Die Kamera blendet auf und offenbart im Zentrum der Übertragung eine quadratische Box auf einem Tisch in Nahaufnahme. Die Flächen des würfelförmigen Gegenstands sind verziert mit bunten Mustern und ikonografischen Darstellungen von Schlangen, wie man sie wohl auch in einem Bilderbuch für Kinder vorfinden würde. Lediglich eine Kurbel an der rechten Seite stört die andernfalls perfekte Symmetrie des Objekts.
“Mit Leviathan ist es ja so ein bisschen wie mit einem Springteufel, nicht wahr? Man ist sich zwar bewusst, dass es auf jeden Fall passieren wird. Welcher von euch Clowns aus eurem pseudo-anarchistischen Puff dann am Ende tatsächlich wieder eine exponierte Position genießen darf, weiß man aber erst, wenn es soweit ist.”
Finger betreten von rechts den Bildbereich, umklammern die Kurbel und beginnen damit, sie begleitet von einem metallischen Klackern zu drehen, so als würde man eine Eieruhr quälend langsam aufziehen. Dann, als die Kurbel geräuschvoll einzurasten scheint, springt die obere Seite der Box auf und eine Stoffpuppe, die mit ihren langen, schwarzen Wollhaaren und dem winzig kleinen Drake Nova Vaughn-Shirt entfernt an Zane Levy erinnern soll, springt hervor.
Als das Kamerabild dann gemächlich herauszoomt, wird spätestens für all diejenigen, die ihn nicht vorher schon an seiner unangenehm klingenden Reibeisenstimme erkannt haben, dann endgültig klar, wer die eben gesprochenen Worte an den Purifier gerichtet hat. Wie um diesem lächerlichen Auftritt wortwörtlich noch die Krone aufzusetzen, platziert Kriss Dalmi eine Mini-Narrenkappe auf der emporgesprungenen Levy-Puppe und betrachtet mit einem zufriedenen Lächeln sein Werk, woraufhin er sich danach wieder der Kameralinse zuwendet.
Kriss Dalmi: “Wobei du dir eine solche Position ja nicht ganz freiwillig ausgesucht hast. Bis zum Schluss hast du versucht die beliebig klingenden, flüchtigen Ideale hochzuhalten, die sogenannte ‘Sache’, die Leviathan angeblich ausmachen soll. Was das genau sein soll, haben weder du noch Drake Nova Vaughn anscheinend jemals in eine klare Form gegossen. ‘Für was steht denn Leviathan nun?’, fragen sich diejenigen Verzweifelten, die sich ob der Unmöglichkeit der Ergründung dieser Frage bereits wimmernd eine Schrotflinte in ihren Mund gesteckt haben und bereit sind abzudrücken, weil es auf diese existenzielle Frage keine Antwort zu geben scheint. Mutmaßlich wurde da eine ungreifbare Philosophie der grundlosen Renitenz von Vaughn aufgestellt, die du vor deinen Mitstreitern wie ein bockiges Kind mit dem flammenden Fanatismus von Flacherdlern auf einer Konferenz für Geowissenschaftler verteidigt hast. Von The End und seinem schlipstragenden Laufburschen Corleone wurdest du dafür zurecht hinter vorgehaltener Hand ausgelacht und sogar der Vogelscheuchenjunge konnte sich dein Rumgeheule und die weltanschaulichen Glory Hole-Fantasien über den Patient Zero letztendlich nicht mehr anhören und stopfte dir das ewiglich wehklagende Mundwerk bei der letzten Show.”
Abfällig schmunzelnd schüttelt der Belgrader den Kopf über das erratische Verhalten des Purifiers und fährt dann fort.
Kriss Dalmi: “Am falschen Ende der brennenden Brücke stehend, wurdest du nun also freigesetzt von The End, entbunden von deinen Pflichten als Muezzin einer Geisteshaltung, für die ihr Chuck Palahniuk höchstwahrscheinlich noch Millionen von Euros an Tantiemen schuldet. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht habt ihr euch insgeheim doch wieder zusammengerafft, so wie ihr es nach all den Jahren eurer belanglosen Zwistigkeiten andauernd tut. Da macht es am Ende auch keinen Unterschied, ob nun Drake Nova Vaugh oder The End die verbeulte Königsinsigne auf dem Hobbes’schen Haupt tragen darf.”
Mit einem Schnipser segelt die Narrenkappe auf dem Puppenkopf durch die Luft und landet irgendwo außerhalb des Bildbereichs.
Kriss Dalmi: “Das ist es ja schließlich auch, was euren Verein zu einer der renommiertesten Clown-Akademien der Welt macht: Drake streitet sich mit Zane, Drake streitet sich mit The End, Zane streitet sich mit End, Luna streitet sich mit allen. Ihr suggeriert euch gegenseitig ein Aufeinanderprallen der Überzeugungen. Von außen betrachtet seid ihr für den Rest der Liga jedoch bloß ein paar Schimpansen in einem Gehege, die sich gegenseitig mit Kacke bewerfen. Und so wird der Motor des personellen Karussells angeschmissen, um die sich andeutenden, weitreichenden Umwälzungen in eurem Gefüge zu materialisieren. Am Ende passiert jedoch wie immer...”
Einen Augenblick lang hält Dalmi inne, um die Bedeutung seiner Worte zu unterstreichen.
Kriss Dalmi: “...nichts. Und so wird es die nächsten Jahre auch weitergehen. Die Seeschlange Leviathan beißt sich wie Ouroboros in den eigenen Schwanz und ist bis in alle Ewigkeit damit beschäftigt sich selbst zu verzehren, während links und rechts die Keek Hathaways und Aiden Rotaris der GFCW an ihr vorbeiziehen.”
Verächtlich stößt der Meister der Geschmacklosigkeiten Luft aus den Nasenlöchern aus.
Kriss Dalmi: “Zane Levy – auch nach der Tracht Prügel, die du für deine Insubordination erleiden durftest, wird es für dich keinen Redemption-Arc geben. Deine sinnentleerte Vasallenpflicht hat dich zum Hofnarren für die Liga gemacht und diese Rolle wirst du weiterspielen. Solange bis ein anderer aus euren Reihen sich bereit erklärt, diese bemitleidenswerte Aufgabe zu übernehmen und aus der Büchse der Lächerlichkeit zu springen. Bis dahin wirst du bei unserem heutigen Aufeinandertreffen im Main Event von War Evening vor allen Dingen als Anschauungsobjekt für meine Schützlinge herhalten. Sie und alle anderen Rookies im Performance Center werden Zeuge deiner Ausmerzung sein und erfahren, wieso es ein Fehler war, die Einladung zu meinem Team für die Royal Rookie Challenge auszuschlagen. Damit werden deine Taten zum ersten Mal in deiner GFCW-Karriere im Gegensatz zu deinen bedeutungslosen Querelen mit deinen Stablemates echte Konsequenzen nach sich ziehen. Und für diesen Dienst an der Zukunft der Liga möchte ich dir hiermit meinen Dank aussprechen, Hofnarr.”
Kaum ist die niederträchtige Danksagung ausgesprochen, verlässt der Serbe auch schon die Szenerie. Wenige Sekunden verweilt das Bild noch auf der traurig zur Seite geneigten Zane Levy-Puppe. Dann schaltet die Regie zum nächsten Segment.
Es ist dunkel. Und auch ein Licht, welches angeknipst wird, erhellt den Raum nur bedingt besser. Man kann in etwa ausmachen, dass es sich um eine Art Keller handelt und im Hintergrund einige Objekte und Maschinen herumstehen. Die Kamera zoomt auf die beiden Männer hin, die gerade das Licht angeknipst haben und eine Treppe herunter kommen.
Matthäus Meister: „Pass bloß auf wo du hintrittst! Das letzte was wir jetzt brauchen können wäre eine Verletzung!“ David Hott: „You don’t say… Ich hoffe nur, dass er auch wirklich hier ist. Whatever er von uns will.“ Matthäus Meister: „Das hat er doch gesagt. Er will, dass wir-“
Der Koloss wird mitten im Satz unterbrochen, als plötzlich, kaum, dass beide am unteren Ende der Treppe angekommen sind, ein stärkeres Licht eingeschaltet wird. Beide halten schützend die Hand vor die Augen und blicken sich nach etwas, oder jemandem, um.
???: „Da seid ihr ja endlich.“
Die Kamera schwenkt etwas weiter, um die Gestalt zu der diese Stimme gehört zeigen zu können. Die beiden Tag-Partner wissen es aber bereits.
David Hott: „Lio! Schön dich zu sehen! Wir haben uns schon Sorgen gemacht, weil du bei der letzten Show nicht dabei warst und keine unserer Messages beantwortet-“ Lionel Jannek: „Es wird Zeit. Zeit aus euch endlich die Champions zu machen, die ich immer in euch gesehen habe!“
Meister und Hott kommen langsam näher an LJ heran. Dieser sitzt, mit dem Blick zur Wand gerichtet, da und hat seine Westenkapuze über den Kopf gezogen. Doch auch wenn er sein Gesicht nicht zeigt, ist klar ersichtlich und vor allem an der Stimme hörbar wer dieser Mann ist.
Lionel Jannek: „Ich muss mich wohl bei euch entschuldigen. Letztes Jahr war ich viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt und seit Anfang dieses Jahres stolziere ich nur als ‚Wrestler des Jahres‘ herum und habe mich wieder vermehrt um mich selbst gekümmert und nicht um euch. Und als wäre das nicht schon genug, habe ich die ganze Gruppe mit einer peinlichen, blamablen und unentschuldbaren Niederlage gegen Thomas Camden ins Lächerliche gezogen…“
Die Anwärter auf die Tag-Titel stehen etwa drei Meter von LJ entfernt und blicken sich überrascht und erstaunt an, aufgrund dieser, für einen Lionel Jannek, ungewohnten Worte. Abwartend hören sie sich an, was noch folgt.
Lionel Jannek: „Aber damit ist jetzt Schluss! Es wird Zeit, dass ich endlich wie ein wahrer Anführer einer Truppe handle und nicht wie ein Mafia-Pate! Ich habe diese Truppe in den Abgrund gezogen, aber IHR… Ihr beide seid kurz davor diese Gruppe wieder durch einen großen Erfolg hochzuziehen. Und ich werde alle Hebel in Bewegung setzen um sicherzustellen, dass es für die Champions diesmal KEIN Entkommen mit glücklichem Ende geben wird! Sehr euch um!“
Das tun die, nach wie vor sehr beeindruckten und erstaunten, Meister und Hott auch. Was zunächst im Dunklen wie ein einfacher großer Keller mit allerlei Klumpert ausgesehen hat, wird jetzt als ein großzügig und optimal ausgestatteter Trainingskomplex sichtbar! Sogar ein Ring steht zur Verfügung.
Lionel Jannek: „Dieser Raum hier… Hier habe ich vor meinen größten Matches immer eifrig trainiert! Und der Erfolg spricht für sich. Das Training hier gibt einem dieses letzte gewisse Etwas, dass einen Champion von Nicht-Champions unterscheidet. Bisher habe ich ihn nur für mich selbst genutzt. Aber jetzt werde ich ihn dazu benutzen, auch aus euch Champions zu formen! Ab heute werdet auch ihr beide, als Teil meiner Truppe, hier trainieren.“
Hott und Meister blicken sich um und scheinen vor Vorfreude kaum noch einzubremsen zu sein. Aber sie wissen auch, dass LJ als Gegenleistung für so eine Geste 100% Leistung, 100% Disziplin und letzten Endes auch die Titel einfordern wird. Doch trotzdem, alleine, dass ihr Boss, der bislang das Zentrum der Gruppe war, nun einen Schritt zurück macht und ihnen das Feld überlässt, ist für sie schon Motivation genug.
Lionel Jannek: „Auf dem Tisch da hinten findet ihr zwei Mappen. Beide enthalten einen von Carina, auf euch zwei zugeschnittenen, Trainingsplan für die nächsten Wochen. Und als ehemaliger Champion, aller Kaliber, werde ich euch außerdem, endlich, wie ich es schon lange zuvor hätte machen sollen, alles an Erfahrung weitergeben was ich kann. Und jetzt an die Arbeit! Ein Trainingsplan muss schließlich eingehalten werden.“
David Hott und Matthäus Meister amchen sich sofort eifrig und voller Tatendrang an ihr Training. Wie eine Trainings-Montage zeigt, ist dieses alles andere als einfach. Beide gehen in diesen Einheiten bis an ihr Limit und sehen bald sehr mitgenommen aus. Aber der Wille dem Boss etwas für seine Geste zurückzugeben und der Gedanke an die Titel hält beide aufrecht und lässt sie weitermachen. Ausdauer, Kraft, Technik im Ring als Einzelkämpfer und als Team, Flexibilität… all das und noch mehr steht auf dem Trainingsplan. Und alles bewältigen beide Männer unter dem strengen Auge ihres Chefs mit bravour. Einer Uhr im Hintergrund ist zu entnehmen, dass beide Partner beinahe einen halben Tag mit Training verbracht haben. Ausgelaugt, aber bereits ums erste Eck besser und stärker, haben beide auf einer Bank Platz genommen und schnaufen kräftig durch. Die Wasserflaschen in ihrer Hand sind bestimmt nicht die ersten die getrunken werden, wie man an den diversen leeren Flaschen am Boden sehen kann. Lionel Jannek kommt nach dem Training auf sie zu. Doch noch immer zeigt er sein Gesicht nicht und blickt beide auch nicht direkt an.
Lionel Jannek: „Das war heute der erste Schritt. Aber eben nur der erste. Und das war noch nicht alles was ich für euch tun werde…“
Beide sehen LJ erwartungsvoll an.
Lionel Jannek: „Ich habe meine Kontakte spielen lassen. In den nächsten Tagen werdet ihr Besuch bekommen. Von zwei Männern, die ebenfalls, so wie ich, diese Titel getragen haben. Mehr als einmal und äußerst dominant. Sie werden euch mit ihrer Erfahrung und ihren Fähigkeiten aus langjährigem Tag-Team-Wrestling den allerletzten Schliff geben, damit ihr endlich auf das Level eines Teams kommt, dass nicht mehr aufgehalten werden kann. Durch nichts und niemanden!“
Während Meister seinem Boss schon regelrecht dankbar zunickt, blickt Hott LJ mit groß aufgerissenen Augen an.
David Hott: „Who is it?? Wen hast du für uns gefunden??“
Doch fast so als hätte er die Frage nicht gehört, dreht sich LJ von den beiden Weg und verlässt den Raum über die Treppe. Bevor er durch die Tür verschwindet bleibt er noch einmal stehen.
Lionel Jannek: „Ich hätte nicht diese Gruppe mit euch geformt, wenn ich nicht gewusst hätte, dass ihr das Zeug für ganz oben habt. Ich werde alles dafür tun, um euch da hin zu bringen… Der Rest liegt bei euch.“
Dann verlässt der Österreicher endgültig den Raum und die Tür fällt zu. Meister und Hott bleiben zurück. Hott sieht reichlich verwirrt aus, während Meister das alles scheinbar nur hinnimmt wie es ist.
David Hott: „Kommt dir das nicht auch alles etwas… ‚strange‘ vor?“ Matthäus Meister: „Wieso?“ David Hott: „Well… Ich meine, wie er jetzt spricht und wie er sich benimmt… Da stimmt doch irgendetwas nicht mit ihm.“ Matthäus Meister: „Wenn es bedeutet, dass er uns nun tatsächlich zu den Tag-Team-Titeln coacht, dann bin ich gerne bereit darüber hinwegzusehen. Egal wie er sich vielleicht verändert hat.“ David Hott: „True. Und wenn wir erstmal die Titel haben, dann werden wir dafür sorgen, dass auch er wieder ganz oben mitspielt!“ Matthäus Meister: „So wie es in einer Gruppe auch sein sollte. Alle für einen und einer für alle.“ David Hott: „Du bist wirklich der geborene Philosoph, Buddy. Aber du hast natürlich Recht.“ Matthäus Meister: „Ich bin in erster Linie ein geborener Champion. So wie du auch. Also trainieren wir auch wie eben solche!“
Der Hüne wirft die leere Wasserflasche weg, schnappt sich seinen Trainingsplan und scheint dem was dort geschrieben steht nun nachzugehen. Hochmotiviert lächelnd blickt ihm Hott nach, nimmt auch seine Mappe und folgt seinem Partner schließlich. Die Hautevolee hat einen Plan, so viel ist sicher. Erfolgreich oder nicht, das wird die GFCW schon bald sehen.
Zwei Wochen hat er auf diesen Tag gewartet. Zwei lange Wochen, in denen er sich gedulden musste und in denen er sich überlegt hat, was er sagen wird. Ob er jetzt die richtigen Worte gefunden hat? Das weiß er vermutlich selbst nicht. Aber so ist das nun mal, bei Ask Skógur. Manchmal denkt er (zu) viel, manchmal denkt er (zu) wenig. Letztendlich entscheidet er ohnehin aus dem Bauch heraus. Und doch, er hat gesagt, er wolle rationaler werden. Vielleicht wäre ein konkreter Plan für heute doch besser gewesen. Doch einen konkreten Plan hat Ask Skógur heute nicht. Aber das ist jetzt egal. Zwei Wochen hat er gewartet und nun hat das Warten endlich ein Ende. Es ist Zeit, dass er endlich auf Holly Hutcherson trifft und erfährt, ob er sein Match bekommen wird. Vor zwei Wochen wirkte Ask recht locker, allgemein, scheint er aus seinem Loch – in dem er sich in den vergangenen Monaten befunden hat - herausgekommen und wieder recht gut drauf zu sein. Heute nicht. Heute ist Ask wieder fokussiert. Er hat viel Selbstvertrauen gewonnen, er ist sich vieler Dinge bewusst geworden und doch, ist Ask vor allem eines: ein Spielball von Holly Hutcherson, dessen Aktionen mit ihm viel mehr anrichten, als er es sich eingestehen will. Deshalb braucht er dieses Match. Er muss sich endlich von Holly lösen. Er muss ihn besiegen. Ask ist ernst, er will keine Fehler machen und auf nichts hereinfallen, was auch immer Holly sagen wird. Er läuft konzentriert durch den Backstagebereich in Richtung der Wohnwagensiedlung Hutchersons. Er trägt heute keine Ringkleidung, lediglich eine kurze, dunkelgrüne Jeans, ein Shirt und eine lässige Sweatjacke. Überraschend modern und „angemessen“, für ihn. Als er das Stadion verlassen hat, untersucht er die Gegend mehr als aufmerksam, bis er die Wohnwägen schließlich gefunden und anvisiert hat. Es ist bereits dunkel, hier in Wilhelmshaven. Asks Ziel ist in greifbarer Nähe und er ist sowas von bereit. Er läuft auf die Wägen zu. Ruhig, bedacht und vorsichtig. Wie schon gesagt, er will keine Fehler machen und in seiner Zeit im Wald, hat er gelernt, was es bedeutet sich einem Raubtier zu nähern. Man muss vorsichtig sein. Man darf nicht unüberlegt handeln. Sonst hat man schon verloren. Ask tritt immer näher heran, an die Wägen. Er achtet auf jedes Detail, versucht die komplette Umgebung visuell zu umfassen, jedes Geräusch aufzunehmen… und da fällt es ihm auf. Da sind keine Geräusche. Nur Stille. Das Einzige, was die Szenerie mit Ton erfüllt, ist das Stadion hinter sich und… das Knistern eines Feuers. Hollys Feuer. Dort sind nur die Wägen. Und das Feuer. Das Feuer, vor dem er saß, neben den anderen Menschen aus Hollys Gemeinschaft, die er alle verraten haben soll, sofern man Hollys Logik verfolgt. Ask wird stutzig. Er läuft weiterhin vorsichtig und aufmerksam, bis er das Zentrum des Platzes erreicht hat. Er erkennt die Plätze, auf denen Hollys Anhänger sonst immer sitzen. Er sieht, dass es nicht lange her sein kann, als hier Bewegung und Begängnis war. Und doch, ist er allein. So selbstbewusst Ask auch vergeben will zu sein, es ist unverkennbar, dass Asks Stimmung darunter leidet, unter dem, was er hier vorfindet. Er schaut sich weiter um, bis er vor Hollys Wohnwagen steht. Er weiß nicht so recht, was er hier tun soll. Man muss es sich vor Augen halten. Wir befinden uns in einer Ansammlung von Wohnwägen, vor einem Stadion voller jubelnder Fans, die es kaum erwarten können, ihren Helden in der GFCW zu zuschauen. Dieser Ort hat eigentlich nichts Bedrohliches. Und dennoch, hat diese Szene gerade etwas von einem Horrorfilm. Ask ist kein Mensch, dem man leicht Angst einjagen kann. Nächtelang war er allein im Wald und musste sich den unheimlichsten Geräuschen entgegensetzen. Selbst das Brechen eines kleinen Astes oder das Rascheln eines Blätterhaufens, kann dort die unheilvollsten Gedanken auslösen, wenn man nicht weiß, woher diese Laute kommen. Und auch wenn Ask hier und jetzt keine Angst hat, wirkt er verwirrt.
Ask: „Hallo? Holly? Lass diese Spielchen. Komm raus und zeig dich, lass uns reden. Du hast mich herbestellt… gut, hier bin ich. Nun lass uns ein für alle Male klären, wie wir das zu Ende bringen wollen.“
Es kann sein, dass Ask einfach selbst eine Stimme hören muss, um sich selbst zu erden. Der Unterschied zum Wald ist nämlich, dass er dort im Normalfall weiß, dass ihn nichts Schlimmes erwartet oder er zumindest weiß, wie er damit umgehen soll. Jetzt allerdings, beunruhigt ihn das Undurchsichtige der Situation ungemein. Dem möchte er entkommen. Unglücklicherweise… wird er immer nervöser. Und diese Nervosität, schlägt so langsam… in Wut um.
Ask: „HOLLY?! LOS. ZEIG DICH!”
Ask läuft nun auf Hollys Wohnwagen zu. Sofort beginnt er daran zu klopfen. Es verwundert ihn immer noch extrem, dass niemand da ist, um ihn aufzuhalten. Normalerweise wird Holly genug abgeschottet und bewacht, dass sich ihm niemand so einfach nähern kann. Aber heute ist keiner da, der aufpassen könnte. Kein Timo, kein Viggo, niemand. Ask klopft immer lauter, doch niemand reagiert. Ask beginnt zu verzweifeln. Sekunden vergehen, Minuten vergehen und er bekommt kein Zeichen, keine Antwort. Nichts. Aus der Verzweiflung heraus, schlägt er nun gegen die Tür des Wohnwagens. Ask schnauft tief durch. Er muss sich sammeln. Vor dem Wohnwagen dreht er sich mit dem Rücken an dessen Tür. Und langsam… rutscht er auf seinen Hintern. Nun sitzt er da, inmitten Holly Hutchersons Lagers, ohne Aussicht auf eine Antwort. Ohne Aussicht auf irgendwas. Und da… plötzlich. Fällt ihm etwas auf. Das Knistern des Feuers ist das einzige Geräusch, was er hier vernehmen kann. Das Feuer. Langsam wendet sich Ask eben diesem zu. Er steht wieder auf, nähert sich dem Feuer und erkennt, dass da etwas ist. Er beugt sich nach vorn und geht immer mehr darauf zu. Inmitten der lodernden Flamme erkennt er etwas. Es scheint ihm ohnehin erst jetzt wirklich klar zu werden, dass die Flamme heute viel höher brennt als sonst. Und dann sieht er ihn.
Einen Schädel. Den Schädel eines Hirschs. In den Flammen des Feuers, hier vor dem Jadestadion in Wilhelmshaven, brennt tatsächlich der Schädel eines Hirschs.
Als ob es nicht die ganze Zeit schon klar gewesen ist, dass Gefahr in der Luft liegt, ist es das spätestens jetzt. Ask richtet sich auf und wieder schaut er sich um. Er weiß genau, was das zu bedeuten hat. Es ist eine ganz klare Drohung in seine Richtung. Langsam und vorsichtig schaut er sich um. Die Zeit im Wald hat ihn gewappnet, für Situationen, in denen seine Augen überall sein müssen. Es mag dunkel sein, das Feuer gibt ihm aber genügend Licht, um sich orientieren zu können. Er ist in der Höhle des Raubtiers, so viel steht fest. Die Frage ist nur… Wo ist das Raubtier?
Ask: „Du denkst du kannst mir Angst machen, Holly? Hmm. Ich habe keine Angst. Ich musste es schon mit viel schlimmeren Wesen aufnehmen als dir. Also lass das Versteck-Spiel und zeig dich endlich.“
Was gerade in Asks Kopf vorgehen mag, kann man sich wohl selbst in seinen kühnsten Träumen nicht vorstellen. Holly hat Ask hier komplett in seinen Bann gezogen. Vielleicht ist es genau das, was Holly will. Vielleicht erwartet Ask hier nicht im Geringsten irgendeine Form von Gefahr, doch Asks Kopf macht ihn hier selbst komplett fertig.
Ask: „KOMM UND ZEIG DICH HOLLY!“
Es ist unglaublich. Aber all das, was auch immer Holly geplant haben mag, funktioniert genau nach Plan. Asks Verzweiflung, die Tatsache, dass er zwei Wochen gewartet hat und nun immer noch nicht die Antwort hat, die ihm versprochen wurde, die Gesamtsituation und vor allem natürlich die offensichtliche Drohung des brennenden Hirschkopfes, lassen gar keine andere Möglichkeit. Ask ist wütend.
Ask: „DU SPIELST GERNE SPIELCHEN, HOLLY? DU DENKST EIN KLEINES FEUER MACHT MIR ANGST!? ICH ZEIG DIR WAS ICH DAVON HALTE!“
Ask wütet. Man möchte ihm nun wirklich nicht gegenüberstehen. Er läuft schreiend über den Platz, zu einem der Wohnwagen. Dabei tritt er Stühle durch die Gegend, er verwüstet die gesamte Szenerie. Am Wohnwagen angekommen, tritt er die Tür wutentbrannt auf. Angesichts seiner gegenwärtigen Gemütslage funktioniert das auch direkt beim ersten Versuch. Er sucht kurz nach etwas. Er greift nach einigen Flaschen Wasser, die da herumstehen. Und dann geht er zurück zum Feuer. Ask öffnet die Flaschen und übergießt das Feuer. Er denkt nun nicht mehr logisch, er hat nur noch die Wut in seinen Augen. Es dauert einige Zeit, er muss eine dritte Flasche Wasser anreißen und dann endlich… das Feuer ist aus, der Schädel gerettet und Ask… steht nun im Dunklen.
Oder?
Er steht in der Mitte des Platzes. Alles ist dunkel. Um ihn herum… erscheinen plötzlich Lichter. Ask wird aus seinen Gedanken gerissen, als er die Lichter sieht. Überall sind diese Lichter. Er ist umzingelt. Er sieht nur Umrisse, keine Menschen.
Nur die Lichter.
Wieder schreit Ask, diesmal aber aufgrund dessen, dass er geblendet wird. Er sieht nichts. Die Lichter kommen näher und schlagartig wird aus der Wut auf seinem Gesicht wieder… Verzweiflung. Und dann…
… sind die Lichter aus.
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Die Lampe einer Fernsehkamera ringt der Nacht ein düsteres Bild ab. Ein paar einsame Funken, die das Wasserbad überlebt haben, glühen in ihren letzten Momenten. Rauch steigt als Säule in die Dunkelheit auf und verblassen im Nachthimmel.
Ein Dutzend menschliche Konturen schälen sich aus der Finsternis. Sie umkreisen Ask Skógur.
Der erste Schlag trifft Bruder Natur in den Magen, lässt ihn auf die Knie zusammensinken. Sein Atem ist ein luftarmes Keuchen, doch mutiert zu einem Schrei als ihn der nächste Treffer ereilt, ein Knie rücksichtslos ins Kreuz gestoßen wird. Er fällt nach vorne. Dann ergießen sich die wütenden Körper wie eine Flut auf ihr Opfer. Sie reißen an ihm, treten auf ihn ein, lassen seinen Leib unter einer Traube geisterhafter Konturen verschwinden. Asks Schreie werden leiser, verdorren dann zu einem Wimmern. Bald übertönt der unheilvolle Takt, mit dem die Schläge ihr wehrloses Ziel finden, jegliches Geräusch des Schweden.
Als es vorbei ist, ziehen sich die Konturen zurück. Bilden wieder einen Kreis.
Ask Skógur ist auf dem Boden. Lang ausgestreckt liegt sein Körper wie ein Teppich auf dem Asphalt. Ein schwach atmender Teppich mit verdrehten Gliedmaßen und geschlossenen Augen. Die Konturen blickt stumm auf ihr Werk. Das Lächeln weißer Zähne wird von der Kamera eingefangen. Irgendwo das Hecheln eines Hundes.
Dann bilden die Konturen einen Korridor. Sie empfangen Holly Hutcherson.
Der Anführer trägt eine Fackel in den Händen. Ihr Flackern zuckt über den reglosen Leib Ask Skógurs und gibt den Konturen Gesichter. Viggo Constantine. Lächelnd. Timo Schiller. Entschlossen. Miri. Leer.
Holly Hutcherson: „Ask.“
Er reicht die Fackel an einen gesichtslosen Mann und kniet sich auf ein Bein, um Skógur näher zu betrachten. Spricht nah an dessen Ohr. Als wäre dies eine liebevolle, intime Unterhaltung. Die Sanftheit in seiner Stimme durchtränkt mit dem Gift einer Klapperschlange.
Holly Hutcherson: „Jeder Narr kann einen Krieg beginnen. Nur ein kluger Mann kann ihn beenden.“
Er greift einhändig nach Skógurs Kopf, dreht den Reglosen zu sich hin.
Holly Hutcherson: „Du bist kein kluger Mann. Du rennst in dein Verderben. Woche für Woche für Woche. Eine Warnung, unsere letzte Warnung, ist nur so gut wie der Mann, der sie versteht - oder nicht.“
Sein Blick geht zum nassen Hirschschädel inmitten der Asche. Einzelne Partikel tanzen sanft im Nachtwind.
Holly Hutcherson: „Dieser Ort hätte ein Refugium für dich sein können. Freundschaft, Brüderlichkeit, Liebe. Du hast unsere Barmherzigkeit abgewiesen, bist uns in den Rücken gefallen. Weil du glaubst, einen Krieg führen zu müssen, den dir deine Wut und andere Stimmen mit gespaltener Zunge einflüstern.“
Er nimmt den Hirschschädel auf und legt ihn neben Skógurs Kopf. Der orientierungslose Ask windet sich hin und her, doch schafft es nicht, aufzustehen.
Holly Hutcherson: „Du willst diesen Kampf gegen mich nicht. Nicht weil du ein guter Mann bist. Du weißt in deinem Inneren, würdest du doch nur einmal durch den Nebel in deinem Kopf hindurchblicken können, dass es kein Ende für dich nehmen wird. Deswegen…“
Der Anführer steht auf und blickt mit einer Mischung aus Mitleid und Verachtung auf Skógur.
Holly Hutcherson: „…bleib liegen. Denk nicht mehr über uns nach. Dies ist eine Warnung. Eine Allerletzte. Wir stehen für Frieden und Liebe. Seltene Werte in dieser verdorbenen Liga. Doch wer nach einer Rose greift, wird ihren Stachel spüren. Bleib einfach liegen. Lass uns unserer Wege ziehen und gehe deinen eigenen Pfad.“
Ein weiteres Mal nimmt er den Hirschschädel auf. Er hält ihn in der Hand, während sich Skógur windet bis er es letztendlich schafft, sich auf den Rücken zu drehen. Hutcherson legt den Schädel auf die Brust Asks, so dass die leeren Augen in die Äquivalente des Schweden schauen.
Holly Hutcherson: „Wir gehen.“
Er nimmt wieder die Fackel in Empfang, die der Gesichtslose ihm reicht. Dann ziehen sie von dannen in die Dunkelheit; eine Prozession in der Nacht. Die einen geschlagenen Mann zurücklässt.
Aiden Rotari: „Ich bin nicht Keek Hathaway.“
Eine Aussage, der man faktisch kaum widersprechen kann.
Wir befinden uns einmal mehr vor der „Interview-Wand“ der GFCW – einem Ort im Backstage-Bereich eines jeden Ortes, an dem die Dortmunder Promotion veranstaltet. Eine weiße Wand mit den Logos der Liga, des nächsten PPVs, von War Evening… und ist das etwa das Logo von TradeRepublic?
Sei es drum. Aiden Rotari hat sich vor eben jeder Interview-Wand aufgebaut, in seiner vollen Pracht, gekleidet in sein eigenes Merchandise mit dem „Protagonist“-Aufdruck. Sein Gesicht ist ohne erkennbare emotionale Regung direkt der Kamera zugewandt.
Aiden Rotari: „Bei Ultra Violence hat Keek Hathaway, der GFCW Heavyweight Champion, ein furchtbares Exempel statuiert. Der Vision des Protokolls nach sollte er ein Vorbild für jeden einzelnen Wrestler der GFCW sein, für jeden Fan, für jeden Rookie im Performance Center. Er hat eine Verantwortung gegenüber der GFCW-Galaxie. Und er hat jedem in der GFCW gezeigt, dass er auf den Rat der Ärzte pfeift.
Er ist ein erwachsener Mensch. Das heißt noch lange nicht, dass er sich auch so verhält. Und weil es erneut kein richtiges Duell – Mann gegen Mann – gegen Alex Ricks gab, so wie die Wahrheit in dieser Gleichung durch Antoine Schwanenburg ersetzt wurde… so blieb das Ergebnis eben doch dasselbe. Keek Hathaway hat am Ende gewonnen.
Und das ist alles, was zählt.“
Das lässt er erst einmal so stehen. Wie es scheint, möchte Rotari hier auf einen bestimmten Punkt hinaus, und zählt das alles nicht nur auf, um Ricks noch einmal seine Verfehlungen vor Auge zu führen – wobei er doch ein wenig viel Rhetorik auf eben jenen Aspekt verwendet.
Aiden Rotari: „So sehe ich das zumindest. Am Ende des Tages hat Keek Hathaway meiner Meinung nach alles richtig gemacht, weil er am Ende gewonnen hat. Er hat Alex bei Dooms Night geschlagen und er hat Alex bei Ultra Violence geschlagen. Ich, ganz persönlich, sehe keinen Sinn darin, mich zu fragen, ob er Glück hatte, ob die anderen ihn unterschätzt haben, ob er so dumm war, dass man sich nicht darauf vorbereiten konnte… letzten Endes trägt er den Titel.“
Unzweifelhaft deckt sich das mit den bisherigen Ansichten des früheren Poseidons. Die Fehde mit Luna Rosario scheint eine Veränderung in ihm hervor gerufen zu haben, noch immer ist das süffisante Dauerlächeln mit dem konstanten Hauch der Ironie in seinen Augen auffällig abwesend, aber seine Grundprinzipien scheint Aiden nicht überdacht zu haben.
Aiden Rotari: „Das sieht das Protokoll anders. Die Vision des Protokolls deckt sich nicht zu einhundert Prozent mit den Idealen und Wünschen von Aiden Rotari. Ich bin nicht der Meinung, dass ein Sieg weniger wert ist, weil er durch Count-Out oder eine Disqualifikation erworben wurde. Wozu gibt es diese Regeln, wenn sie keine Rolle spielen?“
Eine Frage, die nicht in einem rhetorischen Ton vorgetragen wird, sondern scheinbar eine tatsächliche Antwort der zuhörenden Wrestler und Fans zu verlangen scheint, die er allerhöchstens mit Verspätung erhalten wird.
Aiden Rotari: „Warum erzähle ich das also alles? Weil ich eines klar stellen möchte: Ich stelle mich vollkommen in den Dienst der gemeinsamen Vision. Luna Rosario mag behaupten, ich wäre einzig und allein hier, um das Protokoll zu meinen Gunsten implodieren zu lassen, aber ich spiele mit offenen Karten. Ich verheimliche nichts – auch dann nicht, wenn ich nicht mit der Ideologie des großen Ganzen d’accord gehe.
Doch genau darum geht es beim Protokoll. Das große Ganze. Und ich glaube an die Vision, die Dynamite und Alex von Anfang an hatten. Finde ich sie perfekt? Nein. Finde ich sie weitaus besser als die Version der GFCW, die wir jetzt haben? Ohne jeden Zweifel.“
So ist das also. Um seine Loyalität und seine Zugehörigkeit zu beweisen, hält er mit eventuellen Bedenken gar nicht erst hinter’m Berg, sondern spricht sie direkt aus, um jeden seiner „Kollegen“ vom Protokoll an seinen Gedanken teilhaben zu lassen. So soll gar nicht erst der Eindruck entstehen, es gäbe Geheimnisse, die Aiden Rotari pflegt – er spricht seine Meinung aus und verkündet im gleichen Atemzug, sie hinten anstellen zu wollen.
Mit Sicherheit kein spontan überlegter Move. Der Protagonist entwickelt sich Stück für Stück weiter in Richtung Politiker.
Aiden Rotari: „Meinen neuen Partnern ist es wichtig, dass ich mich der Sache verschreibe, und keinen individuellen Plänen. Deshalb bin ich bereit, mich auf die Art und Weise mit der Verkörperung des Protokoll-Ideals zu messen, die von mir erwartet wird.
Ich war im Krankenhaus. Ich habe mich durchchecken lassen. Ich bin bereit, und das kündige ich hiermit offiziell an, und nicht etwa ein paar Minuten vor unserem eventuellen Kampf. Alex Ricks, ich nehme deine Herausforderung an.“
Das dürfte die wenigsten überraschen. Wenn Alex Ricks einen herausfordert, nimmt man diese Einladung besser an – und welches Standing hätte Rotari noch im Protokoll, wenn er sich trotz Genesung vor dieser Aufgabe drücken würde?
Aiden Rotari: „Und ich habe deine Worte gegenüber Robert vernommen. Du willst im gleichen Ring kämpfen wie die Rookies aus dem Performance Center – umgeben von Wasser? Ohne Barrikaden und einen harten Hallenboden, mit derer Hilfe ich einen Count-Out erzwingen könnte? Ohne Waffen, die unter dem Ring liegen können, die ich zur DQ nutzen könnte?
Nun, das ist kein Problem, Alex. Ich werde dir in deiner eigenen Disziplin gegenübertreten, innerhalb der Seile, mitten im Ring, und ich werde fair kämpfen. Ich werde keine einzelne Regel dieses Sports brechen oder gar kreativ auslegen. Ich werde gegen Alex Ricks WRESTLEN, und ich werde so kämpfen, wie man es von einem Repräsentanten des Protokolls erwartet und verlangt.“
Und das scheinen keinesfalls leere Worte zu sein. Rotari spricht all das mit der Stimme eines Mannes aus, der meint, was er sagt. Vollkommene Ernsthaftigkeit und Überzeugung durchziehen jedes Wort, das das Kronjuwel des GFCW Performance Centers von sich gibt. Das hier ist keine bloße Ankündigung, das ist ein Versprechen.
Aiden Rotari: „Du und ich, Mann gegen Mann. Wrestler gegen Wrestler. Keine Tricks. Keine Überraschungen. Keine Missachtung der Regeln. Alex Ricks. Aiden Rotari. GFCW Stranded 2022.
Auf ein faires und respektvolles Duell zwischen Gleichgesinnten.“
Maximilian Lunenkind: „Pööööööööööh!“
Wir befinden uns im Backstage-Bereich. Wir befinden uns an dem Ort, an dem niemand gern sein möchte – nämlich in unmittelbarer Nähe zu Maximilian Lunenkind, dem Comebacker der Stunde.
Gelegentlich hat jedoch jemand dieses Pech.
In diesem Fall ist es…
Maximilian Lunenkind: „Krasses MANDALA auf deinem SCHÄDEL, du BLEISTIFTMINE! Auf der anderen Seite ist ja noch Platz… vielleicht… für eine Flagge… vom besten Land der Welt…“
ZISCHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHH Maximilian Lunenkind: „BLASPEHMIE!“
Hörbar
seufzt Luna auf.
Lunenkind bekommt krassere Schnappatmung als Gossler im Öttinger-Entzug. Auf eine extrem beschissen aussehende Art und Weise plustert sich der frühere Erzfeind von Mohammed, dem Fasan Gottes, zu seiner gleichermaßen vollen wie erbärmlichen Größe auf, um einen verbalen Gegenangriff zu starten der in die Analen von überhaupt nichts eingehen wird, bis er es sich anders überlegt.
Mit einem Mal lässt er alle Luft entweichen, richtet seinen unendlich hässlichen Anzug und glotzt Luna an als wäre sie ein rundes Viereck.
Maximilian Lunenkind: „Du bist die Hüterin der Vogelscheuche, oder?“
Und
schwupp, wieder stoppt sie. Mädl lern es. Lauf weg. Lass ihn
alleine rumspacken.
Himmelarschunddreimalvonaserbaidschanischenoffiziellengekauft.
Maximilian Lunenkind: „Du musst mir die Schwachstelle der Vogelscheuche verraten! Wenn du es nicht tust, wird Flip Trip #3 bestimmt gegen Scarecrow verlieren, weil er eine peinliche Gurke ist.“
Das
Vertrauen von Lunenkind in sein eigenes Team scheint also nicht
unbedingt ausgeprägt zu sein – und die Mühe,
Spencers Namen zu lernen, statt ihn einfach „Flip Trip #3“
zu nennen, hat er sich wohl auch noch nicht gemacht. Maximilian Lunenkind: „Und ich muss ihm den Sieg klar machen, damit er mir weiter hilft Aserbaidschan… es sei denn… ich ersetze ihn!“
Eine metaphorische Glühbirne geht über dem Spatzenhirn des komplett abgefuckten Vollmongos an. Eine, die zu 98% durchgebrannt ist, aber sie geht an.
Maximilian Lunenkind: „Wir können tauschen! Ich verrate dir alle Schwächen von Flip Trip #3… und dafür trittst du der guten Sache bei!“
Mit einem genervten Zungeschnalzen kratzt Luna sich am Kopf und wendet sich tatsächlich noch einmal zu Lunenkind um. WIE FUCKING DUMM MUSS MAN SEIN. Mit hochgezogener Augenbraue blickt sie das Genie der GFCW an. Selbst er kann diesen Blick als sanfte, aber bestimmte, Ablehnung des Angebots deuten. Und, Geschäftsmann wie er ist, lenkt er in Richtung eines Kompromisses.
Maximilian Lunenkind: „Schon gut, schon gut, das mit dem Tattoo der Flagge können wir lassen.“
Beschwichtigend hebt Lunenkind die Zunge.
Maximilian Lunenkind: „Das Red Bull-Logo würde es auch tun. Oder Max Verstappen. Von mir aus auch Sebastian Vettel als Weltmeister oder Timo Werner in Leipzig. Ich bin da nicht so wählerisch wie die Mineralwassermönche aus Spremberg.“
Verächtlich rotzt der Wahnsinnige beim Gedanken an diese abartigen Mutanten auf den Boden vor Lunas Zehen, ehe er sich grinsend und mit ausgebreiteten Armen vor ihr aufbaut. Und spätestens jetzt hat Luna den Faden verloren. Mit einer Mischung aus vollkommenem Ekel, einer gewissen Ammüssiertheit und sehr, sehr viel Fragezeichen in den Augen sieht sie ihre Gegenüber an.
Maximilian Lunenkind: „Komm in deine neue Heimat, Herrin der Vogelscheuche! Komm nach Aserbaidschan!“
Kurz
bleibt das Starren erhalten. Dann blinzelt Luna zwei- dreimal,
als wäre Lunenkind nur ihr Sleep Paralasys Demon und würde
gleich wieder verschwinden. Doch er ist so real, wie es nur geht.
Das muss sie auch einsehen und streckt demonstrativ den rechten
Arm von sich und lässt die Red Bull Dose genüsslich
los, so dass sie zu Boden klatscht und die Überteuerte Pisse
eines rechten österreichischen Milliardärs sich über
den Boden ergießt.
Maximilian Lunenkind: „Nie gehört. Wo liegt das? In der Nähe von Wuppertal, oder?“
Entnervt
atmet Rosario aus. Sie scheint endlich einzusehen, dass sie schon
vor fünf Minuten sich hätte verpissen sollen.
Maximilian Lunenkind: „DAS WERDEN WIR JA NOCH SEHEN, DU FARBDRUCKERPATRONE!“
Sichtlich wütend springt er in die Luft und sieht dabei dumm aus. Surprise.
Maximilian Lunenkind: „Du hast dich mit der falschen ehrwürdigen Republik angelegt… du wirst den Zorn von Aserbaidschan zu spüren bekommen! Ich mache dich tzüschisch fertig!“
Mit
diesen Worten hüpft er von dannen, nicht, ohne dabei „ICH
WETTE SCHWANENBURG IST ARMENIER!“ zu schreien.
Für einen Mann ist dieser Freitag kein schöner Sommertag, den man in einem Stadion verbringt und feiert. Kein Anzeichen von Freude oder Ausgelassenheit, eher das Gegenteil. Genervt, fast schon erzürnt sehen wir einen Mann, der seine sieben Sachen bereits gepackt hat und das Stadion im Inbegriff ist zu verlassen.
Antoine Schwanenburg.
Die Sporttasche ist über die Schulter geworfen, der Zopf ist nicht ganz so perfekt, wie sonst gebunden, hier und dort schauen dann doch ein paar Haare heraus. Aber immerhin sitzt die modische Brille gut. Antoine ist allein, aber das soll sich in Kürze ändern. Denn ein Mann hat etwas dagegen, dass Antoine das Stadion bereits so schnell vergisst. Er will Antworten.
MacMüll.
Antoine ist schon an der schweren metallenen Tür angekommen, die potentiell ins Parkhaus führt, und kurz davor nach der Klinke zu greifen, da kommt der rasende Reporter ins Bild. Um das noch möglich zu machen, hat er seinen Gang tatsächlich etwas schneller gestalten müssen. Er ist zwar nicht außer Puste, aber den kurzen Powerwalk merkt man dem Mitvierziger dann aber doch an.
MacMüll: „Antoine? Auf ein Wort?“
Der genervte Kopf des Kölners richtet sich zum Reporter. Augenrollen. Kopf wieder nach vorne drehen. Darauf hat Antoine jetzt wie es aussieht keine Lust. Aber wie MacMüll nun mal so ist, setzt er seinen Powerwalk fort, sodass er jetzt direkt neben Antoine steht und so halb die Tür verdeckt, durch die Antoine gehen wollte.
MacMüll: „Nur ganz kurz?“
Antoine atmet tief durch. Lust sieht anders aus, aber er lässt es über sich ergehen. Er antwortet nicht verbal, aber gibt dem Reporter durch seinen Gesichtsausdruck zu verstehen, dass es aber auch wirklich bitte nur ganz kurz sein soll.
MacMüll: „Zuvor in der Show haben wir gesehen, dass Amélie offensichtlich...“
Und die Hand greift zur Türklinke. MacMüll wird von Antoine so zur Seite geschoben, sodass Antoine die Tür theoretisch öffnen könnte. Aber MacMüll ist beharrlich.
MacMüll: „Antoine, wir wollen nur wissen, was dein Standpunkt dazu ist und was genau da mutmaßlich geschmiedet wird.“
Antoine lässt die Türklinke wieder los und dreht sich zum Reporter. Der Kopf ist noch nicht auf Uli Hoeneß Niveau, aber leicht erhöhten Blutdruck könnte man in diesem Moment sicherlich diagnostizieren.
Antoine: „Es wird gar nichts geschmiedet. So einfach ist das.“
Die Hand greift erneut wieder zur Türklinke. Vielleicht wollte Antoine zu erst mehr sagen, als das, aber jetzt entschließt er sich doch nichts mehr dazu zu sagen und will sich wieder auf den Weg machen.
MacMüll: „Aber es wirkt so, als ob da irgendetwas im Busch ist!“ Antoine: „Ich habe vor zwei Wochen meinen Standpunkt klar gemacht. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.“
Die Türklinke wird dann jetzt endlich nach unten gedrückt und der Reporter wird zur Seite geschoben. Antoine öffnet die Tür, dahinter befindet sich tatsächlich die Parkgarage und blickt MacMüll ein letztes Mal mit Zorn in den Augen an. Das Thema nervt Antoine ganz eindeutig und auch, dass ihm offensichtlich unterstellt wird zu intrigieren. MacMüll hingegen guckt noch mal mit seinen Hundeaugen in die Kamera und dreht sich um. Aber das soll es für Antoine noch nicht gewesen sein. Es brodelt ohnehin schon in ihm, die Möglichkeit, dass das verstärkt wird, bietet sich vielleicht eine Sekunde später.
Es nähert sich die Person, die mutmaßlich noch mehr an Antworten interessiert ist als die Zuschauer oder Mac Müll. Keek Hathaway. Der Titelträger tritt ohne Umschweife an Schwanenburg heran. Sein Gesicht ist eine Verheiratung von neugierigem Starren und Entschlossen. Antoine sieht den derzeitigen GFCW Heavyweight Champion aus dem Augenwinkel, vielleicht noch zwei, drei Meter entfernt, auf ihn zugehen und das bessert seine Laune nicht auf. Noch bevor Keek was sagen kann, erhebt Antoine seine Stimme abwehrend. Auch MacMüll dreht sich noch mal um.
Antoine: „Nicht du auch noch. Ich habe dazu nichts mehr zu sagen, auch nicht zu dir!“
Verdutzt bleibt der Namibier stehen. Er war es doch, dem die Worte auf der Zunge lagen. Der sich sein Gegenüber verbal packen wollte. Aber dass Schwanenburg derart aufgebracht ist und ihm, völlig ohne jegliche kaiserliche Erhabenheit, so das Wort abschneidet, ist für den Champion unerwartet. Sein Ansatz einer Frage gerät zu einem unsicheren Stottern.
Keek Hathaway: „…“ Antoine: „Ich sage es jetzt ein für alle Mal. Ein einziges Mal und ein letztes Mal.“
Der Zeigefinger wird auch auf MacMüll gerichtet, der zwar nicht mehr am Gespräch teilnimmt aber noch in Reichweite steht.
Antoine: „Es gibt keinen Plan. Ich stecke mit niemandem unter einer Decke und es geht mir gewaltig gegen den Zeiger, dass mir solche Dinge unterstellt werden. Mein einziger Plan ist es...“
Jetzt wandert der Zeigefinger in die Richtung von Keek Hathaway.
Antoine: „Dich bei Stranded zu besiegen. Punkt, aus Ende. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.“
Die Wut in Antoines Stimme ist deutlich zu vernehmen und wird durch die offene Tür zum Parkhaus noch mal verstärkt, was für einen deutlichen Hall sorgt.
Keek Hathaway: „Nichts zu sagen?“
Der Namibier stellt sich mit in die Hüften gestützten Händen auf und ruft dem kleiner werdenden Schwanenburg nach.
Keek Hathaway: „Nichts zu sagen, Antoine?“
Die Stimme Keeks hallt ihrerseits durch die Gänge, kehrt als schwaches Echo zurück. Schwanenburg bleibt stehen. Er blickt zu einem Keek Hathaway, der seinerseits zu merken scheint, dass die wütende Attitüde des No. 1 Contenders ein Gespräch förmlich unmöglich macht. Mit einem Räuspern senkt Keek die Stimme noch weiter, will für Beruhigung sorgen.
Keek Hathaway: „Ich denke, dass wir uns allerhand zu sagen haben. Schließlich…“
Antoine will davon gar nichts wissen. Ein weiteres Mal erhebt er die Stimme, falls es noch nicht deutlich genug war, dass Antoine wirklich gar keine Lust auf ein Gespräch hat in diesen Momenten.
Antoine: „Nein, ich nehme diese Beschuldigungen nicht länger hin und von dir schon gar nicht!“
Wäre Antoine selbst weniger aufgebracht und in seiner Stimmung empfangsbereit für die Finessen menschlicher Mimik, würde ihm auffallen, dass sein Auftritt vor allem eins erreicht: Keek Hathaway selbst in einen Zustand aufkeimender WUT zu versetzen. Noch ist sie unterdrückt, noch ist die bekanntlich dünne Hutschnur Hathaways nicht geplatzt. Er atmet durch.
Keek Hathaway: „Ich bin nicht gekommen, um dir vorzuwerfen, dass du dich mit deiner Frau als Unterhändlerin entgegen deiner Behauptungen nun doch mit Holly Hutcherson verbündest. Du hast ihm vor zwei Wochen in die Augen gesehen, ich habe es live auf dem Bildschirm mitbekommen, und gesagt, dass du seine Hilfe nicht willst. Das glaube ich dir. Ich werde dir nicht vorwerfen, dass du ein Theaterstück inszenierst, nur um mir letztendlich doch das Messer in den Rücken zu rammen. Wahrscheinlich ist das alles nur Amélies Idee, nicht deine.“
Er kommt näher an Schwanenburg heran, Mac Müll und der Kameramann folgen als stille Beobachter dieses verbalen Elefantentreffens.
Keek Hathaway: „Ich sagte doch, dass Hutcherson nicht damit leben kann, für mich nicht mehr relevant zu sein. Deswegen will er dich vereinnahmen. Weil nur du, nur unser Match…nur das ist für mich gerade interessant. Er will sich daran festsaugen, um nicht an Bedeutung zu verlieren. Dass du dem einen Riegel vorschiebst…dafür müsste ich dir im Grunde dankbar sein. Und das bin ich auch. Aber es gibt dir verdammt nochmal nicht das Recht, dass du dich SO aufführst. In Rage gerätst als ob jemand deinen Heiligenschein beschmutzt hat, nur weil Mac bezweifelt, dass du von den Machenschaften deiner Frau nichts weißt. Du willst diesen Kampf zwischen uns One-on-One. Du willst ihn fair. Klärend. Das respektiere ich. Aber halte es aus, wenn jemand deine Moral in Frage stellt. Wir wissen um deine Vergangenheit. Und wir kennen deine Frau.“
Da muss Antoine ein kurzes Wutlachen durch den Bart drücken.
Antoine: „Ah, du weißt um meine Vergangenheit. Welche Vergangenheit meinst du genau, Keek? In keinem meiner Matches jemals...“
Und wir noch mal kurz lauter.
Antoine: „JEMALS.“
Antoine steht wirklich kurz vorm Explodieren.
Antoine: „wurde mir von außerhalb geholfen. Das habe ich nicht nötig, Keek. Das hatte ich nie und werde ich nicht haben. Also sage mir, Keek, welche Vergangenheit meinst du? Ich meine, als du im Krankenhaus lagst sprachst du noch darüber, dass du mich als einfacher Fan der GFCW hast wresteln sehen. Aber offensichtlich ist dir dabei nicht aufgefallen, dass ich jeden. einzelnen. kampf. Fair und ehrlich bestritten habe.“
Mit Angst in den Augen steht MacMüll noch immer zwei Meter von den beiden entfernt und bekommt mit, wie es zwischen den beiden auch physisch zu eskalieren droht.
Antoine: „Also sprich nicht über meine fragwürdige Vergangenheit oder Moral. Sprich nicht über meine Frau. Ich bin nicht für sie verantwortlich. Kümmere dich zur Abwechslung mal um deine eigenen Angelegenheiten, wie wäre es damit? Ich kann es nicht mehr ertragen und ich zähle die Tage und die Stunden, bis ich dir im Ring zeigen werde, dass ich keine Hilfe oder Pläne nötig habe, um dir schließlich und schlussendlich den Titel abnehmen werde."
Wer erwartet hat, dass Keek auf die eindeutige Ansage am Ende eingehen wird, liegt daneben. Schon zu Beginn des Monologs von Schwanenburg hat sich das Gesicht des Namibiers verfinstert.
Keek Hathaway: "Und sprich du nicht so, als wärst du über jeden Zweifel erhaben. Du magst für deine Frau nicht verantwortlich sein oder es zumindest so empfinden. Aber seit ihre Position von Fletcher besetzt wird, bist du der verbliebene Grund ihrer Anwesenheit. Dein Erfolg. Der Grund, warum sie im Hintergrund Pläne schmiedet. Tu nicht so als würdet ihr in verschiedenen Welten leben."
Er tritt an Schwanenburg heran, seine Gestik balanciert auf dem Drahtseil zwischen Bedrohung und Entschlossenheit.
Keek Hathaway: "Wenn bei unserem Kampf etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, dann wird es auch auf dich zurückfallen. Der Kampf, den du so ersehnst, der ist zwischen uns. Nicht ich gegen ein Konglomerat aus deiner wrestlerischen Klasse und der ständigen Befürchtung, dass mir Amelie oder eine ihre Intrigen einen Strich durch die Rechnung macht. Wenn du willst, dass dieser Kampf so in Erinnerung bleibt, wie du es erhoffst, dann sorg dafür!"
Nach diesen Worten folgt ein knappes Nicken des Champions, eine fast schon provokativ beiläufige Geste nach dem klaren Worten, die er in Richtung Schwanenburg abgelassen hat. Der Afrikaner dreht sich auf den Hacken um und verschwindet, ohne seinen baldigen Gegner auch nur noch ein einziges Mal in Augenschein zu nehmen.
FADE OUT
“Drugs of Youth” aus der massiven Stadionsoundanlage, stakkatoartig flackerndes Stroboskoplicht, das den Nachthimmel erhellt und die Menschen bei einer Kamerafahrt über die Crowd abgehakte Bewegungen wie in einem Daumenkino ausführen lässt. Man hat sich in der GFCW inzwischen wieder an diesen Auftritt gewöhnen können. Ungewöhnlich scheint jedoch das Antlitz des Serben zu sein, der auf die Bühne schreitet. Zelebriert er sich selbst doch sonst immer in überdrehter Weise, während er mit seiner Präsenz die Bühne einnimmt, so ist sein heutiger Auftritt, besonders im Gegensatz zu der letzten Videobotschaft von Dalmi an Zane Levy, doch wesentlich unterkühlter als sonst. Ob es daran liegt, dass sein Team heute Abend nicht die erhoffte Leistung bringen konnte?
Einen Anhaltspunkt dafür liefert der Serbe jedenfalls, vor allen Dingen, die er seine Protegés für dieses Match im Backstagebereich gelassen hat. Und so schlendert der Serbe, der wie immer in seinem Basic Bitch-schwarzen Ring Gear bestehend aus schwarzen Trunks, Stiefeln und Knieschonern unterwegs ist, ohne nennenswert ablesbare Emotionen auf seinem Gesicht zum Ring, welchen er kurzerhand mit einer unspektakulären Rolle unter dem Bottom Rope betritt. Einige Takte seiner Einmarschmusik spielen noch fort. Dann wird es Zeit für den Einzug des zweiten Kämpfers im heutigen Main Event. Rasant beginnen violette Scheinwerfer, die Bühne und Rampe bestrahlen, zu flimmern, als die tiefen Gitarrentöne langsam ihren Weg aus den Lautsprechern und in die Zuschauerränge, sowie den Abendhimmel finden. Auf dem Titantron nimmt das Bild uns durch einen verzerrten, verschwimmenden, schwarz-weißen Tunnel mit, wobei die schwarzen Teile mehrere Sekunden immer mehr von den hellen verdeckt werden, bevor das Bild schließlich einmal grell aufflammt, was ihnen die scheinwerfer gleich tun. Ein lauter Schuss ertönt aus den Lautsprechern, auf dem Tron flammen zwei schwarze Engelsflügel auf, während die Scheinwerfer wieder zu Lila switchen. Zwischen den Schwingen zieht sich fein geschwungen über den Bildschirm der Name ZANE LEVY
Unter
den Zuschauern kommt vermehrt Applaus, teils sogar Jubelrufe auf.
Doch auch die Buhrufe sind noch präsent.
Sven:
„Auch Dalmi hat zuletzt Allerdings nicht geglänzt,
Pete.“
Das Match ist vorbei. Der Abend aber noch nicht. Nicht für Zane Levy.
Recht prompt kommen sie heraus, die Mitglieder von Leviathan. Scarecrow. Luna Rosario. Angeführt von The End. Aktuell fehlt lediglich James Corleone. Allerdings ist die Zeit für Diplomatie und klärende Gespräche sowieso vorbei. Es ist nur noch eine Frage offen. Und die bedarf keiner schönen Worte. Nicht mehr.
Leviathan erreicht den Ring und imposant baut sich vor allem der neue Kopf der Schlange vor Zane Levy auf, der erschöpft vor The End kniet. Luna und Silas beobachten die Szene von außen. Ihre Blicke sind kühl. Das hatte Zane selbst zu verantworten. Er war der Verräter. Für sie scheint das Narrativ klar.
End hat bereits ein Mikro in der Hand.
The
End: „Letzte Chance, Levy. Du
siehst, du bist nichts ohne Leviathan.”
Zuerst
rappelt sich Zane auf. Jede Faser seines Körpers scheint
noch erschöpft zu sein. Geschlagen. Wie immer. Der Akku
leer. Doch er würde nicht vor The End knien. Niemals. Dieses
Bild würde er nicht stehen lassen.
Oh?
: :
Desmond Briggs ist immer noch angesäuert aufgrund des verlaufenen Abends. Die Meinung von Robert und Alex kann er zwar verstehen, aber das erste Mal hat das Protokoll einen faden Beigeschmack hinterlassen. Hätte er sie in dem Moment um Hilfe gegen Leviathan gebeten, so hätte er sich als Schwächling geoutet. Das wusste er und das wollte er nicht. Sie haben ihn getestet und die Hilfe fadenscheinig angeboten, ohne es aber wirklich ernst zu meinen. Desmond schüttelt den Kopf, während er, in Gedanken versunken, durch den Backstagebereich läuft. Desmond weiß, dass das Protokoll für ihn nochmal und er für das Protokoll wichtig sein wird, aber dieser Moment scheint noch nicht da. Die Wege zweier Protagonisten der GFCW kreuzen sich für Sekunden. Es gibt einen flüchtigen Blick, als sie sich in die Augen sehen und ein knappes Nicken. Dann geht man weiter, oder? Desmond bleibt vor ihm stehen.
Desmond Briggs: „Na Don Corleone, willst du mir auch noch einen Spruch reindrücken wie dein Schützling?“
Sein Gegenüber? Niemand geringeres als die „Hand of the King“ James Corleone. Mr. Purple, “Inspirational” Jim, … der Mann hat viele Namen und doch ist er vor allem wegen einem bekannt, er ist der Manager und Wegbegleiter vom King of Anarchy The End. Wie immer recht stilvoll im Anzug läuft er durch die Gänge des Backstagebereiches. Welchen Plan auch immer er gerade wieder im Schilde führt, Desmond Briggs dürfte wohl gegenwärtig kein Teil davon sein. Trotzdem, bleibt er gelassen, distanziert und unbeeindruckt.
Desmond ärgert sich über sich selbst. Wahrscheinlich wäre James Corleone, seines Zeichen Manager von The End und Mitglied von Leviathan weitergegangen. Doch Desmond musste ihn einfach ansprechen.
James Corleone: „Mister Briggs, welch überraschender Zufall. Wie immer eine Freude sie zu treffen.“
Der Zynismus sprießt nur so aus Corleones Worten.
Desmond Briggs: „Mich nervt es nur, dass ich an jeder Ecke auf euch treffe und ihr mir zufällig immer wieder über den Weg lauft, James. Am Ende ist das hier alles von euch geplant…“ James Corleone: „Nun, ich kann ihnen versichern, ich habe garantiert besseres und wichtigeres zu erledigen, als ihnen hier aufzulauern. Überschätzen sie ihren Wert nicht. Vielmehr bin ich auf dem Weg in Richtung Ring, denn sie sind nicht der Einzige, der ein lästiger Stolperstein im Weg von The End ist. Aber heute, kümmern wir uns erstmal weiterhin um Zane Levy.“
Desmond zuckt mit den Schultern.
Desmond Briggs: „Du solltest nicht so eine große Fresse haben, James! Mein Wert ist klar, da ich am richtigen Punkt bin. Ich bin der amtierende Champion und habe große Dinge 2022 geleistet. Ich gehöre zu einem großen Stable. Was hat dein Vogel erreicht? Er hat enttäuscht, genau wie du!“
Desmond Briggs geht einmal um James herum und steht direkt vor dem Manager von The End.
Desmond Briggs: „Weißt du James, warum ich von dir enttäuscht bin? Ich hatte erwartet, dass du The End unter Kontrolle hast und das du nicht so auf Attacken deiner Schützlinge stehst. Das du lieber auf Fairness setzt und nicht solch einen Bullshit wie er in der letzten Show passiert ist! Du hast ihn einfach nicht unter Kontrolle, alter Mann!“
Desmond Briggs unterbricht James, bevor er antworten kann, indem er die Hand hebt.
Desmond Briggs: „Ich bin noch nicht fertig, Motherfucker! The End glaubt machen zu können, was er will. Nur weil er Leviathan angehört? Ich wiederhole mich zwar und sage dir mal etwas…Leviathan ist nicht das Protokoll! Klar?“ James Corleone: „Erstmal, Mister Briggs, gehört The End nicht Leviathan an, sondern ihm gehört Leviathan. Und dann, haben sie natürlich Recht, Leviathan ist nicht das Protokoll. Und das ist auch gut so, es mag aktuell etwas kriseln, aber wer zu Leviathan gehört, unterstützt einander. Nicht so, wie es bei ihren Verbündeten im Protokoll der Fall ist.“
Der GFCW Intercontinental Champion lächelt ihm zu und nickt sogar. Er gibt ihm Recht?
Desmond Briggs: „Weißt du was, Don Corleone? Es gibt Momente, da begegnet man sich, nickt sich kurz zu und geht weiter. Eine zufällige Begegnung. Dann gibt es Momente, wo sich sogar kurz zufällig unterhalten wird. Und dann gibt es noch Momente, wo alles vorausgeplant worden ist…“
Corleone bleibt unbeeindruckt. Er sieht keinen Grund sich einschüchtern zu lassen, wenn der letzte Satz doch auch recht… merkwürdig erscheint. Aber Corleone bleibt eisern.
James Corleone: „Ich sagte ihnen bereits, dass unser Treffen nicht beabsichtigt war. Ich habe hier, ausnahmsweise, nichts geplant. Unser Treffen ist reiner Zufall.“ Desmond Briggs: „Ich meine, dass dieses „zufällige Treffen“ gerade, gar nicht zufällig ist. Ich wusste, dass ich dir früher oder später über den Weg laufen werde. Ich wusste, dass ich mit dir sprechen muss, weil The End es nicht versteht. Er versteht nicht, dass er einen Fehler gemacht hat. Er versteht nicht, dass sein Handeln große Konsequenzen mit sich bringen kann. Jede Reaktion seinerseits, kann eine Gegenreaktion auslösen. Ihm sollte klar sein, dass ich Mitglied des Protokolls bin und wenn ich möchte, dass Dynamite euch aus der Halle werfen lässt, während das Protokoll bei meinen Matches am Ring weilt, dann kann ich das veranlassen. Weißt du was ich meine? ICH SITZE AM LÄNGEREN HEBEL!“
Desmond macht einen Schritt auf James zu.
Desmond Briggs: „Sagst du ihm das bitte? Er sollte einsehen, dass er damit nicht durchkommen kann…“ James Corleone: „Ich bin zuversichtlich, dass sich mein Klient durchaus dessen bewusst ist, was er tut und was er damit anrichten. Also machen sie sich darüber mal keine Sorgen. Aber selbstverständlich… werde ich es ihm ausrichten.“ Desmond Briggs: „Danke James. Mit dir lässt sich wenigstens reden…“
Desmond reicht James die Hand, wenn auch zögerlich reicht James diese und sie schütteln sie. Der Champ klopft dem Manager kumpelhaft auf die Schulter und geht an ihm vorbei. Zwei Schritte macht er, während James sich bereits 6-7 Schritte entfernt hat. Desmond dreht sich um. Er macht schnelle Schritte zurück zu James Corleone.
Desmond Briggs: „Ach, James?“
Der Manager dreht sich um und Desmond tritt ihm einmal gegen das Knie! Der Kopf wird gepackt und hart gegen die Betonwand geworfen! Getroffen und leicht blutend geht der Manager zu Boden. Desmond stürzt sich mit seinem gesamten Gewicht auf ihn.
Desmond Briggs: „Weißt du, James…die Nachricht ist eigentlich anders gemeint…die Nachricht beinhaltet eigentlich nur deine Schmerzensschreie, die du The End überbringen sollst. Es tut mir wirklich leid, dass ich es gerade dir antun muss, aber für alle warst du bisher unantastbar und keiner hat bisher die Hand gegen dich erhoben. Damit ist nun Schluss!“
Er dreht James auf den Rücken. und rammt ihm das Knie in den Bauch! Dann packt er die linke Kniescheibe von James. Er zieht das Bein nach rechts, bis es nicht mehr weitergeht.
Desmond Briggs: „Wenn ich die Kniescheibe noch ein wenig weiter nach rechts ziehe, dann reiße ich dir wohlmöglich das Kreuzband, zumindest das Innenband. Also sei schön artig, James…“
Dann überdreht er das Knie, das man ein Klatschen im Knie hören kann! James Corleone entweicht ein Schmerzensschrei, während er sich das Knie hält. Desmond kommt wieder auf die Beine.
Desmond Briggs: „Schrei für mich, James! Schrei, dass es dein Schützling hören kann! Die Zeit ist vorbei, wo er mit allem durchkommt! Ab jetzt kämpfe ich wie ihr…und jetzt schrei, damit er meine Nachricht versteht!“
Ein harter Tritt gegen das Knie folgt noch und jetzt fängt James wirklich an zu schreien. Desmond hält die Augen geschlossen, als würde er einem klassischen Konzert lauschen.
Mister Corleone greift sich, soweit es ihm möglich ist, ans Knie, während die schmerzenden Schreie seiner Kehle entfliehen. Und auch auf seinem Gesicht bildet sich der Schmerz ab, wir haben ihn wohl bisher noch nie derart emotional gesehen. Und dennoch, selbst jetzt, ist die sonst so kaltherzige Art zu erkennen, die den Schmerz, zumindest teilweise, in verbitterten Hass in Richtung Desmond Briggs, färbt.
: :
Zurück im Stadion. Während wir eine neue Seite an James Corleone beobachten, scheint das bei The End ähnlich zu sein. Dieser bleibt in Schockstarre stehen, als er sieht, was da gerade mit seinem Manager passiert ist.
Ist es das Schuldbewusstsein, dass seine Taten der Grund für das sind, was Mister Corleone da gerade passiert ist? Ist es Ends Überzeugung keine Schwäche zu zeigen? Ist es vielleicht sogar ein Funken Anerkennung, weil Desmond seinen Worten gefolgt ist? Es mag endlos viele Gründe geben, wieso The End nicht schon eher in Richtung Backstagebereich gerannt ist, um dazwischen zu gehen. Am ehesten gilt wohl aber, dass er Desmond all das nicht zugetraut hat.
End steht da. Ungläubig dessen, was er da gerade sieht.
Scarecrow tut es ihm gleich. Zwei Kinnladen, die auf dem Boden landen. Die Arroganz, Briggs und dem Protokoll nicht zuzutrauen zu solch plumper Gewalt zu greifen holt sie ein. Einzig Luna scheint die Fassung zu behalten, wendet den Kopf und redet energisch auf die Beiden ein. Gestikuliert fordernd.
Und dann, eine Reaktion von The End. Man könnte meinen, dass für den Bruchteil einer Sekunde eine Abfolge der verschiedensten Sorgen auf Ends Gesicht erkenntlich waren, doch mittlerweile sieht man nur noch zwei Dinge.
Wut & Hass
End tobt und brodelt, wie ein Vulkan, der binnen weniger Sekunden auszubrechen droht. Desmond hat auf seine Worte gehört. Er hat Taten folgen lassen, Taten mit Bedeutung. Nun läuft End los, schnellen Schrittes stürmt er auf den Backstagebereich zu, um schnellstmöglich zu seinem Manager zu gelangen, Luna und – nach einer Sekunde Verzögerung auch Scarecrow – folgen ihm auf dem Fuß.
Die Fans in der Halle wissen nicht wirklich, wie sie reagieren sollen.
Desmond Briggs hat es gesagt: The Ends Taten werden Konsequenzen haben.
Die Frage ist nun, welche Konsequenzen, wird The End für Desmond Briggs bereithalten?
Die Spirale des Chaos findet kein Ende.
War Evening schon.
Pete: „Meine Damen und Herren, mit diesen schweren Bildern, entlassen wir Sie. Machen Sie es gut, bis zum nächsten Mal.“
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Danke an alle Schreiber!!!
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