Im Backstagebereich sitzen: Für die meisten GFCWler ein Zeitvertreib, der langweilig, vor allem aber alltäglich ist. Vollkommen banal. Nicht aber so für die jungen Männer, die sich auf Stühlen in der Nähe des Caterings platziert haben. Es sind die Mitglieder des frisch eingeführten Förderkader. Zumindest drei von ihnen, denn während Mike Janus, Michael Zollinger und Primo Ravenna herumlungern, ist von Güldenherz keine Spur zu sehen. Aber nach einem Match, wenn es auch schon wieder einige Zeit her ist, hat der Außerirdische vielleicht Besseres zu tun. Zumindest einer aus dem Trio schenkt der Abwesenheit aber dann doch Interesse.
Michael Zollinger: „Ich frage mich wirklich, wo Güldenherz ist.“
Auch wenn er keine direkte Frage formuliert hat, geht sein Blick erwartungsvoll von links nach rechts, bleibt erst auf Janus haften, dann auf Primo Ravenna. Keiner der Beiden hat eine Antwort für ihn.
Mike Janus: „Er kommt schon ohne uns klar. Vielleicht braucht er Zeit, um mit seiner Niederlage umzugehen. Aldo Nero war mal einer von uns, ein GTCW-Wrestler. Und nun ist er ein paar Monate im Main Roster, Güldenherz hingegen war im Krankenstand. Hätte nicht gedacht, dass diese Monate so einen Unterschied machen…“
Da Janus heute nicht antreten muss, nimmt er einen großen Bissen von einem Stück Kuchen, dass er sich aufs Tablett geschaufelt hat. Während er seinen Mund mit einer Serviette abwischt, spricht er weiter.
Mike Janus: „…aber der Leistungsunterschied war enorm. Hätte ich nicht gedacht. Kommt mir wie gestern vor, da waren sie auf Augenhöhe. Damals, in der GTCW.“ Primo Ravenna: „Vielleicht lag’s nicht an der Verletzung, sondern dass Güldenherz einfach nicht gut ist. Was soll dieser Quatsch mit der Galaxiereise? Hab‘ mir bei so einem Typen gleich gedacht, dass er versagt, wenn es drauf ankommt.“
Während des Worte Ravennas senkt Janus die Gabel und blickt seinem Kollegen direkt in die Augen.
Mike Janus: „Erzähl‘ mir nichts davon, wie gut Güldenherz ist. Du hast dir den Kampf nicht einmal angesehen. Du bist einfach gegangen.“ Primo Ravenna: „Und nun? Wieso soll ich mir seinen Kampf anschauen. Habe sofort gesehen, dass er keine Chance hat. Das wäre nicht besser geworden, wenn ich danebenstehe und seine Hand halte.“ Michael Zollinger: „Vielleicht meinst du es nicht so, aber wir sind doch ein Team.“ Primo Ravenna: „Wir sind kein Team, Junge. Und damit ihrs wisst: Mir ist egal, ob ihr gleich am Ring seid, wenn ich Viggo auseinandernehme. Das macht für mich keinen Unterschied. Ihr wärt einfach nur der Zuschauer Zehntausendunseins und Zehntausendundzwei beim Main Event.“
Main Event. Das Wort haucht Primo Ravenna heraus. Anders als Janus verzichtet er auf einen Kuchen, doch nimmt einen Schluck Wasser. Zollinger wirkt über die Aussagen seines Kollegen nicht glücklich, auch Janus verdreht die Augen. Bevor es zu Streitereien kommen kann, biegt aber Mirkan Uysal um die Ecke. Der Talent Manager und Initiator des Förderkaders nickt den Jungs knapp zur Begrüßung zu.
Michael Zollinger: „He, Mirkan. Gut, dass du da bist. Wir fragen uns, wo Güldenherz abgeblieben ist.“ Primo Ravenna: „DU fragst dich das.“
Janus schenkt Ravenna für diesen Kommentar ein bombastic side view, verbal kann er sich zur mauligen Art des Kollegen aber nicht äußern, denn Mirkan Uysal nimmt sofort den Ball und antwortet.
Mirkan Uysal: „Güldenherz ist weg.“ Primo Ravenna: „Gleich nach Hause gefahren nach der Niederlage, was? Kann er nicht mit Rückschlägen umgehen?“ Mirkan Uysal: „Nein, er ist nicht mehr Teil des Förderkaders.“
Uysals Blick fährt über die drei Männer. Mike Janus hebt verwirrt eine Augenbraue hoch, Zollinger steht erschrocken der Mund offen. Und selbst Ravenna hat keinen Spruch auf den Lippen.
Mirkan Uysal: „Ich sagte doch, dass es ein essentielles Standbein dieses Konzepts ist, dass keiner den Platz sicher hat. Bei Güldenherz haben wir durch die klare Niederlage gegen Aldo gemerkt, dass er nach seiner Verletzung derzeit nicht mithalten kann. Ich habe ihm deshalb gesagt, er soll nach Hause gehen. Wir sehen ihn im Nachwuchs wieder, nicht mehr auf der großen Bühne.“ Mike Janus: „Wow. Ich meine, das mit dem Rausfliegen wurde erwähnt. Aber das sind…hohe Ansprüche. Ich meine, es war sein erstes Match.“ Mirkan Uysal: „Fördern. Und Fordern. Das Motto des Kaders.“
Stille legt sich über die Szenerie. Niemand weiß genau, was zu sagen ist in dieser Situation. Es ist, als wäre den drei Jungs schlagartig klar geworden, was es bedeutet, wirklich Teil des großen Kaders zu sein. Im Haifischbecken zu schwimmen.
Michael Zollinger: „Man ist bei einer Niederlage also sofort raus?“ Mirkan Uysal: „Nein, keinesfalls. Wir wissen, dass ihr die Außenseiter seid. Es kommt darauf an, WIE man verliert. Wenn du dreimal knapp verlierst, bleibst du vielleicht dabei, aber wenn du nicht mithältst, bist du nach einem Mal draußen. Wir entscheiden im Einzelfall.“
Es ist Primo Ravenna, der sich schwungvoll vom Stuhl abstößt und seinen Körper aufrichtet. Ein letzter Schluck Wasser aus dem Glas, dann ist es leer.
Primo Ravenna: „Scheiß drauf. Was scheren mich die Regeln? Ich werde sowieso nicht verlieren. Heute Abend ist der Weg für mich sicher noch nicht vorbei.“ Mirkan Uysal: „Nein, ist er nicht. Weil er für dich noch nicht beginnt.“ Primo Ravenna: „Hä?“
Der Talent Manager hat einen ernsten Ausdruck im Gesicht als er sich Primo Ravenna zuwendet und den jungen Mann von oben bis unten betrachtet. Die gestylten, halblangen Haare. Der selbstbewusste Gesichtsausdruck, die einstudiert geschürzten Lippen, das hochwertige Hemd, unter dem sich sein athletischer Oberkörper abzeichnet.
Mirkan Uysal: „Um ein GFCW-Star zu sein, braucht man auch Disziplin. Das hast du heute nicht gezeigt. Du hast die Begrüßung überzogen und mir widersprochen. Dann hast du den Kampf von Güldenherz einfach verlassen. Dich backstage ausgeruht, anstatt aus den Fehlern deines Kollegen zu lernen. Das ist nicht die Einstellung, die wir wollen.“ Primo Ravenna: „Was zur Hölle? Ihr schmeißt mich raus?” Mirkan Uysal: „Nein, ich habe nur den Eindruck, du brauchst mental noch Zeit. Vielleicht bist du in zwei Wochen dran, vielleicht in vier. Heute jedenfalls wirst du nicht gegen Viggo antreten.“
Der Youngster nimmt das Glas in die Hand. Für einen Augenblick sieht es aus, als wolle er es vom Tisch wischen, auf dem Boden zerschellen lassen. Dann beherrscht er sich, beißt die Zähne aufeinander und gibt es genervtes Geräusch von sich.
Primo Ravenna: „Fuck, das ist doch Scheiße, Mann. Sagt es mir doch vorher, wenn es euch nicht darum geht, ob man gut ist oder nicht, sondern ob man am Ring bei den Kollegen brav zuguckt und Männchen macht. Ich habe keine Lust, länger zu warten. Aber…ich akzeptiere es. Und wem von den Anderen gibst du stattdessen MEINEN Main Event.“
Eine Frage, die auch Zollinger und Janus interessiert. Sechs Augen starren gespannt zu Uysal.
Mirkan Uysal: „Hier kommt eine weitere Regel dieses Projekts zum Vorschein. Der Förderkader besteht immer aus genau vier Männern. Wenn einer direkt während der Show gehen muss, dann greift ein Grundsatz, den wir „Hometown Hero“-Klausel nennen. Das bedeutet: Wir haben pro Stadt einen Ersatzkandidaten, den wir vorher gecastet haben. Jemand, der so gesehen eine Super-Wildcard hat. In den meisten Fällen wird er nicht zum Einsatz kommen, aber wenn sich spontan so eine Chance ergibt wie heute, dann hat dieser Hometown Hero ganz plötzlich die Chance seines Lebens. Nutzt er sie, wird er der neue, vierte Mann. Aber verliert er…“
Der Talent Manager zuckt mit den Schultern.
Mirkan Uysal: „…dann gerät er in Vergessenheit, sobald wir in die nächste Stadt reisen.“
Zollinger, Janus und Ravenna blicken einander an. Es ist Ravenna, der als Erster mit dem Kopf schüttelt und zu protestieren beginnt.
Primo Ravenna: „Man nimmt mir mein Match weg und ihr gebt es einem lokalen Talent, dass vor ein paar Minuten nicht mal wusste, dass es antritt? So ein Mist, Mann. In welcher Stadt sind wir überhaupt hier?“ Michael Zollinger: „Riesa.“ Primo Ravenna: „Und gibt’s in diesem Riesa überhaupt Wrestler? Ich wette, dass Viggo in MEINEM Main Event gleich keine Minute braucht, um eure verdammte Wildcard zu besiegen.“ Mirkan Uysal: „Das wirst du dann gleich sehen. Denn natürlich seid ihr wieder am Ring dabei. Und lernt…aus Fehlern, wie aus Siegen.“
Robert Breads: “Ich hab’ ja gesagt, dass ich sagen würde: Ich hab’s euch ja gesagt.”
Das Wort “selbstgefällig” beschreibt nicht einmal im Ansatz das breite und unverhohlene Grinsen im Gesicht des GFCW Head Coaches. Die Arme vor der Brust verschränkt, den Kopf leicht schief gelegt, steht er vor der Interview-Wand im Backstage-Bereich. Tammy oder Mac Müll sind nirgends zu sehen, also hat er wohl beim Office ein wenig Solo-Zeit beantragt, um uns - ausführlich, wie von Breads gewohnt – zu berichten, wie Recht er hatte.
Robert Breads: “Aiden hat’s geschafft. Er hat The End geschlagen. Er hat den Titel gewonnen. Er ist World Champion. Vor etwa drei Jahren habe ich ihn mitgebracht, ihn der GFCW vorgestellt, und bin nie von seiner Seite gewichen. Ich wusste immer, dass es nur eine Frage der Zeit war. Und ich kann bloß sagen: Es hat sich verdammt nochmal gelohnt.”
Hier steckt so viel impliziertes Lob für sich selbst drin, dass es kaum auszuhalten ist. Doch schließlich hat Breads nicht ganz Unrecht: Nicht nur hat sein persönliches Pet Project sich kontinuierlich über die Jahre hinweg gesteigert, es ist am Ziel angekommen. Und das ist auch eine gewisse Bestätigung für ihn in seiner Rolle als Head Coach, schließlich sind nicht alle vormals erfolgreichen Sportler auch gute Trainer. Man könnte selbstverständlich auch verargumentieren, dass Rotari ein absoluter Outlier ist, ein Einzelfall, mit einem Skillset, dass man so schnell nicht reproduzieren kann, aber Breads wird sich im Moment dieses Triumphes, von dem Aiden ihm anscheinend bereitwillig sein Stück Kuchen abschneiden lässt, nicht mit so etwas beschäftigen. Rotari mag bloß der Titelgewinn selbst wichtig gewesen sein, aber Breads will uns klar machen, was das drumherum bedeutet, der Weg dorthin, für ihn, für sich, für die GFCW.
Robert Breads: “Ich kann es nicht anders sagen, ich bin unheimlich stolz. Nicht zuletzt, weil selbst ich an der Aufgabe gescheitert bin. Weil selbst Zereo Killer gescheitert ist. Aiden hat uns beide übertroffen.”
Der nachtragendste Mensch der Welt muss natürlich auch hier noch einmal nachtreten - schließlich hat sein Schüler das getan, was Zereo Killer nicht konnte, und das steckt Breads mit Sicherheit als indirekten moralischen Sieg ein. Ein bisschen erbärmlich, aber nicht überraschend.
Robert Breads: “Er hat sie alle übertroffen. Niemand sonst hätte The End diesen Titel abnehmen können, wenn wir ehrlich sind. Unser Roster ist stark. Aber die alte Garde? Keine Chance gegen Aiden Rotari. Wer glaubt ernsthaft, dass Thor oder Tha Bomb auch nur in die Nähe eines Sieges kommen würden? Niemals. Und von der neuen Garde? Keiner von denen wäre bereit gewesen. Aldo Nero, Mike Müller, Renegade und Viggo in allen Ehren, ich war für ihr Training zumindest mitverantwortlich, und deshalb kann ich Ihnen ausnahmslos Potenzial attestieren, einmal zu werden, was Aiden bereits ist – aber nicht jetzt. Und wer sonst sollte das Unmöglich möglich machen, wer sonst hätte The End, den besten Champion, den wir vielleicht jemals hatten, besiegen können?” „Vielleicht… naja, der Mann, der ihn schon einmal besiegt hat?“
Es erklingt eine Stimme aus dem Hintergrund und daran, wie „locker“ diese Frage gesprochen wird, kann man schon recht gut erahnen, um wen es sich dabei handelt. Allzu lang hält das Ratespiel allerdings ohnehin nicht an, denn sogleich tritt der Waldmensch auch schon ins Bild. Die Frage ist locker gesprochen und dennoch bestimmt, denn Ask hat nicht ganz unrecht. Es geht hierbei selbstverständlich um die Intercontinental Championship Open Challenge, die Ask in der War Evening Ausgabe nach Heir To The Throne gestellt hat. Die wurde von The End akzeptiert, sodass Ask seinen Titel gegen ihn aufs Spiel setzen musste. Und dort hat er The End besiegt, wenn auch nicht unbedingt eindeutig und schon gar nicht via Pin oder Aufgabe.
Robert Breads: “Und wem hattest du diesen Sieg zu verdanken?”
Breads mustert Ask. Er wirkt fast ein wenig spöttisch, gepusht von dem Erfolg seines Zöglings, beinahe euphorisiert. Er hat nicht ganz Unrecht: Ask hat The End per Count-Out geschlagen, weil Aiden Rotari sich eingemischt hat.
Robert Breads: “The End in einem Match um den Intercontinental Title per Count-Out zu schlagen hat Aiden schon vor zwei Jahren erledigt. Es ist etwas ganz Anderes, jemandem wirklich zu besiegen.”
Klar: Jemanden zu pinnen oder zur Aufgabe zu bringen ist wesentlich schwerer als “nur” per Count-Out zu siegen.
Robert Breads: “Hätte ich gerade meinen Intercontinental Title verloren, wäre ich an deiner Stelle ruhig, wenn es um Belange des World Titles geht.”
Ask schmunzelt. Ihm ist bewusst, dass man so eine Vorlage natürlich nicht liegen lassen kann. Er hat seinen Titel bei Stranded verloren und das bietet Potential gegen ihn zu schießen. Und man kann auch nicht abstreiten, dass dieser Umstand spurlos an Ask vorbei geht. Ja, es trifft ihn – schließlich hat der Intercontinental Championship ihn das letzte halbe Jahr begleitet und ihm viel bedeutet. Aber wie wir bereits etwas früher am Abend gesehen haben, hat er seinen Frieden damit geschlossen, denn jetzt ist es Zeit für „neue“ Aufgaben.
Ask Skógur: „Du hast Recht, Mann. Ich habe den Titel verloren. Wie und warum… tja, das ist egal. Es ändert nichts daran, dass ich heute ohne Gürtel hier stehe.“
Wir erinnern uns an Aiden Rotaris Ansprache zu Beginn der Show. Was zählt ist das Resultat und das gilt auch für Ask. Er mag nicht gepinnt wurden sein in dem Match bei Stranded, aber verloren hat er trotzdem.
Ask Skógur: „Und wir reden nicht von irgendeinem Titel. Wir reden von DEM GFCW Intercontinental Championship, der eine verdammt beeindruckende Historie hat. Und das weiß ich, ich hab mich da schließlich durchgearbeitet. Und ich bin stolz darauf, ein Teil davon gewesen zu sein. Jetzt… liegt es nicht mehr an mir, um diesen Titel zu kämpfen, das ist jetzt nicht mehr meine Aufgabe.“
Ask spielt auf sein Gespräch mit Viggo, was etwas früher am heutigen Abend stattgefunden hat, an, denn das ist jetzt dessen Aufgabe. Aber wir wissen, dass Ask ein gutes Gefühl hat, diese Aufgabe in seine Hände zu legen.
Ask Skógur: „Aber… weißt du… naja, wer kein Teil dieser Historie ist? Robert Breads. Und Aiden Rotari. Ihr… habt es beide nie geschafft diesen Titel zu gewinnen, obwohl ihr es oft versucht habt, also könnt ihr auch nicht nachvollziehen, wie es ist ihn zu verlieren. Ich für meinen Teil… kann da jetzt sicher wieder den Kopf in den Sand stecken und traurig sein… oder… ich suche mir ein neues Ziel. Ein Ziel, an dem ich mich schon oft versucht habe und ebenso oft gescheitert bin. Dem GFCW World Championship. Also, sobald Aiden aus seinem Versteck vor The End herausgekrochen kommt, kannst du ihm ausrichten, dass ich auf ihn warte.“ Robert Breads: “Ich bin kein gottverdammter Botschafter.”
Dem Kanadier gefällt gar nicht, was hier gerade passiert – und so langsam dämmert ihm anscheinend etwas. Erst war Rotari sein Protegé, und sich nie darüber beschwert, als Breads’ Laufbursche behandelt zu werden. Dann hat er Rotari selbst zu seinem ebenbürtigen Partner ernannt, aber Rotari wurde vor allem von Seiten Schwanenburg noch immer als “unwürdig” bezeichnet – und hat sich bei Breads nie darüber beschwert. Nun ist die Wahrnehmung gekippt. Breads ist an The End gescheitert, Rotari nicht. Breads ist nicht World Champion, Rotari ist es. Und mit einem Mal hat sich die Dynamik umgedreht, und Leute sehen Robert als den “Unwichtigeren” des Gespanns. Ein Gefühl, dass er so gar nicht kennt, und mit dem sein Ego anscheinend nicht gut klarkommt.
Robert Breads: “Wenn du wichtig genug wärst, als dass Aiden sich mit dir beschäftigen müsste, würde er es tun.” Ask Skógur: „Ist ja gut Mann, komm runter.“
Es scheint nicht Asks Absicht gewesen zu sein, Robert Breads als „Laufburschen“ zu entlarven, aber er scheint auch nicht davon abgeneigt darauf weiter einzugehen. Ask wirkt in jedem Falle selbstbewusst, was sogar etwas überraschend sein kann. Für gewöhnlich haben ihn seine großen Niederlagen nämlich deutlich mehr zugesetzt. Aber Ask entwickelt sich stetig weiter. Er hat den IC-Titel verloren, aber Viggo wird sicher gehen, dass dieser zurück in die „richtigen Hände“ kommt, also ist sein Weg frei nach oben, zum ganz großen Gold. Die GFCW ist ein Dschungel und er versteht immer besser, wie er sich in diesem verhalten muss um das zu kriegen, was er will.
Ask Skógur: „Mir ist schon klar, dass ich nicht direkt ein Titelmatch bekommen werde, nachdem ich einen anderen Titel verloren habe. Und davon abgesehen, sollte uns wohl allen klar sein, dass sich The End nicht damit zufriedengeben wird, wie das Match bei Stranded abgelaufen ist. So einfach wird der gute Aiden nicht davonkommen. Und wäre ich gläubig, würde ich ihn schon mal in meine Gebete einschließen. Aber wer auch immer aus dieser ganzen Sache dann nun final als Champion rausgeht… gegen den will ich antreten.“
Ask wirkt entschlossen. Er springt hierbei immer mal wieder zwischen seiner flappsigen und lockeren Art und seinem ersten Charakter hin und her. Wenn es wichtig wird, ist aber unverkennbar, dass er meint, was er sagt.
Ask Skógur: „Deshalb will ichs wie Aiden machen. Der wollte vor Heir To The Throne ein Match gegen mich, als ich noch Champion war, sodass er eine Titelchance bekommt, wenn er mich besiegt. Ich will nichts geschenkt, aber ich will ne Chance. Eine Chance gegen Aiden, nicht für den Titel, sondern um mich zu beweisen. Und dann sollte mir ein Titelmatch zustehen. Wer auch immer von End und Aiden dann Champion sein sollte… ich werde der nächste Herausforderer. … und sind wir mal ehrlich. Das wird vermutlich The End sein.“
Ask erläutert Robert diesen Plan vielmehr „über ihn hinweg“ – er behandelt Breads tatsächlich wie eine Art Sekretär von Rotari und weniger als einen gleichwertigen Gegner, den es zu besiegen gilt.
Robert Breads: “Eine nette Idee. Aber das wird so schnell nicht passieren.”
“Canada’s Own” schüttelt den Kopf. Er ist sowohl irritiert als auch beleidigt davon, dass Ask ihn – korrekterweise – als das schwächere Glied einordnet. So stolz und zufrieden er mit Aiden auch ist, das eigene Ego lässt nicht so ganz zu, dass er nun so abgestempelt wird.
Robert Breads: “Wenn du unbedingt an Aiden heranwillst, wirst du vorher einen Zwischenschritt gehen müssen. Einen Sieg, der zeigt, dass du bereit bist.”
Breads tritt einen Schritt vor.
Robert Breads: “Also tritt gegen mich an. Ich werde dir zeigen, dass du noch nicht bereit bist.”
Was dabei unterschwellig mitschwingt: Breads will vor allem zeigen, dass er selbst noch immer auf einem Level über Ask Skogur steht. Er hat Aiden in den höchsten Tönen gelobt, aber er ist doch nur ein kleines bisschen unter ihm, und keine ganze Stufe... oder? Ask wirkt nicht unbedingt überrascht, es hatte schon den Anschein, dass Breads darauf hinauswill. Aber was sollte das Ask bringen? Ein Sieg über Robert bringt ihn nur bedingt weiter in Richtung eines Titelmatches, ein Sieg über Aiden garantiert ihm das aber praktisch.
Ask Skógur: „Hmmm.“
Ask überlegt laut, leicht grunzend.
Ask Skógur: „Nee. Ich passe. Aber ganz Unrecht hast du nicht. Vielleicht sollte ich doch noch ein Match zwischen schieben. Mir fehlt ja noch der große Solo-Sieg gegen Morbeus, vielleicht gehe ich einfach das an. Und mit diesem Sieg sollte ich Aiden dann gegenübertreten können.“
Ask scheint tatsächlich Freude daran zu haben, Robert Breads hier zu provozieren. Der Schwede lernt dazu, mit Nettigkeiten kommt man hier nicht weiter, manchmal muss man auch einfach Ecken und Kanten zeigen. Erneut ist Robert beleidigt. Dass jemand einfach so ein Match mit ihm ausschlägt, nicht aus Angst, sondern weil es einen besseren Skalp zu holen gibt, ist ihm unbegreiflich. Dass er nicht mehr der Gottkönig-Imperator der Welt ist, das war Breads bewusst, aber dass er im allgemeinen Ansehen so weit gefallen ist... das kann und will er nicht wahrhaben.
Robert Breads: “Du musst dir keinen anderen Kopf als Trophäe aussuchen als meinen. Glaub mir, es gibt keinen, der für dich wertvoller wäre.”
Einen Moment lang überlegt Breads. Nun versucht er selbst schon, Ask davon zu überzeugen, doch bitte gegen ihn anzutreten, um sein Bild vosich selbst zu validieren.
Robert Breads: “Ich werde dich nicht so mit mir reden lassen, ohne dir eine Lektion zu erteilen. Aber wenn du unbedingt Aiden im Ring haben willst: Von mir aus. Such dir einen Partner. In zwei Wochen treten du und wer immer nicht dumm genug ist eine solche Chance auszuschlagen gegen Sleaze an. Aiden Rotari und Robert Breads gegen Ask Skogur und... wen auch immer. Ist mir gleich. Ich werde dich besiegen, und der World Champion wird aus nächster Nähe dabei zusehen, wie du dich als unwürdig erweist ihn herausfordern zu dürfen.”
Ask wird wieder ernster. Genug des Spaßes und der Provokation, wenn Robert Breads ihm sich so bereitwillig gegenüberstellt, dann darf Ask nicht zurückweichen.
Ask Skógur: „Also gut. Wenn es dir so wichtig ist, von mir besiegt zu werden, dann soll das nicht an mir scheitern. Ich bin endlich bereit für das große Gold und du wirst mir dabei sicher nicht im Weg stehen. Wir sehen uns in zwei Wochen… und was meinen Partner angeht… Da hab ich schon genau den Richtigen im Sinn.“
Ein Helfer zupft noch die Position des bordeauxroten Teppichs zurecht, dann mischt er sich wieder unter den Schwarm von Technikern, die nach getaner Arbeit zurück durch den Vorhang drängen. Die Männer der GFCW-Crew hinterlassen einen Ring, der im Rahmen der Möglichkeiten pompös geschmückt wurden ist. Um die Ringpfosten winden sich an Federboas erinnernde bunte Girlanden, auf der Matte liegt ein flauschiger Untergrund, ein in Form und Größe thronähnlicher Sessel lädt zum Hinsetzen ein und auf einem Beistelltisch wartet Champagner darauf, zur Feier des Tages geköpft zu werden. Ihren letzten Schliff jedoch erhält die Szenerie durch die atmosphärische Musik, die über die Lautsprecher gespielt wird, ein Stück, welches an eine moderne Interpretation der ‚Ode an die Freude‘ erinnert und mit seiner instrumentalen Vielstimmigkeit opulent anmutet. Was der Anlass für diese Zeremonie ist, wird über die Videoleinwand verdeutlich, dort steht in silbernen Lettern über schwarzem Grund:
Darragh
Switzenberg.
Der Neugekrönte ist es also, der hier gleich Platz nehmen und seinen Erfolg genießen kann. Ein Grund mehr neben der Absenz von Action für das Publikum, Buhrufe ins Hallenrund zu schicken, auch schon jetzt, wo der Ausrichter der Feierlichkeiten noch nicht aufgetreten ist. Die Kameramänner um den Ring und das Schweigen von Pete und Sven machen aber deutlich, dass es sich nur noch um Sekunden handeln kann, bis Switzenberg auftaucht. Kein Grund für die Kommentatoren, eine Anmoderation zu starten, spricht doch der Aufbau im Ring für sich selbst.
Es sind nicht Vangelis‘ Töne an sich, die das Publikum zu pfiffen verleiten, sondern der Mann, mit dem sie konnotiert sind. Durch den Erfolg bei Stranded ist Switzenberg nicht sympathischer geworden. Wenige mögen ein Großmaul, noch weniger ein Großmaul, dass Wort hält. Und das ist Switzenberg gelungen: Drei Kämpfe hat er, den Kampf bei Stranded schon eingerechnet, gebraucht, um das zu erreichen, was Viggo nun zum zweiten Mal misslungen ist: Den Titel von Ask Skógur zu gewinnen. Es ist müßig zu diskutieren, ob alles mit rechten Dingen zuging oder man Switzenberg einen moralischen Vorwurf über seine Kampfesführung machen kann, Fakt ist, dass er innerhalb des schmalen Regelkatalogs eines 3-Ways agiert hat und er das Chaos, welches die Matchart traditionell mit sich bringt, als Leiter nutzen konnte.
Pete: „Darragh Switzenberg lässt sich wieder ordentlich Zeit. Wo ist der Herr?“ Sven: „Wie schon bei Stranded sitzen wir hier und warten. Aufgepasst, dass er nicht gleich mit einem Motorboot um die Ecke schießt.“
Auch die Anspielung Svens auf Darraghs exzentrischen Entrance bei Stranded überbrückt die Wartezeit nur ungenügend, langsam wird auch den entspanntesten Zuschauern der Geduldsfaden strapaziert. Eine gute halbe Minute läuft Switzenbergs Theme schon und nicht ist nichts von ihm zu sehen. All die Dekoration, die ganze Szenerie, ist bislang nicht gebraucht wurden. Niemand, der über den Teppich schreitet oder auf dem Sessel Platz genommen hat.
Pete: „Ich bekomme grad eine Ansage übers Ohr. Darragh Switzenberg…ist nicht da.“
Mit einem Seufzen lehnt sich der Kommentator zurück und blickt zu Sven. Sucht im Blick des Mikrofongottes nach der Lösung, um diese peinliche Stille, dieses vergebliche Warten zu überspielen.
Und
dann erscheint Switzenberg.
Der Kanadier bekommt nichts von den Buhrufen mit, die seinem Abbild auf der Leinwand entgegengeworfen werden. Er steht mit schmalem Lächeln, das Kinn hochgereckt, die Brust raus, vor der Wand in einem Raum, der ein Hotelzimmer sein könnte. Elegante, aber unpersönliche Einrichtung, kahle Wände. Auffällig ist nur im Hintergrund der Ausblick auf eine Stadt, die so ganz und gar nicht aussieht, als würde sie deutsch sein.
Darragh Switzenberg: „Verzeiht, dass ich nicht bei euch sein kann. Ich bin mir sicher, ihr alle habt eine fantastische Zeit.“
Die Ironie in seinen Aussagen, speziell auf das Bedauern seiner Abwesenheit bezogen, ist in jedem Wort zu hören.
Darragh Switzenberg: „Ich jedenfalls habe eine gute Zeit, und vor allem auch Grund dazu. Ich habe bei Stranded endlich bekommen, was mir zustand, auch wenn Ask sich lange genug geweigert hatte…und natürlich habe ich es genutzt. Ich bin neuer Intercontinental-Champion. Aber genauso freue ich mich darüber, dass mein Name und mein Körper auch weiterhin in Übersee gefragt sind. Daher habe ich mich als ambitionierter Mann direkt nach meinem Sieg in einen Flieger gesetzt und mich hier, in Los Angeles, wieder in Abend gestürzt.“
Er greift in einen Bereich außerhalb des Bildes und hält daraufhin ein Glas Champagner in der Hand.
Darragh Switzenberg: „Ihr versteht sicher, dass diese Verpflichtungen vorgehen. Prost.“
Natürlich versteht es niemand. Bei der eigenen Siegesfeier nicht aufzutauchen und beim ersten Arbeitstag als Champion die Liga so weit in der Prioritätenstufe hinabzusetzen ist ein Affront, den die langjährigen Zuschauer persönlich nehmen. Wut und Unverständnis ist auf den Gesichtern vieler Fans zu sehen.
Darragh Switzenberg: „Vielleicht ist er der Champagner, vielleicht auch der Erfolg, aber in meinem Geist spukt gerade eine Fragestellung herum. Man mag sie philosophisch nennen. Was bedeutet es eigentlich, Champion zu sein?“
Er nimmt noch einen Schluck seines Getränks, lässt die Flüssigkeit genüsslich die Speiseröhre hinablaufen, und stellt das Glas dann ab.
Darragh Switzenberg: „Natürlich bedeutet es, dass ich ein Ausnahmeathlet bin. Aber das war im Vorhinein bereits klar. Ich habe die Frage auch anders gemeint…vielleicht kann ich es besser formulieren: Was muss ein Champion tun? Was sind seine Pflichten?“
Der Kanadier zieht die Augenbrauen hoch, überlegt einen vorgetäuschten Moment und fährt dann in seinem Monolog fort.
Darragh Switzenberg: „Schauen wir uns als Untersuchungsobjekt doch einmal Ask Skógur an. Gönnen wir ihm diese Aufmerksamkeit, bevor er langsam vergessen wird, so wie es sich für einen wie ihn gehört. Aber, das sagen die Fakten, er war immerhin lange Champion. Oder besser: Steigbügelhalter für meinen Aufstieg. Aber bevor ich kam, da durfte er seine Regentschaft genießen. Wie also hat er die Fragen interpretiert, die ich eben gestellt habe, was für ein Champion war Ask Skógur?“
Mit seiner großen, kräftigen Hand streicht Switzenberg das Shirt glatt, welches seinen gestählten Körper umhüllt.
Darragh Switzenberg: „Für ihn bedeutete Champion sein, diesen Status immer wieder in Frage zu stellen. Ständig gab es Open Challenges. Er wollte verteidigen, er wollte sich beweisen. Ich habe wirklich nicht viele GFCW-Sendungen in meinem Leben geschaut und die Historie ist mir wirklich verdammt egal, aber ich habe mir sagen lassen: Das ist so nicht üblich. Ask Skógur hat eine besondere Regentschaft hingelegt. Eine besonders kämpferische Regentschaft. Er hat sich selbst ein Ziel auf den Rücken gemalt und jedem die Chance geben wollen, ihn zu erlegen.“
Ob aus Zufall oder als gewollte Anspielung auf Ask Skógur und dessen Verbundenheit zum Wald greift Darragh Switzenberg nach einer imaginären Flinte, richtet sie auf die Kamera und drückt passend zu „erlegen“ ab.
Darragh Switzenberg: „Besonders kann aber viel bedeuten. Besonders gut, besonders schlecht. Und ich denke, dass meine Interpretation und die eure über das Wort ‚besonders‘ im Zusammenhang mit Ask Skógur unterschiedlich sind. Ich finde seinen Ansatz besonders…erbärmlich.“
Ein Ausdruck, der sofort das Publikum wieder auf die verbalen Barrikaden bringt. Die Fans starten Unterstützungsrufe für ihren Heroen Ask Skógur oder strecken dem Darragh-Video unflätige Gesten entgegen.
Darragh Switzenberg: „Wie kann ein Champion würdevoll sein, wenn er nicht einmal selbst daran glaubt, ein wahrer Champion zu sein, ohne es ständig zu beweisen? Wo bleibt das Selbstbewusstsein, wo die Ausstrahlung? Ein Champion muss in sich ruhen. Ein Champion ist nicht auf die Spitze eines Berges gestiegen, um andere im Huckepack hinterherzutragen, sondern um sich bewundern zu lassen. Um jemand mit Strahlkraft zu sein.“
Wieder greift Switzenberg in eine Ecke außerhalb des Bildes. Diesmal zieht er einen größeren und schwereren Gegenstand hervor. Als das Objekt vor die Kamera gehoben wird, erkennt man den Intercontinental-Gürtel. Durch die aufgeschraubte Namensplatte mit „Darragh Switzenberg“ wird noch einmal schmerzlich deutlich, dass die Ära Skógur wirklich am Ende ist.
Darragh Switzenberg: „Ask war ein Champion, der es beweisen musste. Ich bin ein Champion…dem man es ansieht.“
Er legt den Titel auf seiner Schulter ab und streicht mit einer Hand über das Metall, während ein herablassendes Schmunzeln in sein Gesicht wandert.
Darragh Switzenberg: „Die Zeit der Open Challenges oder der gutherzig gemeinten Chancen für Versager wie Viggo und Co. ist vorbei. Dieser Titel wird wieder das, was in meiner Intepretation ein Titel sein soll: Ein Objekt wie eine Krone, dass den Niederen die Chance gibt, zum Träger aufzuschauen. Ihn zu bewundern. Deswegen werde ich nicht einmal, nicht ein einziges Mal, eine Open Challenge machen. Ich werde nichts verschenken, mich nicht in die Enge drängen lassen, um etwas zu beweisen. Wenn ich diesen Titel verteidige, dann nur, weil ich es muss. Und wenn es im Publikum nun jemanden gibt, der diesen Weg für falsch oder feige hält, dann habe ich eine Lösung dafür. Schaut mich an, erkennt, wer ich bin. Und merkt, dass alles, was Darragh Switzenberg macht, richtig ist. Genießt die Feier.“
Tammy: „Meine Damen und Herren, begrüßen sie mit mir gemeinsam… Aldo Nero!“
Wie schon bei Stranded steht Tammy bereit für ein Interview mit Aldo. Der steht neben ihr, gekleidet in einem GFCW-T-Shirt und scheinbar schon wieder geduscht und frisch gemacht, nachdem er zu Beginn der Show heute einen alten Weggefährten in Form von Güldenherz besiegt hat. Und das mehr als eindeutig. Aldo wirkt dementsprechend nach wie vor selbstbewusst und von sich überzeugt, wenn man auch – ebenso wie zuvor im Match – durchaus das Gefühl haben kann, dass ihn das Aufeinandertreffen mit The End beim PPV etwas aus der Fassung gebracht hat. Aber gut, kein Grund den Kopf in den Sand zu stecken, es gibt für ihn nämlich nur eine Richtung und die ist nach vorn.
Tammy: „Aldo, du hast heute schon wieder einen eindrucksvollen Sieg errungen. Es scheint also alles nach Plan zu laufen. Die Champion-Situation hier in der GFCW hat sich bei Stranded grundlegend verändert, hast du schon Ziele, Ideen oder Absichten, auf wen du es abgesehen hast und wie du vorgehen wirst?“
Aldo überlegt für wenige Sekunden, bevor er direkt zur Antwort ansetzen will, allerdings kommt er gar nicht dazu damit zu beginnen. Tammys Blick verändert sich schlagartig, als sich ein unerwarteter Besucher nähert. Nicht so sehr, als hätte sie einen Geist gesehen, aber genug um zu erahnen, dass dieser wohl besser nicht hier sein sollte. Aldo wirkt etwas irritiert von Tammys Blick, scheint aber direkt zu verstehen, was abgeht. Er dreht sich um und sieht… James Corleone. Es folgt ein Blickkontakt zwischen Vater und Sohn. Corleone wirkt erhaben. Entgegen den aktuellen Umständen, die ihn ziemlich belasten dürften, scheint er es hier gut geschafft zu haben, die „Kontrolle“ zurückerlangt zu haben… oder sie zumindest überzeugend genug herüberzubringen. Aldo schafft es dabei nicht von vornherein das Pokerface zu wahren. Eine Mischung aus Schock, Trauer (?) und… Freude?... leuchten in seinen Augen auf, bis er dann allerdings doch wieder versucht den Anschein zu wahren, als ob ihm dieses Treffen hier nichts ausmachen würde. Noch immer mit dem Blick auf Aldo gerichtet, spricht James zu Tammy.
James Corleone: „Vielen Dank, Tammy. Sie werden hier nicht länger benötigt.“
Die Interviewerin versteht das sofort und scheint auch nicht wirklich interessiert daran hier länger zu verweilen als nötig und so macht sie sich sogleich auf und davon.
James Corleone: „Gratulation, Aldo. Ein wahrlich beeindruckender Sieg und das war nur einer von vielen. Mir scheint, als würde es endlich bergauf gehen, für dich.“
Vielleicht steckt da irgendwo ein Funke Ehrlichkeit mit drin, aber alles in allem versteht sogar Aldo, dass das vielmehr Hohn, als ein authentisch gesprochener Glückwunsch ist.
Aldo Nero: „Danke.“
Dementsprechend resigniert antwortet Aldo. James Corleone bleibt in seiner Rolle. Er hatte nicht erwartet, dass ihm Aldo so einfach aus der Hand fressen würde. Noch nicht. Er will direkt nachsetzen, doch Aldo kommt ihm zuvor.
Aldo Nero: „Leider kann man das von euch nicht so behaupten, was?“
Scharfsinniger Konter von Aldo, mit dem James wohl nicht gerechnet hätte. Er wirkt nicht getroffen, denn in dieser Situation – anders als bei Rotari zuvor – weiß Corleone, dass er die Oberhand hat. Also soll der Junge doch mit seinen plumpen Angriffen kommen.
James Corleone: „Ein Rückschlag. Nichts weiter. The End wird schneller wieder auf seinem Thron sitzen, als es hier alle erwarten würden. Aiden hatte Glück, das war seine beste Waffe. Doch beim nächsten Mal, wird er diese nicht wieder haben. The End wird sich um Aiden kümmern, ihn vernichten und wieder GFCW-Champion sein. Aber ich denke, du wirst bereits mitbekommen haben, dass The End noch lange nicht am Ende ist, nicht wahr?“
Aldo wirkt irritiert. Woher sollte er das mitbekommen haben? Corleone formuliert diese Frage, die er sorgfältig aufgebaut hat, als würde etwas im Raum stehen, was beide wissen. Aldo hält sich kurz zurück und grübelt, was das sein könnte, allerdings nicht zu offensichtlich, als, dass er es Corleone so leicht erkennen lassen will. Was nur so halb gut funktioniert.
James Corleone: „Komm schon, Aldo. Mir ist bewusst, ich bin wahrscheinlich der letzte, mit dem du sprechen willst, aber dennoch können wir doch offen sprechen, oder? Ich weiß, dass du hegen Kontakt zu meinem Bruder hast. Und er wird dir doch sicherlich erzählt haben, dass The End bei ihm ist?“
Aldo wirkt weiter irritiert und verwirrt. The End ist nicht bei Salvatore. Er war es damals, als Leviathan sich gegen ihn gestellt hat, aber jetzt… Aldo hat Kontakt mit seinem Onkel und dieser hätte es ihm wohl auch erzählt. Hat er aber nicht. All das kann nur bedeuten, dass Corleone denkt The End sei dort… und als würde er diese Information jetzt aus Aldo herauslocken wollen. James Corleone hat keine Ahnung, wo The End ist. Und das wiederum… stimmt Aldo glücklich.
Aldo Nero: „Hmm.“
Aldo beginnt zu schmunzeln. Sein Gesicht wandelt sich von irritiert, verwirrt, überrumpelt, zu einem glücklichen, schadenfrohen, zufriedenen. Und dann beginnt er schließlich zu lachen. Laut zu lachen. Dabei ist schließlich Corleone der Irritierte.
Aldo Nero: „Du denkst End ist bei Onkel Sal? Da scheint es wohl ordentlich Ärger im Paradies zu geben, was?“
Corleone versteht nun, dass End wohl tatsächlich nicht dort ist. Er analysiert die Situation und Aldo binnen Sekunden und weiß, dass Aldo es nicht drauf hätte ihn hier hinters Licht zu führen und zu belügen. Corleone wirkt leicht beleidigt davon, wie Aldo ihn auslacht. Viel schlimmer ist allerdings, dass er nun tatsächlich nicht weiß, wo The End steckt. Und das besorgt ihn.
Aldo Nero: „Weder ich noch Onkel Sal wissen, wo The End ist. Und du offensichtlich auch nicht. Das… ist nicht gut. Und ich weiß ehrlich gesagt nicht, für wen das am schlechtesten ist. Aiden? Oder… naja, dich? Ich weiß nur, dass das Onkel Sal wohl nicht gefallen wird.“
Aldo lacht noch immer, kommt nun aber langsam wieder zu sich, während Corleone sich taktisch mit irgendwelchen Reaktionen, die noch mehr über ihn verraten würden, als bisher schon verraten wurde, zurück. Aldo ist inzwischen vor allem eines… zufrieden.
Aldo Nero: „Ich danke dir.“
Nun reagiert Corleone doch mit einem fragenden Blick. Wofür sollte Aldo ihm danken?
Aldo Nero: „Ich danke dir dafür, dass ich dich zum ersten Mal in meinem Leben besorgt gesehen habe. Besorgt, hilflos und verzweifelt. So verzweifelt, dass du sogar zu mir gekommen bist und mich um Hilfe gebeten hast.“
Aldo hat nicht Unrecht. Und James weiß das. Es liegt unausgesprochen im Raum, dass sich am Machtverhältnis der Beiden nichts geändert hat. James Corleone, der Vater, steht noch immer über Aldo Nero, dem Sohn. Aber zumindest für einen kurzen Moment, kam diese Situation für Aldo einem kleinen Sieg nahe.
Aldo Nero: „Heute ist ein guter Tag.“
Aldo beginnt nun erneut leicht zu lachen, während er sich schließlich auf den Weg macht. Er verschwindet und lässt Corleone hinter sich zurück. Dessen Blick wird nun wieder finsterer und zorniger. Er wurde vorgeführt. Von Aldo… aber auch von End. Wo ist The End? Corleone schnauft einmal tief durch. Er sammelt sich, richtet die Krawatte und stellt sich gerade auf. Als würde er sich einmal kurz gedanklich und körperlich zusammenreißen und neu ordnen wollen. Es ist egal, wie es ist, es muss aber definitiv etwas passieren, damit es besser wird. Corleone hat viel zu tun. Er muss zerstörtes wieder aufbauen. Es bringt nichts den Kopf in den Sand zu stecken, denn es gibt nur eine Richtung – nach vorn.
Mit dem Zeigefinger deutet Lorenz auf die weit herausgestreckte Zunge von Maximilian Lunenkind.
Lorenz: “Diese Farbe.”
Gekonnt und dennoch befreit von jedweder Würde rollt Lunenkind sein Geschmacksorgan wieder ein. Sein Mund gibt ein schwer definierbares, leicht ekelerregendes Geräusch von sich, als er das tut, was Lorenz aber nicht zu stören scheint. Der Schneider, den er mit professioneller Ungeduld geringschätzt, hastet bestätigende Worte murmelnd davon, auf der Suche nach passendem Stoff im gleichen Pink-Ton wie die Zunge von Lunenkind.
Lorenz: “Wer hätte gedacht, dass es so schwierig ist, den Pigster ästhetisch ansprechend umzusetzen?” Maximilian Lunenkind: “Jeder, wahrscheinlich. Außer Mike.” Lorenz: “Hm?” Maximilian Lunenkind: “Er denkt nicht, weil er dumm ist.”
Über seinen eigenen genialen Witz wiehernd klopft sich Lunenkind auf die Oberschenkel, während die Kamera einen kleinen Schwenk macht.
Mike Müller: “Ähm, ich... ich bin auch hier, wenn du sowas über mich sagst...” Maximilian Lunenkind: “Was war das? Lorenz, ich habe nur “Oink, Oink!” verstanden.”
Der Marketing-Experte lässt den Blick zu Mike wandern, der wie ein Häufchen Elend neben einem Stuhl steht, während die anderen beiden über die zukünftige Ausrichtung seiner Karriere entscheiden.
Lorenz: “Warum sitzt du eigentlich nicht?” Mike Müller: “Herr Lunenkind hat gesagt, dass Schweine keine Stühle benutzen.” Maximilian Lunenkind: “Oink, Oink!” Lorenz: “Guter Punkt. Solche Details werden dem Charakter eine Menge Leben einhauchen und die Illusion von Komplexität erzeugen.”
So klein wie jetzt hat der gut gebaute und alles andere als zierliche Müller noch nie gewirkt. Er wirkt eher wie ein trauriger und geprügelter Welpe als wie ein Schwein – etwas, das Lunenkind und Lorenz zu korrigieren scheinen wollen.
Lorenz: “Leider hat James Cromwell abgesagt, den Farmer zu geben. Sehr schade. Das hätte das Nostalgie-Level angehoben.”
Seufzend beobachtet Lorenz die Stelle, an der der Schneider verschwunden ist, und lässt sich dann demonstrativ gelangweilt auf dem Stuhl nieder, neben dem Mike steht.
Lorenz: “Und das ist im Prinzip ja alles, was zählt. Die Leute müssen nur einmal “Oh, das kenne ich!” machen und schon frisst sich der Scheiß in ihre Echsen-Hirne. Wir müssen ihnen bloß das Gefühl geben, das sie dich schon kennen, obwohl sie dich nicht kennen...” Mike Müller: “A-aber... Mike Müller kennen sie doch schon.” Lorenz: “Ja, aber du warst scheiße.” Maximilian Lunenkind: “Übertrieben scheiße.” Lorenz: “Und das ist noch nicht lange genug her, als dass wir drüber lügen können. Der ganze Müll, der jetzt durch die Nostalgie-Brille abgefeiert wird, war damals auch Müll, aber irgendwann kann man den Leuten glaubhaft verkaufen, dass alles von früher irgendwie geil war. In zwanzig Jahren hören alle wieder Katy Perry und tragen ironische Hipster-Schnurrbärte, so ist das eben. Dafür braucht es allerdings Zeit, und die hast du nicht.”
Er ist selbst das beste Beispiel dafür. Mit der Nostalgie der 2000er-Jahre, kommen auch die Modetrends dieses Jahrzehnts zurück. In den vergangenen Monaten hat sich bereits das Comeback von Stulpen, Caprihosen, Leopardenmuster, Stirnbändern und Graphic Tees angekündigt. Jetzt reiht sich ein weiteres Kleidungsstück aus längst vergangenen Zeiten ein, welches das Potenzial hat, eines der beliebtesten Basics aus den letzten Jahren, das Oversize-Hemd, zu verdrängen: das Slim-Fit-Hemd. Die Hemden werden aber nicht, wie damals in den frühen Nullerjahren, mit knalligen Farben, verschiedenen Mustern und Skinny Jeans kombiniert, sondern zeigen sich jetzt zusammen mit gedeckten Farben, weiten Jeans und einer Prise Y2K. Das Styling im Streestyle hält sich hier ähnlich wie auf dem Laufsteg: Ober- und Unterteile halten sich eher schlicht, die Hemden sind meist Weiß, Schwarz, Metallic, Babyblau oder Rosa, während der Farbtupfer von den Accessoires kommt. Dementsprechend hat Lorenz sich heute auch gekleidet.
Lorenz: “Deshalb nehmen wir uns die GFCW aus der Zeit vor, die lange genug her ist, als dass wir es den Leuten als “gute alte Zeit” verkaufen können. Wir nennen das “Throwback”. Und du bist “Old School”, was für viele Wrestling-Idioten ein Synonym für “gut” ist. Was du machst, ist dann “post-ironisch”, weil... komplett egal. Eigentlich komplett egal. Die Idioten fressen alles, wenn es lange genug in der Nostalgie-Suppe geköchelt hat.” Maximilian Lunenkind: “Und weißt du, was auch alles frisst, Mike?”
Der junge Wrestler beißt sich auf die Lippe. Er weiß die Antwort, aber will sie nicht aussprechen. Er schämt sich. Aber da muss er durch, wenn er irgendeine Chance auf eine Karriere haben will. Es heißt “jetzt das Schwein spielen und später durchstarten” oder “nie durchstarten”.
Mike Müller: “Schweine.” Maximilian Lunenkind: “Falsch. Markus Lerbitz.” Lorenz: “Hör auf, den Unsäglichen zu erwähnen, Lu-Max.”
Natürlich hat Lorenz einen “coolen” Spitznamen für Lunenkind. Ein Branding. Einen Hastag. Ein was auch immer.
Lorenz: “Sonst beschwörst du ihn noch aus Versehen.”
Ein Erkennen blitzt in Mikes Augen auf. Er vermisst Lerbitz fast ein bisschen. Nun, Markus Lerbitz – seine Ex-Frau fürchtet Müller mit allem, was er hat.
Mike Müller: “Was denkt ihr, wie lange dauert es, bis ich das Outfit anprobieren kann?” Lorenz: “So lange wie es eben dauert, Mike.”
Ganz offensichtlich sieht Lorenz nicht ein, Mike irgendeine Art von Antwort zu schulden.
Lorenz: “Wir nehmen so viele Korrekturen vor wie nötig, bis es passend aussieht.” Mike Müller: “Was für ein Stoff ist es denn?” Lorenz: “Wen juckt’s? Es geht bloß darum, dass es wertig wirkt.” Mike Müller: “Ich muss mich doch auch gut darin bewegen können.” Lorenz: “Wozu?”
Tatsächlich wirkt Lorenz irritiert von dieser Rückfrage.
Mike Müller: “Na, ich muss doch... also, wie soll ich gewinnen, wenn ich...” Maximilian Lunenkind: “Du gewinnst doch eh nicht.”
Ein Messer direkt ins Herz, und zwar eins, das gesessen hat.
Lorenz: “Eben. Du hattest deine Chancen ein siegreicher Wrestler zu sein, Mike. Wir müssten eine Menge Zeit investieren, um dich dahingehend auf die Kette zu kriegen, und wir wollen schnelle Resultate. Wenn du nicht als Gewinner berühmt wirst, dann eben als Kultfigur. Da könnte es sogar nützlich sein, wenn du oft verlierst.” Mike Müller: “Ich werde doch nicht absichtlich Matches herschenken!”
Nun schleicht sich tatsächlich ein wenig Empörung in die Worte von Mike Müller. Ein Schwein zu spielen, “The Great Pigster” zu sein, das ist grässlich genug – aber für den “Brand” zu verlieren? Bewusst? Mike ist ein Sportler, und er hat Ehrgeiz, das lässt er nicht mit sich...
Lorenz: “Keine Angst, wir werden dich nicht darum bitten müssen.” Maximilian Lunenkind: “Weil du so scheiße bist, dass du eh verlierst, auch wenn du alles gibst, Mike.” Mike Müller: “Aber ich...” Maximilian Lunenkind: “Oink, Oink!” Lorenz: “Ob wir wohl “Piggies” von den Beatles als Theme Song lizensieren lassen können?” Mike Müller: “Leute, ich will doch nur...” Lorenz: “Nein, zu das ist zu classy. Wir brauchen etwas Trashigeres zum Mitgröhlen.” Maximilian Lunenkind: “Oink, Oink!” Schneider: “Sie können sich nun probeweise die Stoffe ansehen.”
Lorenz erhebt sich, während Lunenkind in Richtung des Schneides galoppiert (aber auf jeden Fall so wie ein Zebra, und nicht so wie ein Pferd). Als Mike sich ebenfalls in Bewegung setzt hält Lorenz ihn mit einem Arm zurück.
Lorenz: “Dein Input wird nicht benötigt. Wir entscheiden ab sofort alles Relevante. Du bist bloß der Körper, der unser Ergebnis zur Schau stellen wird. Spiel deine Rolle und tu nicht mehr als von dir verlangt wird. Du würdest bloß alles ruinieren… wie immer.”
Dynamite: „Nein, ich werde nicht warten. SIE sind sein Arbeitgeber? Was für ein Zufall, denn das bin ich auch. Und mir ist egal, ob er sich für den Dreh vorbereitet oder nicht. Ich bleibe in der Leitung.“
Wenn
Claude Booker will, kann er dominant klingen, so wie es seine
Position erfordert. Er hat im Laufe seiner Karriere viele
Stationen durchlaufen, von endlosen Schlachten mit Spawn hin zu
einer Rolle als gutmütiger Alleinherrscher bis zur noch
nicht lange zurückliegenden Episode als Anführer des
Protokolls – unabhängig vom Erfolg dieser Abschnitt
haben sie ihm alle Erfahrung gebracht, die er, wenn nötig,
ausspielen kann. Und jetzt ist eine solche Situation gekommen.
Angerufener: „Mr. Dynamite. Wer hätte gedacht, dass jemand dieses Namens derart explosiv sein könnte?“
Booker geht auf die Spitze nicht ein und lehnt sich wieder nach vorne, stützt sich auf dem Schreibtisch ab. Er starrt das Telefon an, seine Laune ist weiterhin bemerkenswert schlecht.
Dynamite: „Switzenberg. Wir müssen reden.“
Ein Lachen ertönt durch die Leitung. Auch wenn man den Intercontinental-Champion nicht sieht, kann man sich bestens vorstellen, wie er in Übersee süffisant in sich hinein lächelt.
Darragh Switzenberg: „Oh, wir müssen so viel, Dynamite. Ich zum Beispiel muss arbeiten. Ich war gerade auf dem Weg in die Maske…-„ Dynamite: „Das interessiert mich nicht. Was mich interessiert ist, dass wir auf dein Bestreben hin eine Siegesfeier ankündigen, dass ich ein Dutzend Techniker rausschicke, die dafür aufbauen, und du dann nicht anwesend bist. Was denkst du, wer du bist?“ Darragh Switzenberg: „Ich brauche nicht nachdenken, wer ich bin, Dynamite. Ich weiß es.“ Dynamite: „Aber weißt du auch, WAS du bist, Darragh? Ein Angestellter dieser Liga. Unabhängig davon, ob du einen Titel hast. Ich bin dein Vorgesetzter und ich lasse mich nicht von einem Angestellten am Ring durch die Manege ziehen. Ich verlange, dass du ab sofort jedes Mal hier bist. Wenn du andere Verpflichtungen hast, dann stelle sie hinten an. Wir haben nicht in dich investiert, als wir dem Titelmatch zustimmten, damit du uns sitzen lässt.“
Erst Stille auf der anderen Seite der Leitung. Dynamite trommelt ungeduldig mit den Fingerspitzen auf der Tischplatte. Dann hört man ein Geräusch, das klingt, als habe sich jemand ein Getränk eingeschenkt. Dynamite vernimmt die Provokation in dieser Langsamkeit, in diesem Schweigen, aber er beherrscht sich.
Darragh Switzenberg: „Es wäre sicher lustig anzusehen.“ Dynamite: „Was? Wovon redest du?“ Darragh Switzenberg: „Der Ring und die Manege. Aber egal, wir sind beide vielbeschäftigt und in unserem beiderseitigen Interesse halten wir dieses Gespräch kurz, ja?“
Er lässt Dynamite nicht die Chance zu bejahen, sondern fährt beinahe nahtlos fort, ohne dass es der Zustimmung des Chefs bedurft hätte.
Darragh Switzenberg: „Ja, ich bin Angestellter. So wie ich auch Angestellter anderer Firmen bin. Produktionsfirmen, Regisseure, Werbung, Motion Capturing – ich bin gefragt. Und wenn du verlangst, dass ich die GFCW über alles andere setze.“ Dynamite: „Tue ich.“ Darragh Switzenberg: „Dann verweise ich auf meinen Vertrag. Dieser lässt mir die Wahl, wann und wie oft ich Pausen machen. Wenn dich diese Klausel stört, bin ich nicht dein Ansprechpartner, sondern dein Personal bei GTCW. Deren Unterschrift steht unter diesem wundervollen Schriftstück. Gleich neben dem Stempel DEINER Liga. Und ich glaube, du respektierst das Vertragsrecht genügend um…-„ Dynamite: „Schon gut, schon gut, schon gut!“
Der Chef seufzt und greift nach einem Schreibblock, um sich mit diesem Luft zuzufächern. Kopfschüttelnd aber mit ruhigerem Tonfall, beinahe versöhnlich, spricht er wieder in das Telefon.
Dynamite: „Ja, ich kenne den Vertrag. Fasse diesen Anruf daher lieber als eine Art…“
Er leckt sich mit der Zunge über die Lippe, während er nach der passenden Formulierung in seinen Gedanken kramt.
Dynamite: „…Appell auf. Als eine Bitte an jemanden, in den wir gerne noch mehr investieren würden, wenn er auch uns mehr schätzen würde.“ Darragh Switzenberg: „Das tue ich, Dynamite wirklich. Ich schätze alle meine Fans. Aber ich bin nun einmal beschäftigt.“
Wieder tritt eine Zornesfalte auf Dynamites Stirn zu Tage, im letzten Augenblick kann er sich noch beherrschen, nicht auf den Tisch zu schlagen.
Darragh Switzenberg: „Vielleicht werde ich in Zukunft darauf achten, dass es weniger Kollisionen in meinem Terminplan gibt, wenn es uns zwei versöhnt. Aber mindestens bis Brainwashed sieht es nicht gut aus, das sage ich dir sofort. Vielleicht ein, zwei Auftritte, nicht mehr. Aber hier mein Versöhnungsangebot.“
Aufmerksam spitzt Dynamite die Ohren. Der Block, mit dem er eben Luft gefächert hatte, wird nun wieder seiner eigentlichen Funktion als Notizinstrument zugeführt.
Darragh Switzenberg: „Ich gebe zu, dass meine Abmachung mit Viggo als Vertreter nicht von Erfolg gekrönt war. Weil er eine Schlange ist. Doch das Konzept an sich, das ist gut. Und wenn ich jemanden hätte, der meine Sache vertritt, könnte der ganze Organisationskram rund um Herausforderer und Co. fortgeführt werden, ohne dass ich selbst da bin. Ich denke an jemanden, der mit gewissen…Vollmachten ausgestattet ist. Kleinere Entscheidungen treffen, potenzielle Gegner prüfen. Jemand, dem ich vertrauen kann. Der mich berichtet und mich empfängt, wenn ich doch mal da sein werde.“ Dynamite: „Das ist nicht das Gleiche, Darragh. Aber ich denke…“
Ein resigniertes Seufzen beim Ligenchef.
Dynamite: „…wir haben wenig Alternativen. Halten wir also diese Regeln fest. Erstmal bis Brainwashed, gut?“
Es ist zu hören, wie am anderen Ende der Leitung in die Hände geklatscht wird. Offenbar ist jemand in Los Angeles gerade außerordentlich zufrieden.
Darragh Switzenberg: „Hervorragend! Ich werde sofort rumtelefonieren. Es gibt einige Leute, die bereit sind, für mich zu arbeiten. Leute, für die es eine Ehre und ein Karrieresprung wäre. Aus allen Herren Länder. Ich werde sie an dich verweisen für die Vertragsdetails. Oder lieber an deinen Assistenten. Hast du sowas, einen Assistenten? Jeder gute Boss hat einen Assistenten, richtig. Also, an wen soll ich die Unterlagen für die Einstellungen schicken.“ Dynamite: „An niemanden.“ Darragh Switzenberg: „Bitte? Wir hatten eine Abmachung getroffen. Vor wenigen Sekunden. Mr. Dynamite, wenn du spielen willst, dann nicht mit mir. Ich habe zu tun.“ Dynamite: „Wir haben eine Abmachung, ja. Aber es ist eine Lösung, die dir mehr nützt als mir. Ich werde deshalb nicht das Geld unserer Liga ausgeben, um jemanden unter Vertrag zu nehmen, der als dein Vertreter agiert. Wir haben heute schon Geld verloren und eine Feier vorbereitet, an der du nicht teilgenommen hast. Einen Vertreter kannst du dir nehmen, das ja.“
Claude Booker nimmt das Telefon in die Hand, schaltet den Lautsprecher aus und hält sich die Muschel ans Ohr, damit seine Stimme laut und deutlich direkt bei Switzenberg ankommt.
Dynamite: „Aber dieser Vertreter verursacht uns keine Mehrkosten. Du hast freie Wahl. Unter allen, die bereit unter Vertrag stehen. Keine Neueinstellungen. DAS ist unser Deal.“
Die Antwort aus Übersee ist angesichts des ausgeschalteten Lautsprechers nicht zu sehen. Doch an Dynamites grimmigen Lächeln ist zu entnehmen, dass er in diesem Machtkampf den ersten Etappensieg eingefahren hat.
Dynamite: „Sage uns einfach innerhalb der nächsten zwei Wochen Bescheid, wen du als Vertreter bestimmt. Aus dem aktuellen Roster. Viel Erfolg bei den Verhandlungen, Darragh.“ Und dann, als letzter Akt eines kraftvollen Abgangs, schaltet Dynamite das Telefon einfach ab, ohne auf eine Antwort zu warten. Er lehnt sich im Bürostuhl zurück, faltet die Hände hinter dem Kopf und atmet zufrieden aus. Das Leben ist gut, wenn du ein MACHER bist.
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Danke an alle Schreiber!!!
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