mann, das
merkt man. Aiden Rotari sorgt für Chaos, denn darin fühlt
er sich wohl. Aber irgendwann wird auch ein Aiden Rotari
verstehen müssen, dass selbst der Pfad der Verwüstung
ein Ende hat. Und wenn er an diesem Ende angekommen ist, dann
wird das von ihm heraufbeschworene Chaos über ihm
zusammenbrechen. Aiden Rotari mag gerade einen Aufstieg erleben,
aber auch dieser wird ein Ende haben. The End.“
Mit
diesen Worten dürfte Corleone wohl auch auf Mike Müller
anspielen, der Rotari vor zwei Wochen bereits spüren lassen
hat, was die Folgen Rotaris Handeln für ihn noch haben
könnte. Müller hat Aiden zwar nicht besiegt oder in
irgendeiner Form sonst eine Gefahr für ihn dargestellt, aber
dennoch hat er etwas sehr Wichtiges gezeigt:
Den
Erfolg, den Aiden mit seinen Machenschaften hat, ist begrenzt.
Irgendwann wird alles zu ihm zurückkommen.
Karma.
Und
wieder wird deutlich, dass die Beiden miteinander gesprochen
haben. Vieles scheint hinter den Kulissen geschehen zu sein und
zumindest augenscheinlich scheint die Einheit erstmal wieder
stärker als zuletzt.
Wie
beständig dieses neuerliche Einheitsgefühl ist, wird
sich allerdings zeigen. End verrät nach wie vor recht wenig
mit seinen Emotionen, sei es nun, ob er Aiden Rotari nicht wissen
lassen will, was in ihm vorgeht oder… ob er es James
Corleone nicht wissen lassen will.
Jedenfalls
tritt der World Champion nun selbst hinvor und bekommt dabei den
Schallwandler von seinem Manager überreicht.
The
End: „Aiden. Wenn du dann fertig bist, dich hinter
‚Gegnern‘ wie Mike Müller zu verstecken, wird es
Zeit, dass du deiner wahren Herausforderung ins Gesicht siehst.
Einer Herausforderung, vor der du dich nicht verstecken kannst.
Sobald unser Match begonnen hat, kannst du nicht mehr weglaufen.
Dann bringen dir keine schlauen Worte mehr etwas. Dann heißt
es Mann gegen Mann.“
End
wirkt noch immer finster, aber weitaus weniger wütend und
hasserfüllt wie noch vor zwei Wochen. War das das Werk von
James Corleone?
The
End: „Du… hast Angst und das verstehe ich. Und zwar
keine Angst vor mir, was du mit deinen Worten und deinem
Weglaufen andeutest und was dir auch keiner Übel nehmen
würde, nein du hast Angst davor endgültig zu versagen.
Wir
Beide… sind ungefähr zur selben Zeit hier in der GFCW
gestartet und doch hätten unsere Wege unterschiedlicher
nicht sein können. Du hattest mehrere Titelchancen und hast
sie alle verloren. Nicht mal die Unterstützung vom guten
Robert hat dir was gebracht. In der Zeit habe ich den
Intercontinental Championship gewonnen und wurde World Champion.
Ich habe Matches gegen die besten Wrestler der Liga gewonnen und
sicher, du hattest auch deine Momente und Siege, aber der große
Durchbruch kam nie. Wir beide waren Mitglieder großer
Gruppierungen, während ich dabei schließlich zum
Anführer aufstieg, wurdest du in ein Fischkostüm
gesteckt. Als Randnotiz. Als Typ, der auch dabei ist.“
End
schaut fokussiert in die Kamera. Vielmehr schaut er durch sie
hindurch zu Aiden Rotari.
The
End: „Sag mir Aiden… was, wenn du wieder verlierst?
Was wenn du mal wieder daran scheiterst einen bedeutsamen Sieg
und gar einen Titel zu gewinnen? Wer nimmt dich dann noch ernst?
Du meinst, dass du in einem fairen Match keine Chance gegen mich
hast? Das du Tricks und Unterstützung von außerhalb
brauchst, um gewinnen zu können? Aber was, wenn du trotz all
dieser Dinge verlierst? Dann scheiterst du, nicht nur als
Wrestler, sondern mit deiner gesamten Existenz. Du hast Angst.
Also nutz ruhig, alles von dem du denkst, dass es dir gegen mich
helfen würde. Ich bin darauf vorbereitet. Denn ich…
habe keine Angst.“
Ends
Augen untermauern diese Worte. Er weiß, worauf er sich bei
Aiden Rotari einlassen muss und er weiß auch, dass Aiden
mit seinen Aktionen und Intrigen der vergangenen Wochen und
Monate viel Erfolg bei ihm hatte. Aber End weiß er ist und
was er kann. Und er wird sich Aiden Rotari stellen, mit allem,
was er hat.
The
End: „Und nun gebe ich dir eine Chance dich deiner Angst zu
stellen. In zwei Wochen erwarte ich dich im Ring. Ohne Tricks,
ohne Bullshit. Von mir aus, können wir vertraglich
festhalten, dass ich dir nichts tun werde, vor unserem Match. Das
schwöre ich auf meinen Titel. Warum sollte ich auch? Ich
habe bei Stranded die Chance dazu. Aber wir beide werden
gemeinsam im Ring stehen, allein. Du kommst allein, ich komme
allein. Mann gegen Mann, Angesicht zu Angesicht, bevor wir uns
bei Stranded gegenüberstehen werden.“
End
dreht sich noch einmal leicht nach hinten, mit dem Blick zu
Corleone. Wenn End davon spricht, „allein“ mit Aiden
reden zu wollen, ist es vor allem Corleone, der dabei wegbleiben
würde. Und The End weiß genau, dass Aiden Rotari das
eigentlich nicht will, wie er es vor zwei Wochen auch gesagt hat.
Der will lieber mit Corleone sprechen.
Corleone
selbst hält sich zurück. Er scheint vollkommen
einverstanden damit, was The End sagt. Scheinbar hat auch
Corleone mit seiner Skepsis Ends aktuellen Handlungen gegenüber
etwas zurückgerudert.
The
End: „Stranded wird der Tag der Entscheidungen für
dich, Aiden. Entweder du kannst endlich den finalen Schritt
gehen, an dem du bisher immer gescheitert bist oder du wirst
endgültig in der Bedeutungslosigkeit versinken. Bis dahin
kannst du dich weiter verstecken oder du stellst dich deiner
Angst und schaust der größten Herausforderung deines
Lebens ins Gesicht, solange es noch deine Entscheidung ist, denn
bei Stranded wirst du diese Wahl nicht mehr haben.“
Ends
Nasenlöcher weiten sich, als würde er einen weiteren
Schwall an Hass ausstoßen.
The
End: „Letztendlich… ist all das aber ohnehin egal,
denn dieser Tag der Entscheidung, der Stranded für dich sein
wird, ist für mich nur ein weiterer Tag, an dem ich einen
Gegner schlachten werde.
Zwei
Wochen. Du. Ich. Keine Gewalt, niemand sonst. Die Ruhe vor dem
Sturm, der dein Chaos hinwegfegen wird.“
End
senkt das Mikro. Er drückt es anschließend Corleone in
die Arme, dem er sich zuwendet.
Es
ist nicht ersichtlich, wie die Beiden nun konkret
zueinanderstehen. Wohlmöglich haben sie die aktuelle
schwierige Phase überstanden, das wäre nicht die erste
und würde wohl auch nicht die letzte sein. Allerdings könnte
es auch sein, dass sie sich lediglich nicht mehr in die Karten
schauen lassen wollen.
Sie
sind eine Einheit oder zumindest müssen sie als solche
auftreten, wenn ihre Feinde diese nicht als Schwachstelle von The
End ausnutzen wollen.
Zuerst
verlässt The End das Bild, dann Corleone.
Die
Herausforderung ist ausgesprochen. Nun liegt es an Aiden Rotari
sie anzunehmen.
Singles
Match:
Steve
Steel vs. Titan
Referee: Thorsten
Baumgärtner
Hektisches
Gedränge im Backstage Bereich. Geschrei und
durcheinanderlaufende Personen. Security versucht das ganze
unter Kontrolle zu bringen. Selbst herbeieilende Wrestler
schaffen es nicht Ordnung ins Chaos zu bringen. Endlich
erkennt man das sich vier Angreifer gegen den Tross von GFCW
Mitarbeitern verteidigen. Diese werden nach und nach in
Richtung Ausgang gedrängt. Sanitäter eilen zur
Gorilla Position. Dort sieht man das es dort einen Kampf
gegeben haben muss. Titan und Steel liegen bewusstlos auf dem
Boden. Blutend. Sie werden sofort von den Sanitätern
untersucht. Azrael beruhigt die Umgebung und sorgt dafür
das die beiden Verletzten abtransportiert werden können.
Als die beiden Krankenwagen davonrauschen steht MacMüll
bei Azrael.
MacMüll:
Azrael. Was war da gerade los?
Azrael:
Na ja MacMüll…du hast doch Augen im Kopf oder?
MacMüll:
Ähm ja…aber was ist passiert?
Azrael:
Vier Angreifer sind in die Gorilla Position gestürmt und
haben massiv auf Titan und Steel eingeschlagen. Es scheint so
als die beiden ihr jetziges Match nicht bestreiten können.
MacMüll:
Das wäre sehr schade. Ich hoffe wir können schnell
klären wer dahinter steckt.
Azrael:
Ist noch was? Ich habe auch einiges abbekommen.
MacMüll:
Nein nein. Alles Gute dir.
Azrael
dreht sich um und er zieht von dannen. MacMüll schaut
hinterher. Auf Azraels Rücken sieht man ganz klar 4
rosafarbene Striche. Anscheinend während des Angriffs
auf seine Kleidung gemalt.
INFORMATION:
DAS MATCH TITAN VS DER PROTZ FINDET AUFGRUND DES ANGRIFFS UND
DER DARAUS RESULTIERENDEN VERLETZUNG NICHT STATT
Die
Videoleinwand schaltet auf eine andere Szene um, doch der erste
Eindruck, den man als Zuschauer bekommt, ist nicht etwa das Bild.
Denn gezeigt wird nur langweilige graue, ungeschmückte Wand
irgendwo im Backstagebereich. Aber zu Hören ist etwas:
Nämlich ein lautes, vehementes Klopfen, das dreimal
wiederholt wird. Dann folgt ein langgezogenes Klopfen.
Abgeschlossen wird diese kleine Symphonie der Ungeduld von einem
Zischen, aus dem sich mit etwas gutem Willen ein halb von
Frustration verschlucktes "Verdammt!" ausmachen lässt.
Dann
hat der Kameramann die Tonregie eingeholt und wir sehen nach ein
paar verwackelten Schritten den Verursacher der Töne. Es
ist, zum zweiten Mal am heutigen Abend, Viggo. Der junge
Engländer schaut ähnlich verloren und enttäuscht
drein wie vor Beginn der Veranstaltung als er uns vom Parkplatz
eingeblendet wurde. Uns angesichts dieses Anblicks bedarf es
keiner großen Interpretationskunst, um zu erahnen, wo Viggo
sich aufhält und vor allem mit welcher Intention. Der
Londoner steht im Trakt der Kabinen und Umkleiden, im Herz des
Backstagebereichs. Hier hat jeder Wrestler seine eigene Domäne
von einigen Quadratmetern, in der man sich ungestört vom
großen Trubel aufhalten kann, bis er Einsatz folgt.
Viggo
steht, natürlich, vor der Kabine von Ask Skógur. Man
bildet sich ein, die dunklen Flecken auf dem Holz der Kabinentür
müssen von Viggos verschwitzter Hand kommen, mit der er
soeben heftig geklopft hatte. Als könne die Lautstärke
des Klopfens darüber entscheiden, ob Ask anwesend ist oder
nicht.
Viggo:
"Ask?"
Keine
Antwort. Nur ein Seufzen von VIggos durchbricht die Stille.
Viggo:
"Bist du nicht da? Oder willst du einfach nicht mit mir
reden?"
Zwei
Fragen, auf die Schweigen eine uneindeutige Antwort ist. Denn
schließlich kann es beides bedeuten: Ask ist tatsächlich
nicht da. Oder er nutzt die Abgeschiedenheit der Kabine, die
Trennung durch Mauer und Kabinentür, um Viggo schlicht zu
ignorieren. Beides würde auf das gleiche Schweigen
hinauslaufen. Aber so lange Viggo nicht in der Kabine ist, kann
er nicht wissen, welche der beiden Theorien stimmt. Ask Skógur
- Schrödingers (schweigende) Katze? Für einen
Augenblick kann man den Eindruck gewinnen, Viggo spielt
tatsächlich mit dem Gedanken, einfach die Tür gewaltsam
zu öffnen, um Gewissheit zu haben, ob Ask da ist oder nicht.
Aber dann reißt er sich zusammen, lässt enttäuscht
die Schultern hängen und kramt stattdessen einen Zettel aus
der Tasche. Dann sucht und findet er in der Hosentasche einen
Kugelschreiber. kritzelt etwas auf den Zettel, das nach "Bitte,
lass uns reden" aussieht und faltet den Zettel.
Viggo
geht in die Hocke und schiebt den Zettel unter dem Spalt unter
der Tür durch. Ask MUSS sich doch irgendwann melden. Aber
sein enttäuschter Gesichtsausdruck macht deutlich, dass er
vielleicht nicht einmal selbst daran glaubt.
Pete:
„Und damit schalten wir zu… Moment, tun wir nicht.“
Sven:
„Mein… mein Kollege hat ganz Recht. Wie wir aus der
Regie soeben zu hören bekommen haben, hat man ein Video
eingeschickt, und die GFCW… möchte es nun abspielen,
nachdem man es durchgesehen hat.“
Pete:
„Sagen sie, wer sich da zu Wort meldet? Was da passiert?
Ist etwas passiert? Wer ist…?“
Aiden
Rotari: „Hallo.“
Seltsam.
Die Welt war doch mal breiter?
Spaß
beiseite, was wir hier sehen, ist für die GFCW hochgradig
ungewöhnlich – es handelt sich um ein Video im
Hochkant-Format. Vermutlich gefilmt von einem Handy, das Rotari
vor sich platziert hat, um sich selbst zu filmen, und es ist
schlicht einfacher, das Mobiltelefon senkrecht zu positionieren
statt waagerecht.
Dabei
sitzt er aufrecht, den Rücken gerade, die dunklen Augen bei
fahlem Licht direkt auf die Kamera und damit auch den Zuschauer
gerichtet, auf einem Bett, die Hände im Schoß
gefaltet, die Miene ausdruckslos. Das Ambiente scheint uns zu
vermitteln, dass Rotari sich hier in einem Hotelzimmer befindet,
vermutlich nahe der Arena – wo auch immer die Stars und
Sternchen der GFCW anlässlich der Show in Regensburg eben
absteigen. Ist es das Hotel Goliath am Dom? Ist es das Hotel
Orphée? Wer auch immer Regensburg schon einmal besucht hat
möge sich melden.
Wichtiger
als die Tatsache, in welchem Etablissement sich Rotari befindet,
ist doch aber auch die Tatsache, dass er überhaupt nicht in
der Halle ist. Da das hier ein aufgezeichnetes Video ist könnte
es natürlich wann auch immer gefilmt sein, aber im Shot –
und von Rotari sicherlich nicht ganz unbeabsichtigt – ist
der Wecker auf dem Nachttisch neben dem Bett, fest eingebaut, mit
Funkuhr, der uns verrät: Dieses Video ist keine zwanzig
Minuten alt. Er wird es also, was auch immer es ist, gefilmt und
direkt an die zuständigen Mitarbeiter der GFCW geschickt
haben, die es einmal durchgeguckt haben und dann zur
Veröffentlichung freigaben.
Aiden
Rotari: „Ich bereue es sehr, heute nicht vor unseren
großartigen Fans in der Halle auftreten zu können.
Doch leider hat mir der Arzt der GFCW für meine im Match mit
Mike Müller erlittene Ellbogen-Verletzung noch einige Tage
Ruhe verordnet. Keine Sorge, ich werde sehr bald wieder topfit
sein. Heute ist dies leider nicht der Fall, und deshalb bin ich –
auf Anweisung unserer hervorragenden und stets überaus
hilfreichen und freundlichen medizinischen Abteilung – im
Hotel geblieben.“
Aber
natürlich. An seinem Ellbogen ist kein Verband, keine
Schiene, keine Schlinge, es ist nichts geschwollen, er hält
den Arm nicht seltsam… schwer zu sagen, ob er schlicht
lügt, den Arzt angelogen hat oder es ernst meint. Er wirkt
auf jeden Fall alles andere als schwer verwundet. Sein Ellbogen
wirkt gesund, und seine Augen sind wachsam.
Aiden
Rotari: „Dennoch möchte ich die Gelegenheit nutzen,
auf die Worte zweier Männer einzugehen, die mich direkt
angesprochen haben. Selbstverständlich verfolge ich diese
großartige Ausgabe unserer Flaggschiff-Show live von meinem
Zimmer aus, und ich komme nicht umher, mich zu einer Antwort
genötigt zu sehen.“
Er
spricht das ohne großen Ärger aus, es scheint ihm
nicht unbedingt etwas auszumachen.
Aiden
Rotari: „Selten habe ich eine solche Zurschaustellung von
Einigkeit und Kameradschaft erleben dürfen wie vor wenigen
Minuten. Schließlich schreit nichts so sehr „Einigkeit“
wie ein mehrfaches, mantra-artiges Erwähnen der eigenen
Einigkeit. Ich zweifle keine Sekunde an der Besonderheit der
Verbindung von James Corleone und The End, und ich bin froh, dass
sie es auch nicht tun.“
Ist
er froh, weil das bedeutet, sie sind leichter auszutricksen?
Gegeneinander auszuspielen? Oder redet Rotari – mit Verlaub
– bloß Scheiße, um sich über die zwei
lustig zu machen und sie zu provozieren?
Aiden
Rotari: „The End ist ein wahrhaft furchtloser Champion. Ich
meine es wortwörtlich, er hat darüber gesprochen, keine
Angst zu haben – im Gegensatz zu mir. Und damit hat er ganz
Recht.“
Mit
dem Zeigefinger des Arms des angeblich verletzten Ellbogens
deutet Rotari auf etwas, das sich außerhalb des Shots
befindet.
Aiden
Rotari: „Ich bin hilf- und wehrlos in meiner jetzigen
Verfassung. Deshalb bin ich sogar froh, dass ich hier im Hotel
sein muss, denn auch nur in der gleichen Halle wie The End zu
sein… das würde mir nach der letzten Show das Blut in
den Adern gefrieren lassen. Mir wäre allerdings wohl noch
weniger wohl, sollte ich überhaupt keine Angst verspüren:
Sie ist die beste Warnung vor einer Gefahr, die einem
anderenfalls vielleicht entgehen würde.“
Und
das scheint keine sarkastische Übertreibung zu sein, Rotari
meint das anscheinend wirklich so – er hat bloß kein
Problem, das zuzugeben. Er hat bereits erklärt, ein Feigling
zu sein, und die Furcht ist der stete Begleiter des Feiglings.
Lediglich Panik… Panik sieht man bei Rotari fast nie.
Aiden
Rotari: „Ich versichere dir, dort steht ein bereits
gepackter Koffer, und nachdem ihr dieses Video gesehen habt,
werde ich dieses Hotel frühzeitig verlassen. Ich suche mit
Sicherheit nicht die Konfrontation mit dir, The End, und wie ich
bereits sagte: Wenn du etwas zu klären hast, schick James
Corleone. Das wäre wirklich der einfachere Weg, als solch
ein komplexes Gestrüpp von Bedingungen zu durchkämmen,
wo ihr doch eine Einheit seid? Warum diese Sonderklauseln für
ein persönliches Treffen, wenn du nichts davon tun müsstest,
wenn ich mich mit Mr. Corleone treffe?
Ich
verstehe es nicht ganz. Aber dass ich nicht in der Lage bin, die
komplexen Pläne von Mr. Corleone vollständig zu
durchschauen, ist schließlich auch keine Neuigkeit.“
Rotari
seufzt, und welcher Teil dieser Arie nun Bullshit ist und welcher
nicht darf jeder gern selbst entscheiden – sitzt Rotari
wirklich ängstlich auf gepackten Koffern? Will er schon
wieder Stunk zwischen End und Corleone stiften?
Aiden
Rotari: „Ob meiner offen zur Schau gestellten Abneigung
gegen die bloße Idee eines persönlichen Treffens mit
dir, The End, trotz deiner rücksichtsvoll eigens für
mich kreierten Sicherheitsmaßnahmen… wird dich meine
Antwort auf deine Einladung wohl ebenso überraschen wie
unsere klugen und aufmerksamen Zuschauer.
Ich
lehne ab.“
Rotari
sagt das so, als wäre das nicht hochgradig irritierend. Das
ist doch die Antwort, die man erwarten konnte, oder etwa nicht?
Aiden
Rotari: „Zumindest zu denen Konditionen.“
Oho.
Das wird nun schon interessanter.
Aiden
Rotari: „Ich treffe mich mit dir im Ring, The End, bei der
nächsten Show, der finalen Show vor Stranded, vor unserem
Match, vor unserem Kampf um die Krone der GFCW, von Mann zu Mann,
so wie du möchtest… aber ich habe meine eigenen
Bedingungen.
Du
möchtest gnädigerweise versichern, dass es keine Gewalt
im Vorfeld unseres Matches geben wird. Das weiß ich zu
schätzen. Doch meine Bedingung ist eine Andere: Solange bei
der nächsten Show einer von uns im Ring steht, ist in diesem
Ring jedwede Form von Gewalt nicht zur ausdrücklich
gestattet, sondern frei von Konsequenzen. Knochenbrüche,
gerissene Bänder, verlorene Gliedmaßen – solange
sie bei der nächsten Show im Ring passieren, während
einer von uns sich darin befindet, wird niemand zur Rechenschaft
gezogen.
Du
möchtest ein Treffen zwischen und zweien, einer gegen einen,
Champion und Herausforderer… ich sage, das nehme ich so
nicht an. Nicht nur ist es jedem Angestellten der GFCW
ausdrücklich gestattet, unserem Treffen im Ring beizuwohnen,
so er es denn wünscht und sich der ersten Kondition
ausdrücklich und eingehend bewusst ist… eine
bestimmte dritte Person wird sogar zu unserem Treffen anwesend
sein müssen, damit ich dem Ganzen zustimme: James Corleone.“
Das
ist so offensichtlich eine Falle, dass Rotari unmöglich
glauben kann, dass The End das nicht klar ist. Doch Aiden zuckt
nicht mit der Wimper, trägt das alles vollkommen ernsthaft
vor, und erklärt auch nichts weiter. Die Implikationen
seiner Forderungen – einem „Purge“-artigen „Du
kommst aus dem Gefängnis frei“-Gutschein für
Gewalt jeder Art und der Möglichkeit für jeden mit
GFCW-Vertrag, bei diesem fröhlichen potenziellen (wohl nicht
nur verbalen) Gemetzel mitzumischen mit einer verpflichtenden
Teilnahme des Botschafters der Einigkeit, James Corleone –
soll The End sich schön selbst zurechtlegen und sich den
Kopf darüber zerbrechen, ob es das wirklich wert ist. Und
falls ja: Was Rotari vorhat.
Aiden
Rotari: „Diese Bedingungen sind nicht verhandelbar.
Solltest du sie nicht akzeptieren, sehen wir uns bei Stranded im
Ring, wenn wir um die GFCW World Championship kämpfen.
Solltest du sie akzeptieren, sehen wir uns von Angesicht zu
Angesicht, nächste Woche, bei War Evening.
Viel
Spaß noch mit War Evening, liebe Zuschauer.“
Singles
Match:
Renegade
vs. ???
Referee: Karo Herzog
Das
Licht in der Halle flackert.
Dunkelheit.
Ein
gelber Lichtkegel fällt auf die Rampe. Genau an die
Stelle an die der Herold den Wagen die Rampe herunterzieht.
Auf dem Wagen sitzt der in gelben Leinen gekleidete
Unbekannte. Nach einer Runde um den Ring stoppt der Wagen und
der Unbekannte steigt ab. Er schreitet zum Ring und betritt
diesen dann über die Treppe. Im Ring nimmt ihm sein
Herold den Umhang ab. Ganz in gelben engen Lack gekleidet
steht er in der Mitte des Ringes und schaut mit seiner
ausdrucks- und mundlosen Maske auf seinen Herold herab der
verbeugt rückwärts den Ring verlässt. Er legt
den Umhang gefaltet in den Wagen und nimmt da zur
Überraschung der Kommentatoren neben diesen Platz.
Pete:
Ähm…ich glaube nicht, dass sie das dürfen.
Sven:
Pete…der ist mir unheimlich
Der
Herold: Der gelbe König wünscht meine Anwesenheit
und befahl mir genau hier Platz zu nehmen.
Pete
und Sven rücken etwas von dem blassen hageren Mann ab
und versuchen sich auf das Match zu konzentrieren.
Pete:
„Aber wenn der Herold…und damit der gelbe König
hier sind, dann heißt das ja – ER ist es, der
heute gegen Renegade antreten wird? Der Mann, dessen Name
bislang geheim gehalten wurde.“
Sven:
„Da scheinst du Recht zu haben, Pete. Ein Match
mit…gewisser Würze nach den Vorkommnissen früher
am heutigen Tag.“
„Vorkommnisse“
– eine milde Umschreibung für jene
Schreckensbilder, die früher am Abend zu sehen waren.
Die Entführung von Renegade durch den irren gelben König
und seinen Spießgesellen; wie sie Kraft ihrer
Verdorbenheit den Schweizer zu einem Spielball ihres
Wahnsinns gemacht haben. Entführt und freigelassen, ganz
nach Belieben. Und auch wenn Renegade physisch nicht mehr
gefangen ist, so ist er es mental sicher: Schließlich
gab man ihm mit auf den Weg, dass eine Verurteilung auf ihn
warten wird. Aber wofür? Was soll Renegade getan haben?
Das weiß er immer noch nicht.
Weiß
es überhaupt jemand?
Weiß
es der gelbe König selbst?
Als
Zuschauer wird man aus den Überlegungen gerissen, als
eine zweite Musik ertönt. Es ist das Theme des Mannes,
der zum Opfer geworden war und nun allen Grund hat, diesen
„Kampf“ mehr wie eine Schlacht anzugehen. Wie
einen Sturm der Rache.
Renegade.
Der
Mann aus Bern steht am Beginn der Rampe und auch wenn stets
beliebt ist und freudig empfangen wird, so sind die
Reaktionen für ihn am heutigen Abend besonders laut: Die
Geschehnisse rund um seine Entführung haben diesem
Aufeinandertreffen Würze verliehen – uns so mischt
sich die Sympathie für Renegade mit dem Wunsch der
Zuschauer, einen Kampf bis aufs Äußerste zu sehen.
So
impulsiv man Renegade bislang auch kennengelernt hat, stürmt
er nicht wie erwartet sofort zum Ring. Zwar ist sein Blick
wutverzerrt und der Körper senkt sich vor ärgerlicher
Erregung auf und ab, doch Renegade unterdrückt den
sehnsuchtsvollen Wunsch, kopflos loszustürmen. Einfach
auf den gelben König los.
Hat
er Angst?
Zumindest,
und das kann man ihm nicht verübeln, ist Renegade
vorsichtig. Er hat gelernt, dass der gelbe König keine
Grenzen kennt, nicht in seiner Gewalt, nicht erschaffen durch
irgendeine Form von Moral. Der gelbe König ist reiner
Wahnsinn, seine Taten folgen keinem Plan, den
Normalsterbliche verstünden. Und das macht ihn
unberechenbar.
Das
macht ihn gefährlich.
Renegade
ist auch in seiner Wut klug genug, das zu wissen.
Der
Schweizer geht Schritt für Schritt Richtung Ring, wie
ein Soldat, der weiß, dass ihm die unvermeidliche große
Schlacht bevorsteht und als würde er die letzten
Sekunden vor dem Sturm ins Unendliche dehnen wollen. Dann
slidet Renegade unter den Ringseilen hindurch in den Ring und
lässt die Zuschauer vor Vorfreude aufschreien. Der gelbe
König und der Schweizer stehen sich gegenüber.
Renegade baut sich vor seinem Gegner auf, der eigentlich in
den letzten Wochen weit mehr als ein Gegner geworden ist: Ein
Feind, ein Hassobjekt.
Und
so kann Renegade seine Wut nicht mehr unterdrücken und
er setzt den ersten Schlag.
Der
Herold: „Der gelbe König wird ihn für seine
Kühnheit bestrafen.“
Tatsächlich
soll der Herold in der Anfangsphase Recht behalten: Der gelbe
König, der Mann im gelben Lack, weicht dem Schlag
Renegade aus und setzt dann fließend eine Offensive an.
Mit einem Tomahawk Chop schlägt er den Schweizer zu
Boden. Renegade stützt sich auf einer Hand ab und stemmt
sich sogleich wieder hoch, doch nur, um in einen zweiten
Tomahawk Chop zu laufen. Diesmal bleibt Renegade liegen. Der
gelbe König blickt durch seine mundlose Maske auf ihn
herab, und auch wenn keine Emotionen durch die Vermummung
wahrzunehmen sind, so ist doch die Kälte, die Abstinenz
menschlicher Gefühle, im Ausdruck des gelben Königs
wahrzunehmen.
Der
Herold: „Seht, den gelben König. Seht, wie er
dominiert.“
Die
vollmundige Ankündigung der Herolds, des verbalen
Speichelleckers des gelben Königs, setzt der vermummte
Royale um, indem er Renegade am Nacken wieder auf die Beine
zieht und ihn dann in die Position zu einem Underhook DDT
nimmt. Renegade windet sich und versucht, ein Bein hinter dem
des Maskierten zu verhaken, um die Aktion zu blockieren, doch
nach ein wenig hin und her gewinnt der Neuling die Oberhand
und schafft es, die Aktion gegen Renegade durchzuziehen. Die
Matte vibriert noch vom Aufprall des Schweizers, als sich der
gelbe König über die Knie auf die Beine stemmt.
Sven:
„Ganz eindeutiger Beginn. Renegade konnte die Wut nach
seiner Entführung nicht in etwas Positives ummünzen.
Der gelbe König ist überlegen.“
Der
gelbe König greift nach dem Arm Renegade und es sieht
aus, als wolle das brutale Mysterium die Extremität
Renegades einfach abreißen. Aber weil Muskeln, Knochen,
Fleisch und Haut den Arm an seiner Position halten, wird
Renegade durch die Aktion einfach durch den Ring gezogen. Der
gelbe König legt sein Opfer in der Nähe der
Ringecke ab. Dann dreht sich der Vermummte um und beginnt
langsam und konzentriert auf die Ringseile zu steigen, wobei
er nach jedem Schritt in den Ring schaut, um sicherzugehen,
dass Renegade noch in der passenden Position ist.
Pete:
„Ein solches Vorgehen hätte ich vom gelben König
nicht erwarten. Was will er uns zeigen.“
Der
Herold: „Seht selbst.“
Ohne
Schrei, ohne vorherige Pose, nur mit dem Willen, seinem
Gegner Schmerzen zuzufügen, springt der gelbe König
an. Im Flug nimmt er eines der Beine hoch, formt seinen
Körper in die Position zu einem Leg Drop.
Und
verfehlt.
Im
letzten Augenblick rettet sich Renegade mit einer schnellen
Rolle und lässt seinen Gegner ins Leere fliegen. Mit dem
Steißbein voran landet der gelbe König auf der
Matte. Von ihm ist kein Aufschrei, kein Zeichen des Schmerzes
zu sehen, aber er bleibt erst einmal sitzen, die heftige
unfreiwillige Einschlag geht selbst an einer Horrorgestalt
nicht spurlos vorbei.
Während
der gelbe König sich langsam wieder hochstemmt und etwas
hüftsteif wirkt, ist Renegade schneller. Er rennt auf
der gegenüberliegenden Seite in die Seile, nimmt den
Schwung durch die Elastizität ebenselbiger mit und
stürmt auf den gelben König los.
SHOULDER
BLOCK!
Der
König wird getroffen, schwankt, aber fällt nicht.
Er stolpert nur ein Stück zurück und hält sich
dann an den Seilen fest, die verhindern, dass er auf den
Boden muss. Aber als hätte Renegade damit schon
gerechnet, macht der Schweizer nahtlos weiter. Er rennt noch
einmal an, diesmal mit wenig Seilen und mehr Anlauf und
verpasst dem gelben König einen Running Dropkick!
Aufgrund
seiner Position wird der gelbe König über die Seile
geschleudert und landet draußen auf der Matte. Jubel im
Publikum als der Entführer des Publikumsliebling
erstmals richtig verwundbar wirkt und vor dem Ring auf dem im
Vergleich zur Matte harten Boden liegt. Renegade springt
durch die Seile hindurch auf den Apron und dann von ebendort
mit einem Elbow Drop nach draußen. Er trifft den gelben
König perfekt, der nicht mehr rechtzeitig seine Arme vor
den Torso bekommt, um Renegades Einschlag abzufedern.
Pete:
„Renegade ist jetzt on fire!“
Der
Schweizer wartet nicht darauf, dass der gelbe König von
selbst wieder auf die Beine kommt, sondern zieht ihn hoch.
Mit großem Schwung schickt er den gelben König in
Richtung der Ringtreppe, durch die Geschwindigkeit kollidiert
der Bösewicht erst mit selbiger und fliegt dann darüber
hinweg, das Blech der Treppe untermalt den Einschlag mit
einem lauten Scheppern.
Pete:
„Ist das der Anfang vom Ende des Schreckens?“
Der
Herold: „Wartet. Der gelbe König wird nicht
fallen.“
Während
der König auf der anderen Seite des Treppe wieder auf
die Beine kommen will, nutzt Renegade die Stufen als
Startrampe. Er rennt heran, springt von der Treppe ab und
kommt mit einer Flying Clothesline geflogen. Auch die trifft
genau richtig, wieder geht der König zu Boden. Renegade
reißt die Arme hoch und brüllt seine Freude
heraus.
Sven:
„Er rächt sich für die Entführung.“
Pete:
„Und zeigt mir, dass der gelbe König außerhalb
seiner Domäne der Gewalt kein Übermensch ist. Im
Wrestling kann Renegade ihn schlagen.“
Im
Willen, hier nicht ausgezählt zu werden, packt Renegade
den König an der Maske, zwingt ihn auf die Beine und
schiebt ihn dann zurück ins Squared Circle. Dann slidet
er hinterher, doch der gelbe König kommt just in diesem
Moment wieder auf die Matte und schickt einen Faustschlag in
Richtung Renegade. Der wird getroffen und zuckt zusammen.
Doch dann übernimmt der Kampfgeist, der Automatismus,
und Renegade schlägt selbst zu.
Der
Abtausch beginnt eine Schlagserie zwischen den Kämpfenden,
die sich mit ihren Fäusten durch den Ring treiben. Doch
als Renegade abermals zuschlagen will, schnellt das Bein des
gelben Königs vor und trifft Renegade im Magen. Der
Schweizer krümmt sich nach Luft schnappend zusammen,
sogleich ist der König über ihm und drückt ihm
auf konventionelle, brutale Weise die Luft ab.
Karo
Herzog zögert kurz, auch sie scheint Angst vor der
mysteriösen Gestalt zu haben, doch geht dann auf den
gelben König zu, um ihn zu ermahnen, um das Würgen
mit zwei Händen an der Kehle Renegades in Anbetracht der
Regeln zu unterbrechen. Erst hat der König nicht einmal
einen Blick für Herzog über, dann schnellt sein
Kopf herum und er blickt Herzog direkt an. Unter dem Blick
des Königs schmilzt das Selbstvertrauen der zierlichen
Ringrichterin dahin und sie macht einen Schritt rückwärts.
Aber immerhin hat der König durch diese Ablenkung
losgelassen.
Er
macht einen Schritt auf Karo Herzog zu.
Pete:
„Will er sie angreifen? Für die Ermahnung
bestrafen? Sag, Herold, weiß der König, dass das
sein Ende in diesem Match wäre? Kennt er überhaupt
die Regeln des Wrestlings.“
Der
Herold: „Vertraut auf den gelben König, vertraut
auf sein Wissen.“
Der
König macht noch einen zweiten Schritt auf Karo Herzog
zu, der schon das Herz in die Hose gerutscht ist. Doch dann
verliert der Verrückte offenbar das Interesse an der
Ringrichterin und dreht sich langsam zu Renegade um, seiner
anderen Beute, um wieder mit dieser zu spielen. Doch just als
er mit dem Oberkörper wieder zu Renegade steht und mit
dem Blick diesen sucht, stürmt der Berner mit kurzem
Anlauf heran.
SPEAR!
Das
Duo geht gemeinsam auf die Matte. Auch wenn die Maske nichts
verrät: Der gelbe König wurde davon überrascht.
Und so kann er nichts unternehmen, um sich zu schützen.
Nichts, um den Fall weniger verheerend zu machen. Er nimmt
den Move mit voller Wucht, mit kompletter Stärke. Und
bleibt in einer Mischung aus Überraschung und Schmerzen
liegen. Renegade auf ihm. Und Karo Herzog, die glücklich
ist, dem König entkommen zu sein, und gleichzeitig den
Eindruck macht, den Kampf schnell über die Bühne zu
bringen, wirft sich auf die Matte. Und zählt. Zählt
vielleicht einen Ticken zu schnell. Nicht, weil sie Renegade
bevorzugen will, sondern weil ihr Herz schnell klopft und
sich diese Aufregung im Takt des Pinfalls niederschlägt.
Just
als die Schulter des Königs wieder nach oben kommen
will, trifft Herzogs Hand zum dritten Mal die Matte.
Sieger
durch Pinfall: Renegade!
Pete:
„Renegade aus dem Nichts zum Sieg! Der König kam
gerade zurück in den Kampf, nur um dann nach kleiner
Ablenkung gepinnt zu werden.“
Sven:
„Aber war das die Rache, die Renegade schon befriedigt,
oder nur ein Abstauber?“
Der
Herold: „Diese Niederlage spielt keine Rolle. Renegade
wird bekommen, was er verdient. Er wird verurteilt für
das, was er getan hat.“
Sven:
„WAS hat er denn getan? Sagt es doch mal klar und
deutlich.
Der
Herold: „Dein Begehren hat keine Macht. Es wird gesagt,
wenn der gelbe König das entscheidet. Dann wird Renegade
verurteilt.
Renegade
steht in der Ringecke und hat die Fäuste noch oben, so
als würde er damit rechnen, dass sich der König
nach der Niederlage rächen will. Auch Karo Herzog blickt
ängstlich drein nach ihrem kleinen „Fehler“,
der den König verärgern könnte. Doch zur
Überraschung Beider steht der gelbe König einfach
auf, nachdem er sich erholt hat und verschwindet mit dem
Herold im Backstagebereich. Gesprochen wird bei Renegades
Verurteilung…dies war nur ein Vorspiel.
„Wir
müssen da wirklich tätig werden mein Freund. Sonst wird
das Schiff hier sinken.“
„Ich
hab da schon eine Idee.“
Schnellen
Schrittes folgt der Kameramann samt Equipment den beiden Tag Team
Champions der GFCW…Tha Bomb und Titan…T’n’B.
Vor der nächsten Tür stehen zwei Security die den
Champions den Weg versperren.
Security
#1: Habt ihr einen Termin?
Tha
Bomb: Sehen wir so aus als ob wir einen brauchen?
Security
#2: Ohne Termin…kein Einlaß.
Titan:
Ich glaube Dy wird uns ganz kurzfristig einen Termin geben, wenn
ich dir das sage.
Tha
Bomb: Und wenn du dich weiter so querstellst wirst du einen
Termin beim Zahnarzt brauchen. Also…husch husch.
Die
Tür öffnet sich und ein sichtlich bedrückter
Claude Booker öffnet die Tür.
Claude
Booker: Lasst sie rein. Schlimmer kann es ja nicht werden.
Tha
Bomb und Titan schauen die Security spöttisch an und drücken
diese beim eintreten zur Seite. Die Tür fällt hinter
Ihnen ins Schloss und zurück bleiben die beiden Security und
der Kameramann.
Schon
die hymnischen Klänge von „Conquest of Paradise“
scheinen aus anderen Sphären hinaus auf das vulgäre
bajuwarische Hallenpublikum in Regensburg hinabzuspucken und der
herrschaftliche Auftritt ihres Besitzters schließt sich dem
nahtlos an: Es ist Darragh Switzenberg, der in den letzten Wochen
dem Geschehen rund um den Intercontinental-Titel eine gehörige
Portion Chaos injiziert hat und nun Richtung Squared Circle
stolziert, um eine Ansprache zu halten.
Die
Augen im markanten, haarlosen Gesicht huschen gelangweilt über
die Menschen links und rechts der Rampe als wären die Fans
mit den Plakaten und strahlenden Gesichtern nicht einmal den
Bruchteil einer Sekunde Aufmerksamkeit wert. Switzenberg scheint
durch sie hinwegzuschauen, erkennt ihre Anwesenheit nicht einmal
an. Er geht genau mittig in der Rampe, um größtmöglichen
Abstand zu ausgestreckten Händen der Leute in der ersten
Reihe zu wahren. Mit dem Kinn erhoben und dem Kopf im Nacken
nimmt er eine Pose ein, die es ihm einfacher macht, über das
Pack hinwegzusehen.
Im
Ring angekommen streicht Switzenberg mit betonter Gelassenheit
den Stoff seines hautengen Shirts glatt und bohrt den Absatz des
büffellederbeschuhten Fußes auf die Ringmatte. Dann
empfängt er mit beiläufig ausgestreckter Hand ein von
Laura gereichtes Mikrofon und dreht es in den Fingern.
Darragh
Switzenberg: „Jeder Mensch hat seine Rolle.“
Die
Stimme des Kanadiers ist ruhig, ohne Aufregung, aber trotzdem
dominant. Eine Spur natürlicher Autorität lässt
einen Großteil des Publikums verstummen, um den Worten
Switzenbergs Gehör zu schenken.
Darragh
Switzenberg: „Da sind die Hauptdarsteller…“
Die
Betonung und das süffisante Lächeln auf seinen Lippen,
mit dem er die Worte begleitet, lassen keinen Zweifel zu, wen
Darragh in besagte Kategorie ganz oben einordnen würde: Sich
selbst.
Darragh
Switzenberg: „…da sind die Nebendarsteller. Und die
Statisten. Die letztgenannten zwei Kategorien haben vor allem
eine Aufgabe: Ihren Job machen, ohne die Aufmerksamkeit an sich
zu reißen. Sie sind Beiwerk, damit die Hauptdarsteller
glänzen können. Sie sind Werkzeuge, die man benutzt,
wegwirft und vergisst. Aber trotzdem sind sie Teil einer
Geschichte.“
Er
geht an einer der Ringecken, streicht mit der freien Hand über
das Kunstleder der Polsterung, und stützt sich dann in
gemütlicher Beugung oben auf.
Darragh
Switzenberg: „Heute lernt ihr einen Nebendarsteller kennen.
Und das besondere daran ist: Er kennt seine Rolle noch gar nicht.
Er weiß nicht, welche Rolle er spielen wird. Wie das
Drehbuch ist.“
Mysteriöse
Worte, die für grübelnde Gesichter bei einigen
Zuschauern sorgen, die von der aufmerksamen Regie im Großbild
herangezoomt werden. Jemand, der seine Rolle nicht kennt?
Darragh
Switzenberg: „Aber das Wichtige ist, dass besagter
Nebendarsteller das Drehbuch überhaupt nicht kennen muss.
Denn er wird es mit einem Hauptdarsteller zu tun haben, mit einem
Star, der im Wrestling-Ring die Fähigkeit hat, ihn genau in
das Drehbuch zu zwängen, welches der Star will. Und, ihr
habt es vielleicht in einen biervernebelten Gedankenströmen
erfasst, der Star bin ich. Bleibt noch eine zweite Frage: Wer ist
der Nebendarsteller, den ich heute zu etwas zwingen werde, dass
er vielleicht gar nicht möchte?“
Switzenberg
wendet sich der Kamera zu, zieht eine Augenbraue fragend hoch und
legt den Kopf schief. Noch lässt er die Zuschauer daheim und
in der Halle mit ihren Mutmaßungen allein, die Auflösung
wird herausgezögert.
Darragh
Switzenberg: „Bevor wir seine Identität kennenlernen,
muss man zunächst betrachten, in welcher Story er spielen
wird. Das kann ich euch sagen. Der Name der Story lautet: ‚Warum
Darragh Switzenberg ein würdigerer Herausforderer für
Ask Skógur wäre, als es Viggo je war‘.“
Die
Selbstweihräucherung des charmelosen Kanadiers führt
dazu, dass es wieder lauter wird. Die Zuschauer erwachen aus
ihrer Zuhörerrolle und schmettern dem Mann im Ring Buhrufe
entgegen.
Darragh
Switzenberg: „Und wie, fragt ihr euch, läuft diese
Story ab? Ganz einfach: Sie beginnt mit einem Fehler. Einem
Fehler auf Seite Ask Skógur. Denn Ask Skógur hat
doch tatsächlich in seiner Verwirrung entschieden, seinen
Titel nicht gegen mich verteidigen zu wollen. Obwohl ich es war,
der die Lügen der Schlange Viggo aufdeckte. Obwohl ich es
bin, der seiner Regenschaft Glanz verleihen könnte, bevor
sie endet. Aber Ask Skógur besitzt nicht die Weitsicht,
das zu erkennen. Nun, wer sein Leben in der Wildnis verbringt,
mag den Wald manchmal vor lauter Baumen nicht sehen. Und so sieht
Ask nicht, dass ich weitaus geeigneter als Viggo bin, um den
Titel anzutreten. Also muss ich einen ärgerlichen Umweg
gehen, auf dem ich gleich dem Nebendarsteller begegnen werde, von
dem ich spreche. Aber schauen wir uns erst an, was dieser Umweg
ist.“
Er
stößt sich von der Ringecke ab, geht zurück in
die Mitte des Squared Circles und vollführt eine
ausschweifende Geste.
Darragh
Switzenberg: „Der Umweg, auf dem ich beweisen werde, dass
ich weit würdiger als Viggo je war, folgt einem klassischen
Story-Archetypen: Einer Nacherzählung. Und es ist eine
Nacherzählung einer Sache, die noch gar nicht alt ist. Vor
wenigen Wochen erst stellte Ask Skógur Viggo vor eine
Reihe von Aufgaben. Vor Dinge, die er erledigen musste, um sich
zu beweisen. Mit Müh und Not, wie angesichts Viggos
schrecklicher Mittelmäßigkeit übrigens zu
erwarten kann, kämpfte sich Viggo durch und bestand die
Herausforderungen, die Ask ihm hinwarf. Aber ich glaube, dass wir
diese Story mit einem weitaus heroischeren Protagonisten
nacherzählen können. Mit einem Protagonisten, der durch
die gleichen Herausforderungen hinwegfegt, die Viggo viel Mühe
kosteten.“
Der
Kanadier entblößt sein weißes, gewinnendes
Lächeln und spannt die imposanten Muskeln unter dem
hautengen Shirt an.
Darragh
Switzenberg: „Das bringt mich zu besagtem Nebendarsteller:
Timo Schiller. Timo Schiller war die große Herausforderung,
die Ask für Viggo hatte. Er soll ihn besiegen. Und Viggo tat
es, mehr oder weniger. Aber sehen wir doch mal, ob ich das nicht
viel besser kann. Weil ich viel würdiger bin. Deswegen habe
ich Timo Schiller eine Einladung geschickt, seine Rolle als
Prüfstein ein zweites Mal zu spielen. Ein zweites Mal einen
potenziellen Herausforderer von Ask zu prüfen: Mich.“
Switzenberg
streckt einen Arm in Richtung Rampe aus.
Darragh
Switzenberg: „Komm‘, Timo Schiller. Du darfst noch
einmal eine Rolle spielen. Du darfst noch einmal verlieren…und
es ist egal, ob du das willst oder nicht. Ich werde dich einfach
zwingen, denn ich lasse nicht zu, dass wir vom Drehbuch
abweichen.“
Gespannte
Stille, gespickt mit vereinzelten Rufen, durchströmt die
Regensburger Halle. Die Hälse der Anwesenden richten sich
gen Vorhang, wo sie den Auftritt Timo Schillers erwarten. Ein
Mysterium löst sich auf: Früher am Abend hatte man Timo
gesehen, der in schonungsloser Ehrlichkeit verkündet hatte,
selbst nicht zu wissen, warum er eine Einladung hat. Jetzt weiß
er es.
Timo
Schiller: „Hier bin ich.“
Zu
moderatem Jubel, einem Höflichkeitsapplaus für einen
Sympathieträger ohne große Fanbase, tritt Timo
Schiller ohne Musik durch den Vorhang. Er steckt breitbeinig auf
der Rampe, ein wenig zu gekünstelt, um authentisches
Selbstbewusstsein auszustrahlen. Der Blick, den Schiller in
Richtung Switzenberg wirft, ist verhärtet und kalt.
Timo
Schiller: „Aber ich glaube, du unterschätzt mich,
Darragh. Ich bin kein verdammter Statist und habe auch das Zeug,
mehr als ein Nebendarsteller zu sein. Du willst, dass ich gegen
dich kämpfe, damit du das irre Drehbuch vervollständigen
kannst, dass in deinem Kopf schwirrt?“
Beiläufiges
Nicken von Switzenberg. Der Kanadier wirkt gelangweilt und wirft
einen Blick auf die imaginäre Uhr an seinem Handgelenk.
Eben, als er selbst sprach, hatte er alle Zeit der Welt –
aber nun, wo er zuhören muss, hat Darragh es plötzlich
eilig, dass der Kampf beginnt.
Timo
Schiller: „Da habe ich schlechte Nachrichten für dich.
Das wird keine Nacherzählung von meinem Kampf gegen Viggo,
sondern eine Comeback-Story. Die Story, wie ich dich schlage und
zurück in die GFCW finde. Du willst mich bekämpfen? Ich
nehme an. Aber ich warne dich: Das Drehbuch, nach dem wir
spielen, ist das meine. Und das sieht vor, dass der
Möchtegern-Protagonist schon im ersten Kapitel scheitert.
Mach‘ dich bereit.“
Seine
markigen Worte untermalt der Performance Center-Absolvent damit,
dass er sein Shirt auszieht und in Richtung des Squared Circles
zu joggen beginnt. Hinter ihm taucht aus dem Vorhang Karo Herzog
auf – die Ringrichterin wird hier vom Office
herausgeschickt, um offiziell zu machen, dass wir spontan einen
weiteren Kampf zu sehen bekommen. Als Karo im Ring angekommen
ist, stehen sich Darragh und Timo bereits gegenüber, blicken
einander sympathielos und kampfeslustig in die Augen.
Singles
Match:
Darragh
Switzenberg vs. Timo Schiller
Referee: Bob Taylor
Timo
Schiller, das Gewicht zweier Niederlage im Kreuz, beginnt mit
der Kraft der Verzweiflung. Er stürmt, leidenschaftlich
wie Braveheart, auf seinen Gegner zu, der für ihn eine
große Unbekannte darstellt – schließlich
ist das hier der erste offizielle Kampf Darragh Switzenberg
unter dem großen Banner der GFCW außerhalb des
Development-Liga.
Pete:
„Unverhofft kommt oft. Ich bin gespannt, ob Darragh
Switzenberg an seine Erfolge bei GTCW anknüpfen
kann…oder ob Timo Schiller ihn als Großmaul
entlarvt.“
Sven:
„Mit seiner Ansage, deutlich beeindruckender zu
gewinnen, als Viggo es tat, hat Darragh Switzenberg eine
Fallhöhe geschaffen, die oben auf dem Dach beginnt. Aber
ich glaube an Darragh, er ist fast so geil wie ich.“
Der
entschlossene Schiller hat Switzenberg fast erreicht, da
schnellt ein Bein des Kanadiers vor und trifft mit einem Big
Boot an der Schläfe. Schiller wird zu Boden geschleudert
und bleibt auf der Matte liegen. Über ihm streift
Darragh durch den Ring, entledigt sich erst jetzt und mit
betonter Beiläufigkeit seines T-Shirts. Darunter kommt
ein Körper zum Vorschein, den Bildhauer aus den
Auftragsbüchern der Medici nicht gekonnter hätten
gestalten können: Switzenberg sieht aus wie aus dem
Anatomiebuch, jeder Muskel ist über das Normalmaß
hinaus trainiert – er ist massig, aber nur so weit,
dass die Maßstäbe der Ästhetik gewahrt
werden. Switzenberg steht in der Mitte des Ringes, lächelt
und weiß, dass er angestarrt wird.
Er
greift ins Haar Timo Schillers, der durch den Zug an der
Kopfhaut hochgerissen wird. Mit Wut schlägt Schiller im
Aufstehen nach Switzenberg, doch ein Faustschlag in den
Nacken des Dortmunders beendet die Offensivbemühungen
Schillers. Timo fällt auf die Knie zurück, dann
wird er, mit dem Rücken zu Switzenberg stehend, gepackt
und zu einem Reverse DDT auf die Ringmatte gehämmert.
Switzenberg nimmt seinen gelungenen Beginn mit größter
Selbstverständlichkeit hin, steigt über Schiller
hinweg und stellt sich auf die andere Seite, um dem am Boden
liegenden Kicks in die Rippenregion zu verpassen. Als
Schiller sich schmerzverzerrt zusammenrollt, um aus der
Embryo-Position Schutz zu gewinnen, greift Switzenberg an die
Hose seines Gegners, zieht ihn auf die Beine.
Back
Suplex!
Wieder
liegt Schiller auf der Matte. Switzenberg über ihn.
Bislang ist das hier eindeutig. Eine Machtdemonstration. Und
Darragh weiß das. Kostet das aus. Schmeckt den Triumph,
der vor ihm liegt. Schief und selbstverliebt ist das Lächeln
auf seinen Lippen.
Pete:
„Timo muss sich was einfallen la…-„
‚Lassen‘
ist das fehlende Wort, das Pete im Halse stecken bleibt. Doch
bevor er es ausspricht, weiß Pete, dass er an den
Kampfverlauf verschwendet ist. Denn Schiller ist schon
wieder, ohne rechte Gegenwehr, in der Luft. Wird in eine
Position geladen, die man selten sieht: Auf dem Rücken
Darraghs hängend, Kopf nach unten.
VERTEBREAKER!
Regungslos
bleibt Timo liegen. Switzenberg steht über ihm. Blickt
wie schon in der Ansprache zuvor auf die imaginäre Uhr
an seinem Handgelenk.
Dann
die Andeutung eines Grinsens.
Ein
Fuß auf der Brust.
Dominanz.
Ein
Sieg wie aus dem Drehbuch.
Sieger
durch Pinfall: Darragh Switzenberg!
Pete:
„Ich bin sprachlos.“
Sven:
„Das liegt daran, dass du als Kind nicht im lyrischen
Zaubertrank gebadet hast, Pete. Nicht wie ich, der niemals
wortlose Sven. Aus mir Strömen rhetorische Armeen hervor, um
angemessen zu beschreiben, was wir hier gesehen haben: Einen
Sieg, wie es ihn lange nicht gab. Eine Demütigung aus der
Perspektive Schillers. Ein Meisterwerk von Darragh Switzenberg.“
Pete:
„Ich bekomms grad durchgesagt: 39 Sekunden. Keine einzige
Offensivaktion von Timo Schiller. Wann habe ich zuletzt jemanden
gesehen, der so chancenlos war?“
Sven:
„Du hast Recht, Pete. So eindeutig sind die
Kräfteverhältnisse sonst nur am Kommentatorenpult.
Noch
immer ist ungläubiges Schweigen die Stimmung, die am besten
wiedergibt, was in der vergangenen Minute zu sehen war.
Switzenberg kündigt an, dominanter als Viggo zu gewinnen –
und setzt es deutlicher um, als jeder es sich hätte
vorstellen können. Ein Kampf mit drei Klassen Unterschied.
Ein
Kampf als Ansage.
An
Ask Skógur.
Darragh
Switzenberg: „Für das da…“
Er
deutet auf Timo Schiller zu seinen Füßen.
Darragh
Switzenberg: „…hätte ich mir nicht einmal das
Shirt ausziehen müssen. Aber ich hatte doch gesagt, dass es
so läuft. Ich hatte gesagt, dass ich das kann, was Viggo
kann – nur unendlich viel besser. Er hat Timo Schiller
besiegt. Ich habe Timo Schiller beendet.“
Mit
ungewohnter Ernsthaftigkeit lässt Switzenberg das Lächeln
auf seinem Gesicht verschwinden und blickt in die Kamera.
Darragh
Switzenberg: „Ich weiß, dass es schwer ist, Wrestlern
zu glauben, wenn sie prahlen. Weil es das ist, was jeder Zweite
hier seit 20 Jahren macht. Hunderte haben angekündigt, dass
sie die Zukunft sind, dass sie nicht zu stoppen sind.“
Seine
Augen fixieren kalt und ohne Blinzeln die Kamera.
Darragh
Switzenberg: „Aber ich bin nicht Hunderte. Ich bin Darragh
Switzenberg. Ich bin viel zu beschäftigt, um Dreck zu
erzählen. Wenn ich etwas sage, dann stimmt es. Für
Andere mag es wie Arroganz klingen, aber das tut es nur von unten
betrachtet. Ich bin so viel besser als Viggo es je sein könnte,
dass alleine der Versuch, das zu quantifizieren, schon eine
Beleidigung für mich ist.“
Der
Kanadier lässt die Intensität etwas abklingen, gewinnt
die überhebliche Beiläufigkeit zurück und schwingt
das Mikrofon in der Hand hin und her, ehe er weiterspricht.
Darragh
Switzenberg: „Ich sagte, wir machen das hier nach meinem
Drehbuch. Und so wird es sein. Die erste Szene ist im Kasten –
egal, ob Timo Schiller es wollte oder nicht. Ich muss mit
niemandem Absprachen treffen, ich mache die Welt einfach so, wie
ich sie brauche. Und jetzt will ich Folgendes: Ich will, dass wir
Szene 2 abdrehen.“
Er
schnippst in Richtung Vorhangen.
Darragh
Switzenberg: „Szene 2, Auftritt Ask Skógur. Komm‘
raus, Ask. Sag, dass du beeindruckt bist. Sag, dass deine
Regentschaft wertlos ist, wenn du nicht gegen mich verteidigst.
Geh in diesen Ring…“
In
einem Anflug von Theatralik geht Darragh Switzenberg auf die
Knie, um mit der flachen Hand auf die Ringmatte zu klopfen.
Darragh
Switzenberg: „…und sage, dass nur ich es verdiene,
gegen dich zu kämpfen. Mach es offiziell. Sag ein Datum.“
Die
letzten Worte, bevor er das Mikrofon zur Seite nimmt, spricht
Switzenberg leise, doch mit unüberhörbarer Ungeduld
aus.
Die
Bildregie jedenfalls weiß, was ihre Rolle ist. Von
Switzenberg ausgehend wird herausgezoomt und dann auf die Rampe
umgeschwenkt. Der Vorhang kommt ins Bild. 5.000 Regensburger und
ein Kanadier warten auf das Erscheinen von Ask Skógur.
Darauf, dass der Intercontinental Champion zustimmt. Dem
nachgibt, was Darragh verlangt.
Wie
wird Ask sich entscheiden?
Sekunden
verrinnen. Noch immer ist Ask Skógur nicht zu sehen. Nicht
einmal seine Musik ist zu hören.
Darragh
steht da, mit jedem Herzschlag bildet sich seine Ungeduld
deutlicher in der Körperhaltung ab. Er steht da und wartet.
Wartet, dass sein Verlangen gestillt wird.
Aber
Ask erscheint nicht.
Er
hat ihm nichts zu sagen. Nicht hierzu.
Pete:
„Äußerlich sieht Switzenburg ruhig aus. Aber ich
bin mir sicher, im Inneren kocht er. Nicht einmal nach SO einer
Leistung stimmt Ask zu, dass Darragh Herausforderer wird. Aber
auch das ist eine Parallele zur Viggo-Story, nicht wahr? Um Ask
zu überzeugen, müssen dicke Bretter gebohrt werden.
Sven:
„Oder er hat einfach nicht zugeschaut und kann deswegen gar
nichts sagen. Schließlich hat Viggo ihn heute auch
vergeblich gesucht…aber egal, ob Ask Darragh gerade
bewusst ignoriert oder das nur seiner Abwesenheit geschuldet ist
– Switzenberg betrachtet es als Affront. Als würde man
ihm ins Gesicht spucken. Seine Zeit stehlen. Das wird er Ask
nicht verzeihen.“
Pete:
„Darragh will, was er verlangt. Und heute haben wir ein
Instrument gesehen, mit dem er sich nehmen kann.“
Manche
Niederlagen fühlen sich wie Siege an.
Vor
zwei Wochen hat Mike Müller verloren. Und er fühlt sich
nicht so richtig wie ein Verlierer. Aber wie ein Sieger? Auch
nicht.
Komplizierte
Menschen geraten in komplizierte Situationen, und Mike Müller
befindet sich in einer eben solchen. Wir wissen nicht, was ihm
wer genau gesagt hat, aber mit ihm ist – Kunstpause –
gesprochen
worden. So viel steht fest. Ziemlich laut und eindeutig, könnte
man annehmen, denn die immer wieder aufkommende Präsenz von
Nervosität, die in den letzten Wochen ihren hässlichen
Kopf immer wieder in Mike Müllers Angelegenheiten gesteckt
hat, hat mittlerweile allein eine Dauerresidenz im Hirn des
jungen Athleten.
Und
das wohl zurecht. Wir haben nur einen kurzen Einblick bekommen,
als er Besuch von Lorenz hatte, welche Mächte da auf ihn
einwirken, und wie genau das alles zustande gekommen ist und in
was für einer Lage Mike Müller – pardon, Mike
„The Mirror“ Müller, der menschliche Brand –
sich befindet, wie prekär das alles ist… wir wissen
nicht genau Bescheid.
Wir
sehen nur einen ahnungslosen jungen Mann, der nicht recht zu
wissen scheint, wo die Reise hingeht, und James Corleone hat ihm
vor zwei Wochen mit seinen Worten zwar irgendwie geholfen…
aber bedankt hat sich Mike unseres Wissens nach dafür auch
nicht.
Gäbe
es doch da nur jemanden, der versteht, wie Mike sich fühlt.
„Anfängerfehler.“
Dieses
kontextlos in den Raum hereingerufene Schlagwort reißt Mike
Müller direkt aus den Gedanken. Wer? Wie? Wo? Wieso?
Wie
in einem schlechten Film tritt aus einer dunklen Ecke heraus nun
Aldo Nero, der vermutlich nicht unbedingt da gelauert hat, bis
Mike Müller vorbeikommt, sich aber dennoch dazu entschieden
hat, diesen jetzt anzusprechen. Nero steht nun schließlich
vor Müller, der wohl immer noch nicht so recht weiß,
was Aldo hier von ihm will.
Aldo
wiederum wirkt in dieser Woche sogar noch etwas abgebrühter
als in der letzten Show. Er hat nun zwei Siege eingefahren, einen
gegen Hugo „Meathook“ Rodriguez und einen gegen
Sandro Prach und scheint sich damit sichtlich wohlzufühlen,
denn es geht bergauf. Anders als es bei Mike Müller der Fall
ist.
Mike
Müller: „…meinst du mich?“
Aldo
lacht leicht spöttisch, als ob es nicht offensichtlich wäre.
Wir merken von Woche zu Woche, wie Aldos Siege diesem Zuversicht,
Kraft und Selbstvertrauen geben… aber auch eine Spur
Arroganz. Er scheint das auch zu realisieren und fährt
wieder etwas runter, bleibt aber immer noch leicht „von
oben herab“.
Aldo
Nero: „Du darfst ihm nicht vertrauen. Niemals.“
Und
damit zeichnet sich langsam ab, worauf Aldo hinauswill. Vor zwei
Wochen kam es für Mike Müller zu einem Gespräch
mit James Corleone, der, wie wir alle wissen, der Vater von Aldo
Nero ist. Und dieser hat sich, dank seines Onkels und seiner Zeit
in Sizilien, ja inzwischen von seinem Erzeuger losgelöst.
Ihm
könnte das folglich niemals passieren, dass er James
Corleone vertrauen würde...
Aldo
Nero: „Du hast dich gar nicht schlecht gegen Aiden
geschlagen, das lasse ich dir. Und ich weiß aus eigener
Erfahrung, dass das kein leichter Gegner ist. Dabei bist du
meinem Vater dummerweise direkt auf den Leim gegangen. Aber mach
dir nichts draus, Leute manipulieren, ist seine leichteste Übung.
Vor allem die naiven, unerfahrenen Leute. Er spielt mit ihnen,
wie es gerade für ihn passt.“
Und
nochmal: ihm könnte das ja nie passieren, nicht wahr? Man
merkt in jedem Falle zunehmend, dass Aldo ein sehr launischer
Mensch ist, der sich recht schnell von den Umständen um ihn
herum beeinflussen lässt. Ihm ging es vor Sizilien nicht gut
und dementsprechend schlecht und niedergeschlagen war er drauf.
Jetzt hat er zwei Mal gewonnen und durch Unterstützung von
Onkel Sal Abstand von seinem Vater genommen und er meint die Welt
verstanden zu haben.
Aldo
eben.
Er
beginnt ein paar Dehnübungen zu machen, während seine
Worte bei Müller nachhallen.
Mike
Müller: „Äh, naja…danke?“
Er
ist sich ziemlich sicher, dass Aldo das, was er sagt, auch so
meint, und dass er James Corleone nicht vertrauen soll…
das ist sowas wie die erste Lektion, die man in der GFCW lernt.
Aber das heißt noch lange nicht, dass sein Ratschlag aus
der letzten Show nutzlos war, und er musste James ja nicht gleich
sein Kind anvertrauen, sondern bloß zuhören. Mit
Kindern soll es Corleone angeblich ja nicht so haben.
Mike
Müller: „Ich verstehe, dass du da eine…
komplexe…“
Mike
überlegt kurz, auf der Suche nach einem Wort, das noch
großspuriger und intelligenter klingt als „komplex“,
um Aldo zu vermitteln, dass er das Ausmaß seiner
schwierigen Situation in seiner Gänze erfasst.
Er
scheitert.
Mike
Müller: „…blöde Situation mit deinem Dad
hast. Oder sagst du padre? Oder ist das… kommt das doof?“
Ein
wenig verlegen kratzt er sich am Hinterkopf. Das hätte er
alles geschickter formulieren können. Das sagt Lorenz ihm
schließlich auch ständig. Immer und immer wieder, um
genau zu sein. Jeden Tag. Jeden. Gottverdammten. Tag.
Mike
Müller: „Also, ich will nichtmal sagen, dass er dich
nicht gef… also, dass er dir übel mitgespielt hat.
Aber er hat ja kein Blutopfer von mir verlangt oder so,
eigentlich hat er gar nichts von mir verlangt, und ich weiß
schon, dass das war, weil seine Interessen da zufällig auch
meine Interessen waren, aber solange das der Fall ist… ich
weiß nicht, ob da so viel böse Absicht hinter steckte,
wie du glaubst, Bruder. Klar wollte er sich selbst helfen, aber
das heißt doch nicht, dass er mir nicht auch helfen
wollte?“
Was
erdreistet sich dieser Müller eigentlich? Will der Aldo
gerade wirklich sagen, dass sich sein Vater für andere
Wrestler interessieren kann, nur nicht für seinen eigenen
Sohn? Und viel wichtiger: will Mike da gerade andeuten, dass er
Corleone und dessen Absichten besser einschätzen kann als er
– der Sohn von Corleone? Aldo fühlt sich angegriffen,
auch, wenn Müller das vielleicht gar nicht so gemeint hat.
Aldo
Nero: „Wenn du wirklich glaubst, dass James Corleone sich
für irgendjemanden anderen interessiert als James Corleone…
naja oder The End, dann bist DU noch naiver als ich gedacht
habe.“
Aldo
versucht bereits wieder sich zu beruhigen, spricht diese Worte
aber vielmehr an sich, weil er sich nicht eingestehen will, dass
Müller recht haben könnte. Was, wenn Corleone
tatsächlich dazu bereit ist anderen zu helfen, nur ihm
nicht?
Aldo
Nero: „Jedenfalls, habe ich dich hier gesehen und wollte
dir eigentlich nur einen wirklich gut gemeinten Tipp geben.“
Aldo
wirkt immer noch beleidigt. Es scheint, als hätte es sich
mit dem Tipp für Müller erledigt.
Aldo
Nero: „Du musst dir bewusstwerden, wer du bist. DU musst
dir dessen bewusstwerden und nicht darauf hören, was dir
andere Leute darüber sagen…“
Nicht
zwingend seine Worte, sondern die von Onkel Sal. Und es ist auch
nicht so, als ob Mike Müller das nicht wüsste, dass das
die Frage ist. Er sucht viel mehr die Antwort… aber ob
Aldo Nero ihm diese geben kann?
Aldo
Nero: „Aber… tja, warum sollte ich das tun?
Schließlich sind wir hier Kontrahenten und keine Freunde.“
Aldos
Laune bleibt passiv aggressiv.
Mike
Müller: „Das klingt wie etwas, dass dein Papa sagen
würde.“
Was
mit Sicherheit nicht unbedingt die Art von Aussage ist, die
sonderlich geschickt ist, aber Müller ist eben noch viel
weniger Corleone als Aldo Nero, auch wenn dessen Name die
Verbindung innerhalb der Familie nicht preisgibt. Er ist die
Definition von „letting the intrusive thoughts win“,
und so charmant manche aus der Distanz sein Ungeschick im Rahmen
von sozialen Umgangsformen finden mögen – in der
direkten Konfrontation ist es wenig hilfreich.
Mike
Müller: „Nichts für ungut, aber den Tipp hätte
mir jeder andere auch geben gönnen. Das ist jetzt nicht so
suuuuuuper-clever. Auch nicht doof, oder so, aber… wenn
das so einfach wäre, wäre ich doch nicht hier.“
Da
hat er einen gewissen Punkt. Aldo mag mit seinem Tipp nicht
daneben liegen, aber konkrete Hilfe für Mikes Situation
sieht anders aus.
… am
wenigsten bewusst dürfte das aber Aldo Nero sein. Diesem
merkt man schon an, dass er glaubt, dieser Tipp wäre clever
gewesen. Das Müller ihn hier so offenbart, lässt Aldo
nur noch etwas deutlicher… eingeschnappt sein.
Mike
Müller: „Und ich muss halt jede Hilfe nehmen, die ich
kriegen kann. Du hast deinen Papa, und wenn du auf den keine Lust
hast, dann gehst du zu deinem nächsten Verwandten, ich…
ich kann da nicht so wählerisch sein. Ich habe keine
Wrestling-Familie. Wenn mir jemand Hilfe anbietet… dann
überlege ich eben dreimal, ob ich die ablehne. Denn die
einzige Hilfe, die ich sonst kriege…“
Das
lässt er unausgesprochen. Wir erinnern und an Lorenz, die
wirren „The Mirror“-Videos und Promos, die seltsamen
Matches… eigentlich sah Mike Müller seit seiner
Rückkehr immer ziemlich beschissen aus.
Außer
letzte Show, nach seinem Gespräch mit Aldo Neros Vater.
Aldo
hört Mike Müller zwar zu, man sieht ihm aber bereits
an, dass sich abermals angegriffen und beleidigt fühlt,
auch, wenn Müller das vielleicht gar nicht im Sinn hat.
Wirft er ihm jetzt etwa vor, dass er es „leichter hätte“
nur weil er aus einer „Wrestling-Familie“ kommt? Aldo
fährt damit fort alles, was Müller sagt,
misszuverstehen, ob nun bewusst oder unbewusst bleibt erstmal
offen, denn Aldo sieht erst einmal in jedem einen Feind. Vor
allem einen Feind, der ihm in seinem Aufstieg sabotieren und
limitieren könnte.
Aldo
Nero: „Vorsicht… pass auf was du sagst. Wenn du über
meine Familie redest, vor allem über Onkel Sal, dann
solltest du deine Worte weise wählen, sonst ergeht es dir
wie Sandro vor zwei Wochen.“
Eine
klare Botschaft von Nero. Müller entpuppt sich also
tatsächlich – für ihn – immer deutlicher
nicht NUR als Kontrahent, sondern auch als Feind.
Aldo
mustert Mike Müller nun noch einmal von oben bis unten.
Aldo
Nero: „Lass es mich dir so sagen, Mike. Wir beide wollen
das Gleiche, nehme ich mal an. Wir wollen es hier in der GFCW
weit bringen. Vor ein paar Wochen ging es mir noch so wie dir und
ich habe mich von einer Niederlage zur nächsten geschleppt.
Also musste ich etwas ändern. Das habe ich getan. Und jetzt
ist alles anders. Jetzt weiß ich, wer ich bin und was ich
dafür tun muss, um da hinzukommen. Und dazu gehört es…
die Leute zu besiegen, die zu schwach sind um etwas oder sich
selbst zu ändern.“
Diese
Worte klingen nun fast schon nach so etwas wie einer Drohung. Und
genauso scheint Aldo sie auch zu meinen.
Mike
Müller: „…das klingt… sinnvoll?“
So
genau weiß Mike nicht, was Aldo ihm sagen will, aber er
fühlt sich so langsam wirklich unwohl. Erst fand er Nero nur
komisch, dann hatte er ein bisschen Verständnis für
ihn, aber nun… nun ist die Feindseligkeit von Seiten Neros
so dauerhaft, unverfälscht und ehrlich, dass er nicht anders
kann, als so unauffällig wie möglich die Fäuste zu
ballen und einen kleinen Schritt zurückzumachen.
Mike
Müller: „Cool, dass du das gemacht hast. Du bist es
gerade total am weit bringen, glaube ich“
Diese
Komplimente – so scheinen sie gemeint zu sein, um den
Konflikt nicht weiter eskalieren zu lassen – zeigen bei
Aldo kaum Wirkung. Nun, das ist nicht ganz richtig: Eigentlich
zeigen sie gar keine Wirkung.
Aldo:
„Also dann, Mike… wir sehen uns…“
Auch
das wieder. Aldo scheint tatsächlich mit einem positiven
Gemüt in dieses Gespräch hineingegangen zu sein, aber
irgendwie hat sich all das geändert.
Ob
Mike Müller all das so gemeint hat oder nicht ist egal, Aldo
hat es als Angriff verstanden und dementsprechend ist für
ihn klar: früher oder später wird er Müller
bezwingen müssen, um weiter nach oben zu kommen.
Fürs
erste reicht es Aldo hier erstmal. Er lässt Müller also
hinter sich und verschwindet wieder.
Mike
sieht ihm noch einen Moment lang hinterher. Er beißt sich
dabei auf die Unterlippe, scheint intensiv über etwas
nachzudenken, und mehrere Sekunden verstreichen, bis er die
Mammutaufgabe, die ihm die Neuronen in seinem Schädel
momentan zu stellen scheinen, bewältigt – irgendetwas
an Aldos Tirade zum Abschluss scheint in ihm den „Denkmodus“
aktiviert zu haben. Dann bricht Mike die Stille, anscheinend
fündig geworden auf der Suche nach der Antwort, indem er mit
einem Mal überrascht, lauthals und mit einer nicht zu
verkennenden Empörung in der Stimme zu einem Schluss kommt.
Mike
Müller: „Der Pisser meinte mich
mit seinem Gelaber!“
Wir
befinden uns in einem Setting, das für eine Wrestlingshow
normalerweise eher ungewöhnlich sein dürfte. Für
eine Wrestlingshow von der Ask Skógur ein Teil ist, ist
dieser Ort hier aber keinesfalls ungewöhnlich.
Wir
sind mal wieder in Schweden.
An
der wunderschönen Natur hat sich nichts verändert, an
der ruhigen und idyllischen Geräuschkulisse und Atmosphäre
ebenso wenig. Die Sonne ist bereits dabei unterzugehen, was sich
in einem ebenso anmutigen Sonnenuntergang widerspiegelt, wie es
für sich für einen solchen Ort gehört.
Wir
sind diesmal nicht direkt im Wald, sondern auf dem riesigen See
davor. Von dort aus filmt die Kamera überhaupt erst die
Szenerie, die uns verrät, wo wir sind. Diesmal sind das
keine Dronenshots oder anderweitig professionell gefilmten
Bilder, diesmal wird lediglich mit einer Handkamera gefilmt, die
gerade in Richtung der Natur gedreht ist.
Nachdem
klar ist wo wir uns befinden, wird diese jedoch eingedreht und
wie könnte man es anders erwarten, sehen wir Ask.
Seitdem
Ask in die GFCW gekommen ist, hat er sich nicht nur charakterlich
stark verändert und weiterentwickelt, sondern mitunter auch
äußerlich. Anfangs hatte er noch einen kahlen Kopf,
mittlerweile ist dieser aber mit einer zottelligen, mittellangen
Frisur bedeckt. Man könnte meinen, dass das etwas ungepflegt
aussieht, aber dem ist nicht so. Es ist Ask und sieht daher
vielmehr verpeilt aus, als alles andere.
Abgesehen
davon sehen wir hier gerade einen nachdenklichen Ask. Er hat die
Kamera nun seit mehreren Sekunden auf sich gerichtet und noch
kein Wort gesagt. Man spürt, wie sehr ihn die aktuelle
Situation bedrückt. Wir wissen auch warum. Switzenberg.
Viggo.
Ask
hadert mit sich, er sucht die Worte, die er sagen will. Wir haben
ihn die gesamte Show über nicht gesehen, so richtig
ersichtlich, wann dieses Video aufgenommen wurde, ist es auch
nicht. Ask ist mal wieder in einer Identitätskrise und von
denen hatte er in der GFCW schon mehr als genug.
Ask:
„Ich hab das Gefühl, dass ich an diesem Punkt schon
war.“
Okay,
noch etwas genaueres zum direkten Ort, wo wir uns befinden. Wir
sind auf einem See, konkreter auf einer Art kleinem Floß,
das Ask mit Sicherheit selbst gebaut hat. Er sitzt darauf in
einem Schneidersitz und hat die Kamera mittlerweile vor sich
aufgestellt, sodass er sie nicht die ganze Zeit halten muss, um
sich filmen zu lassen. Die Paddel scheinen sich hinter der Kamera
zu befinden, da diese gerade nicht zu sehen sind. Ask schwimmt
der Sonne entgegen und so kann man ihn nicht mehr zu 100%
erkennen, da es bereits am dunkel werden ist.
Ask:
„Ich vertraue den Leuten oder freunde mich mit ihnen an
oder will einen sportlichen Wettkampf und irgendwie, irgendwann,
aus irgendeinem Grund, falle ich auf sie rein, werde verarscht,
betrogen, hintergangen. Das hat mir bereits Siege gekostet, Titel
und am allerschlimmsten, mein Vertrauen in die Menschen…
und in mich selbst.“
Man
merkt, wie sehr Ask all das mitnimmt. In seiner Stimme liegt
Enttäuschung, Verzweiflung, Selbstzweifel.
Ask:
„Holly, Jannek, Alex, Morbeus, End, Viggo, Darragh, selbst
Thomas hat mich schon hintergangen. Was ist es denn, weshalb ich
immer wieder auf diese Typen reinfalle? Nicht weil ich schwach
bin, sondern weil ich es zulasse.“
Zwischen
seinen Aussagen pausiert Ask immer mal wieder. Teilweise schnauft
er dabei sogar durch. Er zieht die Kraft aus der Natur.
Ask:
„Es gibt nur Raubtiere. Die GFCW ist ein Dschungel.
Eigentlich
dachte ich, ich hätte das schon nach Holly verstanden. Aber
ich war wohl doch noch zu gutgläubig. Ich dachte Holly wäre
ein Einzelfall, dass nicht jeder so abgefuckt ist. Aber nach
einem Holly, kommt halt ein Darragh Switzenberg. Und wer weiß
wer danach folgt. Alles dieselbe Art von Mensch, nur mit einem
anderen Namen.
Ich
muss es endlich einsehen. Ich darf es nicht mehr zulassen, auf
all diese Typen reinzufallen. Schließlich bin ich der
verdammte Intercontinental Champion.“
Ask
schlägt sich demonstrativ auf die Brust. Als würde er
sich selbst motivieren und viel mehr noch, sich aufputschen
wollen.
Ask:
„Aber… wenn das so ist, dann bedeutet das…
nach einem Ask… kommt ein Viggo. Dieselbe Art von Mensch,
nur mit einem anderen Namen. Er ist genauso auf Darragh
hereingefallen, wie ich auf Holly. Naja… oder wie er auf
Holly. Damals… da hat er das noch nicht gemerkt. Jetzt
schon. Ja… er hat mich hintergangen. Aber warum? Wegen
ihm. Und letztendlich… hat er es gerafft. Er hat sich
widersetzt. Wie ich.“
Ask
denkt nach. Er denkt laut. Er versucht die Situation
aufzuschlüsseln. Man kann sehr davon ausgehen, dass diese
Schlussfolgerung gerade die Folge eines viel längeren
Denkprozesses der letzten beiden Wochen ist. Und so langsam
scheint es für Ask klarer zu werden.
Ask:
„Raubtiere… ich weiß nicht. Sind hier wirklich
alles Feinde? Ich glaub nicht, dass es so einfach ist. Der Mensch
ist nicht so einfach. So wars bei mir, so isses bei Viggo und
auch bei allen anderen. Ich bin so lange vor den Menschen
geflohen, dass ich vergessen habe, wie die funktionieren. Und
jetzt bin ich so lange wieder da und habe es noch immer nicht
verstanden.
Aber…
ich darf mich nicht jedes Mal so fertig machen, wenn irgendwas
schief geht. So funktioniert das Leben nicht. Man fällt und
man steht wieder auf. So läuft es.“
Ask
putscht sich immer weiter auf. Er versucht sich selbst davon zu
überzeugen, diese Worte, die er schon so oft gesprochen hat,
nun auch endlich mal so zu meinen.
Ask:
„Ich habe in der GFCW so viel erreicht… und das
trotz dieser Rückschläge. Ich bin kein Holly, ich bin
kein Darragh, ich bin kein End. Ich bin kein Raubtier und
trotzdem bin ich mittlerweile da, wo ich bin. Champion. Vorbild.
Viggo hat zu mir aufgesehen, wie ich damals zu Keek. Und
vielleicht… habe ich ihm dabei geholfen, sich von Darragh
loszulösen, bevor der ursprüngliche Plan stattfinden
sollte.
… wenn
ich ihn jetzt im Stich lasse… läuft er vielleicht zu
ihm zurück…
Nein.
Das kann ich nicht zulassen.
Aber
verzeihen kann ich ihm auch nicht. Nicht so einfach. Menschen
sind schwierig, aber das Leben ist schwierig. Es wird immer
Probleme geben. Man muss nur an den Lösungen arbeiten.
Ich
hab ein Problem mit Darragh… und mit Viggo. Und das werde
ich lösen. Erst für mich und dann für Viggo.“
Ask
stellt sich nun auf. Er greift die Kamera und steht nun auf dem
Floß. Er dreht sich und hat sich nun selbst neben der
untergehenden Sonne im Bild.
Ask:
„Ich war an diesem Punkt bereits. Und das schon sehr oft.
Aber ich habe es immer und immer wieder geschafft aufzustehen,
weiterzumachen, eine Lösung zu finden. Und ich werde jetzt
nicht damit aufhören. Ich werde niemals damit aufhören.
Auch, wenn ich kein Raubtier bin, kennt sich im Dschungel keiner
besser aus… als ich.“
Die
Metapher, die The End ihm in deren Gespräch von Heir To The
Throne gesagt hat, scheint in Asks Kopf noch immer nachzuhallen.
Aber so langsam scheint Ask verstanden zu haben, dass The End
damit nicht recht hatte.
Er
mag nicht das Raubtier sein, der Jäger, die Bestie mit dem
Killer-Instinkt. Und doch schafft es Ask immer wieder sich
aufzuraffen, egal, wie heftig der Schlag in die Magengrube zuvor
war. Er weiß, dass Viggo nur bedingt etwas dafür kann,
der wahre Feind ist Darragh. Und doch weiß auch er, dass er
Viggo nicht derart leicht vergeben kann. Diese Beiden spiegeln
wieder wie unterschiedlich das „Feindbild“ in der
GFCW aussehen kann.
Aber
Ask nimmt es mit allen auf.
Es
scheint, als würde er einmal mehr in der Natur die Kraft
gefunden haben, die er braucht.
Ask
ballt die Faust, aber das kann man gerade, dank seiner
Kameraführung, nur angedeutet sehen.
Aber
man sieht wie entschlossen Ask wieder ist. Er blickt in den
Sonnenuntergang und dann in die Kamera und die Botschaft, sowohl
an Viggo als auch an Darragh ist klar. Ask lässt das nicht
mehr mit sich machen.
Er
mag das Ziel deren Scharade, deren Drehbuch gewesen sein.
Doch
jetzt schlägt er zurück.
Wir
schalten noch einmal backstage, bevor es zum Hauptkampf der
dieswöchigen Ausgabe von War Evening kommt.
Genauer
gesagt in die Kabine vom GFCW World Champion. Wir haben sowohl
End als auch Corleone heute bereits gesehen, wie sie sich zu
Aiden Rotari geäußert und ihm ein Angebot gemacht
haben. Dieses Angebot wurde von Aiden mit einem Gegenangebot
beantwortet, in Form eines Handyvideos.
Der
Champion sitzt gerade auf dem Sessel in seiner Kabine, mit den
Augen auf ein Fernsehgerät gerichtet, dass sich davor
befindet. Neben ihm, auf einer Couch, sitzt Corleone. Beide
schauen gerade noch einmal das Video von Aiden, das ihnen von den
Offiziellen der GFCW zugespielt wurde. Kurz vor Ende des Videos
stoppt The End dasselbe. Er manifestiert das Standbild seines
baldigen Gegners mit einem finsteren Blick.
James
Corleone: „Ich… will die Möglichkeit nicht
abstreiten, dass er langsam leichtsinnig wird… aber ich
glaube nicht daran. Was auch immer er vor hat, er ist niemals so
desillusioniert zu glauben, dass er damit Erfolg haben könnte.“
Corleone
spricht das offensichtliche an. Aiden plant eine Falle und das
nicht besonders subtil.
… zumindest
sollte man davon ausgehen. Er spricht diese Worte allerdings
vielmehr in den Raum hinein, wohlwissentlich, dass The End das
auch so sieht. Bis er sich schließlich zu seinem Schützling
wendet, der mal wieder nur Hass in den Augen hat.
Und
die Möglichkeit Aiden Rotari endlich in die Finger zu
kriegen, jetzt sogar mit Erlaubnis und ohne Konsequenzen.
Und
das sieht Corleone. Sofort macht sich ein besorgter Blick bei ihm
bereit.
James
Corleone: „Du… du wirst darauf doch nicht eingehen…
oder?“
End
löst seinen Blick noch immer nicht von dem Aiden auf seinem
Bildschirm, bis er es letztendlich doch tut. Wortlos dreht er
sich zu Corleone, nun mit einem bösen, emotionslosen und
dennoch wutgeladenen Blick. Ebenso wortlos steht er anschließend
auf und verlässt das Bild.
Er
hinterlässt einen noch immer sorgsam dreinblickenden James
Corleone.
Wir
werden uns wohl noch zwei Wochen gedulden müssen, bis wir
erfahren, was The End vorhat.
In
den Katakomben der Donau-Arena ist nun der rasende Reporter Mac
Müll zu sehen. Neben ihm steht der ehemalige
Double-Titel-Sieger Raymond „Morbeus“ Douglas, der
sich noch immer auf dem Weg zur Triple Crown befindet. Die Tag
Team Gürtel fehlen dem Mittvierziger aber noch im Sortiment
und die letzten Wochen lassen wenig darauf schließen, dass
sich das bald ändern könnte.
MacMüll:
„Raymond, wie geht es Ihnen heute?“
Ray
Douglas fährt sich nun selbstfragend mit der Hand durch
seinen roten Stoppelbart, nach einer passenden Antwort ringend.
Morbeus:
„Tja, Mac. Beschissen wäre geprahlt.“
MacMüll:
„Oha. So schlimm?“
Morbeus:
„Ja. Ich bin vor ein paar Monaten zum x.ten Mal zurück
in diese Company gekommen, aber ich komme hier nicht vorwärts.
Die Suche nach einem Tag Team Partner verlief schwierig und der
Protz und ich sind bislang nun wahrlich kein „Dream Team“.
Diese Duelle mit den alten Arschnasen TnB saugt mir dann auch
noch mehr und mehr die letzte Lebenskraft aus meinem alten und
stark beeinträchtigten Körper.“
MacMüll:
„Ihre kämpferische Art scheint nun völlig…“
Morbeus:
„…nix ist verloren. Es nervt nur! Ich bin es zwar
nicht gewohnt ständig zu gewinnen, aber dieser SLUMP geht
mir nun etwas lang. Vor 20 Jahren war ich mal ein gewaltiger Tag
Team Kämpfer. Aber heutzutage scheinbar nicht mehr. Ob Steel
oder Renegade, auf einen Sieg warte ich nach wie vor.“
MacMüll:
„Da trifft sich es doch heute ganz gut, dass Sie mal wieder
in einem Singles-Match ran müssen, oder?“
Morbeus:
„Endlich, ENDLICH! TnB harmonieren nach immer perfekt
miteinander, aber allein ist Tha Bomb schlagbar. Ich habe ihm nun
in den letzten 4 Jahren schon öfter gegenübergestanden
und weiß, was er machen will. Heute wird der Bock
umgestoßen, ganz sicher!“
Lautes
raunen ist von den Zuschauern nun zu hören. Niemand
Geringeres als Tha Bomb himself betritt die Szenerie. Morbeus
nickt nur kurz ihm zu, als Tha Bomb Mac direkt das Mikrofon
entreißt.
Tha
Bomb: „Hier wird überhaupt nix umgestoßen
RAYmond. Es gibt in der GFCW einfach Dinge die sind unumstößlich.
Und eins davon ist das du mich nicht besiegen wirst…das
andere ist das du NIEMALS Triple Crown Champion werden wirst.“
MacMüll:
„Wenn man vom Teufel spricht…“
Tha
Bomb: Habe ich mit dir geredet?
MacMüll
schüttelt mit dem Kopf und weicht ein bisschen zurück
da Tha Bomb ihm bedrohlich nahe kommt.
Tha
Bomb: „Und wieso sprichst du dann von mir?“
Er
tippt ihn energisch auf die Brust. Morbeus unterbindet das indem
er die Hand von Tha Bomb packt und diese in seiner Bewegung
stoppt. Der gestoppte ist deswegen sichtlich genervt und baut
sich vor seinem heutigen Kontrahenten auf.
Tha
Bomb: „Willst du etwa jetzt schon deine unausweichliche
Tracht Prügel erhalten oder warten wir noch bis wir im Ring
sind?“
Morbeus:
„Übernimm dich nicht, alter Mann. Wenn wir gleich
anfangen, hast du keine Puste mehr für den MAIN EVENT!“
Tha
Bomb: „Egal was du tust Raymond…ob du Teil der GFCW
bist oder nicht. Egal wie oft du zurücktrittst. Egal wie oft
du wieder kommst. Es wird sich nichts ändern in der GFCW. Du
bist Teil dessen was wir gegründet haben. DU bist Teil
UNSERER Geschichte. Wenn wir nicht wären wärst du
ebenso wenig hier wie dein komischer Protein Partner.“
Die
beiden stehen sich Nase an Nase. Man sieht den Zorn der in den
Augen beider glüht.
Tha
Bomb: „Du willst mich besiegen? Du kannst mich nicht
besiegen. Wirst du mich in einem Match besiegen. Ja gut möglich.
Doch wen interessiert ein Kampf? Am Ende knallt die Peitsche und
da werde immer ich dir einen Schritt voraus sein. Ich werde immer
den einen Prozent besser sein. Du hast geglänzt als die
Zeiten einfach waren. Das Business lief von alleine. Doch sobald
es darauf an kommt diese Firma zu tragen…dann wird sich
zeigen ob du das Zeug dazu hast. Und man hat eindeutig gesehen…
Tha
Bomb geht einen Schritt zurück und zeigt auf seinen Gürtel
den er um die Hüften trägt.
Tha
Bomb: „Als du Gold um deine Hüften getragen hast hat
dich das kaputt gemacht. Der Erfolg wird dich immer wieder
herunterholen. DU bist einfach nicht dafür gemacht es bis
ganz noch oben zu schaffen. Geschweige denn dort zu bleiben.“
Bei
Ray Douglas hat Tha Bomb scheinbar einen Nerv getroffen. Der
Kanadier schwillt der Kamm merklich an.
Morbeus:
„Ach, ja? Du bist mir bisher nicht als großer
Karrieren-Analyst aufgefallen, Brauner. Hast aber natürlich
gut reden. Fünffacher Tag Team Champion. Und das über
einen Zeitraum von 23 Jahren. Chapeau! Dein World Title von 2001
ist aber längst in Vergessenheit geraten. Jeder weiß
welch schwache Qualität das damals war. Und du hast dich
doch irgendwann mit deiner Rolle arrangiert. Tag Team Wrestler zu
sein. Insbesondere doch, weil du es als Singles Wrestler
überhaupt nicht annähernd in den Main Event geschafft
hast. Weißt Du warum wir beide heute im Main Event fighten?
WEGEN MIR! Weil ich der große Star bin. Es drückt sich
eben nur nicht so stark in der Anzahl von Titeln aus! PAH!“
Tha
Bomb klatscht spöttisch Beifall: „Starke Worte…starke
Worte…du bist nicht zu unterschätzen…und immer
für eine Überraschung gut. Muss man zugeben. Ich würde
mich an deiner Stelle hüten über Zeiten zu urteilen in
denen du nicht mitgewirkt hast. Ich würde mich hüten
über Absichten von anderen zu urteilen, wenn du den
Hintergrund nicht kennst. Du glaubst ernsthaft das wir wegen DIR
im Main Event stehen, weil meine Erfolge in Vergessenheit geraten
sind? Weil ich meine Titelsammlung über einen Zeitraum
errungen habe der so lang ist wie andere alt sind? Für
einige ist es schon ein Kunststück so alt zu werden. Aber
dabei verschieden Epochen erfolgreich zu gestalten…das hat
Klasse…nenn mir einen der das geschafft hat. EINEN…außer
meine Wenigkeit.“
Tha
Bomb stellt sich wieder direkt vor Morbeus.
Tha
Bomb: „Du glaubst das ich NUR als Tag Team Wrestler
erfolgreich sein kann? Sei dir da mal nicht so sicher Bürschchen.
Ich hab auch alleine schon Schlachten geschlagen bei denen selbst
Rambo blass werden würde vor Neid. Aber wir haben ja gleich
die Chance das herauszufinden. Ich warte auf dich!“
Beim
weggehen stößt Tha Bomb seinen Kontrahenten Morbeus
an. Dieser wicht auch nicht nur einen Millimeter zurück.
Dann verlässt auch er die Szene.
MacMüll:
„Ich bin schon lange nicht mehr so heiß und gespannt
auf ein Match gewesen wie auf dieses. Das wird kein
Kindergeburtstag was da gleich stattfinden wird.“
Singles
Match:
Morbeus
vs. Tha Bomb
Referee: Mike Kontrak
Die
harten Techno-Beats erklingen und das beschauliche Regensburg
wird im nu zu einem Deep-House-Techno-Schranz was auch immer
Tempel aus Berlin-Friedrichshain. Der Hype rund um Berlin ist
aber nicht nur vorbei, es ist auch der um Raymond „Morbeus“
Douglas.
Der
Kanadier stapft die Rampe herunter und versucht Kontakt mit
den Zuschauern aufzunehmen, die ihn mal wieder sehr
wohlwollend aufnehmen. Ein paar aufmunternde Rufe sind auch
zu hören wie „Reiß ihm den Kopp ab“
oder „Morby Boma Yé“.
Sven:
"Nun steht also der Main Event an und das mit einem
Mini-Klassiker, denn seit vielen Jahren kreuzen die beiden
immer wieder ihre Klingen. Heute Abend haben wir ein
besonderes Match: Raymond 'Morbeus' Douglas tritt gegen Tha
Bomb an! Zwei der größten Namen im Geschäft,
und es wird sicher eine Schlacht der Titanen!"
Pete:
"Das stimmt! Beide Kämpfer waren mal für ihre
unglaublichen Fähigkeiten und ihre Ausdauer bekannt.
Aber beide sind nicht mehr die Jüngsten. Dieser Kampf
wird uns bis an die Grenzen der Spannung führen!"
Morbeus
ist mittlerweile im Ring gelandet und macht die übliche
4-Ecken-Tour, damit alle Fans ihn nochmal gebührend
pushen können vor dem Duell mit Tha Bomb.
Das
Licht in der Halle geht aus und ein richtiger Old School
Entrance von Tha Bomb startet.
Flammen…Explosionen…Lichteffekte. Die Menge
buht. Sie buht lauter und lauter. Als dann Tha Bomb die Rampe
betritt und sich „feiern“ lässt schlägt
ihm der blanke Hass entgegen. Er genießt es sichtlich
und klopft sich demonstrativ auf seinen Gürtel der
lässig über seiner Schulter hängt. Er
marschierst zum Ring wobei er bewusst mit den Fans
abklatscht. Diese ziehen jedoch zurück und fühlen
sich dadurch eher noch angestachelt um den gehassten noch
mehr zu beschimpfen. Der nimmt es mit einem Lächeln hin.
Er steigt in den Ring und präsentiert den Fans seinen
Gürtel. Er macht sich kampfbereit.
Der
Ringgong ertönt dreimal. Der Ringrichter Mike Kontrak
gibt das Zeichen zum Start.
Und
da geht es los! Beide Männer umkreisen sich vorsichtig,
jeder wartet auf den ersten Zug des anderen. Tha Bomb geht
als erster in den Angriff, er versucht einen Lock-Up, aber
Morbeus weicht geschickt aus und landet einen schnellen Jab
direkt auf Tha Bombs Kiefer!
Das
hat gesessen! Aber The Bomb lässt sich davon nicht
beeindrucken und erwidert mit einem harten Schlag in den
Magen von Morbeus. Jetzt packt er ihn und wirft ihn mit einem
Irish Whip in die Seile. Morbeus federt zurück und...
The Bomb hebt ihn hoch zu einem Spinebuster! Die Power ist
noch immer da! Morbeus liegt am Boden, aber nicht lange. Er
rollt sich schnell ab und steht wieder auf den Beinen. The
Bomb kommt heran, aber Morbeus überrascht ihn mit einem
schnellen Dropkick, der Tha Bomb aus dem Gleichgewicht
bringt!
Sven:
„Das war ein toller Konter! Morbeus nutzt die
Gelegenheit und setzt einen harten Suplex an.“
The
Bomb prallt auf die Matte, aber wieder steht er schnell auf.
Diese beiden Legenden schenken sich nichts! Morbeus nimmt
jetzt Anlauf und springt für einen Flying Clothesline,
aber The Bomb duckt sich und fängt ihn in der Luft ab!
Er dreht ihn um und bringt einen brutalen Powerslam zu Boden!
Das hat ordentlich gekracht. Dann das schnelle Cover vom
Tag-Team Champion
1………
2……Kickout!
So leicht wird Raymond Douglas dann aber nicht bezwungen.
Morbeus
kämpft sich wieder hoch, während The Bomb ihn
weiterbearbeitet. Ein heftiger Uppercut von The Bomb schickt
Morbeus in die Ecke des Rings. The Bomb stürmt auf ihn
zu, aber Morbeus springt in die Höhe und über The
Bomb hinweg! The Bomb prallt gegen die Ringecke und Morbeus
landet hinter ihm. German Suplex! The Bomb wird durch den
Ring geworfen!
Pete:
„Was für eine Demonstration der Stärke von
Morbeus! Beide Männer liegen erschöpft auf der
Matte. Das Publikum hier in Regensburg tobt vor
Begeisterung!"
Sven:
„Kein Wunder, wenn man sonst nur unterklassigen Fußball
angeboten bekommt!“
Pete:“
Die beiden Oldies liefern erstklassig ab.“
Morbeus
ist als erster wieder auf den Beinen. Er hebt The Bomb hoch
und setzt einen DDT an. Der Kopf von The Bomb trifft hart auf
die Matte. Morbeus geht für das Cover! Eins... Zwei...
Aber The Bomb schafft es noch rechtzeitig, die Schulter
hochzuziehen!
Douglas
sieht nicht glücklich aus, aber er lässt sich nicht
entmutigen. Er zieht Tha Bomb hoch und setzt ihn für
einen Vertical Suplex an, aber Tha Bomb kontert mit einem
harten Kniestoß gegen den Kopf von Morbeus.
Der
fünffach Champion nutzt die Gelegenheit und wirft
Morbeus mit einem explodierenden Belly-to-Belly Suplex quer
durch den Ring. Was für eine Kraft!
Morbeus
sieht angeschlagen aus und an seiner Gesichtsmimik ist
eindeutig abzulesen, dass er sich das hier heute Abend
leichter vorgestellt hat. Tha Bomb packt ihn und zieht ihn
zur Ringmitte. Er hebt ihn hoch für einen Military Press
Slam und lässt ihn fallen! Morbeus prallt hart auf die
Matte!"
Aber
Morbeus gibt nicht auf! Er kämpft sich wieder auf die
Beine. Tha Bomb geht für einen Big Boot, aber Morbeus
duckt sich und kontert mit einem Enzuigiri! Bomb wankt!
Morbeus sieht seine Chance und setzt einen Running Bulldog
an. Bombs Gesicht trifft hart auf die Matte. Morbeus geht
wieder für das Cover! Eins... Zwei... Aber The Bomb
wirft Morbeus von sich herunter!"
Sven:
„Unglaublich! Diese beiden Kämpfer sind
unermüdlich! Morbeus sieht erschöpft aus, aber er
hebt The Bomb wieder hoch. Er versucht einen Piledriver, aber
The Bomb kontert und hebt Morbeus hoch für einen Back
Body Drop!"
Morbeus
landet hart, aber er steht sofort wieder auf. Bomb greift an,
aber Morbeus überrascht ihn mit einem Hurricanrana! Bomb
wird durch den Ring geschleudert!" Morbeus klettert
jetzt auf das oberste Seil. Er wartet, bis The Bomb aufsteht
und... er springt für einen Crossbody! Aber The Bomb
fängt ihn in der Luft ab!
The
Bomb dreht Morbeus um und setzt einen Fallaway Slam an!
Morbeus wird quer durch den Ring geworfen! Das könnte
das Ende sein!
Pete:
„Aber nein, Morbeus kämpft sich wieder hoch. Er
hinkt, aber er gibt nicht auf. The Bomb kommt heran und packt
ihn für einen Chokeslam, aber Morbeus tritt ihn in den
Magen und befreit sich!"
Ray
sieht seine Chance und setzt einen Superkick an! The Bomb
taumelt zurück. Morbeus läuft an und bringt einen
Spear! The Bomb wird zu Boden gerissen! Morbeus sieht seine
Chance. Er klettert wieder auf das oberste Seil. Das Publikum
hält den Atem an.
Sven:
„Will er etwa seinen alten Finisher, The Flanker,
zeigen?“
Ja,
er ist es tatsählich, ein Art Frogsplash. Er kann es
noch immer, auch mit 45. Volltreffer! Morbeus geht für
das Cover!
Eins...
Zwei...
Drei!
Morbeus
hat es geschafft!
Pete:
"Was ein gutes Match! Gemessen am Alter der beiden
Männer haben sie alles gegeben, aber am Ende war es
Raymond Douglas, der als Sieger hervorging!“
Sven:
„Gesaffelstein erklingt und Morbeus scheint sich wieder
aus dem Schlamassel gefightet zu haben. Immerhin mal wieder
ein Sieg für den ehemaligen Topstar der GFCW.“
Pete:
„Tha Bomb leckt noch seine Wunden, aber wird sicherlich
zurückkommen. Er ist noch immer ein Topmann!“
Mit
diesen Worten lenken die Kommentatoren auch das Ende der Show
ein. Die Credits laufen am rechten Bildschirm noch runter und
links sieht man den triumphierenden Morbeus, der siegreich
seine Fäuste in den Regensburger Nachthimmel ragt!