Ein leicht gekrümmter Gang wegen den Rückenschmerzen vom Aufprall vorhin. Das ist der einzige Unterschied zum Normalzustand, der einem auffällt, wenn man sieht, wie J.T.K. durch den Backstagebereich wandert. Ansonsten ist alles wie zu seiner aktiven Zeit. Der weiße Mantel hat nur einen knappen Abstand zum Boden, die neongrüne Hose sticht bei jedem Schritt hervor und das Gesicht ist ebenso hell wie die Hose. Denn der Priester hat wie üblich ein kleines Lächeln im Gesicht. Allerdings ist es diesmal weniger freundlich sondern wirkt eher so, als wenn der Spremberger noch einen kleinen fiesen Plan im Hinterkopf hat, manch einer würde sagen, er schaut bübisch drein. Mit diesem Blick wandert er nun an einigen Türen hier im Backstagebereich vorbei und grüßt die Leute, die ihn mit weit offenen Augen anschauen. Anscheinend haben nur wenige damit gerechnet, den Priester heute hier zu sehen. Nach einigen weiteren Grüßen ist der ehemalige Champion nun endlich an der Tür angekommen, die er gesucht hat und so klopft er auch gleich an. Aus dem Inneren ertönt prompt ein "Herein", aber das scheint J.T.K. nicht zu interessieren. Denn seltsamerweise klopft er erneut an die Tür. Und wieder bekommt er ein "Herein!" als Antwort, diesmal noch etwas lauter und deutlicher. Aber entweder hat der Priester es wieder nicht gehört, oder er will den Raumbewohner einfach nur ärgern, jedenfalls klopft er ein drittes Mal an die Tür. Die Person im Inneren hat nun langsam die Faxen dicke und brüllt förmlich "HEREIN VERDAMMT NOCHMAL!", aber das scheint dem Spremberger noch immer nicht zu genügen. Er klopft einfach wieder an die Tür, geht anschließend allerdings zwei Schritte zurück und geht leicht in die Hocke. Zwei oder drei Sekunden verharrt er so, dann öffnet sich die Tür ruckartig und ein genervter Fireball Hikari schaut heraus. Und er wirkt überrascht, als er den Priester vor ihm sieht, doch Zeit zum Reagieren bleibt ihm nicht, denn J.T.K. springt sofort wieder auf und verpasst dem Comissioner seinen Surround Assault. Hikari geht zu Boden und auf dem Gesicht des Mantelträgers macht sich ein zufriedenes Grinsen breit. Dann beugt er sich zu seinem Gegner hinunter und sagt ihm ins Gesicht...
J.T.K.: So, ich glaube, es steht Unentschieden.
Mit diesen Worten, klopft er sich auf die Schenkel, steht wieder auf und verlässt das Geschehen, während sich Fireball Hikari mit einer Hand im Nacken langsam wieder aufrichtet und dem Spremberger mit einem fiesen Grinsen hinterher nickt.
Die Nacht wird begleitet von der Dunkelheit. Rings um einen herum sieht man das Leuchten von Lichtern an Gebäuden oder vorbeifahrenden Autos. Eine einsame Person kauert in einer Ecke, sie ist bekleidet mit einer schwarzen Robe, die annähernd sein gesamtes Äußeres bedeckt. Die Person scheint betrübt, sie hockt mit dem Kopf in Richtung Wand starrend, kaum wahrnehmend, dass es regnet und er bei Graden um den Gefrierpunkt total durchnässt ist. Lediglich eine flüsternde Stimme ist zu hören.
The H.:
Reborn
in the fire A child of the darkness Without dreams and hope but
I am fighting for life In a world full of hate Is the only thing I have To hell a golden gate
In the night I was born I make myself an swear The way that i'm going Without anymore tear
This god is just dead The humans just suck But I am immortal Allright but what in the fuck
My Eden is burning My fall was so deep The pain didn't kill me The life was so cheap
But I was rising again My strengh is now growing I'm standing in the rain The wind is just blowing
I feel myself free When I acting a sheme And now i am knowing It's time to get extreme
Er
dreht sich um und grinst in die Kamera. Diese zoomt ran, bis man
seine Augen erkennen kann. Er hat sich Kontaktlinsen eingesetzt
und man sieht lediglich noch einen dunklen Außenring seiner
Netzhaut. Der Rest ist weiß. Weiß und unschuldig wie
eine Schneeflocke, die vom Himmel über Sibirien fällt.
Ein weiß, was scheinbar nichts trüben kann. Ein Weiß,
was überhaupt nicht zur Rabenschwarzen Seele dieses Mannes
passt.
Der nun gezeigte Raum, kommt für solch einen gefährlichen Sport, wie es das Wrestling nun einmal ist, erstaunlich selten in einer tatsächlichen Show vor. Die Kamera befindet sich nämlich in der Mitte des Krankenzimmers der heutigen Veranstaltungshalle hier in Hannover. Und seltsamerweise ist dieses Zimmer komplett leer, 2 Personen einmal ausgenommen. Einer davon sitzt mit einer Flasche Apfelsaft auf einem Krankenbett und hält sich mit der freien Hand einen Beutel Eiswürfel an den Rücken, während der Zweite ihm, an ein anderes Bett gelehnt, gegenübersteht und mit verschränkten Armen und wütendem Blick anstarrt. Dieser Mann ist offensichtlich Arzt, was sich an seinem weißen Kittel und seinem Stethoskop vermuten lässt. Der Andere ist der ehemalige GFCW Champion J.T.K., dessen Mantel links neben ihm auf dem Bett liegt. Mit einem verschmitzten Lächeln schaut er den Doktor an.
J.T.K.: Werde ich es überleben.....Dr. Deilan?
Das Gesicht des Arztes verfinstert sich noch weiter.
Dr. Deilan: Ja mach ruhig deine Scherze, Jay. Ich habe dich gewarnt! Ich habe dir gesagt „Lass es! Lehne die Herausforderung ab! Du kannst nicht mehr kämpfen!“...Aber nein, du musstest ja unbedingt den Helden markieren. Und das hast du jetzt davon. Du bist noch nicht einmal einen Tag wieder hier und schon zurück im Krankenzimmer. J.T.K.: Nur weil ich ein bisschen eingerostet bin. Sonst hätte ich den Aufprall besser weggesteckt. Es geht mir auch schon wieder besser, die Schmerzen sind so gut wie weg. Dr. Deilan: So gut wie weg? Ein falscher Aufprall und sie sind für immer weg! Denn dann bist du gelähmt! Jay, ich habe keine Lust dir jedes Mal den gleichen Vortrag zu halten, deswegen sage ich es dir jetzt zum letzten Mal....sage dieses Match wieder ab! Ja, ich weiß, du wrestlest für dein Leben gern....aber deswegen musst du es noch lange nicht für einen Kampf wegwerfen!
Eben das tut J.T.K. nun aber mit seinem Beutel voller Eiswürfel, woraufhin er sich aufrichtet und sich nun seinem Doktor gegenüberstellt. Sein Lächeln weicht einem Blick purer Entschlossenheit und damit starrt er dem Arzt direkt in die Augen.
J.T.K.: DOCH...das muss ich! Wrestling ist das Einzige, worin ich jemals wirklich gut war. Und das gebe ich nicht so einfach auf. Ich weiß, dass es falsch ist....aber jeder muss einmal Fehler begehen. Das hier ist meiner. Und auch wenn du mich nicht unterstützen willst, Doc....hab Verständnis dafür, dass ich hier nicht auf dich hören kann.
Der Arzt schaut tief in J.T.K.'s Augen und scheint zu merken, dass es dem Priester wirklich ernst ist. Langsam senkt er nun den Kopf und nickt seufzend.
Dr. Deilan: Pfff.....na gut. Es ist dein Leben. Ich werde es nicht gutheißen...aber ok. Bestreite dein letztes Match....aber bitte, pass auf dich auf.
Mit diesen Worten streckt der Arzt seinem Patienten die Hand entgegen und J.T.K. schlägt sofort ein mit den Worten...
J.T.K.: Keine Sorge. Das werde ich.
Was nun folgt, sind einige Sekunden in der Stille, in denen sich die beiden nur anstarren und Dr. Deilan J.T.K. gedanklich „Viel Glück“ wünscht, bevor er den Handschlag wieder löst und zur Tür hinaus geht. Doch noch bevor die wieder ins Schloss fällt, kommt schon die nächste Person in den Raum, während sich J.T.K. zum Durchatmen wieder auf das Bett setzt und zu seiner Saftflasche greift.
Diese
Person ist der Mensch, der J.T.K schon vor einiger Zeit im
Krankenhaus besuchte. Der Straight Edge Superstar und
Intercontinental Champion Jimmy Maxxx betritt mit seinem
Ledermantel schwingend durch die sich schliessende Tür das
Krankenzimmer. Man sieht sie nicht, weiß aber das seine
Augen den ehemaligem Heavyweight Champion fixieren.
J.T.K. setzt die Flasche wieder aber und schaut seinen Gegenüber überrascht an. Mit diesem Besuch hatte er jetzt nicht gerechnet.
J.T.K.: Hallo Jimmy.....tut mir Leid, aber hilf mir bitte auf die Sprünge.
Die
Hardcore Ikone geht rüber zu dem Eisbeutel, hebt ihn auf und
legt ihn auf J.T.K´s Rücken.
J.T.K. rollt
genervt mit den Augen. J.T.K.: Jimmy?...Ich bin kein Rentner, das Eis ist nicht in einem Schwamm und du bist sicher nicht der Cock, also hör bitte auf meinen Rücken einzureiben. Damit steht J.T.K. auf und setzt sich auf das Bett gegenüber. J.T.K.: Und was die Evolution angeht...Ich weiß, dass ich nicht wieder um den GFCW Titel antreten kann. Meine große Zeit hier ist vorbei, ich dürfte überhaupt nicht mehr in den Ring steigen, wenn es nach meinen Ärzten geht....aber ich tue es trotzdem. Um der guten alten Zeiten Willen. Und zumindest dieses eine Match werde ich noch bestreiten und zumindest bis Doom's Night wirst du das „Problem“ J.T.K. wohl noch ertragen müssen.
Bei den letzten Worten wird der Priester doch etwas ernster und verformt seine Augenbrauen zu einem V.
Ein
Lächeln formt sich dagegen beim Straight Edge Superstar, er
scheint die Sache nicht so verkrampft zu sehen wie sein
gegenüber.
J.T.K. schaut fragend zu Maxxx, seufzt laut, senkt den Kopf, schnauft kurz durch die Nase, lacht dabei leicht auf und schaut anschließend wieder mit einem kleinen Grinsen zu seinem Gegenüber.
J.T.K.: Ich soll den Leuten klar machen, dass ihr die neue Spitze der Liga seid?...Sollte man als Spitze der Liga nicht selber so überzeugend sein, dass einem die anderen glauben? Aber na gut, vielleicht seid ihr beide ja wirklich zur Zeit die Besten, dann verrate ich dir einmal etwas...
Er beugt sich leicht nach vorn und spricht leiser, als wolle er Maxxx wirklich ein kleines Geheimnis anvertrauen.
J.T.K.: Auch ihr werdet irgendwann an der Spitze abgelöst. Vielleicht ja sogar von jemandem, der bereits in der Liga ist und nur auf seine Chance wartet um zuzuschlagen...Ihr solltet euch lieber nicht auf eurem Thron ausruhen.
Jetzt
wird auch das Gesicht des jungen Deutschen etwas miesmütiger.
Den Titelgürtel legt er ab, den Mantel schwingt er von
seinen Schultern. Er tritt nah an den Priester heran und bleibt
kurz vor ihm stehen und beugt sich zu ihm vor.
Sofort macht der Spremberger eine beruhigende und streckt seine Hände aus, nach dem Motto „Komm wieder runter.“ Nebenbei zischt er noch aus seinem Mund, als würde er gerade ein Kleinkind beruhigen, was bei Maxxx aber wohl eher das Gegenteil bewirkt.
J.T.K.: Ich will keinen Streit mit dir anfangen, Jimmy. Ich will dich nur warnen. Und auch wenn du mich jetzt angreifst und mich wirklich in den Rollstuhl schickst, wie Brainpain damals...du wirst nicht bei allen so leichtes Spiel haben, wie bei mir. Denn die Meisten hier in der Liga...KÖNNEN noch kämpfen. Aber wenn du dir so unbedingt Respekt verdienen willst....ok schlag mich. Tu das Gleiche, wie ungefähr 10 Leute vor dir und denke danach, du hast nun etwas bewiesen.
Provozierend
streckt der Priester seinem Gegenüber sogar den Kopf
entgegen und grinst Maxxx frech mitten ins Gesicht. Jimmy holt
aus und schwingt seinen Arm. Doch bleibt er kurz vor J.T.K´s
Gesicht stehen und lacht.
J.T.K. zuckt künstlich gelangweilt mit der Schulter, stützt sich dann auf seinem Bett ab, rutscht ein Stück zurück und legt sich anschließend mitten auf die Liege, mit den Händen hinter dem Kopf verschränkt und dem Blick gen Decke gerichtet.
J.T.K.: Nun, da muss ich dich leider enttäuschen, denn zu diesem Match wird es nicht mehr kommen. Aber naja, so lange wie du jetzt schon erklärst, wie gut du bist...irgendwann wird schon der Moment kommen, wo du mal mehrere Matches gewinnst, anstatt jedes Zweite zu verlieren. Bis dahin musst du es den Leuten einfach verzeihen, dass sie dich nicht zu 100% ernst nehmen.
Jimmy
lacht, so sehr das ihm der Bauch weh tut.
J.T.K.: Jep, genau das sage ich. Und warum sollte mich interessieren, ob mich die Leute hier respektieren? Ich bin eh nur wegen einer Person hier und diese weiß spätestens seit einem Tritt vor nicht allzu langer Zeit, dass mit mir nicht zu Spaßen ist.
Kurz nach dem der Priester und ehemalige GFCW Champion diese Worte gesprochen hat, scheint der Straight Edge Superstar die Lust an dieser Diskussion zu verlieren. Er schnappt sich seinen Gürtel und Mantel und verlässt Wut schnaubend das Zimmer. J.T.K entspannt sich, dreht sich zur Wand und scheint in seinen Gedanken an seinen letzten Wunsch in der GFCW zu versinken. In diesem Moment stürmt Jimmy wieder rein und geht mit Ellenbogen auf den Rücken von J.T.K los. Als dieser zusammensackt, krallt sich Jimmy am Bett fest und tritt nochmal in den Rücken des Priesters. Als dieser sich kaum bewegen kann, schnappt sich die Hardcore Ikone den Mann aus Spremberg und hämmert ihn mit dem Rücken noch ein paar mal gegen die Betonwand. Dann verlässt er grinsend und zufrieden das Krankenzimmer.
Eine Kamera blendet ein und zeigt die Totale einer Villa, die auf einem großräumigen Gelände steht. Umzäunt wird das Areal mit mannshohen Hecken. Als Eingang dient ein schmiedeeisernes Tor im Stile des ausgehenden 17. Jahrhunderts, flankiert mit zwei bayowarischen Löwen. In ihren Pranken halten sie ein Schild mit den Initialen GD. Die Kamera bewegt sich durch das Tor, über die mit weißen Schiefersteinen gepflasterte Einfahrt, bis zum Eingang der Villa. Die Kamera blendet kurz über und dem Betrachte offenbart sich ein grozügig und luxuriös eingerichtetes Wohnzimmer. Gemälde zieren die eh schon geschmackvoll gewählte Seidentapete. Ein großer offener Kamin spendet die mollige und angenehme Wärme. In der Mitte befindet sich ein Marmortisch und darum drapiert eine Couch und 2 Ohrensesel, ebenfalls aus der Stilrichtung des 17. Jahrhundert. Auf der Couch sitz eine attraktive und bekannte junge Frau. Es ist niemand geringeres als Beulah Millberg, die jetzige Ehefrau des German Dragon. Ihre schwarzen langen Haare hat sie kunstvoll zu einem Zopf geflochten und ihr dezentes Make-up, unterstreicht ihre Schönheit umso mehr. Ihr Kleid ist leicht hochgerutscht und entblößt ihre Knie dezent. Ihr gegenüber steht ebenfalls keine unbekannte Person aus dem Wrestlingbusiness. Es ist Alexander Millberg, der Bruder des Dragon, der einen sehr eleganten Anzug gewählt hat. An ihm ist die Zeit nicht ganz so spurlos vorüber gegangen wie bei Beulah. Seine Harre sind leicht graumeliert und eine Brille ziert sein Gesicht, jedoch wirkt er nach wie vor äußerst attraktiv. Alexander bedient sich gerade an der kleinen Bar, die auf einem Servierwagen untergebracht wurde.
Alexander: Möchtest du auch etwas zu Trinken haben?
Mit schweren und melancholischen Augen sucht Beulah Kontakt zu ihrem Schwager, der sie aus seinen stahlblauen Augen fest ansieht. Mit einem Seufzer und einem leichten Kopfschüttelen, das eher eine Verneinung ausdrückt, wendet sie ihren Blick von Alexander ab und schaut dafür zu einem Gemälde rüber, das sich von ihm aus gesehen auf der rechten Wandseite befindet. Es zeigt ein Bergmotiv im Stile eines Thomas Kinkade mit ebenso kräftigen Farb- und Lichtspielen.
Alexander: Was ist los Beulah?
Auf eine Antwort wartend, wiegt Alexander sein Glas Whisky hin und her. Dabei schlagen die Eiswürfel gegen das Glas und geben ihr melancholisches Lied wider. Fast wie in einem Bann gezogen, richtet Beulah ihren Blick vom Gemälde ab, hin zum Whiskyglas. Ihre Augen entspannen sich und ein seltsamer Glanz erfüllen diese zusehends. Mit einem Hauch, so sinnbildlich wie eine Kirschblüte, wird die Stille endlich gebrochen.
Beulah: Dein Glas, …
Es folgt wieder eine kurze bedrückende Stille.
Alexander: Ja?
Beulah: … es erinnert mich an andere Zeiten, an glücklichere Zeiten. Mir scheint es, als liegen diese schon Jahrzehnte hinter mir, … dabei sind es gerade mal 6 Jahre. Ich weiß noch wie Marc sein Glas erhob und auf die kommenden und glücklichen Jahre anstieß. Und nun!
Wieder folgt eine beklemmende Stille. Gerade dieses Stimmungstief seiner Schwägerin kennt Alexander aus der Vergangenheit zu genüge. Angefangen hatte es damals, als sein jüngerer Bruder Marc seinen Rücktritt aus dem Wrestling-Business verkündetet hatte. Begründet wurde dies damals mit der schweren und irreparablen Nackenverletzung, doch daneben und dies war damals nie offiziell bekannt geworden, war Marc ausgebrannt und tief depressiv. Nach dem Rücktritt folgten 18 Monate Behandlung in einer Klinik, die sich auf die Behandlung von Burnout-Syndrom spezialisiert hatte. Trotz der langen Behandlungszeit überwand Marc die Depression nicht. Zudem zog er sich von Beulah, als auch von seiner Familie weitgehend zurück und wurde immer verschlossener, bis auch die letzten sozialen Kontakte abbrachen. Für Beulah, als auch für die Familie des German Dragon war diese Situation sehr prekär. Zum einen war man es gewohnt in der Öffentlichkeit zu stehen und zum anderen war die Familie mit dem Wrestling verbunden. Die Präsens der Familie Millberg endete somit abrupt und damit fehlten plötzlich auch die Geldeinnahmen. Alexander und Jessy, die Geschwister des German Dragon, versuchten als dessen Management das Produkt „GD“ weiter am Markt zu platzieren, jedoch mit geringem Erfolg. Da Marc keine weiteren öffentlichen Auftritte wahrnahm, sank auch das Interesse an seiner Person. Damit war die Familie gezwungen ihren Lebensunterhalt anderweitig zu bestreiten. Jessy kehrte zu ihren Eltern in die Staaten zurück und Alexander ließ sich als Anwalt in London nieder. Dieses Auseinanderfallen der Familie war für Beulah, gerade als Familienmensch, unerträglich. Es fehlten die familiären und die sozialen Kontakten. Und auch die Beziehung zu Marc verschlechterte sich zusehends. Zwar heirateten die beiden Ende 2007, jedoch distanzierte sich der Dragon auf der Gefühlseben immer mehr von Beulah. Alexander als auch Beulah vermuteten seitdem, dass Marc sich nie mit dem Rücktritt abfinden konnte und seinem Karriereende hinterher trauerte. Hin und wieder kam Alexander aus London zu ihr nach München und versuchte seine Schwägerin beizustehen. Unzählige Abende diskutierten die beiden über die Situation. Heute war wieder so ein Tag. Beulah war morgens telefonisch bei ihm im Büro durchgekommen und klagte darüber, dass Marc, wie so häufig, sich im Arbeitszimmer eingeschlossen habe und sich tagelang Tabs mit seinen Kämpfen aus besseren Tagen anschaue.
Alexander: Es ist bedenklich, dass die Persönlichkeit von Marc auseinander bricht, zumindest einen Schaden genommen hat, aber du musst für dich schnellstmöglich einen neuen Weg suchen, bevor auch du an der Situation zerbrichst. Ich weiß genau, dass du ihn liebst, jedoch kann Liebe auch zerstören. Und wenn du jetzt nicht deinen eigenen Weg gehst, wird deine Liebe zu Marc dich zerstören.
Wohl aus Verlegenheit über seine harten Worte, nippt Alexander an seinem Glas ohne auch nur einen Tropfen Whisky daraus zu trinken. Tief zieht Beulah die Luft durch ihre Nase ein und ein Glos bildet sich in ihrem Hals. Sie zwingt sich zu einem verständnisvollen Lächeln, doch so richtig will es ihre nicht gelingen. Mit fast bebender Stimme fährt sie fort.
Beulah: Ich weiß, was du damit sagen willst. Schließlich hast du ja all die Jahre dich um Marc, als auch um mich gekümmert und mir immer wieder den Rat gegeben mich um mein eigenes Leben zu kümmern, da auch die Ärzte und Psychologen selbst nicht an Marc herangekommen sind. Aber ich habe bis heute die Hoffnung, dass er aus seiner Depression heraus kommt.
Manchmal helfen provokante Fragen und obwohl Alexander die Antwort schon kennt, formuliert er die Frage dennoch.
Alexander: Und was willst du für dich? Ich meine …
Zu seinem Erstaunen fällt Beulah ihm direkt ins Wort, ohne Alexander die Chance zu geben seine Frage auszuformulieren. Offenbar kennt sie ihren Schwager so genau, dass sie eben seine Gedankengänge schon voraus ahnen kann. Voll Enthusiasmus bricht es aus ihr heraus und mit glänzenden Augen und glühenden Wangen macht sie ihren Gefühlen Luft.
Beulah: Ich möchte endlich wieder aus dem Haus gehen und Menschen treffen, mich mit ihnen unterhalten, Freud und Leid mit ihnen teilen und ganz ich selbst sein. Ich möchte im Park spazieren gehen, die jungen Mütter mit ihren Kinderwagen beobachten, wenn sie durch den Park laufen und ich möchte eine Aufgabe haben, die ich wahrnehmen kann.
Alexander ist völlig perplex von diesem Sturm der positiven Gefühle seiner Schwägerin. All dies wollte er für sie, und all die gemeinsamen Gespräche zielten eben darauf ab, sich endlich von der Situation um Marc zu befreien und am Leben wieder Teil zu haben, Kraft zu schöpfen und die positive Energie dann auch an Marc weiter zu geben.
Alexander: Und was gedenkst du zu tun? Wirst du einen ausgedehnten Spaziergang unternehmen und …
Erneut unterbricht Beulah ihren Schwager, jedoch in einem minder enthusiastischen Ton, wie noch vor wenigen Augenblicken.
Beulah: Das habe ich bereits. Ich hatte heute Mittag einen langen und ausgedehnten Spaziergang unternommen und mir dabei auch meine Gedanken über meine weiteren Wünsche im Leben gemacht. Damit verbunden, musste ich auch mir Klarheit darüber verschaffen, welche Entscheidungen ich nun zu treffen habe.
Mit fragendem Blick schaut Alexander seine Schwägerin tief in die Augen, in der Hoffnung zu ergründen, welches Ereignis die Einstellung von Beulah so derart nachhaltig verändert, vielleicht revolutioniert hat. War ein Auslöser dessen sein heutigen Treffen mit ihr? Beulah spürt die nicht ausgesprochene Vermutung ihres Schwagers. Mit einer eleganten Bewegung greift sie zu ihrer Handtasche und zieht nach kurzer Zeit ein Briefcouvert hervor. Ein angedeutetes Lächeln umspielt ihre Gesichtszüge.
Beulah: Mit Sicherheit kennst du meine Liebe und Hingabe zum Wrestlingbusiness. Es war immer ein Teil von mir und das wird es auch immer sein. Für mich waren die Qualen unvorstellbar, als ich diesem Business den Rücken kehren musste um all meine Kraft Marc zu widmen. Nach einer gewissen Zeit, wagte ich es erst gar nicht mehr zu hoffen, dass ich eines Tages je wieder zum Business zurückkehren könnte. Ich war stets krank vor Sorge um Marc und um unsere Familie. Dann erhielt ich am Montag diesen Brief, der vielleicht unser aller Leben verändern könnte, zumindest meines.
Alexander: Mach es nicht so spanend Kleines. Mich interessiert es brennend, wie ein Brief dich aus der depressiven Phase befreien konnte.
Natürlich liegt es Beulah fern ihren Schwager länger als nötig auf die Folter zu spannen. Zu sehr übermannen auch die Gefühle der letzten Tage Beulah mit all ihren Hochs und Tiefs. Mit fast schüchterner und hoffnungsvoller Stimme fährt Beulah fort.
Beulah: Die GFCW will mir eine Rückkehr zum Business ermöglichen und mich als Interviewer für ihre WE-Shows einstellen. Zwar zunächst begrenzt auf 5 WE, aber das Office zeigt dort reges Interesse an einer längeren Zusammenarbeit. Ich müsste den Vertrag nur noch gegenzeichnen.
Beulahs Augen glänzen bei diesen Worten und Ihr Schwager spürt den aufkommenden Kampfeswillen seiner Schwägerin aufflackern. Endlich haben die unzähligen Gespräche der beiden Beulah aus dem Tal der Tränen geholt, sinniert Alexander in seinen Gedanken. Ob dies jedoch für seinen Bruder eines Tages auch der Fall sein wird, wagt er jedoch zu bezweifeln. Zu tief hat sich die Depression in Marc rein gefressen, als dass er sich von diesen Fesseln lösen könnte. Mehr beiläufig kommen ihm die nachfolgenden Worte über die Lippen.
Alexander: Wirst du das Angebot annehmen? Beulah: Ich denke schon, aber wer wird sich dann um Marc kümmern? Alexander: Wenn es dich beruhigen sollte, dann werde ich mich dieser Aufgabe hingeben und mich für die nächsten Tage oder Wochen hier einquartieren, oder sollte ich mir ein Hotel buchen? Beulah: Das würdest du wirklich für uns tun? Du bist der beste Bruder und Schwager, den man sich vorstellen kann. Ich bin dir dafür sehr dankbar und natürlich kannst du hier bleiben. Das Haus ist groß genug.
Erleichtert erhebt sich Beulah von der Couch und geht zu ihrem Schwager rüber. Dort angekommen legt sie zärtlich ihre beiden Hände an Alexanders Wangen und lächelt ihn glücklich an. Dabei rollt eine kleine Träne ihre linken Wange herunter.
Beulah: Ich habe nur Angst, dass Marc von meiner Entscheidung nicht begeistert sein wird und seine Depression sich noch vertiefen könnte. Alexander: Lass das meine Sorge sein, Beulah. Ich werde gleich zu ihm nach oben gehen und ihn langsam auf die neue Situation vorbereiten. Du packst jetzt erst einmal deine Sachen und fährst morgen ab.
Verschwörerisch zwinkert er Beulah noch einmal zu, streichelt ihre rechte Wange und verlässt das Wohnzimmer. Der dicke Perserteppich dämpft dabei seine Schritte. Zwischen Flur und Treppe dreht Alexander sich noch einmal zu Beulah um und deutet mit einem Kopfnicken nach oben.
Alexander: Schaut Marc sich oben seine alten Kämpfe an? Beulah: Ja! Alexander: Dann auf zu neuen Ufern und wer weiß, vielleicht hole ich meinen Bruder aus seinem Tief heraus.
Ihre Gesichtszüge werden daraufhin wieder ernster.
Beulah: Glaubst du wirklich, dass Marc je wieder einen Ring betreten wird? Alexander: Ehrlich gesagt …
Eine ehrliche Antwort auf diese Frage zu geben fällt ihn sehr schwer, denn sie resultiert aus seiner tiefsten Überzeugung heraus. Mit schwerer und fast resignierter Stimme zerschlägt er jegliche Hoffnung, die so viele Fans dennoch hatten.
Alexander : … nein!
Damit blendet die Kamera ab.
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Danke an alle Schreiber!
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